Ich finde, das ist das beste Gefühl überhaupt: Wenn man einfach nur die Finger auf die Tastatur legt und dann gar nicht mehr nachdenken muss, weil die Figuren einem schon sagen, was man zu schreiben hat!
Bonus: Gelegentlich hat auf diese Weise der Ausgang einer Geschichte mich selbst überrascht …
Das ist mir auch schon ein, zwei Mal passiert, dass ich spät in der Nacht ins Bett getaumelt bin, in der sicheren Gewissheit etwas Unglaubliches geschafft zu haben. Und dann dieses ständige Kopfschütteln beim Überarbeiten; diese Ernüchterung, wenn von fünfzig genialen Seiten nur noch zwei brauchbare bleiben. Ich wünschte, ich hätte eure Übung.
Hm, das ist bei mir eher andersrum: Wenn ich in diesen Flow komme, dass meine Figuren komplett das Ruder übernehmen, dann kommt normalerweise plötzlich alles zusammen, als hätte es so sein sollen, auch wenn ich vorher keine Idee hatte, wie ich von A nach B komme.
Wenn meine Figuren jedoch *nicht *mit mir sprechen und ich mich schwertue, wenn ich zwei Sätze schreibe und drei wieder lösche, dann sollte ich aufhören, denn dann lösche ich am anderen Tag gefrustet alles, was ich dann so erarbeitet habe …
Na, und die Übung kommt mit dem Schreiben!
… ich denke, ich sollte dringend mal mit meinen Figuren reden
Ist dir das neu? Also ich plotte genau deshalb nicht. Man kann nie vorraussehen, wie sich die Protagonisten einbringen und wie sie sich entwickeln.
Aber genau deshalb finde ich das Schreiben so spannend. Man weiß im Grunde nie, wohin die Reise genau geht.
Ja, das war mir neu, damals zumindest Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und mein Plot dient uns eher als das was ich mir so vorstelle, was dann daraus wird … and now to something completly different.
Ja, das Gefühl kenne ich gut. Lebhafte Romanfiguren sind zuweilen wie echte Menschen. Sie machen richtig Alarm, dass du mit dem Schreiben kaum hinterher kommst und dann sind sie plötzlich weg oder stumm und du sitzt da mitten in dem Chaos, dass sie dir hinterlassen haben. Nee, danke
Ich war lange ein Plot-Verweigerer. Über 90 Prozent der Geschichten, die ich so begonnen habe, endeten allerdings im Nirwana. Das ich in dieser Hinsicht kein Einzelfall bin oder war, kann man in „Deutsche Stilkunst“ von Eduard Engel aus dem Jahr 1912 nachlesen Schon damals war das Phänomen der unvollendeten Geschichten weithin bekannt.
Plotten ist mühsam, aber es hilft mir, meine Geschichten bis zu einem brauchbaren Ende zu bringen. Da ich je nach Tagesform und -laune zwischen verschiedenen Projekten wechsele, wäre ich ohne Plotlinie ziemlich aufgeschmissen. Zudem ist ein Plot kein starres Gerüst. Spätere Ideen sinnvoll einzupflegen mag mühsam sein, ist aber möglich. Wozu gibt es Überarbeitungen?
Ich plotte genau aus diesem Grund lacht Aber ich entwickele die Idee vorher meistens „zusammen“ mit den Figuren. Ganz an ihnen vorbeiplotten kann ich nicht, oder sie werden kniestig und wollen nicht mehr mit mir zusammenarbeiten. Das kann beim Überarbeiten sogar noch schlimmer werden ^^’
Das Phänomen ist übrigens auch in der Psychologie bekannt. Es gibt einen wissenschaftlichen Artikel von Marjorie Tylor, Sara Hodges und Adèle Kohányi: " The Illusion of Independent Agency: Do Adult Fiction Writers Experience Their Characters as Having Minds of Their Own?". Der steht schon ewig auf meiner Liste der Dinge, die ich noch lesen will.
Nun, vielleicht sind ja unsere Charaktere ein Stück weit Alter Egos unserer eigenen Persönlichkeit, Splitter unseres Selbst, die sich aus dem Unbewussten erheben, um die Geschichte voran- oder zu hintertreiben
Generell macht da einfach die Dosis das Gift. Wenn man die handelnden Charaktere so weit verinnerlicht hat, dass sie im Handeln ihren eigenen Anlagen folgen, dann ist das m. E. bereits die halbe Miete. Die andere Hälfte ist ein grober Rahmen, genannt Plot, der zumindest in seinem Ende bereits klar durchdacht ist.
Nur meine fünf Cent …
Das Problem bei zu komplexen Charakteren und bei denen, die man zu gut kennt, besteht darin, den Draht zum Leser nicht zu verlieren. Besonders erschwert durch Zeitsprünge und Buchreihen, die nicht chronologisch ablaufen (Stichwort Prequel). Hier ist die Gefahr groß, dass man als Autor schnell in die Falle tappt, dass man Dinge voraussetzt (weil man sie weiß), die der Leser zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen kann.
Dasselbe passiert gerne, wenn man zu viel Zeit mit seinen Charakteren verbringt und die das berühmte Eigenleben entwickeln. Dann ist man auch ruckzuck in die Falle getappt, dass man Eigenheiten voraussetzt, die der Leser so noch gar nicht mitbekommen hat. Sachen, die man von seinen Leutchen weiß, aber dem Leser so explizit nie mitgeteilt hat.
Aber genau für diesen Fall gibt es Testleser, meiner Meinung nach. Ich habe von diesen sogar zwei Sorten. Die, die in irgendeiner Weise am Prozess beteiligt waren (und daher meine Intentionen kennen und den Text darauf abklopfne können) und die, die vorher nichts von der Geschichte wissen (und damit wesentlich besser Löcher in Plot und Charakterisierung aufdecken können - und das gnadenlos tun).
Und auch wenn ein Prequel als solches später erscheint, sollte die Chronologie im Vorfeld geplant sein. Ansonsten tappt man sehr schnell in die Falle, dass das Prequel schlicht schlechter als das Original wird - die Krankheit, welche die meisten direkten Prequels quält. Das hat wenig mit den Charakteren zu tun, sondern meistens mit dem Plotwissen des Autors.
In meinem Fall ist es so, dass ich, wenn ich eine Figur plane, sie unglaublich hölzern agiert. Weil ich mich nur an den Steckbrief-Punkten englanghangele. Da sind keine Inksonsitenzen, die die Figur interessant machen können, keine kleinen Quirks, nur stumpfes „Dienst nach Vorschrift“. Ein solch hölzerner Charakter vergrault die Leser genauso wie eine völlig wirre, undurchsichtige Figur, vielleicht sogar mehr.
Wie gut man mit einer Figur mit Eigenleben umgehen kann - im Gegensatz zu einer geplanten, gezügelten Figur - mag aber auch von der eigenen Persönlichkeit als Autor abhängen. Genauso wie es Leute gibt, die den ersten Entwurf lieber ohne Plan schreiben oder die sich nicht davon abschrecken lassen, ein weitreichendes Worldbuilding zu betreiben, bevor sie die Geschichte schreiben (da gehöre ich übrigens auch nicht zu. Ich schreibe lieber meine erste Fassung und mache das Worldbuilding von dieses Basis aus, damit ich mich nicht in Details verzettele, die letzten Endes keine Rolle mehr spielen werden. Ansonsten käme ich nämlich nicht zum schreiben ).
Hier führen viele Wege zum Ziel und alles davon ist eine Übungsfrage.
Also mir geht es nicht so. Ich habe aktuell nur eine unvollendete Geschichte. Meist kommt hier eher zu viel an, als zu wenig
Aber ich denke, es gibt viele Wege tolle Geschichten zu schreiben. Jeder sollte so schreiben, wie es ihm am besten liegt.
Dafür habe ich eine Alphaleserin, die mich auf genau die Fehler hinweist.
Allerdings habe ich auch drei Korrekturfeen, die die letzten „Fragen und Fehler“ finden. Ich denke, für mich funktioniert das.
Einfach drauf losschreiben und sehen, wohin mich der Weg führt.
Absolut. Eine Nebenfigur ist bei mir durch das Schreiben zu einer zweiten Prota herangewachsen. Und jetzt ist sie sogar cooler als die ursprüngliche Prota
Das ist etwas, das mich von Anfang an (ich schreibe noch nicht so lange) fasziniert hat. Zwei oder drei Hauptpersonen, recht gut charakterisiert. Plötzlich erlauben sich die Damen und Herren mir zu sagen, wie die Handlung weitergeht. Was sie als Nächstes machen wollen/werden. Nein, fasziniert ist nicht das richtige Wort dafür, manchmal musste ich während längerer Schreibsessions (verblüfft / erschrocken) feststellen, dass ich gar nicht mehr als ich denke, sondern als einer der Protas.
Gut oder schlecht? Kann ich nach erst zwei Jahren der Tastenquälerei immer noch nicht so richtig einordnen
nolimit
Interessant zu lesen, daß es nicht nur mir so geht.
Ich habe meist eine Idee, einen Gedanken im Kopf, die zwingend auf’s Papier wollen. Also überlege ich mir was ich erzählen will, entwerfe in meinem Kopf einen Plan. Schreibe mir auf, was wann passieren soll und warum. Dann fange ich an zu schreiben…
Ja, und dann übernimmt irgendwann wer auch immer - mein Unterbewusstsein, meine endlich von der Leine gelassenen Fantasie, die Figuren selbst? Ich weiß es nicht. Jedenfalls tauche ich manchmal nach Stunden aus diesem Schreibfluss auf und bin mehr als erstaunt, was da alles, ohne bewußten Umweg über mein Hirn, auf den Seiten gelandet ist. Und im Hinterkopf grinsen die Protagonisten im Kreis und freuen sich über mein fassungsloses Kopfschütteln.
Der Handlungsstrang landet spätestens dann auf dem Gedankenmüll und ich lasse der Geschichte Ihren Lauf. Erstaunlicherweise kommen wir gemeinsam aber doch immer am gewünschten Ziel an.