Ich will jetzt doch mal ein Buch selbstveröffentlichen, das m.E. sowieso keine besonderen Chancen hat, einen traditionellen Verlag zu finden. Dazu erstelle ich gerade eine Webseite mit Online-Verkauf und Mailingliste, und stehe jetzt vor der unerwartet schwierigen Frage: Soll ich meine Leser Duzen oder Siezen, oder es etwa sogar mit „Ihr“ probieren?
Die Zielgruppe sind Science Fiction und Fantasy-Leser aller Altersklassen, und ich kann mich einfach nicht entscheiden. Alle drei Optionen gefallen mir nicht. „Sie“ klingt arg förmlich, zumal ich lange Zeit in Dänemark gewohnt habe. Dafür biedert „Du“ irgendwie an, vor allem bei direkten oder indirekten Imperativen wie „Trag Dich hier in die Mailingliste ein!“ oder „Hier kannst Du Dich in die Mailingliste eintragen.“
Am allerwenigsten kann ich mich mit „Ihr“ anfreunden, das klingt in meinen Ohren immer wie eine Einladung zu einer schwäbischen Tupperwarenparty.
Aw: Webseite beim Selbstveröffentlichen: Sie oder Du?
Gruß Dich @EH.
Was das „Ihr“ angeht, kein Mensch denkt heutzutage, glaub’ ich, an die entsprechende obsolete Höflichkeitsform, sondern an die Mehrzahl von „Du“.
Das „Du“ würde ich hier – ob in Einzahl oder Mehrzahl – entschieden ablehnen. Die Website wendet sich ja nicht an skandinavische Leser, so daß Du Deine eigene Erfahrungen in Dänemark an der Stelle lieber unberücksichtigt lassen solltest. Und für Leser, welche über ein Nicht-für-Kinder-Buchangebot lesen, dürfte ein „Du“ meistens unangenehm distanzlos wirken.
Aw: Webseite beim Selbstveröffentlichen: Sie oder Du?
“Sie”. Das ist der allgemeine, höfliche Umgangston zwischen Leuten, die sich nicht näher kennen. Auf einer Seite, die mich duzt oder per “Ihr” zum Teil einer Masse deklariert, würde ich nichts kaufen.
Es stimmt, es galt mal: “im Internet duzt man sich”. Aber das war in einem anderen Jahrtausend, als da noch die Geeks unter sich waren.
Aw: Webseite beim Selbstveröffentlichen: Sie oder Du?
Meiner Erfahrung nach, erleben wir in Deutschland bereits einen Prozess vom “Sie” ins “Du”. Als ich zum ersten Mal einen App-Store betrat und sofort mit du und meinem Vornamen begrüßt wurde, habe ich ich innerlich schon ein bisschen “gezuckt”. Inzwischen finde ich es aber angenehm, so ungezwungen kommunizieren zu können. Wer auf die Internetseite von Apple geht, wird geduzt; wer bei IKEA kauft, wartet vergeblich auf ein Sie.
Damit will ich nicht sagen, dass das eine besser ist als das andere. Es kommt immer auch auf die Situation an. Das “du” kann in manchen Fällen entspannend und angenehm, in anderen Fällen provozierend und herablassend wirken. Das muss jeder für sich entscheiden. Eine Allgemeingültigkeit gibt es nicht.
Wer also auf seinen Internetseiten den Besucher duzt, muss sich auch der Konsequenz stellen, das der Gast die intime Anrede ablehnt und sich abwendet. Niemand wird aber die Seite verlassen, weil er oder sie mit einem höflichen “Sie” angesprochen wird.
Wer also auf der sicheren Seite stehen will, sollte das “Sie” nutzen.
Was mich jedoch persönlich ärgert, ist das Fehlen jeglicher Anrede, weil dem anderen das “Sie” zu formell erscheint, aber er sich zum “du” nicht traut. Dann wird in halben Sätzen gesprochen. Da fühle ich mich sehr unwohl.
Lieber beim Sie bleiben?