Überarbeitung meiner Erzählung

Hallo zusammen!

Ich bin gerade dabei mein Buch, eine Erzählung zu überarbeiten. Es ist die Geschichte von Maria. Es erzählt von ihrem Leben vom Kleinkind bis heute, von sozialen Phobien, Panikattacken, Ängsten, wie sie sich aufgebaut haben und wie sie sich letztendlich davon befreit.

Das Buch ist also eine Geschichte mit einem Erzähler, sozusagen ein Beobachter. Es ist etwas nüchtern erzählt und ich bin mir nicht ganz sicher, ob das die Leser mitreißt. Andererseits möchte ich auch nicht zu blumig schreiben. Ich habe das Gefühl, das passt nicht so richtig, weil dann wird es vielleicht zu sehr zum Roman und das möchte ich eigentlich gar nicht. Wörtliche Rede gibt es auch ganz wenig.

Letztendlich soll das Buch spannend und für diejenigen, die mit sozialen Phobien und Panikattacken zu kämpfen haben, eine Inspiration sein und Hoffnung machen, dass es möglich ist so etwas zu überwinden.

Was meint ihr, welche Form des Erzählers wäre für euch die Richtige?

Was mir auch oftmals schwer fällt, ist dieses „show don’t tell“, was mir immer wieder mal angezeigt wird. Manchmal kann ich es ändern, aber oft ist es nicht so einfach. Ich weiß, man sollte es auch nicht übertreiben. Kann mir jemand Tipps geben, wie man das am besten in eine Erzählung packt? Oder kennt jemand ein besonders gutes Buch oder einen Blog, die einem da weiterhelfen können.

Hier ein kleiner Textauszug, damit ihr einen Einblick bekommt:

Die Geburt von Marias Sohn verläuft unkompliziert. Der Papa von Raimund ist nicht dabei. Darüber ist Maria heilfroh, denn es ist nicht auszudenken, was hier los wäre, sollte er betrunken in der Klinik auftauchen.

Raimund ist ein gesundes, bildhübsches und aufgewecktes Baby. Maria drückt ihn an sich, küsst ihn auf die Stirn und verspricht ihm, dass er bei ihr ein liebevolles und geborgenes Zuhause haben wird.

Wolfgang wohnt eine Zeit lang nach der Geburt von Raimund im Haus von Marias Mama. Es gibt immer wieder Ärger wegen seiner Alkoholsucht. Manchmal kommt er betrunken heim, weil er in einem Gasthaus versackt ist. Ein andermal wird er sogar von der Polizei nach Hause gebracht. Maria erträgt ihn nicht mehr und schickt in fort. Für sie steht fest: Ein Papa wie Wolfgang ist für ein Kind eine Zumutung.

Wolfgang nimmt eine Arbeitsstelle weit weg genug von dem kleinen Dorf in Österreich an. Der Kontakt wird stetig weniger, bis er vollständig abbricht. Maria wird von den Erlebnissen mit Wolfgang und seiner Trunksucht immer wieder in ihrem Geist und in ihren Träumen heimgesucht. Und der Gedanke, dass er in jedem Augenblick vor der Türe steht, lässt sie erschaudern. Doch sie hört und sieht nichts mehr von ihm.

Wien

Raimund ist zwei Jahre alt. Ein kecker Junge mit lockigen blonden Haaren. Maria hat mit ihm ein entspanntes Leben hier im Haus von ihrer Mama. Doch langsam wird es Zeit, Überlegungen anzustellen, wie es denn weitergeht. Maria hat keine Ausbildung. Und zukünftig wird sie gezwungen sein, Geld zu verdienen.

Sie beschließt, eine 2-jährige Grafikdesign-Ausbildung in Wien – rund 200 km von ihrem Heimatort entfernt – zu absolvieren. Mama schlägt ihr vor, dass Raimund solange in Kirchberg wohnen kann – bei ihr und bei Papa, dem Opa von Raimund, der ja in der Zwischenzeit in Kirchberg wohnt. Maria kommen Zweifel. Ist das die richtige Entscheidung, den Sohn zu verlassen, um in der Ferne zu studieren? Gibt es eine andere Wahl? Mama beruhigt sie. Sie meint, dass das in Ordnung ist. Und am Wochenende sieht sie Raimund ja eh. Maria zögert und vertraut letztlich darauf, dass Mama recht hat.

Wie kommt das für euch rüber? Zu langweilig? Wenn ja, wie könnte man da anders vorgehen? Ich freue mich über konstruktive Kritik!

Hi,
für mich hört sich das bis jetzt wie eine Beschreibung an und nicht wie eine Erzählung. Es ist dröge. Schachtelsätze sind heutzutage nicht mehr beliebt, doch zu viele kurze Sätze wirken auf mich ermüdend. Es klingt wie eine Zusammenfassung, die noch ausgearbeitet werden muss. Ich würde so etwas in der Art im Organizer von Papyrus unterbringen, um es dann anschließend mit erzählerischem Inhalt zu füllen.
LG Suse

Puh, ja, hab ich mir gedacht. Aber was meinst Du? Ist das irgendwo erklärt mit dem Organizer?

Vor einem Jahr habe ich als Betroffene selbst zu einem annähernd ähnlichen Thema ‚mein‘ Buch veröffentlicht („Vom Hasen, der auszieht, die Angst zu verlernen.“ Mehr dazu auf meiner Website.) und stand während der Vorbereitungsphase vor der gleichen Frage. Ich habe mir daraufhin etliche Publikationen (inzwischen gibt es – leider oder erfreulicherweise – eine regelrechte ‚Schwemme‘ an Erfahrungsberichten psychisch Erkrankter) näher betrachtet und mir ‚meine‘ Nische gesucht. Entstanden ist ein Mix aus autobiografischer Sicht und nur einer Prise populär aufbereitetem Wissen, aber mit einem besonderen Fokus bezüglich der Entwicklung. Auch ich hatte mit dem Spagat zu kämpfen, einerseits nicht zu deprimierend, andererseits nicht zu nassforsch zu erzählen. Eine harsche Kritik bezog sich sogar darauf, mein Humor sei nicht angekommen. (Merke: Angsthasen können trotzdem humorvoll sein.)

Der nackte Fakten-Bericht eines auktorialen, personalen oder neutralen Erzählers erhält leicht die Anmutung einer distanzierten Fallakte. Das bedeutet, das man die Leserschaft emotional nur schwer mitnehmen kann. Als reines Sachbuch müsste es hingegen ausgezeichnet aufbereitet werden (auch mit neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung o.ä.) und als Selbsthilfebuch … Nun ja, da habe ich eine eigene spezielle und wenig positive Meinung.

So ein Buch ist immer ein persönliches Experiment und man kann damit nicht ‚Everybodys Darling‘ werden. (Meine Geschichte wollte einfach nur geschrieben werden, selbst wenn mir die Ich-Perspektive sehr schwer fiel und ich mich noch immer ‚verstecke‘. :flushed:)

Viel Erfolg und eine spannende, erfahrungsreiche Schreibzeit wünsche ich dir!

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Der Organizer ist Bestandteil des Programms, in dem du Überblicke für Kapitel und Szenen, etc. schreiben kannst. Unten links ist ein Symbol dafür, dort, wo auch das für den Navigator ist. Ich sitze gerade nicht am Rechner. Später kann ich dir einen Screenshot schicken.

Bei dir könnte es so aussehen:


Nach dem Klick auf das Organizer-Symbol kannst du dann den Überblick füllen.


Und dein Text ist in meinen Augen bisher nichts Anderes als ein solcher Überblick.

Ich habe vier Kinder. So emotionslos schmiere ich mir nicht einmal ein Käsebrot. Ich weiß nicht, was dieser Satz soll, wofür er steht, was er symbolisiert. Liebe Lisa, du musst dir KEINERLEI Gedanken machen, ob dein Buch zu emotional wird. Das Gegenteil ist der Fall. Adjektive schaffen Distanz, Verben schaffen Emotionen. Verben sind dynamisch, Adjektive statisch. Bist du »blumig« wirst, dauert es eine Weile.

Die Geburt von Marias erstem Kind, Raimund, ist unkompliziert. Der Vater ist nicht dabei.

Du müsstest genauer hinschauen. Welche Information ist doppelt, welche fehlt? Hier ist der Sohn, der zu viel ist und dass es das erste Kind ist, fehlt als Information. »Papa« ist zu emotional, wenn du Distanz willst, kommst du an »Vater« nicht vorbei.

Maria ist heilfroh darüber; nicht auszudenken, was los wäre, tauchte er hier auf, womöglich betrunken.

Aber wir schreiben alle unsere eigenen Bücher. Mein Stil ist meiner, den sollst du dir nicht aneignen, aber ich bin jemand, der sehr oft genau hinsieht. Ich seziere meine Sätze so lange, bis sie genau das aussagen, was ich aussagen will.

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Dankeschön!

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Dankeschön für Deine Kritik. Du hast recht, es wird mir immer klarer … ich denke es muss sogar voller Emotionen sein, denn es geht ja auch darum. Wahrscheinlich schreibe ich es um in Ich-Form …

Danke!!!

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Na, da hast du ja mal wieder die Charme-Keule hervor geholt, liebe @Endgegnerin! Immerhin öffentlich und nicht, wie selbst erlebt, via PN. Machst das beruflich und bist Demotivationstrainerin?
Selbst wenn ich hier zuweilen deine Ansichten durchaus teile, bin ich der Meinung, dass der Ton die Musik macht, oder? Kritik ist gesucht, erwünscht und erlaubt, aber sie sollte einen konstruktiven und motivierenden Tenor haben.

Mein Stil ist meiner, den sollst du dir nicht aneignen, aber ich bin jemand, der sehr oft genau hinsieht.

Keine Sorge, diesen Stil will dir wirklich niemand nehmen. :upside_down_face:

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Danke für Deinen Bericht. Ich schaue mir Deine Website auf jeden Fall an und auf Dein Buch bin ich auch neugierig. Ja, meine Erzählung darf in diesem Fall nicht distanziert sein, im Gegenteil. Das ist mir jetzt klar geworden. Denn es geht ja letztlich um Emotionen. Ich denke ich werde das Ganze in Ich-Form umschreiben … egal wie lange es dauert.:smiley:

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Stimmt, könnte etwas sensibler von @Endgegnerin ausgedrückt werden. Zum Glück bin ich so gefestigt, dass mich dieser Ton nicht demotivieren kann. :muscle:

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Das ist sehr schön. Lass dich nicht verrückt machen von ein paar Einzelnen.

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Du umfasst in einem einzigen Absatz, manchmal sogar in einem einzigen Satz, große Zeiträume. Zum Beispiel : „Der Kontakt wird stetig weniger, bis er vollständig abbricht. Maria wird von den Erlebnissen mit Wolfgang und seiner Trunksucht immer wieder in ihrem Geist und in ihren Träumen heimgesucht.

Meiner Meinung nach sind weder die Ich-Perspektive noch die Zeitform Präsens gut geeignet für die Zusammenfassung großer Zeiträume. Das sind für mich eher Stilmittel, mit denen man den Leser ganz unmittelbar eine bestimmte Gegenwart hautnah miterleben lassen möchte.

Was wäre denn nach Deiner Meinung passend? ich meine welche Erzählform und welche Zeit?

Ich mag generell am liebsten Präteritum und Erzählungen in der dritten Person.

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Für eine solche Erzählung über einen langen Zeitraum bietet sich auch meiner Meinung nach die Vergangenheitsform an. Wichtig ist: Wer erzählt denn überhaupt Marias Geschichte, was weiß er/sie? Ist der Beobachter ein Nahestehender, ein enger Verwandter, ein neutraler Außenstehender, der allwissende auktoriale Erzähler? Worauf ist der Handlungsfokus gerichtet? Ein bestimmtes Ereignis, eine Entwicklung? Das Interesse des Lesenden muss ja durchgängig erhalten, erobert werden oder auf ein Ziel hinsteuern.

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Hallo Lisa,

Dein Thema ist hochemotional. Wenn Du darüber schreibst, kann Dein Text Emotion gut vertragen. Meines Erachtens könntest Du Dich auch an das lyrische Ich herantrauen.

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Danke! Im Moment kommt mir das Präsens auch nicht mehr so geeignet vor. Ich denke, damit muss ich mich noch mehr auseinandersetzen und auch noch mit einigem mehr …