Ich hatte vor kurzem eine Idee für eine neue Handlung. Ich wollte aus der personalen Perspektive des Helden erzählen, weil dadurch die Emotionen für mich viel einfacher zu beschreiben sind und klarer für den Leser werden. Nur ist das Problem, das er am Ende sterben soll. Da ist die Ich-Perspektive sehr unpassend. Eine Möglichkeit ist es doch, wenn am Ende aus der Sicht einer anderen Person dieser letzte Schritt erzählt wird, oder?
Hat denn jemand andere Ideen oder habt ihr schon ähnliche Geschichten gelesen?
Wenn es ein vorhersehbarer Tod ist (Selbstmord, Hinrichtung oder schleichende Krankheit) dann könnte die Einleitung lauten: „Bald werde ich sterben, aber vorher schreibe ich für die Nachwelt noch meine Geschichte auf …“
Die Ich-Perspektive ist lediglich eine Sonderform der personalen Perspektive. Wenn du sie wählst und der Protagonist am Ende stirbt, kannst du die Handlung in Ich-Form bis zu dem Moment fortführen, in dem er quasi den Löffel abgibt:
„Ich ging noch einmal die Treppe hinauf, als mich ein gewaltiges Etwas am Kopf traf und alles schwarz wurde.“
Normalerweise ist die Story dann zu Ende. Sollte noch etwas (Wichtiges) kommen, bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, es aus Sicht einer anderen Person zu erzählen. Ich würde dafür dann ein extra Kapitel oder auch einen Epilog verwenden.
Ob es sich gut liest, wenn du das ganze Buch in Ich-Perspektive und nur den Schluss aus Sicht einer anderen Figur schreibst, musst du ausprobieren.
Ein konkretes Beispiel dafür fällt mir auf die Schnelle nicht ein, aber ich bin eh kein großer Freund der Ich-Perspektive.
Da kann ich mich nur anschließen. Du könntest den Übergang zum Tod auch noch weiter ausschmücken. (Dann würdest du die Perspektive beibehalten.)Je nachdem, wie du selbst darüber denkst. Vielleicht gibt es noch eine kurze Reflexion oder einen Blick von " oben " bis dann endgültig alles…dunkel ist. Das hängt aber meiner Meinung nach auch alles vom Gesamttext ab, was da passen könnte.
Natürlich kannst du wechseln, wenn du das willst. Aber wie du hier schon rausliest, mag nicht jeder Leser alles.
Es gibt genug Bücher (gern Thriller), die zwischen der Ich-Perspektive des Killers und der allwissenden Stimme wechseln.
Ebenso gibt es genug Bücher (vor allem Romance, besonders New Adult), die zwischen zwei Ich-Perspektiven wechseln.
Meine veröffentlichte Reihe ist aus Ich-Perspektive geschrieben, alles aus Sicht der Frau - bis auf den Prolog. Ebenfalls Ich, aber aus Sicht des Mannes. Es gab eine Rezensentin, die sich fürchterlich darüber aufgeregt hat, dass ich „dauernd“ die Perspektive wechsle.
Möglich ist alles, gut lesen kann man auch vieles. Du musst dir nur vorher sicher sein, dass es zum Leserkreis passt. Ist ein Wechsel für das Genre ungewöhnlich, würde ich ihn nur ans Ende setzen, für den Abschluss.
Das ist mir auch passiert. In der Beziehung bin ich jedoch stur, sowohl was die Perspektive angeht als auch eine nicht-lineare Erzählweise. Ich finde das viel spannender als eine sture Was-passiert-dann-Geschichte aus einer bestimmten Perspektive. Ich habe in meinen letzten Buch sogar die Zeiten gewechselt. Die Geschichte ist in der Vergangenheit geschrieben und immer, wenn die beiden Protagonisten aufeinander treffen, wechsele ich zum Präsens. Das war mal ein Versuch meinerseits. Bisher hat niemand darüber gemeckert. Als ich bei mir bekannten Lesern persönlich nachgefragt habe, war ich über deren Antworten enttäuscht. Alle haben dasselbe gesagt: „Echt? Hab ich gar nicht gemerkt.“
Cool danke für die vielen Antworten. Ich bin in der Tat jetzt etwas beruhigt. Leider muss diese Idee noch eine Weile warten, weil ich noch unzählige andere erstmal beenden muss.
Ich hatte die Herausforderung auch.
Erst wollte ich das Zepter der Tochter meiner Protagonistin in die Hand geben, habe mich für den letzten Teil für einen Erzählerwechsel entschieden. Die Protagonistin redet weiter in der Ich Perspektive, da ich aus ihrem Tagebuch vorlesen lasse.
„Boulevard der Dämmerung“ von Billy Wilder beginnt damit, dass die Hauptfigur, der Drehbuchautor Joe Gillis, mit dem Gesicht nach unten tot in einem Pool treibt - und aus dem Jenseits seine Geschichte erzählt. Das amerikanische Filminstitut listet den Film auf Platz 16 der besten Filme aller Zeiten.
ich habe es einmal so in einer Kurzgeschichte gelöst, dass nach dem Tod des Ich-Erzählers eine Trauer-Runde zusammenkommt. Dort sind Personen vertreten, die seinen Tod miterlebt haben. Sie klären im Gespräch Umstände auf, die aus den Ich-Erzählungen nicht eindeutig klar wurden. Keine Erklärbär-Runde, nur beschränkt auf einen wesentlichen Aspekt des Unglücks, den der Erzähler aus nachvollziehbaren Grüden nicht (mehr) vermitteln konnte. Die Runde kommt in einer Kneipe zusammen, die der Leser in der Story sehr gut kennengelernt hat, weil vom bisherigen Erzähler häufig frequentiert. Mir scheint, dass damit der Perspektivwechsel weniger schroff ist. Das ist zumindest mein Bauchgefühl.
Ich finde, wer schreibt, sollte auch bereit sein, ein Wagnis einzugehen, sich von „das muss so und so sein“ oder „man darf niemals dies oder jenes tun“. Schreiben ist ein ‚Schöpfungsakt‘, dessen Ablauf der Schreibende bestimmt. Wer sich ausschließlich nach Empfehlungslisten, Ratgebern und dergleichen orientiert – Basics mal ausgenommen –, droht seine Stimme, seine Persönlichkeit zu verlieren. Und die Unsicherheit wächst derweil immer weiter.
Wir schielen viel zu sehr nach Gefälligkeit, dabei ist es eine Utopie, es allen recht machen zu können. Vor lauter Zweifeln werden viele Texte nicht einmal fertig gestellt (davon könnte ich ein mehrstimmiges Lied singen). Diesen Luxus können sich Autoren, die von dem leben müsssen, was sie schreiben, natürlich nicht erlauben. Außer, sie sind etabliert.
Du hast zwar deine Antwort, dass alles erlaubt ist, aber hier noch meine Erfahrung: Ich schreibe immer in personaler Erzählweise (er/sie) und das meist aus Sicht eines dominierenden Hauptcharakters. Ich wechsel manchmal einmalig* in den Kopf von Antagonisten, oder Nebendarstellern, um ihre Denkweise zu erklären.
Ich habe keine guten Erfahrungen mit Ich-Erzählungen. Auch wenn es anfangs leichter wirkt, gehen mir ein wenig die Formulierungen aus.
Aber du kannst deinen Protagonisten bis zum Tode führen und mit einen Epilog enden. Oder einer surrealen Traumsequenz a la. „Wenn ich noch leben würde, dann wäre ich darüber glücklich…“ Oder einen Brief, den er vor dem Ende verfasst hat etc.
Ich würde den Tod aus seiner Sicht schildern. Wie alles schwärzer um ihn wird. Oder aber sich alles kalt anfühlt. Oder auch, wie ihm schwummirg wird, wegen des Blutverlustes. Ich finde das Keinesfalls ungewöhnlich. Man muss sich nur informieren, wie es der Person von der man erzählt mit den gewünschten Verletzungen ergeht.
Habt Mut über euren Schatten zu springen und neue Dinge auszuprobieren. Auch, wenn sie Anfangs Wirr und Unsinnig erscheinen. Ändern kann man es immer noch ;)!
Ich habe mal eine Geschichte von Einar Kárasson gelesen, in der der Ich-Erzähler am Ende stirbt. Ein Barde, der selbst auf dem Weg zur Hinrichtung noch glaubt, dass man für ihn als Barden eine Ausnahme machen wird.
Die Erkenntnis, das dem nicht so ist, fällt dann sehr abrupt mit dem Ende des Textes zusammen.
Ungewöhnlich? Ja, definitiv. Ich finde es aber sehr bezeichnend, dass mir aus aus jenem Buch ausgerechnet nur diese eine Geschichte im Gedächtnis geblieben ist, obwohl es 15 Jahre her ist, dass ich es gelesen habe.
Von daher: Solange es gut gemacht ist, warum nicht? Go for it!