Überarbeitung meines Buches - wann am besten mit der Stilanalyse anfangen?

Hallo,
für mein 124.000-Wörter-„Mammut“-Werk könnt ihr mir vielleicht bei einer Entscheidung helfen, wie ich die nächste Überarbeitungsrunde möglichst effizient gestalte.

Ich hatte nach der ersten vollständig ausgeabeiteten Fassung eine 7-monatige Testlesephase mit 5 Testlesern.
Eine Testleserin fand mein Werk vieeeel zu komplex, zu lang und zu kompliziert, mit viel zu vielen Themen und Handlungssträngen.
Drei fanden die Grundstruktur okay, hatten mir nur etliche einzelne Sätze angestrichen oder genannt, die sie rauskürzen würden.
Der letzte sagte mir am Telefon, er fände das Buch, einschließlich Grundstruktur, eigentlich ganz gut, allerdings ist er nach 7 Monaten erst halb durch das Buch durch. Das spricht dann vielleicht doch eher für „zu lang, zu kompliziert“.

Mein Plan für die nächste Überarbeitung war deshalb gewesen, mit der Grundstruktur nochmal ganz von vorne anzufangen, vielleicht einen kompletten Handlungsstrang rauszunehmen, also im Grunde, das Buch nochmal neu schreiben.

Jetzt gibt es überraschend eine sechste Testleserin, der mein Buch gut gefällt. Allerdings hat sie sehr viele Wortwiederholungen kritisiert und auch sehr viele Sätze und Satzteile, die inhaltlich nochmal irgendwelche Informationen wiederholen, die schon mal vorgekommen waren.

Jetzt ist meine Überlegung, ob ich jetzt zuerst an die Grundstruktur ran sollte, also ganz neu plotten mit etwa der Hälfte des Inhalts. Wenn ich aber nachher feststelle, dass das das Buch nur verschlimmbessert und den Testlesern auch nicht besser gefällt, wären 1000 Arbeitsstunden für die Katz.

Andererseits, wenn ich mir jetzt die ganzen einzelnen Sätze, sprachlichen Feinheiten und Wortwiederholungen vornehme, in der Hoffnung, dass die nächsten Testleser das Buch dann bei gleichbleibender Handlung weniger ermüdend und komplex finden - und dann am Ende doch an die Grundstruktur gehe, das halbe Buch wegstreiche und den Rest neu schreibe, wären hunderte Stunden sprachliche Überarbeitung für die Katz.

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Schwierig, so eine Frage zu deinem speziellen Werk pauschal zu beantworten.

Die Überarbeitung erfolgt erst, wenn mir die Erzählstruktur durchgängig erscheint. Die unterscheidet sich schon mal von Geschichte zu Geschichte.
Die erste Überarbeitung beginne ich stets mit der Stilanalyse. Je nach Story habe ich meist ein Problem mit überlangen Sätzen. Die fallen dabei sofort auf. Danach nehme ich mir andere Peaks in der grafischen Darstellung vor. Dort, wo aus meiner Sticht sinnvoll, nehme ich Änderungen vor. Da muss der Rohbau aber schon stehen. Andernfalls erscheint mir die Stilanalyse nicht sinnvoll.

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Finde ich auch, mit dem Unterschied, dass ich sie schon die ganze Zeit angeschaltet habe und nur in Ausnahmefällen abschalte. Dadurch entstehen erst gar keine Abarbeitungsberge in dieser Richtung. Egal jedoch, wann man sie explizit einsetzt: Meiner Ansicht nach kann überhaupt keine Überarbeitung stattfinden, wenn ich mir bei der Grundstruktur unschlüssig bin. Ich hätte es gar nicht geschafft, mit dieser Unsicherheit einen Text mit derart vielen Wörtern zu kreieren.

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Echt? Das hab ich ganz am Anfang mal gemacht. Vermutlich aus denselben Gründen, die dich dazu veranlassen. Das hat mich aber mehr behindert, als das es mir genützt hätte. Vielleicht habe ich eine zu spezielle Erzählweise dafür. Ich lasse auch Manches stehen, was von der Stilanalyse angemeckert wird, weil mir ansonsten mein Schreibstil verfremdet erscheint. Ist sicher auch Geschmackssache.

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Das sowieso. Ich habe zum Teil absichtliche Wortwiederholungen, weil es zum Beispiel zum Charakter der Figur gehört, ständig alles zu wiederholen oder einzelne Satzteile zu wiederholen. Eine Figur sagt bei mir andauernd na ja am Satzanfang, mittendrin oder auch alleinstehend. So ist sie halt. Das kann die Stilanalyse ja nicht wissen. Doch das Anmeckern an solchen Stellen hilft mir auch in sofern, als dass ich dann weiß: Gut, du bist bei dieser Figur nicht von ihrem Charakter abgewichen. Kommt also die Figur vor und es gibt kein Stilanalysengemeckere, dann hat sich entweder die Figur weiterentwickelt (etwa von unsicher zu selbstsicher) oder ich habe ihre typischen Eigenschaften vernachlässigt. Würde ich auf diese Sachen erst am Ende achten, würde ich nie fertig werden und hinge in derselben Bedrouille wie jetzt Corinna.

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Ich verwende von der Stilanalyse nur die Wortwiederholungen und die langen Sätze. Genau wie die Rechtschreibprüfung ist das bei mir immer eingeschaltet.

Ich lese allerdings auch immer gern mal über das Bisherige. Solche kleinen Dinge wie Rechtschreibfehler und Wortwiederholungen bessere ich dabei quasi ständig aus.

Überarbeitung bedeutet dann für mich: Mir mehr Gedanken zu machen. Dabei gehts mir nicht um Eschbachs lustige Strichgesten, sondern auch um Fragen, ob mehrere Sätze das Gleiche aussagen. Ob Absätze vielleicht überflüssig sind. Ob Einleitungen fehlen oder Beschreibungen. Und natürlich auch, ob Sätze vielleicht ganz anders geschrieben werden sollten.

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Was ist das denn?

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Erst mal herzlichen Glückwunsch, du hast ein Buch geschrieben. :muscle:

Bei einer siebenmonatigen Testlesephase würde ich halb durchdrehen, das wäre mir vieeeeel! zu lang. Meine 3 Testlesenden bekommen immer ein klares Zeitfenster und einen Fragebogen.

Verschlimmbessern geht zwar immer, allerdings scheinen sich deine Testis einig zu sein, dass Kürzungen dem Text durchaus guttun würden. Ich würde an die Grundstruktur rangehen. Wo ist es zu viel? Welcher Handlungsstrang kann raus? Was war der eigentliche Kern der Geschichte?

Und nein, die Stunden sind sicherlich nicht verschwendet, aber ich kann nachfühlen, dass man auch fertig werden will. :grinning:

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Ich finde auch, dass das schon fast in Richtung unverschämt geht.

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Japp, entweder Sie haben Bock und wollen mir helfen, oder eben nicht.

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Also eigentlich „sollten“ aus Gründen der Effizienz stilistische Feinheiten erst in der finalen Überarbeitung ganz am Schluss vorgenommen werden. Daher ist es gerade bei Alpha-Lesern wertvoll, wenn diese selbst auf dem „Kreis der Schreibenden“ kommen und daher einschätzen können, worauf sie beim Testlesen achten müssen - nämlich nicht stilistische Feinheiten. Denn es lohnt sich nicht, schon entsprechend Mühe und Aufwand hineinzustecken ins „Schönerschreiben“, wenn ganze Abschnitte vielleicht nochmal gelöscht oder komplett überarbeitet werden müssen nach Feedback der Testleser. Dann war die ganze Mühe umsonst.

Aber: Ich bin manchmal wie der Arzt, der mit einer Zigarette in der Hand vor dem Patienten sitzt und ihm empfiehlt, nicht zu rauchen :wink:

In der Praxis halt ich mich nämlich selbst nicht konsequent daran. Dazu störe ich mich manchmal selbst viel zu sehr an stilistischen Unsauberkeiten. Teilweise überarbeite ich sowas daher sogar schon im First Draft - was mich auch ganz schön ausbremst. Aber meinen inneren Kritiker kann ich da nicht immer gut ausschalten bzw. auf später verschieben :wink:

In deinem Fall würde ich trotzdem vielleicht einfach den Testlesern von Anfang an mitgeben: „Bitte nicht auf stiltische Fehler oder Unsauberkeiten achten. Es handelt sich noch nicht um eine finale Version“ o.ä. … das spart auch den Testlesern Zeit - denn Wortwiederholungen etc. überall anzumerken kostet auch Zeit und Mühe und lenkt vielleicht am Ende von den eigentlichen Punkten ab, die du als Feedback haben möchtest.

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Meine Testleser bekommen eine Version, die komplett überarbeitet und in meinen Augen veröffentlichungsfähig ist, mit allen Feinheiten inklusive Cover und allem, was dazu gehört, denn sie sollen auch das Cover beurteilen. Würde ich alle Feinheiten erst nach deren Meinung / Kritik einarbeiten, müssten sie die Überarbeitung ja auch noch mal lesen und dann die nächste Runde und immer so weiter … Ich glaube, dann habe ich die längste Zeit Testleser gehabt.

Wenn ich denke: Das ist in einer Fassung, die fehlerfrei ist und den Testlesern übergeben werden kann, finden die noch genug Schnitzer. Daher finde ich eine andere Vorgehensweise, wie du sie eingangs beschrieben hast, eher ineffizient.

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Wahrscheinlich sind deswegen auch verschiedene Kategorien von Testlesern im Idealfall sinnvoll. Alpha-Leser - vorzugsweise selber Autoren - die eine frühe Version ohne stilistische Überarbeitung erhalten und v.a. Struktur, Plotholes etc. aufgedecken. Und nachher nochmal Beta-Leser, die schon eine deutlich finalere Version erhalten.

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Hi Corinna. Also 7 Monate Testlesen finde ich schon hart. Das bringt dir ja irgendwie nichts.
Ich habe auch auch mal ein Buch komplett neu geschrieben…einfach aus dem Grunde weil die Überarbeitung fast genauso lange gedauert hätte. Ich habe dann ein neues Projekt angefangen und bin alles durchgegangen. Was Okay war kam rein…kann man ja reinkopieren, was nicht passte flog raus.
Aber das muss jeder selber wissen…Die Stilanalyse schalte ich immer zwischendurch an…

Das mag sinnvoll erscheinen. Ich handhabe es jedenfalls immer wie oben beschrieben. Wenn du so willst, sind meine Alphaleser Ausdrucke, mein eigenes Vorlesen und das Vorlesen lassen durch den Computer.

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was ist unverschämt - dass die Testleser so lange brauchen? (Das alleine wäre doch schon ein Zeichen …?)

Ja, dass sie so lange brauchen und ja, das ist schon ein Zeichen. Aber nein, es geht nicht, dass man dann viele Dinge übersieht. Wenn ich sage, hey, du hast nur 2 Wochen und dann wird jede Menge übersehen, ist das in meinen Augen etwas Anderes.
Außerdem könnte man zwischendurch mal Bescheid sagen, wenn man festhängt oder keine Zeit oder keine Lust mehr hat oder alles doof findet oder man könnte einen Zwischenstand geben und dann sagen: Summa summarum gefällt mir dein Roman leider nicht, weil … und deshalb lese ich nicht weiter, weil … Das sollte wohl jeder hinbekommen.
Ich selbst habe mich mal maßlos geärgert.

  1. Ich habe einen Menschen gefragt, ob er Testleser sein möchte.
  2. Er hat ja gesagt.
  3. Er hatte ein klare Vorgabe, bis wann er fertig sein sollte.
  4. Er hat sich nie wieder gemeldet. Mit keinem einzigen Wort.
  5. Über eine Verwandte hat er mir das ungelesene Buch zurückgegeben. Kommentarlos. Weder Grüße noch eine Begründung oder überhaupt irgendwas.

So etwas geht überhaupt nicht. An diesen Menschen habe ich einen Haken gemacht. Sollte er mir jemals noch mal über den Weg laufen, werde ich höflich grüßen und meines Weges gehen.

Was hat das alles mit Corinna zu tun? Sie hat offenbar auch nie Zwischenfeedback bekommen. Bei 7 Monaten ist das inakzeptabel oder ich bin zu altmodisch oder zu gewissenhaft. Könnte ja alles sein.

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Nein du bist nicht zu altmodisch…sehe ich genauso…

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Ich hatte ja die Telefonnummern der Testleser und hätte nachfragen können, aber ich wollte sie nicht drängen.
Der 7-Monats-Testleser hat übrigens ein paar gute Anregungen und Hinweise ins Buch geschrieben, dafür bin ich echt dankbar.

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Ich finde, das ist nicht deine Aufgabe. Wenn ich einen solchen „Job“ übernehme, muss ich mich von selbst melden.