Welche Erzähltechnik oder narrative Stilmittel mögt ihr gar nicht? Ich spreche von solchen Kniffen wie Cliffhangern, Wendungen, Rückblenden, rote Heringe und so weiter. Eine entsprechende Liste findet ihr hier: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_narrative_techniques
Während ich gerne die Nase über Rückblenden rümpfe, da sie oftmals eingesetzt werden, um Geschichten aufzublähen, anstatt wirklich etwas zu erzählen oder einen Charakter auszuleuchten, hasse ich Traumsequenzen. Die bringen weder die Geschichte voran, noch haben sie meiner Meinung nach einen wirklich narrativen Sinn. Ängste und Begierden, die Charaktere in Traumsequenzen verarbeiten, kennen wir als Leser meist ohnehin, und sind für mich oftmals nicht mehr als pseudo-cleveres Geschwurbel. Ich lasse mich freilich mit guten Beispielen gerne eines Besseren belehren.
Wie schaut’s bei euch aus? Wo rollt ihr regelmäßig die Augen?
Ich rolle mit den Augen, wenn jemand ganz bewusst ungewöhnliche Ausdrücke verwendet, bei denen man genau merkt, dass er sie nie und nimmer im normalen Wortschatz hat. Die Hälfte dann auch noch knapp daneben. So etwas gewollt Stilistisches ist mir ein Greuel, oder Gräuel. Wenn ich Fremdwörter oder altertümliche Wörter benutze, dann immer und nicht nur in einem Roman. Und ich erkundige mich meist vorher, was sie bedeuten, falls ich mir nicht ganz sicher bin. Falls du dich wiedererkannt hast, nichts für Ungut.
Was mir total gegen den Strich geht, ist Gedankenlosigkeit. Wenn man merkt, jemand redet so, denkt so und schreibt auch so. Wenn sich jemand gar nicht bewusst ist, was er da schreibt. Widerspiegeln und nachrecherchieren, so was in der Art.
Techniken? Alle! Alle Techniken gehen mir auf den Senkel, Zeiger, nicht oder doch vorhandenen Sack. Sobald ich merke, jetzt ist diese und jene Technik angewandt worden, ist das Vergnügen vorbei. Wenn jemand nicht in der Lage ist, das Anwenden seiner Technik so zu verstecken, dass man es nicht sieht, dann ist seine Schreibe nichts wert. Das Geschriebene muss einen in den Sog ziehen, in Beschlag nehmen, faszinieren und nicht mehr loslassen. Aber wenn man die Technik dahinter sieht, ist es langweilig. Stinklangweilig. Einzig der Cliffhanger, den würde ich gelten lassen, weil er manchmal unverzichtbar ist. Doch wenn man als Leser merkt, er macht den, um etwas Bestimmtes zu erreichen, ist es auch vorbei. Ein Cliffhanger muss dich sprachlos machen und entsetzt zurücklassen.
Was ich nicht leiden kann, sind bemühte Dialoge. Wenn man merkt, dass der Autor keine Ahnung hat. wie die Leute reden. Er schreibt welche, weil es in seinen Augen dazugehört, aber er kann es eigentlich nicht. Beschreibungen kann ich auch nicht leiden, gerade bei Angelsachsen und Nachfolgern sehr beliebt.
für mich gibt es keine unliebsamen Erzähltechniken. Es kommt immer auf den Zusammenhang an und wie und in welchem Maße sie umgesetzt sind. Ich bewerte das für jeden Einzelfall, d.h. beginnt beispielsweise ein Buch mit einem Rückblick, klappe ich es nicht direkt zu.
Was mich fürchterlich gestört hat, ist die Aufteilung der einzelnen Ereignisse in Stephen Kings “Carrie” mittels vorangestellten Zitaten aus Zeitungsartikeln oder irgendwelchen Sprüchen, die Carries Mitschüler auf die Schulbanken eingeritzt haben. Er wollte damit offensichtlich Authentizität vorgaukeln. In dieser Form für meinen Geschmack misslungen.
Es gibt Kritiken, die Andreas Eschbachs Werk “Das Jesusvideo” die vorangestellten Ausgrabungseintragungen bei jedem neuen Kapitel/Abschnitt als störend und sinnlos vorwerfen. Ich denke, er hat damit die gleiche Absicht verfolgt, wie Stephen King bei “Carrie”. Ich folge den Kritikern, die sagen, das sei überflüssiges Beiwerk, aber: Gestört hat es mich nicht. Ich habe einfach darüber hinweggelesen und hatte nicht den Eindruck, dass ich damit etwas von der Handlung verpasst hätte oder es gar dem Unterhaltungswert Abbruch getan hätte.
Ich gebe dir recht, da kann einen ein Wort schon aus der Leseerfahrung holen. Wichtig ist das vor allem, wenn man einen bestimmten “Ton” in seinem Roman anschlägt und diesen nicht halten kann, ganz besonders, wenn die Geschichte in einer anderen Zeit spielt. Witzigerweise geht das in Dialogen meist klar, denn Charaktere haben im besten Falle ihre eigene Stimme und wenn ein Uni-Prof sich verschwurbelt ausdrückt, passt das ja.
Das würde ich einfach mal auf fehlende Empathie schieben. Wenn man etwas schreibt, muss man sich in seine eigenen Charaktere versetzen können, mit all ihren Eigenheiten und Spleens. Wenn man so schreibt, wie man spricht, dann ist ja alles bloß noch gleichförmig.
Nur ein Sith denkt in Absoluten.
So würde ich das nicht ausdrücken, denn wie will ich denn eine Rückblende verschleiern (wenn’s sich nicht als Cliffhanger entpuppen soll)? Was du meinst, ist, glaube ich, wenn ein Autor seine Hausaufgaben gemacht hat, aber auf ausgetretenen Pfaden wandelt, etwa, wenn eine Figur, kurz bevor sie stirbt, noch mal eine Rückblende bekommt. Da stimme ich dir zu, das ist dann einfach aus dem Lehrbuch und hat man schon zig mal gesehen. Was ich jedoch bombastisch finde, ist, wenn der Autor die Regeln kennt und sie bewusst bricht, damit dann etwas passiert, was man nicht erwartet. Oder wenn ich auf einmal eine Eingebung habe und feststelle, dass der Autor eine bestimmte Sache bereits schon viel früher vorbereitet hat und jetzt die Lorbeeren dafür erntet. Dann können wir die Techniken ruhig auffallen, zumindest im Nachhinein.
Ich behaupte einfach mal, dass Dialog immer fließen sollten, außer zwei total gewollt stocksteife Figuren reden miteinander. Wenn’s so ist, wie du sagst, dann endet das zumeist in Phrasendrescherei und da rollen wir glaube ich alle hier die Augen.
Es ist weniger eine Erzähltechnik, aber ich hasse Bücher, die mit Weissagungen und Orakelsprüchen beginnen. Da habe ich oft das Gefühl, dass der Autor schon mit der ersten Seite Applaus einheimsen möchte, wie groß und doch geheimnisvoll seine Geschichte sein wird und was er sich alles für Gedanken gemacht hat, um so eine tolle Geschichte zu schreiben. Würg …
Auch wenn es um einen historischen Roman geht? Ich meine, da ist es doch Sinn und Zweck der Sache, dass die anders reden als heutzutage.
Ach herrje.
Ich weiß nicht. Romane funktionieren doch nach einer bestimmten Logik, und als Leser erwartet man es auch, dass sie so funktionieren. Sprich, mir ist als Leser eines Krimis klar, dass eine blutbeschmierte Waffe, die im Verlauf der Ermittlungen auftaucht, auch ein Red Herring sein könnte. Ich glaube, dass man als genre-erprobter Leser durchaus die gängigen Techniken erkennt, einfach weil man im Laufe der Zeit seine Erfahrungen gemacht hat. Soll man dann als Autor den Plotdevice weglassen?
Ähm. Aus welchem anderen Grund, als etwas damit beim Leser zu erreichen, sollte ich einen Cliffhanger denn sonst einsetzen? Das verstehe ich nicht. Wenn er nichts erreichen soll, dann kann ich ihn ja nun wirklich weglassen.
Also, so langsam bin ich echt gespannt, was für Bücher du magst.
Das klingt doch nach einer guten Mischung. Die, die es nicht mögen, können es einfach überlesen, und die, die es mögen, freuen sich darüber. Archäologisch interessierte Leser zum Beispiel.
So ähnlich wie solche Einleitungen: „An diesen Tag sollte sie sich für den Rest ihres Lebens erinnern“. Leider so furchtbar ausgelutscht, auch wenn ich das Spiel mit dem auktorialen Erzähler durchaus mag, wenn es gut gemacht ist.
Ich hab mir die Liste mal durchgesehen, und bin eigentlich bei jedem Punkt der Meinung, wenn es gut gemacht ist, warum nicht? Da wäre jetzt nichts per se ein No go, um ein Buch wegzulegen. Für mich haben Bücher und auch Filme eben ihre Stärken und Schwächen. Selbst wenn da doofe Rückblenden sind, die ich überblättere (oder komische Legenden z.B. bei Otherland von Tad Williams), dann kann der Rest immer noch spannend und gut geschrieben sein.
“Unfassbar gut, wie die Autorin die Heldenreise mit der Schneeflockenmethode in eine einzigartige Symbiose aus 3 und 5 Akter miteinander verknüpft hat, dass selbst die Katze nicht mehr gerettet werden musste.”
Ich lege Bücher, die sich lesen, als hätte der Autor einen Schreibratgeber verschluckt auch zur Seite.
Ein abgehobener und gepimpter Wortschatz stört mich.
Ich habe irgendwo mal den schönen Satz aufgeschnappt:
“Wenn du deinen Wortschatz künstlich herausputzt, dann ist das, als ob du deinen Hund schminkst.”
Ja, eben. So sehe ich es auch. Deswegen hat es mich auch nicht gestört.
Da kann ich nur zustimmen. Alles ist erlaubt, wenn es entsprechend wirkt.
Wenn dem so ist, dann hat das Schreiberlingchen noch nicht seinen eigenen Stil gefunden und betrachtet Ratgeber als die Bibel der Buchstaben. Ratgeber sollten idealerweise Hinweise geben und keine Vorlagen, die man wie einen MultipleChoice-Bogen ausfüllt.
Das kommt Gott sei Dank nicht so oft vor, aber das ist wie wenn ein Kind sagt „ Mama! Papa! Guckt mal! Ich mach gleich was ganz Tolles!“. Wenn deine Geschichte gut ist, fällt das dem Leser auf. Mal ganz davon abgesehen erzählt eine Geschichte ja etwas außerhalb des Gewöhnlichen, also sind die Leben der Figuren zunächst mal ganz anders als bisher.
Was ich so gar nicht mag sind deutliche Clifhänger. Weder am Ende eines Kapitels, noch am Ende eines Buchs. Da schon gar nicht. Ein Clifhänger als Ende, das wäre für mich ein Kriterium, um aus der Reihe kein Buch mehr zu kaufen. Träume finde ich auch sehr selten gut. Wobei, bei E. A. Poe empfinde ich das als passend. Es passt zum Stil der Erzählung.
Bei allen anderen gilt. Wenn es gut gemacht ist, gefällt es mir. Und gut gemacht ist es für mich, dass ich es erst merke, wenn ich das Buch ein zweites Mal lese.
Wir haben mittlerweile so viele Cliffhanger gelesen und gesehen (vor allem bei Serien), da wirken die meisten wirklich mittlerweile abgedroschen. Ein guter Cliffhanger kann aber meiner Meinung nach immer noch viel Wirkung zeigen, vor allem, wenn er zusammen mit einer Wendung kommt. Viel schlimmer empfinde ich Cliffhanger, die nur des Schockmoments wegen existieren und dann sofort am Anfang des nächsten Kapitels oder der nächsten Szene aufgelöst werden.
Das ist ganz einfach. Wenn du Ende liest und denkst, das Buch ist vorbei und bist aufgewühlt. Und in dem Moment kommt dir der rettende Gedanke, dass das Buch ja vielleicht doch noch weitergehen könnte. Also wenn ein Ende ein Ende ist. Und wenn es sich später als Cliffhanger herausstellt, dann finde ich, dass der Cliffhanger gut gemacht ist. Weil er dann keinen Schrecken mehr auslöst, keine Spannung, sodnern Hoffnung, dass es doch bitte noch weitergeht.
Für mich am schlimmsten sind diese Schreibtechniken im allgemeineren Sinn:
a) Oberlehrerhafte Zwangsbelehrungen. Wenn Du merkst, dass der Autor ein Buch über ein bewusst zeitgeistiges Thema schreiben und dafür so angestrengt recherchieren musste, dass die ganze Geschichte in eine Art Referat eingepackt wurde, mit kleinen Faktenfehlern.
b) Nicht ausgewiesenes Ghostwriting. Wenn sich eine ursprünglich interessante Serie totgelaufen hat, aber der Autor vom Verlag zu immer noch mehr Folgebüchern genötigt wird, und diese dann an Ghostwriter delegiert, die noch weniger interessiert sind als der Autor selbst.
**Wie geil! **
Wenn der Kommissar zur Assistenten sagt, dass, oder wie sie den Genitiv verwenden muss, kann man davon ausgehen, dass der Autor ebendas gerade erst selbst gelernt hat.
also, wenn ihr mich fragt, gibt es nichts Schlimmeres als Logikfehler.
Erst letztens habe ich ein Buch gelesen, wo ich innerhalb 10 Seiten 3 Logikfehler entdeckt habe.
Erst wird der Charakter als Glatzkopf beschrieben, 2 Seiten weiter hat er dunkle Haare.
Einen Abend vorher zerfetzt er ihr das Höschen und am Tag darauf zieht sie sich Unterwäsche an, obwohl sie bei ihm zu Hause ist und ihre Sachen nicht bei ihm haben kann. (Weil erste Nacht.) Zwar nur kleine Fehler, aber unlogisch und somit war es das mit der Geschichte.
Cliffhanger finde ich nicht schlimm, bediene mich selbst zuweilen daran. Vor allem, wenn ich eine Reihe habe, die fortgesetzt wird und wo die Bücher nicht in sich abgeschlossen sind.
Einige passieren auch unplanmäßig, so dass ich selbst manchmal davor sitze und denke: Oh, und nu? Na ja, passt aber in dem Moment und alles andere wäre unlogisch oder nicht spannend genug. Allerdings muss ich dann erst mal sehen, wie ich aus der Misere wieder rauskomme, da ich nicht die komplette Handlung für eine Serie im voraus plane. Ich lasse mich gerne spontan inspirieren und meiner Kreativität in dem Moment freien Lauf.
Bezüglich Rückblenden sollten diese immer mit Bedacht eingesetzt werden. Dasselbe bei den Träumen.
Aber diese beiden lassen sich gut kombinieren, wenn ein Charakter zum Beispiel von seiner schrecklichen Vergangenheit träumt. So wird dem Leser vermittelt, was er durchgemacht hat und das Trauma verdeutlicht, mit dem sich der Protagonist herumschlagen muss.
Das gibt sowohl Einblick in den Charakter selbst, aufgrund seiner Handlungen, als auch auf die psychische Verfassung, in der er sich zurzeit befindet.
Eine Wendung sollte nicht fehlen, zumal die Story sonst zu vorhersehbar wird. (Wobei man auch das vermasseln kann.)
Eine Wendung muss immer zum richtigen Zeitpunkt erfolgen und zwar genau dann, wenn es der Leser eben NICHT erwartet.
Leider haben wir alle im Laufe der Zeit schon zu viele Bücher gelesen und Filme gesehen, wo man von vorneherein weiß, wo der Punkt einer Wendung kommt. Es ist schwierig, eine vernünftige unvorhergesehene Wendung einzubauen.
Ich denke, man sollte/kann alles mit Bedacht anwenden, um eine gute Mischung zu finden und um dann eine wirklich gute Story zu entwickeln.