Hmm. Kunst kommt von Können. Es gibt m.E. schlechte Bücher, die trotzdem dem einen oder anderen Leser gefallen. Ob sie das dann aber zu „guten“ Büchern macht? Ein Essen mag misslungen sein und dem einen oder anderen fällt das nicht auf und es „schmeckt“ ihm. Vielleicht weil er keinen ausgeprägten Geschmackssinn hat, weil er einfach alles isst, Hauptsache Fleisch und viel Salz?
Schreibt Sebastian Fitzek „gute Bücher“? M.E. verkauft er erfolgreiche Bücher, die bestimmte Erwartungshaltungen befriedigen, dazu gehören z.B. akribischste Szenen sadistischer Gewalt. Es gibt sicher Leser, die genau so etwas mögen. Macht das die Bücher von Fitzek zu „guten Büchern“? Eher nicht, denke ich. Das ist eher Gebrauchsliteratur für bestimmte Zielgruppen.
Stephen King ist einer meiner Lieblingsautoren. Er ist ein grandioser Geschichtenerzähler, der - streckenweise - auch auf höchstem literarischen Niveau schreibt. Man lese die Szene, in der ein kleiner Junge im „Friedhof der Kuscheltiere“ mit seinem Vater Drachen steigen lässt - mir hat das Tränen in die Augen getrieben und das SZ-Feuilleton vor einigen Jahren veranlasst, zu fordern: „Gebt Stephen King endlich den Literaturnobelpreis“.
Aaaaber: King hatte schwierige Jahre, in denen er nach einem schweren Unfall unter Medikamenten- und Drogeneinfluss zähe, schwer verständliche Werke produziert hat.
Das Problem war und ist für mich bei King außerdem, dass ich vermute: seine Lektoren lassen ihn einfach machen. Schließlich ist er der „King“, da ist jedes Wort heilig.
Auch seinen neueren Werken, die ja nach wie vor in ungewöhnlichem Tempo erscheinen, täte m.E. ein strenges Lektorat sehr gut. Und: ich habe den Eindruck, dass King ein manischer Schreiber ist, dem es gut täte, manche Texte in der Schublade zu lassen. Die Fairy Tales z.B. sind, so gut sie streckenweise auch erzählt sind, keine „Ruhmesblätter“. Da wäre gründliche Nacharbeit einer schnellen gewinnbringenden Veröffentlichung sicher vorzuziehen gewesen.
Ist Stephen King überschätzt? Jedenfalls ist er ein Gigant, der noch so viele „schlechte“ Bücher schreiben kann: der Turm seiner „guten“ bis genialen Bücher ist so groß, dass zumindest ich ihn aufs höchste schätze.
Mich erinnert das übrigens ein bisschen an die Diskussionen im literarischen Quartett, als es noch das literarische Quartett war — Reich-Ranizcky, Karasek, Höffler, Obermüller - die konnten sich auf höchstem Niveau über Autoren ereifern, vor denen der eine auf den Knien lag, während der andere nur verächtlich Galle auf ihn erbrach …
Nebenbei hier ein paar Autoren, von denen ich fast alles gelesen habe (sprich, die ich nicht für überschätzt halte )
Wilhelm Genazino
Patricia Highsmith
Stephen King
Thommie Bayer
Andreas Eschbach
Ben Elton
Tim Krabbé (Geheimtipp: „Das goldene Ei“, zweimal verfilmt)
Oliver Hilmes (Ein Historiker/Biograph, der kürzlich einen Kriminalroman vorgelegt hat)
Daniel Kehlmann
Benedict Wells
T.C. Boyle
Truman Capote
Henning Mankell