Ich glaube, ich lösche meine 38.000 Wörter wieder. Genau.
Bei mir ist es das Wort „plötzlich“. Ich lese gerade bzw. höre im Auto einen Roman von Ken Follett. Das Wort „plötzlich“ kommt in fast jedem Absatz vor. Einmal ist in Ordnung, aber es ständig zu verwenden …Schrecklich! Ich versuche in meinen Schriften dieses Wort möglichst zu umgehen. Gelingt mir bislang ganz gut.
Mir nicht immer. Ich möchte ungern 10 Zeilen verquanseln, nur um plötzlich zu umgehen. Da fällt mir gerade ein, dass in meinem Erstlingswerk ständig alles explodiert ist. Peinlich.
„Plötzlich und unerwartet…“ war der literarische Kniff, den wir als Grundschüler, dritte Klasse, in unserem spannungsreichen Aufsatz anwenden sollten. Ken Follett scheint ähnliche Grundchulerfahrungen ausleben zu müssen?
Falsche Inquits wie „,lachte er“, „,grinste sie“ usw. nerven mich auch. Aber - ihr werde lachen - aus irgendeinem Grund ist das schlimmste Wort für mich: „somit“.
Gleich lösche ich aber wirklich alles. Ihr seid gemein. Gerade gestern hatten wir unser Bergfest gefeiert.
Dem bösen „somit“ kann man aber gut ausweichen:
also, aufgrund dessen, aus diesem Grund, dadurch, daher, damit, danach, darum, dementsprechend, demgemäß, demnach, demzufolge, deshalb, deswegen, ebendaher, ebendarum, ebendeshalb, ebendeswegen, entsprechend, folglich, infolgedessen, insofern, insoweit, mithin, so;
© Duden - Das Synonymwörterbuch, 5. Aufl. Mannheim 2010 [CD-ROM]
„So tue Buße, mein Kind, und geißele dich selbst mit dem neunschwänzigen Leder-Duden bis zum Morgengrauen!“
Ich habe mal einen Roman gelesen, in dem (ohne Übertreibung) in nahezu jedem Satz und vorkam. Das hat mich total von der Geschichte abgelenkt.
Hab ich nicht. Gibt’s den bei amazzonn?
NN bekam es mit der Angst zu tun. Ich finde, bekam Angst, reicht völlig aus.
Was mich „abtörnt“:
-„realisieren“: weil es zu 90% falsch benutzt ist. Es bedeutet nun mal „in die Tat umsetzen“ und nicht „begreifen“. Z.B.: Er realisierte erst später den Tod seines Freundes.
-„beinhalten“ - weil „Bein halten“ immer mein erster Leseversuch ist.
-Totale Klischeeformulierungen: „Seufzte lustvoll auf“, „Wie von der Tarantel gestochen“, „Flink, wie ein Wiesel“… LAAAANGWEILIG!!!
-Januskopf-Wörter: „Sie sollte das Hindernis umfahren.“ Ja, was denn nun? Drum herum oder mitten durch? Ich höre ja beim Lesen nicht die Betonung…
Überteibungen: „zu 1000 Prozent“ - weil es schlicht Blödsinn ist…
Oh, da fällt mir bestimmt noch mehr ein…
Genau! Mit „plötzlich“ zum Weltbestseller.
Ich habe in der Schule gelernt, dass Übertreibungen ein stilistisches Mittel zur Verdeutlichung sind und finde das - dezent eingesetzt - überaus (sorry für das Wort) brauchbar.
„Hör auf! Das habe ich dir jetzt schon 100.000 mal gesagt.“
„Hör auf! Das sage ich dir jetzt zum dritten Mal.“ finde ich weniger aussagekräftig. Die 100.000 implizieren schließlich auch (sorry für das Wort) den Gemütszustand desjenigen, der spricht. Er ist genervt. Ohne Übertreibung erfahre ich lediglich, dass sich jemand wiederholt hat. Es fehlt also die emotionale Ebene (auch wieder so ein Wort).
Ach ja. Hatten wir schon reflektiert? Heutzutage muss ja alles, was gesagt wird, auch reflektiert sein. Ich finde das Wort eher angebracht, wenn ich von einem Katzenauge an einem Kinderfahrrad schreibe.
Warum sagt ihr mir erst jetzt, dass es dermaßen (geht das Wort? ) einfach ist, einen Bestseller zu schreiben? Ich lösche meine Wörter also nicht sondern ersetze sie durch plötzlich. Wird morgen veröffentlicht. Schickt mir schon mal eure Millionen.
Das hier ist jetzt schon mein liebstes Forentopic 2023.
Ich möchte unbedingt all eure „Hasswörter“ erfahren (Abneigung statt Hass reicht aber auch).
Ja, aber das mit den „Prozent“ nervt mich. Ich kann nicht sagen: „Ich würde 30 von den 10 Eiern essen“. Bei Prozent (1000 von Hundert) ist es ähnlich…
Mag mein individuelles Empfinden sein.
Ups, in meinem Manuskript kommt 3.366mal „und“ vor, habe ich jetzt plötzlich herausgefunden.
Ich würde am liebsten 30 von den 10 Eiern (weil nicht mehr in der Packung sind) essen.
Geht doch.