The Dream Before -- Leseprobe aus dem Tagebuch einer Namenlosen

Guten Abend Palinurus

Ja, da hast du recht. Ich lese zu wenig und schon gleich gar nicht mehr echte Literatur. Das war in meinem alten Leben, als ich noch in Deutschland lebte. Doch dann hat ein Feuer all meine Bücher verschlungen und ich erkannte, dass ich ganz gut ohne sie lebe. Allerdings hat seither meine Leseeifer nachgelassen und ich begann Wörter zu vergessen. Doch dadurch habe ich die Einfachheit entdeckt und wenn sie auch naiv klingen mag, aber sie erreicht die Herzen der Menschen und die amüsieren sich. Das ist mir heute lieber. :slight_smile:

Schönen Abend noch
Urmel

Boah! Für mich ein monströser Albtraum, auch unabhängig von Canetti! In meiner Behausung stehen knapp sechstausend Bände. Wenn ich mir ausmale, die würden abfackeln, krieg’ ich immer ganz eigentümliche Zustände. Habe vorhin gerade in Jürgen Goldsteins erst kürzlich erschienem und sehr, sehr empfehlenswertem Philosophischen Portrait Hans Blumenbergs gelesen, daß der noch ganz junge Blumenberg schon an die tausend Bücher angesammelt hatte, als er 1939 gerade mal zu studieren begann. Während der fürchterlichen Bombardierung Lübecks im Zweiten Weltkrieg – die auch Thomans Mann im Exil stark erschüttert hat: es ist ja genauso Heimatstadt gewesen! – ging diese Bibliothek unter, was für H.B. sehr tragisch war (aber im Angesicht dessen, was ihn als “Halbjude” danach noch erwartete, ist das sicher nicht die größte Katastrophe seines Lebens gewesen).

Es ist gut zu hören, daß du darüber hinweggekommen bis … und nein: naiv klingt da für mich nichts, wenn du sagst, infolge dessen zur Einfachheit gefunden zu haben. Allerdings erlaube ich mir trotzdem, dich ans Lesen zu erinnern. Wer schreibt, sollte lesen! Wenn du sagst, daß dir manchmal Wörter fehlen, wird es daran eklatant.

Liebe Grüße von Palinurus

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Lieber Palinurus,

daß Deine Art des Schreibens für Menschen außerhalb Deines üblichen Milieus anstrengend ist, ist Dir bewußt; Du hast Dich gezielt dafür entschieden. Sämtliche Werke der Weltliteratur, die mir bisher begegnet sind, lasen sich einfacher (wobei ich Dich unfairerweise zum größten Teil mit englischen Werken vergleichen muß, und Englisch ist ungleich einfacher als Deutsch).

Zwei Dinge sind mir hauptsächlich aufgefallen:

  1. Die Beschreibung des Blowjobs ist außergewöhnlich. Ich finde: außergewöhnlich gut. Explizit, detailliert - aber nie ins Pornographische abdriftend. Nur daß sie, auf dem verpißten Boden kniend, nach seinen Schweinsäuglein schaut: Es dürfte ihr aus dieser Perspektive schwerfallen, dort das von Dir beschriebene Zusammenkneifen zu erspähen.

  2. Zehn Seiten lang lese ich eine Sprache, die - in meinen Augen - maximal Anfang des 20. Jahrhunderts zu verorten ist, was Grammatik, Wortwahl, Stilistik betrifft. Und plötzlich: die Erwähnung einer Mail. Das hat mich irritiert. Erst hier habe ich begriffen, daß die Geschichte im Jetzt spielt; daß sie das auch muß, wenn ich den weiteren Teil richtig verstanden habe. Ab dieser hier viel zitierten Seite 10 schreibst Du in einem Duktus, von dem ich akzeptieren kann, daß eine heutige Frau ihn so pflegen könnte. Falls aus Autorensicht nichts dagegen spricht, wäre es vielleicht eine Überlegung wert, auch die vorherigen Seiten so zu schreiben - immer noch höchst eigenwillig, anspruchsvoll, mitunter gezielt irritierend - aber passender zu Mail und Worten wie “tussihaft”.

Auf jeden Fall aber: Respekt für so ein Werk! Da steckt viel Arbeit drin, und viel Feinschliff.

Schönes Wochenende
Buchling

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Liebe Buchling,

bei mir verdichtet sich langsam der Eindruck, eine erste Ahnung davon zu erlangen, wohin die Reise gehen sollte, wenn ich meinem Ziel näherkommen möchte, erzählende Momente mit solchen zu verweben, die eine … ähm … „intellektuelle Dimension“ daran durchsichtig werden lassen möchten. Daß solche Beiträge wie von dir, @oskar21 und @Urmel dazu wichtige Nachdenkstützen liefern, möchte ich euch hiermit gerne bescheinigen und zugleich meinen Dank dafür aussprechen.
Jedenfalls werde ich mich da wieder ransetzen und auch die gerade aktuellen Arbeiten eurer Hinweise wegen kritisch überprüfen, was dann sicher auch Umschriften impliziert.

Und Dank auch für deinen Hinweis, was die Perspektiven-Verhältnisse während der Schul-Kloszene angeht. Das muß ich mir noch genauers … ähm … deutlich machen, denn dahinter steht u.a. auch ein Topos ganz bestimmter Reflexionen aus der kritischen feministischen Literatur, die „Augensprache“ bei derlei Konstellationen betreffend. Ich wollte das unbedingt aufnehmen, weil es mir sehr plausibel scheint, was darüber in diesem Spektrum geschrieben wurde; und es ist nicht so, daß mir von daher kommend alles plausibel ist (ich habe z.B. sehr starke Vorbehalte gegen die zentralen messages in Kate Mannes Buch *Down Girl *(was ja in letztern Zeit für einige Furore gesorgt hat), aber gerade diesen „Klassiker“ im Dunstkreis von Freddy-Fleischhauer-Typen und Blow-Jobs nehme ich ihr durchaus ab.

Auf alle Fälle vielen Dank für diese Rückmeldung und liebe Grüße von Palinurus

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Lieber Palinurus,

Und ich dachte schon, das käme nicht mehr!

Dein Projekt finde ich aus verschiedenen Gründen hoch interessant, bin aber durchaus skeptisch. Halbherzig jedenfalls kann das nichts werden.

Die Szene finde ich auch außergewöhnlich gut, bei der Perspektive hat @Buchling vermutlich völlig recht.

n.m.M ist nicht so sehr das Problem, dass diese Sprache an dieser Stelle aus der Zeit gefallen wäre, sondern ich bezweifle, dass Sprache und Gedankeninhalte zur Szene passen! Eine junge Frau erwacht aus dem Schlaf, befindet sich im Dämmerzustand zwischen Traum und Wachsein und denkt in diesen Worten? Und denkt so theoretische Zusammenhänge? Sollten die Gedanken vor allem zunächst nicht elementarer sein und langsam zurückfinden in die reale Welt mit ihrer Logik und Komplexität? Mir erscheinen Gedankensprache und -inhalte eher unpassend. Klar, im Text ist das reflektiert, von einer glaubwürdigen Umsetzung würde ich mehr erwarten.(*)

mit freundlichen Grüßen
os|<ar

(*) das ist jetzt nicht (nur) unzulässige Übertragung eigener Qualia, sondern Resultat professioneller Erfahrung eines Schlafwagenschaffners.
.

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Lieber Oskar,

mit Bedacht auf die entsprechenden Einlassungen von @Buchling sagst du folgendes:

Das ist für mich ein mehr als nur ein bißchen bedenkenswerter Einwand! Und zwar unabhängig davon, daß – so glaube ich zumindest – die interne Logik dieses Kapitels (einer wesentlich längeren Geschichte) eigentlich nicht mehr den Erwachenszustand voraussetzt, weil sich die Namenlose ja bereits im „Schreibmodus“ befindet. Will sagen: Das „Gedanken-Konvolut“ repräsentiert eine akute Niederschrift in ihre „geliebten Moleskine-Hefte“. Es ist allerdings so (und darum wiegt dein Einwand für mich schwer), daß durch die Verlegung des Trauminhaltes ganz ans Ende beim Leser andere Eindrücke evoziert werden könnten (wie du sie jetzt ja auch zu Protokoll gibst). Hier bin ich also offensichtlich der „Allmächtigkeit des Erzählers“ aufgrund seines … ähm … „Privatwissens“ auf den Leim gegangen! Hervorragende Kritik! Ich sage Dank!

Wenn du dich dazu entschließen könntest, das, was da an Kritik durchscheint, noch ein wenig deutlicher werden zu lassen (wobei ich keine übermäßige Investition erwarte, nur ein paar sachte Hinweise, meinethalben auch bloß stichwortartig, würden mich freuen), wäre das für mich sehr, sehr hilfreich. Denn der von dir aufgerufene Term der ‚Glaubwürdigkeit‘ alarmiert mich in diesem Zusammenhang natürlich, wie du dir sicher denken kannst …

Eines muß ich hier korrigieren: Die Namenlose ist keine so ganz „junge Frau“ mehr. Das wird an anderen Stellen dieses fragmentarischen „Tagebuch-Romanes“ auch deutlich, die Fehleinschätzung geht also nicht zu deinen Lasten, lieber Oskar, sondern ist der Singularität dieses einen Kapitels geschuldet. – Wie alt sie genau ist, weiß ich übrigens nicht zu sagen und interessiert mich auch nicht. Es darf so ungefähr von einem Alter zwischen Ende Dreißig bis Anfang/knapp Mitte Vierzig ausgegangen werden, desgleich von einem „ordentlich dimensionierten“ Bildungslevel samt manischer Affinität zu Literatur, Kunst und (Geistes-)Wissenschaften bei gleichzeitiger – beinahe totaler – und selbstgewählter sozialer Isolierung, die mehr oder weniger nur dann durchbrochen wird, wenn sie ihre erotischen Obsessionen auslebt (die kurz im Erzählstrang auftauchende Melissa ist z.Z. des Handlungsverlaufes die dafür erkorene Partnerin) oder Kontakt mit ihrem Bruder Ruben pflegt.

Euer Lob der Blow-Job-Szene fand gestern Abend noch ein realweltliches Echo. Es fand sich Gelegenheit, das Kapitel einigen Menschen vorzulesen: Neben Einwendungen, wie sie auch hier auf mich kommen und ein paar Entgegnungen darauf (die Damen und Herren waren sich da also nicht gänzlich einig), waren zu meinem Erstaunen und gleichzeitiger Satisfaktion alle wohlangetan davon, also ich meine: von der Umsetzung des vorgeblich unterlegten Sinnzusammenhanges. Hat mich dann doch sehr gefreut und bestätigt euer Urteil. Deine Unterstützung von Buchlings Skepsis gegen die Augenführungspartie macht mich jetzt ganz kirre … mal sehen, wie ich „meine Idee“ retten kann (denn das möchte ich unbedingt!).

Ihr helft mir sehr mit eurer Kritik und den angeführten Bedenken hier- und dazu. Aber nun halte ich es nicht mehr aus – ich bitte um Entschuldigung, wenn das jemandem unziemlich erscheint – und muß zum Schluß noch eine Frage stellen, weil dazu (bisher) rein gar nichts kam. Es geht um den Traum selbst, wie er im letzten längeren Abschnitt zu stehen kommt: Da werden ja – neben anderem :rofl: – etliche Idiosynkrasien einiger bekannter Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur und Wissenschaft in den (Traum-)Text eingewoben, wobei ich nicht davon ausgehe, daß jede/r Leser/in mit all diesen Dingen im Einzelnen vertraut ist. – Stört es, wenn dabei das eine oder andere Unbekannte erwähnt wird (mir fällt spontan Marie Bonaparte ein oder auch die Sache mit Trakl oder die Andeutung über kunstwerkbefleckendes Ejakulat in Zusammenhang mit Francis Bacon und Adorno) oder ist das „so in Ordnung“? – Ich meine damit: Die in Wirklichkeit damit verbundenen Malheurs, Obsessionen und Idiosynkrasien der szenisch aufgerufenen Personen sind ja tatsächlich hochinteressant (ich hab mir all das ja nicht „aus der Nase gezogen“) und können auch alle nachgelesen werden. – Weckt das – wäre in diesem Zusammenhang etwa eine meiner Fragen (und zugleich zugegebenermaßen auch Anliegen) – Neugier, Lust, diesem oder jenem nachzugehen, oder ist es eher störend, wenn der realweltliche, biographische Hintergrund nur mit je wenigen Phrasen angedeutet wird?

Ich werde aufgrund eurer Analysen und Kritiken viel zu tun haben mit dem Text. Und doch freut’s mich! Denn langsam wird’s etwas lichter in Bezug auf mein Anliegen (nuja, vermutlich darf’s auch ‚Obsession‘ genannt werden) …

Einen schönen Tag euch allen wünscht Palinurus

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Moin Oskar

Ich habe den Anfang eher so begriffen, dass die gute Dame bereits völlig wach ist und in den Tat im Begriff ist ihren Traum aufzuschreiben. Und da sie sich so zierte und solch hochtrabende Gedankengebäude baute, entstand bei mir der Eindruck, dass sie in der Tat in psychologischer Behandlung war.

@Palinurus

Also ganz ehrlich, lass es wie es ist. Ich bezweifle stark, dass ein Leser, der das Buch aus Interesse liest, da nicht hängen bleibt und sich fragt, ob das möglich ist. Und ich muss dir recht geben, die Beschreibung der Perspektive passt wunderbar in die Szene. Sie unterstreicht das Ganze nochmals und rundet es ab. Als Autor eines Buches, das kein Fachbuch ist, muss nicht alles stimmen. Das passt prima.

Euch einen schönen Tag
Urmel

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Liebe Urmel,

woran erkennbar wird, daß unterschiedliche Leser auch Unterschiedliches lesen – trotz gleichen Signifikantenbestandes! Eine bessere Bestätigung für die These, daß Verstehen ohne Signifikate unmöglich ist, ließe sich schwerlich erbringen! Und nein: Es ist nicht so, daß die Auslegung von @oskar21 gegenstandslos wäre, weil es doch vermeintlich anders dasteht. Obwohl meine Intention mit deiner Auffassung übereinstimmt, Urmel, nehme ich den Hinweis von Oskar ernst und werde die Sache ein bißchen klarer machen.

Ja. Sie war in analytischer Behandlung: Bei Dr. Spielfogl …

In anderen Abschnitten ihrer exzessiven „Tagebuch“-Schreibereien – sie sollten vielleicht am besten als Soliloquia aufgefaßt werden --, wird das auch weiter ausgebaut. Wobei ich offenlasse, welche Rolle dabei die kindliche Traumatisierung spielt; also ich meine mit Betracht darauf, ob Dr. Spielfogl davon überhaupt dezidierte Kenntnis erlangte oder ob da ein Schweigen statthatte (was in psychoanalytischen Prozeduren niemals gut ist). – Wenn’s anbei dieses Namens (nicht aber der Schreibweise wegen) in irgendjemandes Ohren klingeling machen sollte, so wäre das übrigens keine Sinnestäuschung und auch kein Zufall. :laughing:

Viele Grüße von Palinurus

Lieber Palinurus,

Ich hatte sie jünger eingeordnet: Mit Cecilia hat sie “die Schulbank gedrückt”, war also wohl eine Klassenkameradin und somit gleich alt. Die Szene, schreibst Du, sei 20 Jahre her, und die Mädchen damals erst 15. Somit wäre sie heute 35. Ob nun Ende 30, ok, so ganz genau muß ja die Zeitangabe nicht sein; Mitte 40 aber wären zehn Jahre mehr. Aber das ist Erbsenzählerei. Wenn Du mitzählen möchtest und ich die richtigen Schlüsse aus den Zahlen gezogen habe, ist ja wenig leichter, als das Ganze einfach zu ändern zu: 30 Jahre her.

Na, dann laß sie so! Es ist ja kein Sexualkundebuch - wenn es wichtig ist, daß sie seine Schweinsäuglein anstarrt, dann soll sie das tun. Da bin ich ganz der Meinung von @Urmel .

Schönes Wochenende!
Buchling

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Liebe Buchling,

ha!, so ist das mit dem gern gepflegten “mir doch egal” … (wie alt die Namenlose genau ist). Du machst mich hier auf eine Laxheit im Konzept aufmerksam, die sich eventuell zu einem kapitalen Fahler auswachsen könnte. Hab Dank dafür. Ich werde die zeitüberspannende Aussage wohl auf ‘ein Vierteljahrhundert’ ausweiten statt zwanzig Jahre, dann ist wahrscheinlich alles “in warmen Handtüchern”. – Ich sehe: Du bist Profi(-Journalistin). Respekt!

Viele Grüße von Palinurus

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Lieber @Palinurus, liebe @Urmel,

So steht es zugegeben auch zu lesen und ist jetzt im Nachklang (nach 5 Durchgängen und 2 Erklärungen) sonnenklar! Zunächst erwähnt Sie, geträumt zu haben, dann wird der Traum reflektiert, dann telefoniert und der Traum zuletzt berichtet. In meiner Verwirrtheit habe ich da offensichtlich einiges durcheinander gewürfelt!
*
(Frage: Warum erzählt jemand zunächst sein Resümee, dann Anderes und zum Schluss, das, was sich eigentlich ereignet hat (der Traum)? Eine provokante Antwort: Vielleicht hat da jemand am falschen Schreibtisch gesessen und erst mal das Abstrakt verfasst, dann Methode und Daten hinzugefügt und ist schließlich zu Pudels Kern vorgedrungen?).*

Das macht jetzt wahrscheinlich wenig Sinn, weil meine Kritik sich ja auf den Ductus im ersten Abschnitt bezieht, meine Erwartungen hier aber völlig in die Irre gehen. Also würde man sich entschließen, die Abfolge des Erzählten zu überarbeiten - wäre vermutlich der wesentliche Teil dieser, meiner Kritik schon mal gegenstandslos. -

Ich denke davon und von einer energischen Überarbeitung der (klientelbezogenen) Lesbarkeit könnten dein Text derart profitieren, dass ich ihn gerne auf meine Leseliste setzen würde.

mfg
os|<ar

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Warum jemand so vorgeht – also hier: „mit dem ‚Resümee‘ anfängt“ --, wird sich eventuell nicht ergründen lassen, lieber Oskar. Die Situation ist ja folgende: „Jemand“ sitzt am Schreibtisch (oder wo auch immer) und fängt an, etwas in seine „geliebten Hefte“ zu notieren. Es sind also sehr private Notizen, die nicht per se „herkömmlicher Logik“ folgen müssen – wobei ich gleich hinzusetze, daß aus meiner Perspektive in belletristischen und/oder poetischen Zusammenhängen die „herkömmliche Logik“ sowieso nicht immer den Primat hat, weil dann m.E. eher kein belletristischer/poetischer Text vorläge --; wie die Namenlose ihre Gedanken ordnet, erscheint nach diesem Modell ergo für den Leser: Ob ihm das paßt oder nicht, kann für solche Aufzeichnungen also nicht die Maßgabe sein … denn nochmals: Sonst wären das ja keine privaten (eigentlich nicht zur Veröffentlichung bestimmte) Aufzeichnungen, die sie nun aber mal sind!
Freilich: gleichwohl sind sie jetzt veröffentlicht (zumindest mal hier in diesem Forum). – Ich hielte es aber für einen mindestens fragwürdigen Ansatz, würden diese Soliloquia nun nur deswegen, weil sie veröffentlicht werden (sollen), einen anderen Charakter als eben solche – ziemlich idiosynkratischen – Selbstgespräche an sich tragen: Von Authentizität wäre da ja dann nicht mehr viel übrig …

Bei diesem Genre tritt also, so wie ich das jetzt dargestellt habe, eine „Schwierigkeit“ zutage, deren Kern in dem Paradox besteht, daß ein von Anlage und Form her nicht-öffentlicher Text öffentlich gemacht wird. Aber derlei Paradoxalität ist für literarische Zeugnisse nicht so arg ungewöhnlich (weshalb ich ‚Schwierigkeit‘ auch in AnfStr. gesetzt habe, denn in Wirklichkeit sehe ich da keine solche, sondern eine durchaus denkbare und literarisch auch legitime Vorgehensweise). Wir brauchen ja bloß an sog. „innere Monologe“ o.ä. denken, von denen die Literatur seit langem voll ist und deren Form durchaus variiert – aber ich möchte mal behaupten, daß sich darunter einige finden ließen (womöglich noch samt vermeintlich „nicht-logischer bzw. -folgerichtiger“ Umrahmung im Erzählstrang), die hier in diesem Forum auch auf Kritik stoßen würden, zitierte sie jemand, ohne die Originalquelle preiszugeben.

Kurz gesagt: Der Namenlosen verschriftliche Reflexionen mögen sich nicht an einem Standardmodell „erzählerischer Logik“ orientieren. – Aber wo steht denn geschrieben, daß es in der Literatur nur nach Schema X ablaufen darf? Es wäre leicht, hier Beispiele anzuführen, wo das durchaus anders gehandhabt wird …
Daneben gibt es aber auch einen sachlichen Grund – jetzt kommt die Metaebene möglicher Autorenintentionen zum Tragen – für die zumindest teilweise Verkehrung des Zeitstrahles. Denn die „vorgeschobene“ Proust-Reflexion soll ja auch die Lektüre des Nachfolgenden in bestimmter Hinsichtnahme beeinflussen. – Wie inzwischen deutlich wurde, muß ich da allerdings noch nacharbeiten, mindestens formal, vielleicht auch inhaltlich, weil das bei allen Lesern, die sich dazu äußerten, wohl nicht so recht funktioniert hat (das geht also auf die Kappe des Autors).

Ich sehe allerdings nicht (bisher jedenfalls – eventuell könnten das andere Argumente möglicherweise ja doch noch luzid machen), wieso bei dem gegebenen Stück „von zwei Schreibtischen aus“ gearbeitet worden sei. Freilich gebe ich zu, daß die „Klammer über dem Ganzen“ vielleicht zu vage gesetzt wurde und zudem auf bestimmte Wissensgebiete bezogen zu voraussetzungsreich ist (hinsichtlich der [geistes-]geschichtlichen Verknüpfung): Aber natürlich ist es nicht ganz so „verwirrt“, wie es manchen vielleicht scheinen mag, daß der Traum am Schluß und die Erinnerungs"theorie" Prousts anfangs zu stehen kommt; denn da am Ende eine (träumerische) Inkarnation Walter Benjamins [sic] zu verzeichnen ist, dessen Erinnerungskozept mit jenem der Recherches auf vielfälige Weise verbunden ist (was übrigens in einigen seiner sehr persönlichen Werke auch überaus deutlich wird [bspw. [I]Berliner Kindheit oder Einbahnstraße]), ist das m.E. keineswegs nur als „verwirrt“ anzusehen.

Jedoch: Das ist natürlich auch immer der Nachteil einer fragmentierten Lektüre bzw. Zitation. Im Gesamtensemble der Tagebuchnotizen dieser namenlosen Frau werden solche Zusammenhänge nach und nach selbstverständlich wesentlich deutlicher als nur in dem einen Kapitel, wobei dann sogar ein Umkehreffekt eintreten könnte, weil der Leser ab einer bestimmten Stufe der Entfaltung ihrer Geschichte u.U. mehr weiß als die Ich-Erzählerin selbst. – Ich verrate hier jedenfalls nicht, ob ihr dieser Zusammenhang zwischen der Proust-Reflexion und dem Traumnotat vollkommen klar ist. Einigen Lesern traue ich zu, daß er sich ihnen zeigt. Und dann können sie bestimmte ihrer (der Ich-Erz.) Erwägungen und Gedanken aus einer Perspektive betrachten, die der Ich-Erzählerin vielleicht gar nicht möglich ist, damit aber ihre Geschichte auch in einem anderen Licht erscheinen läßt, als es ihr selbst gegeben ist.

Wenn das hier nicht als Zumutung angesehen wird, lasse ich in Kürze noch ein zweites, wesentlich kürzeres Stück aus den Selbstgesprächen der Namenlosen aufpoppen, das ihr Verhältnis zu der bisher nur im Vorübergehen erwähnten Melissa etwas näher beleuchtet und weniger „geistlastig“ ist. In einem Punkt „verstößt“ allerdings auch dieses Kapitel gegen die herkömmliche Zeitordnung. Mich würde interessieren, ob das dann auch ähnliche Fragen wie jene Oskars aufwirft oder eher akzeptiert würde, also ich meine vor dem Hintergrund der dort nicht vorhandenen schwerblütigen intellektuellen Vor-Belastung.


Kurz sei hier noch erwähnt – wir stehen ja knapp vor dem (wie auch immer suspekten) achzigsten Todestag Walter Benjamins --, daß im Suhrkamp-Verlag vor wenigen Tagen die in der englischsprachigen Welt seit langem als Standard geltende Benjamin-Biographie von Eiland/Jennings auf Deutsch erschienen ist. Ich kann sie Interessierten nur empfehlen. Wem sie etwas zu voluminös (oder schlichtweg zu teuer) ist, der kann auch auf jene von Lorenz Jäger zurückgreifen, die finde ich ebenfalls sehr lesenswert.

[https://www.suhrkamp.de/buecher/walter_benjamin-howard_eiland_42841.html

https://www.rowohlt.de/hardcover/lorenz-jaeger-walter-benjamin.html](https://www.suhrkamp.de/buecher/walter_benjamin-howard_eiland_42841.html)

Viele Grüße von Palinurus

Ich habe heute morgen angefangen. Aber schnell wieder aufgehört. Nicht weil es mir nicht gefällt. Mitnichten. Es nur so wie vormals von mir befürchtet. Es ist von einer anspruchsvollen Komplexität. Jetzt habe ich Komplexe. Wenn ich jetzt nicht mehr mit dem Schreiben vorankomme, bist Du Schuld!
Und nein ich will dir nicht in den Arsch kriechen, ich bewundere einfach nur Deinen Umgang mit Worten, auf einer höheren Ebene, wie ich sie hier zuvor nur bei @Abifiz lesen konnte.

Beste Grüße und Chappie ( also das was die Franzosen sagen wenn sie ihren Hut ziehen :wink: )
Lusmore

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Lieber Lusmore,

meine Schuld sehe ich vollkommen ein. Deshalb folgender Vorschlag: Wir gehen jetzt mal davon aus, daß du ungefähr ein halbes Jahr unter furchtbaren Komplexen leidest und nicht weiterschreiben kannst. Ich vermute (bitte korrigieren, falls ich zu niedrig rechne), daß dir deswegen – mit Betracht auf (mindestens) eine halbe Million verkaufter Exemplare des solcherart durch mich verzögerten Werkes – bei einem unterstellten Verkaufspreis von € 10 etwa 5 Millionen Euronen Verlust für das halbe Jahr entstehen, die ich dir zwar zeitweilig leider nicht ersetzen kann (mein letzter Bestseller hat nur 3,7 Mio erzielt, wovon ich schon wieder 3,69 Mio in Ghostwriter [nur mindestens zweifach Habilitierte werden dafür in Betracht gezogen] für das nächste Werk investiert habe), sehr wohl aber möchte ich natürlich wenigstens für die verlorenen Zinsen geradestehen …

Heißt im Klartext: Der derzeitige Satz beläuft sich auf ca. - 0,5 % (wir sind ja gerade in einer sog. “Negativzinsphase”). D.h. für die Zeit des halben Jahres Komplexüberwindung in Tateinheit mit Schreibhemmung steht dir nach der vereinfachten Zinsformel (von Zinseszinsen wirst du hoffentlich absehen) …

Zn = K * (p / 100) * n

… eine Kompensation von …

5 Mio x (-0,5 / 100) x 0,5 (Jahre)

… zu, was in Euro ausgedrückt für dich (als Zinsertrag) bedeutet: € -12.500,00. Du mögest mir also bitte diesen Betrag mit -1 multipiziert auf jenes Konto überweisen, das ich dir in Kürze bekanntgeben werde. Eine Quittung brauchst du mir dafür selbstverständlich nicht noch extra auszustellen, ich kann ja die Überweisung als Zahlungsbeleg für außergewöhnliche Belastungen ob Schuldausgleiches beim Finanzamt anführen. Ich hoffe, dir damit eine angemessene Kompensation für meine Schuld angeboten zu haben. :smiley:

Liebe Grüße von Palinurus, dessen zweiter Name Sharky lautet

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Lieber @Palinurus
Jetzt habe ich es auch endlich geschafft, Deinen Text zu lesen. Wie schon mehrfach bemerkt, ist das kein leichtes Lesefutter, dazu muss ich hellwach sein, mithin tagsüber lesen. Ich gebe auch gerne zu, dass mir die vorherigen Posts und Deine Erläuterungen hier und an anderen Stellen das Lesen erleichtert haben (da ich keine Klassiker lese und keine wie auch immer geartete philosophische, literatur- oder kulturwissenschaftliche Ahnung habe).

Lasse ich mich also darauf ein. Überschriften sind manches Mal auch hilfreich.
Tagebuch einer Namenlosen: also eine Frau schreibt Tagebuch. Tagebücher sind wohl in den meisten Fällen eher nicht dazu gedacht, veröffentlicht zu werden. Die Reihenfolge von Tagebuch-Einträge entspricht vermutlich oft keinem “normalen” Romanaufbau.

Ich lese von furchtbaren Erinnerungen, die eine psychiatrische Behandlung erfordert haben und es der Ich-Erzählerin ermöglichen, ihre Träume zu erinnern. Von so ausgeprägter sozialer Isolation, dass niemand mitbekommen haben soll, dass ein paar Jahre (!) ein Kind und ein Mann mit ihr gelebt haben, auch nicht, dass die dann beide umkommen durch Unfall und Mord. Selbst nicht der eigene Bruder, der nur bemerkt, dass seine Schwester immer sonderbarer, ja, “irgendwie autistisch”, werde.

Sie vermisst Melissa, ihre Partnerin fürs Ausleben erotischer Phantasien (gestolpert bin ich über ihre purpurne (?) Zunge). Sie schreibt E-Mails (ah - wir befinden uns im Heute) und telefoniert sogar mit ihrem Bruder. Auch in diesem Telefonat geht es um eher unschöne Erinnerungen, die nur von einem eher beiläufig genannten Namen heraufbeschworen werden (inklusive einer sehr plastischen und trotzdem distanzierten Blowjob-Szene).

Ich sehe sie die ganze Zeit in ihren Heften schreiben. Sie schreibt offenbar alles auf, inbegriffen die direkte Rede aus dem Telefonat mit ihrem Bruder, auch wenn es einiges geben mag, für das sie keine direkten Worte schreiben will, hat sie es genau dadurch doch aufgeschrieben. Es sollen ja ihre eigenen, sehr persönlichen Tagebucheinträge sein. Da kein spezifischer Tag benannt wird, könnten es auch Aufzeichnungen aus mehreren Tagen sein.

Du hattest auch noch nachgefragt: Der eigentliche Traum, die phantastische Orgie, rauscht an mir vorbei und zieht mich doch in einen Strudel. Mich stören die ganzen Namen und Anspielungen nicht, es ist ein wilder Traum! Ein sehr wilder Traum, aus dem sie bedauert, aufgewacht zu sein.
Gestolpert bin ich über die sieben Dutzend Jahre, die Walter geträumt haben soll. Und ich habe mich in den schier endlosen, verschlungenen, atemlosen Sätzen mit ihren Einschüben und Unterbrechungen verloren, um am Ende auch mit Bedauern “herauszufallen”.

Insgesamt für mich ein Leseerlebnis der besonderen, sprachgewaltigen Art. Ich würde sicherlich ein weiteres Kapitel lesen wollen, bin mir aber nicht sicher, ob ich diesen Tagebuch-Roman kaufen würde.

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Liebe Alex,

ich freue mich sehr, daß du dieses Kapitel aus dem Tagebuch der Namenlosen gelesen hast, besonders auch über die Art, wie du dich damit auseinandersetzt. Und ja: Tatsächlich besteht ihre Hauptbeschäftigung darin, ihre geliebten Hefte vollzukritzeln. Oft macht sie tagelang nichts anderes.
Interessant finde ich, daß du über die „purpurne Zunge“ gestolpert bist … das ging mir kürzlich, beim Nachlesen wg. Stellungnahmen anderer nämlich auch so: Ich habe eine ganz bestimmte Farbe der Zunge vorm inneren Auge, aber ich wurde unsicher und bin es jetzt – nach deinem Einwurf – noch mehr, ob ich mit ‚purpur‘ eigentlich richtig liege. Ich gestehe allerdings, daß mir das Wort an dieser Stelle auch sehr gut gefällt, wobei auch phonetische Aspekte eine Rolle spielen …
Melissa betreffend sei noch angemerkt: Mit ihr trifft sich die Protagonistin in ihrer kleinen Stadtwohnung und nicht etwa in dem großen Garten-Anwesen am See (dort kommt [zumindest bis etwa Mitte des Romanes] niemand anders hin als nur ihr Bruder; und auch der höchst selten).
Was der Protagonistin (offenbar vorzeitig abgebrochene) Analyse bei Dr. Spielfogl angeht, so sei mal vorläufig noch dahingestellt, was sie ihrem Analytiker überhaupt offenbart hat. Ganz gewiß wußte er von fürchterlichen Träumen. Aber welche sie dabei offenbart hat – also mit welchem Hintergrund an lebenslaufdeterminierenden Ereignissen (oder vielleicht auch Erfundenes?) – mag vorerst dahingestellt bleiben.

Deine Mitteilung, daß du noch ein Kapitel lesen würdest, motiviert mich schon ein bißchen, noch eines, das Melissa etwas näher vorstellt, hier hochzuladen. Mal sehen. Mich dünkt ja, es sei „intellektuell“ nicht so arg hochgeschraubt wie das hier verhandelte. Allerdings bin ich inzwischen auch vorsichtig mit solchen Einschätzungen, weil es mir so vorkommt, daß ich dabei zu ego-zentriert urteile, einfach unterstellend, was mir durchsichtig ist und lesbar erscheint, müßte doch auch „allen anderen“ genauso erscheinen … – Ich habe inzwischen genug* feedback* erhalten, um diese Haltung für fragwürdig zu halten, aber nicht, weil ich die anderen für dümmer halte als mich, sondern weil ich davon Abstand nehmen muß, meine doch sehr spezifischen persönlichen Interessen (und damit verknüpften Bildungsinhalte usw.) würden sich quasi mehr oder weniger nahtlos denen anderer einreihen lassen. Das ist Unfug, wie ich inzwischen gemerkt habe. Hat wohl u.a. auch etwas mit sog. „Betriebsblindheit“ zu tun und womöglich auch damit, daß ich meiner Protagonistin vielleicht in diesem oder jenem mehr ähnle, als ich mir das bisher klargemacht habe, also ich meine, was bestimmte Idiosynkrasien einerseits und Präferenzen auf der anderen Seite angeht.

Daß du dem „eigentlichen“ Traum offenbar etwas abgewinnen konntest, finde ich sehr schön! Ich habe mir da übrigens nichts aus den Fingern gesogen: Das hat, was gewisse Vorlieben, (schließlich) gelöste Verklemmungen und allerlei Obsessionen angeht, alles Hand und Fuß! Bei Künstlern ist’s ja sowieso nicht so, aber entgegen weitgepflegten Klischees sind bspw, auch Philosophen nicht unbedingt immer … ähm … erotische Leisetreter und krampfgeplagte Arschbackenzusammendrücker (gewesen) … – Mal von Kant abgesehen, weshalb der in Portbou auch nicht verloren hätte. Und olle Siggi ist ja gleich wieder abgedampft, als er sah, was sich da „zusammenbrauen“ würde :roll_eyes:

Noch etwas zu den sieben Dutzend Jahren:

Walter Benjamin starb (höchstwahrscheinlich) am 26.09.1940. Er beging Suizid – es gibt auch Mordtheorien, die ich aber nicht für ganz seriös halte – mit einer ziemlich großen Menge Morphium (ein Augenzeuge des Kaufs des M. in Marseille hat hinterlassen, „damit habe man ein Pferd umbringen können“).

D.h.: Wir schreiben also inzwischen das Jahr seines achzigsten Todestages – und sieben mal zwölf gibt 84. Aber die entsprechende Szene impliziert – durch die Einbindung eines Hinweises auf Anna Maria Blaupot ten Cate (die Penelope-Anspielung der Ich-Erzählerin) – noch eine zweite Berechnungsmöglichkeit: Denn 1933 verliebte sich Walter Benjamin in die eben genannte junge Malerin, als sie sich als Naziflucht-Exilanten auf Ibiza trafen und dort gemeinsam den Sommer verlebten. Er hat später noch versucht, diese Liebe aufrecht zu halten, wurde dann aber nur noch als „guter Mensch“ und achtenswerter Philosoph von ihr angesehen. Der letzte bekannte Brief solchen Inhalts an sie ist ein tragisches Zeugnis seiner „letzten Liebe“, die am Ende in Vergeblichkeit lief. Ich kann dieses mich wieder und wieder sehr berührende Schreiben immer nur unter großer Erschütterung lesen.
Jedenfalls: Legen wir statt seinem Todesjahr das zugrunde, in welchem er und A.M.B.t.C. auseinandergingen, ergäben sich sogar schon etwas mehr als sieben Dutzend Jahre für seinen … ähm … erotik-abstinenten „Schlaf“ … – Ich selbst habe keine Präferenz für eine bestimmte Variante. Eine gewisse Komik habe ich versucht anklingen zu lassen – auch deshalb die Schlaf-Assoziation --, weil heutzutage die Insel Ibiza natürlich ein „ganz anderes Kaliber“ repräsentiert als damals in den frühen Dreißigern. Aber da Walter so lange „geschlafen hat“ in Portbou, bevor ihn das orgiastische Bacchanal zu neuem Leben erweckte, kann er das ja unmöglich wissen. Nöch wahr?! :cool:

Nachtrag: Falls dieses Buch jemals veröffentlicht würde, wäre ihm am Ende ein Glossar beigegeben, in welchem bestimmte – nicht ganz alltägliches Wissen repräsentierte – Erwähnungen sachlicher und personaler Natur erläutert würden.

Viele Grüße von Palinurus

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Lieber Palinurus,
da kann ich vielleicht noch zu ein paar Punkten ergänzen:

Purpur ist eher lila oder violett, das ist jedenfalls die Farbe, die ich mit diesem Wort verbinde. Für eine menschliche Zunge - abgesehen von phonetischen Aspekten - eher ungewöhnlich, aber das ist nur meine Meinung. Vielleicht hatte sie ja gerade Heidelbeeren genascht;)

Ja, sicher - wenn sie so obsessiv (wie Du irgendwo schon mal gesagt hast) in ihre Hefte schreibt, kann ich mir gut vorstellen, dass “alles” ineinander verschwimmt: Realität, jedenfalls die von ihr wahrgenommene, Wunsch und Traum.

Mag wohl sein, ist aber an sich zunächst nicht verwerflich. Du hast einen Ansatzpunkt gefunden, und kannst also darauf aufbauen (oder auch, in diesem Deinen speziellen Fall, vielleicht “verbal abrüsten” - aber nicht zu viel! Dann ginge der Reiz und Charme Deines Stils evtl. zu weit unter.).

Das hatte ich aus den vorigen Erläuterungen entnommen, und vermutlich weil ich das wusste, den Traum mit ziemlichem Schmunzeln gelesen - Chapeau.

Ja, das hatte ich auch nachgelesen und kam damit auf das Jahr 2017, in dem diese Traumorgie statt gefunden haben könnte. Du hattest in einem der ersten Antworten gesagt, dass der Text “etliche” Jahre alt sei, das assoziierte ich mit mehr als 3 Jahren - daher rührte meine leicht Irritation.

Das wäre dann für mich ein Argument für einen eventuellen Kauf. Ich liebe Glossare und auch Personenverzeichnisse, auch wenn einige da anderer Meinung sind.

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Liebe Alex,

du hast ganz recht, Purpur wird eher mit Violett assoziiert, allerdings ist das insgesamt durchaus etwas variabel, und zwar vom Rot-Anteil her gesehen.

Ich linke dir mal zwei Bsp., die mit Melissas Zunge nach meiner sinnlichen *façon *ganz gut hinkämen (wobei ich das erste nicht so leuchtend assoziiere und etwas dunkler, das zweite [auf der untersten Stoffrolle] dagegen einen Tick heller und etwas glänzender; wahrscheinlich wäre eine Mischung aus beiden mein absoluter Supertreffer):

https://www.optikunde.de/farbe/purpur.php

https://de.wikipedia.org/wiki/Purpur_(Farbstoff)#/media/Datei:Purple_Purpur.jpg

Ergänzung: Nach der hier vorliegenden Farbreihe (Mitte Seite) liegt Melissas Zungenfarbe im Bereich zwischen ‘pupurrot’ und ‘mittelviolettrot’:

https://de.wikipedia.org/wiki/Purpur_(Farbe)

Wegen der sieben Dutzend Jahre: Ich sehe das nicht ganz so eng (also nicht mit jahrgenauer Zählung). – Stelle dir dazu vor, daß in dreißig, vierzig Jahren die fünfzigste Auflage dieses Jahrtausendromanes erschiene (meine Erben haben sich von den Erlösen der neunundvierzigsten gerade eine nette kleine Insel in Süditalien gekauft und 'ne Dreißigzimmer-Villa drauf bauen lassen :p), dann stünde da ja immer noch etwas von sieben Dutzend Jahren, und wen würde’s jucken? Wenn wir die Portbou- statt der Ibizarechnung ansetzen, hätte ich sogar noch vier Jahre Zeit bis zur Veröffentlichung mit einer Erstauflage von 500.000 Exemplaren …

Das Buch bekäme ziemlich sicher ein Glossar (wahrscheinlich wäre es sogar nicht ganz arg schmal). Aber kaufen müßtest du’s nicht. Ein Dankes-Exemplar vom Autor – mit handschriftlicher Widmung – wäre dir sicher!

Viele Grüße von Palinurus

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Das bekäme einen Ehrenplatz in einem meiner Bücherregale (auch wenn ich mit Deinen 6000 Büchern nicht mithalten kann, auf knapp 2000 bringe ich es auch - sicherlich anderer Couleur:kissing:)

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Da kann man mal wieder sehen - ich bin hier gelandet: https://de.wikipedia.org/wiki/Purpur_(Farbe) also nicht Farbstoff …
in diesem Artikel weiter unten ist eine “blass-purpurne Rose” - diese Farbe kann ich mir schon gut vorstellen.

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