Hallo zusammen,
angesichts der mir sehr denkwürdig erscheinenden Einlassung von @RalfG zur kürzlich von @Capella eingestellten antiken Weihnachtsgeschichte, sie entfalte trotz gegebenen Anlasses keine erotische Spannung und spiegle eher entsprechende „moderne Verklemmungen“ wider (meine Paraphrase), habe ich mich entschlossen, ein Stück aus dem 2. Kapitel meines aktuellen Projektes hier zu veröffentlichen und zur Diskussion zu stellen.
Eigentlich wollte ich das erst tun, wenn Kap. 2 ganz fertig ist, habe allerdings Ralfs Bemerkung wegen den Entschluß gefaßt, einen m.E. inzwischen mal … nunja … provisorisch „fertigen“ Abschnitt davon vorweg zur Diskussion zu stellen, weil ich glaube, daß Ralfs Bemerkung schon auf eine wirklich akute „Mangelerscheinung“ weist: Man sieht sich häufig entweder plump pornographischem Sabber gegenüber oder einer bezüglich dessen eher „verklemmten“ Schreibe, wobei ich durchaus in Betracht ziehe, daß die aktuellen Zeiten in Hinsicht darauf hart sind, weil mehr und mehr ein rigider Jakobinismus um sich greift bei diesen – und auch anderen – Themata, daß es „den Hund mitsamt der Hütte“ schauert.
Will sagen: Es mag also auch diesen oder jenen Grund geben, warum bestimmte Dinge derzeit von den Schriftstellern vielleicht gerade eher gemieden werden … was ich persönlich sehr, sehr bedenklich finde …
Im hier gegebenen Kapitelabschnitt wird gegen Ende auch darauf reflektiert, aber nicht darum stelle ich ihn ein, sondern weil ich gern erfahren würde, ob so manche Wendung in dem Stück bei diesem oder jener Leser/in Bedenken evoziert oder gar Anstoß erregt. Und daneben interessiert mich auch ganz prinzipiell, wie das eigentliche Hauptthema – ein durchaus „schon älterer Mann“ (sagen wir mal: zwischen Fünfzig und Sechzig) erlebt eine heftige Affäre mit einer blutjungen Frau (17 Jahre: kann sie eigentlich überhaupt im Vollsinn dieses Wortes ‚Frau‘ genannt werden?!) --; also wie so eine Story … ähm … „heutzutage“ ankommt.
Der im Roman thematisierte Problemhintergrund ist vielfälig und beschränkt sich nicht darauf. Gleichwohl tragen dahinterstehende Fragen die Handlung durchaus signifikant mit, eingerahmt u.a. von bestimmten Reaktionen der Außenwelt auf dieses allgemein sowieso eher mißliebig wahrgenomme „Verhältnis“, die insgesamt für heftige Verwerfungen im Leben der zwei Hauptprotagonisten sorgen werden (genaugenommen sind’s gar drei – es ließe sich von einer ménage à trois reden --, aber das spielt im gegebenen Abschnitt [noch] keine Rolle).
Daneben würde ich mich freuen, wenn ihr mir sagtet, ob überhaupt eine „erotische Stimmung“ aufkommt; denn es verhält sich keineswegs so, daß da nichts anderes mit-thematisiert wäre …
Ein paar Zeilen des Gesamttextes habe ich schon mal eingestellt, als es um Glossen ging. Inzwischen ist daran aber viel überarbeitet worden und ich habe auch 'ne andere Stelle ausgewählt, mit anderem Text.
Zur Situierung: Der Protagonist Schreiber saß in einem Sessel mit Blick aufs Meer und dachte darüber nach, wie es mit Lisa und ihm weitergehen würde, nachdem sie sich ein paar Tage nach dem Kennenlernen von ihrer Familie „abgesetzt“ und zu Schreibers Urlaubsdomizil begeben hat – ein hübsches Häuschen am Meer, etwa drei, vier Kilometer vom Zeltplatz entfernt, wo sie mit den Eltern und zwei jüngeren Geschwistern Urlaub machte. Der Punkt ist: Lisa will nicht zurück. Sie will hinfort mit Schreiber zusammenleben … Dunkel ahnt er, daß in der Familie irgendetwas „faul ist“ und Lisas „Flucht“ vielleicht nicht bloß mit ihm ganz allein zu schaffen hat. Zugleich treibt ihn aber auch um, daß er ihrem erotischen Reiz (der sehr hoch ist) inzwischen auf eine Weise verfallen ist, die ihm auf der „intellektuellen Ebene“ irgendwie zu „denken gibt“, derweil er sich freilich – rein somatisch betrachtet – äußerst wohl dabei fühlt … und womöglich sogar in eine Art … ähm … „Abhängigkeit“ von Lisa zu geraten … droht …
Im Moment, an dem der Text einsetzt, ist diese Ambivalenz – im Sessel sitzend und aufs Meer blickend: es ist früher Morgen und Lisa schläft noch im offenen Nachbarzimmer – sehr, sehr deutlich geworden und er weiß nicht, was … tun … – Einerseits treibt ihn etwas, zu ihr ins Bett zu kriechen und sie, na, sagen wir mal, „einfach zu nehmen“ (sie hat ihm klar gemacht, daß sie „es mag“, wenn’s so läuft); andererseits hat sich eine „innere Stimme“ – ein Alter Ego – gemeldet und macht ihm wegen der ganzen Situation „die Hölle heiß“. In seiner Not ist er schon mehrmals aufgestanden, auf Lisa zu, dann wieder weg, hat bei seinen Notizbüchern Zuflucht gesucht usw. usf. – aber die enorme Spannung ist nicht gewichen …
Die mit (lat.) ‚refugere‘ einsetzende Situation spielt darauf an, daß er Lisas … ähm … Körpermitte als so eine Art Refugium imaginiert, in das ein Rückzug münden (diese Metapher spielt dann im Text eine signifikante Rolle) könnte, das seinem Ekel an der profanen Welt Rückzugsraum böte, sodaß diese Abscheu darin verschwinden würde mit dem gleichzeitigen Erleben quasi paradiesischer Zustände.
Das Alter Ego macht ihm wegen dieser Phantastereien – eine Art Regreß in juvenile, pubertäre Verfassung? – heftige Vorwürfe, deren er sich irgendwie zu erwehren versucht. Der Abschnitt läßt offen, ob er in sein imaginiertes (oder auch bloß halluziniertes) Paradies kriechen wird oder, wie von Alter Ego gefordert, „Vernunft annimmt“.
Soweit das Inhaltliche. Formal ist noch anzumerken, daß ich einen Perspektivwechsel eingebaut habe (das geht im Roman ständig so zu – warum ich das mache, mag ich hier nicht verraten [aber ich hab mir schon etwas dabei gedacht]); wobei der Erste-Person- Part nach meinem Verständnis eigentlich wiederum in zwei Perspektiven zerfällt, weil dabei auch ein Du eklatant wird.
Wäre schön, wenn ich dazu auch ein paar Kritiken hörte.
Ach ja: Und alles, was ich für erklärensbedürftig ansehe im Text, soll am Ende tatsächlich in Glossen eingearbeitet sein. Habe es aber noch nicht geschafft, sie anzulegen, wie es mir gefallen würde. Deshalb habe ich als Zwischenlösung FN angelegt. Hoffe, ihr kommt damit klar.
Und nun viel Spaß beim Lesen …
Gruß von Palinurus
TextprobeZumAufbauErotischerSpannung.pap (38.2 KB)