Textprobe: 1. Erotische Spannung / 2. Erzählerischer Perspektivwechsel

Hallo zusammen,

angesichts der mir sehr denkwürdig erscheinenden Einlassung von @RalfG zur kürzlich von @Capella eingestellten antiken Weihnachtsgeschichte, sie entfalte trotz gegebenen Anlasses keine erotische Spannung und spiegle eher entsprechende „moderne Verklemmungen“ wider (meine Paraphrase), habe ich mich entschlossen, ein Stück aus dem 2. Kapitel meines aktuellen Projektes hier zu veröffentlichen und zur Diskussion zu stellen.

Eigentlich wollte ich das erst tun, wenn Kap. 2 ganz fertig ist, habe allerdings Ralfs Bemerkung wegen den Entschluß gefaßt, einen m.E. inzwischen mal … nunja … provisorisch „fertigen“ Abschnitt davon vorweg zur Diskussion zu stellen, weil ich glaube, daß Ralfs Bemerkung schon auf eine wirklich akute „Mangelerscheinung“ weist: Man sieht sich häufig entweder plump pornographischem Sabber gegenüber oder einer bezüglich dessen eher „verklemmten“ Schreibe, wobei ich durchaus in Betracht ziehe, daß die aktuellen Zeiten in Hinsicht darauf hart sind, weil mehr und mehr ein rigider Jakobinismus um sich greift bei diesen – und auch anderen – Themata, daß es „den Hund mitsamt der Hütte“ schauert.
Will sagen: Es mag also auch diesen oder jenen Grund geben, warum bestimmte Dinge derzeit von den Schriftstellern vielleicht gerade eher gemieden werden … was ich persönlich sehr, sehr bedenklich finde …

Im hier gegebenen Kapitelabschnitt wird gegen Ende auch darauf reflektiert, aber nicht darum stelle ich ihn ein, sondern weil ich gern erfahren würde, ob so manche Wendung in dem Stück bei diesem oder jener Leser/in Bedenken evoziert oder gar Anstoß erregt. Und daneben interessiert mich auch ganz prinzipiell, wie das eigentliche Hauptthema – ein durchaus „schon älterer Mann“ (sagen wir mal: zwischen Fünfzig und Sechzig) erlebt eine heftige Affäre mit einer blutjungen Frau (17 Jahre: kann sie eigentlich überhaupt im Vollsinn dieses Wortes ‚Frau‘ genannt werden?!) --; also wie so eine Story … ähm … „heutzutage“ ankommt.

Der im Roman thematisierte Problemhintergrund ist vielfälig und beschränkt sich nicht darauf. Gleichwohl tragen dahinterstehende Fragen die Handlung durchaus signifikant mit, eingerahmt u.a. von bestimmten Reaktionen der Außenwelt auf dieses allgemein sowieso eher mißliebig wahrgenomme „Verhältnis“, die insgesamt für heftige Verwerfungen im Leben der zwei Hauptprotagonisten sorgen werden (genaugenommen sind’s gar drei – es ließe sich von einer ménage à trois reden --, aber das spielt im gegebenen Abschnitt [noch] keine Rolle).

Daneben würde ich mich freuen, wenn ihr mir sagtet, ob überhaupt eine „erotische Stimmung“ aufkommt; denn es verhält sich keineswegs so, daß da nichts anderes mit-thematisiert wäre …

Ein paar Zeilen des Gesamttextes habe ich schon mal eingestellt, als es um Glossen ging. Inzwischen ist daran aber viel überarbeitet worden und ich habe auch 'ne andere Stelle ausgewählt, mit anderem Text.

Zur Situierung: Der Protagonist Schreiber saß in einem Sessel mit Blick aufs Meer und dachte darüber nach, wie es mit Lisa und ihm weitergehen würde, nachdem sie sich ein paar Tage nach dem Kennenlernen von ihrer Familie „abgesetzt“ und zu Schreibers Urlaubsdomizil begeben hat – ein hübsches Häuschen am Meer, etwa drei, vier Kilometer vom Zeltplatz entfernt, wo sie mit den Eltern und zwei jüngeren Geschwistern Urlaub machte. Der Punkt ist: Lisa will nicht zurück. Sie will hinfort mit Schreiber zusammenleben … Dunkel ahnt er, daß in der Familie irgendetwas „faul ist“ und Lisas „Flucht“ vielleicht nicht bloß mit ihm ganz allein zu schaffen hat. Zugleich treibt ihn aber auch um, daß er ihrem erotischen Reiz (der sehr hoch ist) inzwischen auf eine Weise verfallen ist, die ihm auf der „intellektuellen Ebene“ irgendwie zu „denken gibt“, derweil er sich freilich – rein somatisch betrachtet – äußerst wohl dabei fühlt … und womöglich sogar in eine Art … ähm … „Abhängigkeit“ von Lisa zu geraten … droht

Im Moment, an dem der Text einsetzt, ist diese Ambivalenz – im Sessel sitzend und aufs Meer blickend: es ist früher Morgen und Lisa schläft noch im offenen Nachbarzimmer – sehr, sehr deutlich geworden und er weiß nicht, was … tun … – Einerseits treibt ihn etwas, zu ihr ins Bett zu kriechen und sie, na, sagen wir mal, „einfach zu nehmen“ (sie hat ihm klar gemacht, daß sie „es mag“, wenn’s so läuft); andererseits hat sich eine „innere Stimme“ – ein Alter Ego – gemeldet und macht ihm wegen der ganzen Situation „die Hölle heiß“. In seiner Not ist er schon mehrmals aufgestanden, auf Lisa zu, dann wieder weg, hat bei seinen Notizbüchern Zuflucht gesucht usw. usf. – aber die enorme Spannung ist nicht gewichen …
Die mit (lat.) ‚refugere‘ einsetzende Situation spielt darauf an, daß er Lisas … ähm … Körpermitte als so eine Art Refugium imaginiert, in das ein Rückzug münden (diese Metapher spielt dann im Text eine signifikante Rolle) könnte, das seinem Ekel an der profanen Welt Rückzugsraum böte, sodaß diese Abscheu darin verschwinden würde mit dem gleichzeitigen Erleben quasi paradiesischer Zustände.
Das Alter Ego macht ihm wegen dieser Phantastereien – eine Art Regreß in juvenile, pubertäre Verfassung? – heftige Vorwürfe, deren er sich irgendwie zu erwehren versucht. Der Abschnitt läßt offen, ob er in sein imaginiertes (oder auch bloß halluziniertes) Paradies kriechen wird oder, wie von Alter Ego gefordert, „Vernunft annimmt“.

Soweit das Inhaltliche. Formal ist noch anzumerken, daß ich einen Perspektivwechsel eingebaut habe (das geht im Roman ständig so zu – warum ich das mache, mag ich hier nicht verraten [aber ich hab mir schon etwas dabei gedacht]); wobei der Erste-Person- Part nach meinem Verständnis eigentlich wiederum in zwei Perspektiven zerfällt, weil dabei auch ein Du eklatant wird.

Wäre schön, wenn ich dazu auch ein paar Kritiken hörte.

Ach ja: Und alles, was ich für erklärensbedürftig ansehe im Text, soll am Ende tatsächlich in Glossen eingearbeitet sein. Habe es aber noch nicht geschafft, sie anzulegen, wie es mir gefallen würde. Deshalb habe ich als Zwischenlösung FN angelegt. Hoffe, ihr kommt damit klar.

Und nun viel Spaß beim Lesen …

Gruß von Palinurus

TextprobeZumAufbauErotischerSpannung.pap (38.2 KB)

Lieber @Palinurus ,

Bei mir nicht. So etwas kommt immer mal wieder vor. 17 und 50 bis 60 ist zwar ein wirklich großer Altersunterschied, aber wie gesagt: Kommt gelegentlich vor.

Wie kommt das an? Das dürfte sich nach Geschlecht und Alter stark unterscheiden. Ziemlich viele ältere Männer träumen von so einer Konstellation, ein paar setzen sie um. All diese dürftest Du als Leser auf Deiner Seite haben.
Anders dürfte das bei Frauen aussehen. Wie schon gesagt: Als anstößig empfinde ich es nicht; es ist allerdings auch kein Thema, zu dem ich ein Buch lesen würde.
Bei Feministinnen wirst Du als Mann mit diesem Thema mit einem lauten Aufschrei rechnen dürfen - aber das hast Du einkalkuliert. Das Thema old white men und toxische Maskulinität als männlicher Autor aufzuarbeiten, wird in diesen Kreisen auf Widerstand stoßen. Ich finde allerdings: Es gibt hier keine Deutungshoheit qua Geschlecht. Kann nicht schaden, wenn sich ein Mann mal eines solchen Themas annimmt.

Ehrlicherweise muß ich sagen: nein. Ein paar eingestreute “vögeln”, “ficken”, “Muschi” machen für mich keine erotische Stimmung; das andere Mitthematisierte ist mir hier zu dominant, da muß ich beim Lesen zu sehr mitdenken, um so etwas wie Erotik spüren zu können.

Dazu könnte ich mich erst äußern, wenn ich verstünde, worum es Dir dabei geht - und das tue ich (noch) nicht. Daher kann mich der Wechsel bislang nur irritieren; gestört hat er aber nicht.

Bei der Textprobe bin ich sehr gespannt auf das Feedback der übrigen Leser!

Viele Grüße
Buchling

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Liebe Buchling,

vielen Dank für deinen Kommentar.

Und dann zu Obigem: Es ist nicht so, daß der Roman – Novelle als Format hab’ ich inzwischen (beinahe) gecancelt :roll_eyes: – darin aufginge, dieses Thema auszuwalzen. Bündig gesprochen: das wäre mir thematisch zu dünn und ich wüßte auch nicht, ob ich viel mehr dazu beitragen könnte, als in diesem Feld literarisch längst schon geackert, gesät und geerntet wurde …
Ich sehe es so, daß dieses Thema den Rahmen und eine gewisse Struktur dafür bereitstellt, das Problem der oft nicht ganz lapidaren Ambivalenz zwischen Körper und Geist, oder, etwas nietzscheanischer gesprochen, zwischen „Apollinischem“ und „Dionysischem“, zwischen Vernunft und Rausch und* Ekstase und Gefaßtsein* zu beleuchten; und zwar sowohl auf der individuellen als auch auf der … ähm … gesellschaftlichen Ebene, wobei mir das hinsichtlich Letzterer auch gerade ziemlich akut zu sein scheint, weil wir – so mein Gefühl – in einer jämmerlich jakobinischen, von Kontrolle und Oktroyierungswahn geprägten Zeit zu leben scheinen … und es sieht ja nicht so aus, als würde das schnell wieder vorübergehen: Ich nehme einen Gesinnungsterrorismus auf allen möglichen Gebieten des Lebens wahr (oder wähne es zumindest), daß mir das nackte Grausen kommt, weil es auf eine Art der Lust- und Entgrenzungsfeindlichkeit etc.pp. hinauszulaufen scheint, wie sie seit den Zeiten der Herrschaft Augustins Logik der Schreckens (infolge seiner verheerenden Gnadenlehre – die übrigens bis heute massiv nachwirkt!) wohl nur selten so scharf instituiert war.

Jo, so weit mal zum Programm …

Das wird natürlich keine unmaßgebliche Rolle spielen; wobei ich betonen möchte, daß ich dem Feminismus „an sich“ sehr aufgeschlossen gegenüberstehe und eher nur die Extrema – inklusive des völlig bescheuerten Genderismus in seinen (gesinnungs-)terroristischen Varianten – ablehne; wobei die ja leider im Moment hohe Konjunktur haben, genauso wie ähnlich rigide Perversionen in anderen Sphären des Lebens. Mir geht es aber auch z.B. um Sprachverfall, Bildungskatastrophe[n], Potenzierung von Trash(-„kulturen“) und die totale Entwertung der ästhetischen Erfahrung mitsamt dem künstlerischen Ausdruck. Und nicht zuletzt soll auch das Thema der Erotik in einem weiteren Rahmen reflektiert werden als nur in einer Junges-Mädchen-Alter-Mann-(Pseudo-)Schmonzette …

Zur Frage, ob im gegebenen Stück erotische Stimmung aufkommt:

Im ersten Augenblick war ich – ehrlich gesagt – enttäuscht von dem Statement. Aber dann fiel mir ein, daß die gegebene Passage natürlich aus einer sehr … ähm … „männlichen Perspektive“ heraus geschrieben ist, was vielleicht ein bißchen erklären könnte, warum du dich nicht „erotisch angesprochen“ fühlst. Denn ich vertrete schon die Auffassung, daß in diesem Belang durchaus mehr „zur Sprache kommt“ als nur das Erwähnen von ‚Muschi‘, ‚vögeln‘ und ‚ficken‘ (diese Termini kommen ja eigentlich so arg oft gar nicht vor. Oder?). Sowohl über direkte Ansprache – es gibt ja Beobachtungen der schlafenden Lisa, die Erotisches zu evozieren suchen --, als auch auf der metaphorischen Ebene.
Aber nuja. Es mag sein, daß all das nur mir allein erotisch „vorkommt“, dann habe ich eben keine Ahnung, wie man das „richtig macht“ … – Das wäre, wenn dem so ist, dann auch schon mal wieder ein Lerneffekt an dieser Veranstaltung hier!

Ich kann das Versprechen abgeben, daß auch die weibliche Inblicknahme des Erotischen zur Aufführung kommt. Der gegebene Abschnitt ist dafür halt nicht geeignet.
Mich interessiert natürlich, wie das männliche Forenteilnehmer sehen – aber genauso, ob dein Urteil einhellige weibliche Zustimmung findet.

Ich bedanke mich jedenfalls vielmals – und wirklich sehr, sehr erfreut – für deine doch zügige Reaktion.

Viele Grüße von Palinurus

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Lieber @Palinurus ,

es mag sein, dass Dich Feministinnen wegen Deines Werks angreifen. Jedoch gehört das immer auch ein wenig zur Kunst. Ein Werk ohne Kritik ist oft bedeutungslos.

Deine Sprache verleitet keine Triebtäter. Du unterdrückst keinen Menschen. Dein Schreiber ist kein „Sugar-Daddy“, richtig? Ich las keinen „Machtmissbrauch“ eines „überlegenen Mannes“, wie er in der Gesellschaft zurecht nicht toleriert wird.

Erotik und jedes Liebesspiel ich ein Spiel von Dominanz und Hingabe. Mal gibt sich ein Mann hin – mal eine Frau.

Ich sehe Deine Textprobe also völlig im „grünen Bereich“.

Da Dein Text ein gewisses Maß an humanistischer Bildung voraussetzt, ist Dein Text zudem nicht jugendgefährdend.

Aber genau da liegt auch die Krux: Du kannst nur dann eine erotische Grundstimmung entfachen, wenn Deine Leser, ohne über die Hintergrundbedeutungen nachdenken zu müssen, in einen Leseflow geraten.

Lieben Gruß,
Marie

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Hallo @Palinurus,

ich schließe mich inhaltlich weitgehend Buchling an. Um heutzutage Bedenken zu provozieren oder Leute Anstoß nehmen zu lassen, müssen ganz andere Tabus verletzt werden, als der Altersunterschied zwischen den beiden Protagonisten, die sich ja auch beide freiwillig darauf eingelassen haben. Da ist man heutzutage weitaus härteres gewohnt, als zu Zeiten von Manns Professor Unrat.
Dass dieser Text aus der feministischen Ecke als misogyner feuchter Traum eines ewig gestrigen, den patriarchalen Machtstrukturen nachtrauernden, alten weißen Mannes gebrandmarkt werden wird, ist Dir, denke ich, bewußt und wird auch in Kauf genommen.

Deine Perspektivwechsel finde ich stimmig und habe ich auch gar nicht störend wahrgenommen.

Gut gefallen hat mir im inneren Dialog von Schreiber das Spannungsdreieck zwischen seinem Wollen, dem, was er glaubt, was die gesellschaftlichen Erwartungen wären und dem - in sich nicht immer widerspruchsfreien Wissen, das er angehäuft hat. Er ringt um eine rationale Rechtfertigung bzw. Verdammung seines Wollens und mäandert dabei von verschiedenen philosophischen Erkenntnissen und Denkschulen zu den nächsten, die mal das eine, mal das andere gebieten. Zu einer finalen Entscheidung gelangt er dabei jedoch nicht (jedenfalls in dem zur Verfügung gestellten Textausschnitt).

Dass der Text keine leichte Kost darstellt mit den ganzen griechischen/lateinischen Bezeichnungen, Nennung von und Anspielung auf die vielen Gelehrten und ihre Werke, etc., weißt Du selbst und ist auch wohl bewusst so gewählt. Aber vielleicht sollte es etwas wohldosierter eingesetzt werden. Nicht jedes contemplatio, oikos und rancunemotiviert ist m. E. notwendig und könnte auch allgemeinverständlicher ausgedrückt werden, ohne weniger gehaltvoll oder sinnentstellend zu wirken. Es erweckt bei mir ein bisschen den Eindruck von - *pardon my french *- Bildungsexhibitionismus.

Eine erotische Stimmung kommt bei mir ehrlicherweise auch nicht auf. Sobald auch nur ein Hauch von Sinnlichkeit und Erotik etabliert, kommt wieder eine ziemlich verkopfte Unterbrechung:
[INDENT]Das linke Bein war angezogen, sein Pendant indes fast ausgestreckt. Ob dieser Haltung meinte Schreiber, unter der wahnwitzigen Wölbung ihres Hinterns den numinosen Körpermittelpunkt vage ausmachen zu können. Wobei sein Bewusstsein ikonische Assoziationen aufwühlten, die sich wie von selbst an Georgia O’Keeffes Black Iris lehnten.
[/INDENT]
Der Hinweis auf Georgia O’Keeffe und das Nachfolgende wirken in diesem Beispiel wie ein Eimer kalten Wassers und zerstören die erotische Stimmung. Ein intellektueller coitus interruptus. Ich glaube der Text würde an erotischer Stimmung gewinnen, wenn Du diese allzu rationalen Assoziationen vor oder nach der Beschreibung ihres Haars, ihrer Schenkel, wie sie im Zwielicht im Bett liegt, etc. einsetzt, aber nicht ständig dazwischen. Der Part gegen Ende mit Muschi, ficken, vögeln ist mir zu technisch-pornografisch und auch nicht geeignet, erotische Stimmung aufkommen zu lassen.

Und eine Anmerkung zu dem Part mit der Geringschätzung einer gewissen Tageszeitung und den sozialen Medien gegenüber gegen Ende des Textes: Sind das wirklich die Gedanken und Ansichten Deines Protagonisten Schreiber oder nicht vielleicht doch eher die eines gewissen Palinurus? :wink:
Ich kann es nicht ganz festmachen, woran es liegt, aber auf mich wirken diese Einlassungen irgendwie nicht ganz stimmig zu den vorherigen Überlegungen Schreibers, vielleicht liegt es daran, dass er vorher unter Berücksichtigung aller Seiten um eine für ihn stimmige Wahrheit ringt, aber zum Schluss recht harsch und apodiktisch Verurteilungen verkündet.

Gruß

Ralf
[INDENT][/INDENT]

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Hallo Palinurus,

nachdem es mir immer sehr schwer fällt, deinen langen Ausführungen in den Threads zu folgen, wollte ich einmal wissen, wie du Texte schreibst. Aber auch hier überfrachtest du den Text mit Vokabeln der humanistischen Bildung und blockierst für mich so das Versinken im eigentlichen Handlungsverlauf.
Zwar habe ich ein altsprachliches Gymnasium besucht - Fremdworte und lateinische Einwürfe sind mir nicht unbekannt, zumal mein Vater als alter Lateiner mehrere Floskeln durchaus am Mittagstisch in lateinischer Sprache zum Besten gab - , aber im Alltag und besonders in meinen Texten versuche ich sie zu meiden. Denn Fremdworte bauen Distanz auf. Im Studium habe ich mehrere Dissertationen durchackern müssen. Und leider erinnert mich dein Text mehr an diese schwierigen Texte als einen erholsamen Rückzug in die Belletristik.
Und auf irgendeine Weise erotisch finde ich den Text nicht. Dabei bin ich noch nicht einmal zu den fraglichen Stellen gelangt, die Frauen wohl abschrecken sollen (da muss schon viel passieren, um mich abzuschrecken, ich schreibe selbst Erotik). Allein schon die Fußnoten sind zu viel. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob du überhaupt Belletristik schreiben wolltest, oder ob es doch nur eine wissenschaftliche Abhandlung über irgendeinen Umstand in der Literatur geht.
Ich gebe zu, ich habe deine Leseprobe nicht bis zum Schluss gelesen. Der Text ist mir zu abgehoben, ich musste mich von der ersten Zeile an durchquälen.

In einem Schreibkurs, den ich einst besucht habe, wurde mir die KELT-Regel ans Herz gelegt: Kurz, Einfach, Lebendig, Treffend. Mit diesen vier Texteigenschaften fesselt man Leser. Ich finde nur wenig davon in deinem Text.

Vielleicht mag irgendein einsamer Wissenschaftler seinen Spaß am Lesen deiner Texte finden.
Für eine große Leserschar ist dieser Text mit Sicherheit nicht unterhaltungstauglich.
Hast du deine Texte mal einem Verlagslektor vorgelegt?

Es tut mir leid, wenn ich das nun so gnadenlos hinschreiben muss. Aber so denke ich nun mal darüber. Es ist toll, wenn man hoch gebildet ist. Aber es ist nicht erstrebenswert, diese hohe Bildung in jedem Satz darstellen/lesen zu müssen. Das Wort “Bildungsexhibitionismus” von @RalfG finde ich hier sehr treffend.

Ich vermeide Fremdworte, wo ich kann. Versuche, alles so verständlich und unterhaltsam wie möglich zu schreiben, auch wenn ich humanistisch gebildet bin.

Aber jedem das Seine. Mich erreichst du damit leider nicht.

Liebe Grüße,
Vroni

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Lieber Ralf,

auch dir ein herzliches Dankeschön für deine Einschätzung. Zu deinem ersten Einwand – „Wiederauflage von Prof. Unrat“ – sage ich jetzt nicht viel: Daß der Anschein entstehen kann, möchte ich bei dem knappen Textausschnitt nicht abstreiten; aber ich habe in Antwort auf @Buchling schon einiges angedeutet und möchte es jetzt nicht wiederholen. Kurz: Es geht um „viel mehr“ …

Du darfst sogar von Provokation ausgehen, die allerdings im Gesamttext auch auf diffizilere Weise als nur klischeehaft zutagetreten soll. Man geht ja m.E. nicht wirkungsvoll gegen Klischees und dummdreistes Geschwätz an, wenn wieder nur mit Klischees und ddr.G. reagiert wird.

Über das Lob, die „innere Sitation“ Schreibers betreffend, freue ich mich.

Bildungsexhibitionismus, exzessiver FW-Gebrauch usw.:

Ich nehme deine Anmerkung dazu ernst und werde darauf reflektieren. Und ich gestehe, daß mich beim Durchlesen fürs Fertigstellen der Forumseinstellung selbst ein gewisser Zweifel befiel, ob es nicht etwas „zu viel des Guten“ sei. In dieserm Fall bin ich sehr oft schwankend. Neige am Ende allerdings – vielleicht zu sehr – dem Stehenlassen zu, wo eine innere Stimme schon auch mal flüstert: „Übertreibe nicht!“ … Nuja: Ich muß an mir arbeiten.

… eigentlich ist das Absicht. Aber vielleicht hege ich ganz einfach nicht nur „gute Absichten“ … :frowning: – Ich nehme den Hinweis sehr ernst! Bei der O’Keeffe-Referenz bin ich allerdings nicht deiner Ansicht. Aber es wäre ja auch schlimm, wenn in diesem Bereich nur Einheitsgeschmack die Richtung vorgäbe.

Du wirst das vielleicht nicht erwarten: Aber für diese Einschätzung bin ich dir sehr dankbar! Denn das heißt: Ziel erreicht …

Das mag dir jetzt „spanisch vorkommen“; aber der Punkt kann dir – und wohl auch anderen Lesern – bei der Kürze des Textes unmöglich vollkommen klarwerden: Ich deute nur an, worum es geht: Beim Ich-Erzähler gibt es insgesamt nicht zwei, wie im gegebenen Abschnitt ersichtlich, sondern sogar drei Instanzen. Um möglichst knackig anzudeuten, daß da letztlich auch zwei von drei diversen Ichs ihr „Unwesen“ im Bewußtsein des Ich-Erzählers „treiben“, verweise ich einfach mal auf die berühmte Haus-Metapher des früheren (denn später wechselte er ja bekanntlich das Paradigma) Freud, was die "Mechanik des psychischen … ähm … oikos angeht: In diesem freudschen Haus gibt es einen Keller, ein Hauptgeschoß und den Dachboden. Und in selbiger Reihenfolge „wohnen“ darin das Es, das Ich und das Über-Ich. Guckt man von daher kommend auf die "Unterhaltungen zwischen Ego und Alter Ego im vorliegenden Textteil, dürfte es kaum schwerfallen (hoffe ich jedenfalls), eine Zuordnung zu treffen. Und ja: Da sind im hiesigen Textteil gerade nur Ich und Über-Ich zugange. Aber es gibt auch andere Textteile, wo das Es mit dem Ich „herummacht“; und gelegentlich (genaugenommen aber selten) treten sogar alle Ich-Instanzen aufeinander und „machen sich“ gegenseitig „fertig“ …

Es ist nicht so, daß ich ein orthodoxer (Früh-)Freudianer bin: Meine Wenigkeit hat am frühen Modell wie auch am späteren eine Menge zu meckern. Aber mich dünkt speziell das Haus-Modell ganz praktikabel, etwas an innerer psychischer Dynamik in Sprache zu gießen. Und nun ist es eben so, daß z.B. etliche Über-Ich-Anteile ja niemals genuin vom davon „besetzten“ Ich ausgebildet werden, sowenig wie sich Es-Anteile auf rein rationaler Basis „abwickeln“ lassen (das spielen auch die … Körper(-säfte) ganz unabhängig von Grips ihr eigentümliches Spiel). Vielmehr dünkt mich – und das z.B. nehme ich Freud durchaus ab! --, daß das Ich nicht allzuwenig zum „Schlachtfeld“ dieser beiden, oft sehr gegenstrebenden Psycho-Kräfte, werden kann.
Kurz gesagt: Macht man den Versuch, innere Konflikte, aber auch gepflegte Klischees oder Aversionen, Ideale und Furchtsames etc.pp. im inneren Monolog (der nach hier gewählter Facon ja eigentlich gar kein Monolog ist) eine Sprache zu verleihen, kann dabei eigentlich niemals etwas vollständig Konsistentens „herauskommen“. Die (oft nur vermeintliche) Konsistenz des Redens und Denkens und Handelns eines von außen (der Umwelt) betrachteten und analysierten Individuums stellt nämlich von dieser Folie abgezogen immer nur ein stark zensiertes, also für die Umwelt extra vor-gefiltertes Bild dar, das keine wirklich authentische Spiegelfläche fürs „Innere“ ist.

Jo. Von daher magst du jetzt vielleicht noch mal meine Dankbarkeit für dein Statement zur Sache angucken … – Es wäre unredlich (jedenfalls nach meinem Dafürhalten), wenn ein Autor, der so wie eben angedeutet vorgehen möchte, leugnete, daß ins Dargestellte auch handfeste Autoren-Denke miteinfließt. Nach dem Modell, wie ich es verstehe, ginge das gar nicht anders … und ich halte das auch für vollkommen unbedenklich. Nur sollte niemand glauben, er wisse immer gaaaaanz genau, welche Anteile am Geschriebenen das jeweils exakt sind … – Womöglich weiß das nicht mal der Verfasser stets so arg sicher … :see_no_evil:

Ich danke dir für die Mühe der Lektüre und der Kritik, lieber Ralf.

Gruß von Palinurus

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Liebe Marie,

vielen Dank für dein feedback! Deine allgemeinen Einschätzungen machen mich sicherer, daß ich wahrscheinlich vom Inhalt her zumindest nicht arg “anecke” (vom Stil schweige ich lieber, denn da habe ich hier im Forum seit je einen schweren Stand – und ganz sicher nicht gänzlich zu unrecht).

Was die oben zitierte Sache angeht, so nehme ich deine message so auf, wie sie mir ähnlich, verwandt (m.E.) auch schon von @RalfG geflüstert wurde. Und da ist wohl was dran! Ich werde mich also anstrengen müssen, die von mir persönlich eigentlich sehr geliebten “Flow-Brüche” etwas zu reduzieren. Aber ich denke, das läßt sich machen …
Verzeih mir, wenn ich mich jetzt ein bißchen kurz fasse, aber ich habe darüber ja schon dies und das in anderen Antworten niedergelegt inzwischen; und alles stumpf zu wiederholen sehe ich nicht als sinnvoll an.

Über dein Statement habe ich mich sehr gefreut und ich werd’ auch tun, was mir möglich ist, deinen Ratschlag zu beherzigen. Mir wird deutlich, daß die dahinterstehenden Einwände Substanz haben.

Herzliche Grüße von Palinurus

Liebe Vroni,

bei diesem Statement wird eine ganz harte Differenz zwischen deiner und meine Ansicht zu Dingen des Schreibens deutlich. Aber ich sage das nicht, um eine davon als “besser” oder “weniger gut” zu qualifizieren, sondern nur, um grundlegende Unterschiede in diesen Angelegenheiten klar zu machen.
So schätze ich die Funktion von FW etwa anders ein, in etwas so, wie das Adorno mal in dem Aufsatz *Wörter aus der Fremde *dargelegt hat, daneben auch noch von dem Motiv angetrieben, das Distanzierende an ihnen (das gibt es tatsächlich) nicht als Apotropäisches auftreten zu lassen (wie das m.E. leider viel zu häufig – auf Vorurteilen gründend – gepflegt wird), sondern als neugierweckend, wodurch ja manchmal dem Verständnis eines Textes auch durchaus aufgeholfen werden kann … und seinen Rezpienten gelegentlich auch, was den … ähm … *Horizont *angeht, über den etwa Hans Blumenberg doch ganz Schönes gesagt hat (vgl. die Sig).

Und dann: “einen erholsamen Rückzug in die Belletristik” finde ich alles andere als erstrebenswert! Mir ist vollkommen klar, daß damit viele mögliche Leser/innen automatisch nicht für mein Geschreibsel in Frage kommen … aber das sehe ich, ehrlich gesagt, als nicht so arg schlimm an, denn ich bin ja selbst Leser und meide auch diverse Arten des Schreibens (und Erzählens überhaupt; ja, sogar ganze Genres) wie der Teufel das Weihwasser!

Das geht in Ordnung. Ich liefere manchmal auch herbe Kritik ab. – Will sagen: Wer austeilt, muß (oder sollte) auch einstecken können.

Vielen Dank für deine Einschätzung

Gruß von Palinurus

PS:

Hier liegt ein wirkliches Mißverständnis vor: Der Text insinuiert an keine Stelle, “Frauen abzuschrecken”. Wozu sollte das nütze oder gar gut sein?

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Hallo Palinurus

Ein Text, der mir nicht aus dem Kopf ging. Selbst nicht nach einer Nacht und eben beim entspannten Einkaufengehen. Deiner Frage, nach dem Aufbau einer erotischen Spannung, ging ich etwas anders vor. Meine Antwort liegt im Geschreibsel meinerseits verborgen, auch wenn sie im Grunde, mit nur einem einzigen Wort beschreibbar ist.

Dein Textauszug erzeugte in meiner Gedankenwelt eine Form. Bestehend aus einem Linienzug und dessen umschließenden Inhalt. Dabei zeigend die Gegensätzlichkeiten, die ich beim Lesen und Nachdenken deines Textes empfand. Um des Empfindens geht es dir ja. Diese Form erzeugte sich aus deinen Perspektivwechseln. Angefangen mit Schreiber. Sitzend, offen umsehend, mit Ausblick auf die See, des Meeres, der Weite somit. Älter im Leben, ähnlich der See, des Meeres. Dazu, gegensätzlich Lisa. Liegend, schützend die Mitte, die sie auch in der Form einnimmt. Jung im Leben, in sich ruhend.
Zwei Punkte, die die Form begrenzen. Eine Außen, eine in der Mitte. Verbunden durch den Linienzug der Perspektiven. Schreiber sinniert. Es beginnt mit seiner Perspektive. Indem er den Blick schwenkend auf Lisa richtet, wendet er sich ab vom Außen, hin zur Mitte. Sitzend, breitbeinig (wie Männer das konsequenterweise tun, wenn sie sich etwas Äußerliches nicht quetschen wollen) öffnet sich der Linienzug von ihm ausgehend zu seinen Seiten. Ich folge der zu linken Seite. Hinaufschwingend zum ersten Perspektivwechsel. Er wechselt von der Innenansicht Schreibers hin zu seiner Außenansicht (Absatzbeginn: Die Decke hatte ….).
Nun beschäftigt ihn, seine eigene Verbindung zu Lisa. War das, was er getan hatte, was er tun wollte, was sie wollte, was sie tat, richtig? War es falsch? In welchem Sinne? Zum innen, zum außen? Von ihm, von Ihr? Diese Perspektive verbindet die Perspektive Schreiber mit der nun folgenden Perspektive Lisa (Absatzbeginn: Lisa ist hier …).
Lisa. Der Gegenpunkt zu Schreiber. Er aktiv offen und gebend, sie inaktiv verborgen und nehmend. In der Form befinden sich beide Perspektivpunkte genau gegenüber. Aber nur die Hälfte der Form auseinander. Er Außen unten, sie innen in der Mitte, über ihm. Ihre Mitte die Seinige aufnehmend. Oben, unten. Der erste Perspektivwechsel wechselte auch die Richtung, nicht nur der Sichtweise, sondern auch die Richtung. Ich folge ihr nach rechts abwärtsschwingend zur Perspektive Lisa, beschreibend von Schreiber und erdenkend durch ihn von Lisa. In der aber auch äußere, andere, Gedanken mit hineinspielen. Eine Wir-Perspektive. Direkt Verbandelte, indirekt die Gesellschaft. Die Linie steigt schwingend wieder empor zum letzten Perspektivwechsel (Absatzbeginn: Warum nicht?).
Diese Perspektive schwingt abwärts zum Beginn der Perspektiven. Zurück zu Schreiber selbst. Eine Perspektive des von oben Betrachtens. Der Betrachtende führt Schreibers Gedanken. Ihn versuchend zu helfen, unterstützen.

Interessanter Text, den ich, in vielen Wörtern und Andeutungen nur unklar verstehe. Ich ließ mich hierbei von meinen Ahnungen, meinen Gefühlen leiten. Ob es wirklich vier perspektiven sind - du wirst es wissen - als Schreiber. Ich als Leser meine sie wahrzunehmen.
Die Form, die ich beschrieb, ist die, die ich sah, wenn ich über deinen Text nachdachte. Die Form des Herzens. Die äußerliche Linie, die ihr die Form verleit und auch die Fläche, die sie umschließt. Lisa als Nehmende, Schreiber als Gebender. Die See, aufgewühlt, als das Werdende. Das Bett als das Geborgene. Lisa schützt ihre Mitte. Zwei übereinanderbefindliche Punkte, die sich auch durch die Form hindurch, verbinden.
Lisa oben, Schreiber unten. Reitend. Verbindend - Jung und Alt. Du schreibst sehr inhaltsreich.

Deine Frage, denke ich, ist mit (auch in) meinen Text beantwortet, ohne dies wörtlich zu benennen.

Nachtrag: Heidegger und seine geheime Liebe?

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Nein, absolut nicht - auch nicht nach 2 Wochen Enthaltsamkeit. Ich bin da voll und ganz bei @Zauberfrau. Eine erotische Szene, betrachtet von einem Elfenbeinturm, mag zwar zwangsläufig die Phantasie beflügeln (was geht da denn ab?), aber Stimmung mag hier wohl nicht aufkommen. Das Thema Erotik mag durchaus eine knifflige Kiste sein, aber wie schön und erfrischend ist es doch, wenn es mit einfachen und verständlichen Worten vermittelt werden kann.

Also ein bißchen mehr von Harold Robbins und etwas mehr Parterre im Elfenbeinturm.:kissing:

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Lieber Andreas,

ich möchte mich sehr für deine Notizen zum Text bedanken und dir sagen, daß mich deine Zeilen durchaus glücklich gemacht haben. Warum, will ich nicht verschweigen. Es kommt – im Grunde überall in deinem Text – besonders hier zum Ausdruck:

In diesen Zeilen kommt wirklich schön zum Ausdruck, was ich mir – bezogen auf Leser meines Geschreibsels – am meisten wünsche: Nämlich daß sie sich davon (also von den gefügten Signa!) in einen Gefühlszustand versetzen lassen können und dabei von allen Gedanken los(zu)lassen (vermögen), die dabei am allerwenigsten wichtig sind (aus meinen Verständnis dessen heraus, was es heißt, einen lit. Text zu lesen): Und zwar jene darüber, was sich wohl der Autor bei all dem gedacht haben mag, also was seine Intentionen waren, als er schrieb …

Wenn ich deine Zeilen einigermaßen (auch eben Gesagtem nach) angemessen interpretiere, hat genau das bei dir stattgefunden. Und sei versichert: Du hast mir mit deiner Interpretation ein paar Merkzeichen für Dinge gegeben, die ich gewiß nicht intendiert hatte, die aber im Text zu stehen gekommen sein müssen, sonst wären sie ja niemals von dir darin entdeckt worden! Das war großes Kino für mich: Einmal inhaltlich/formal, denn du hast m.E. recht, es gibt diese wellenartigen Bewegungen im perspektivischen Szenario (ich hatte z.B. gar nicht das Oben/Unten-Schema auf dem Schirm!); die um irgendeine … magische? … Mitte kreisen; zum anderen “war” das allerdings auch deshalb “Kino für mich”, weil ich – von meiner Auffassung des lit. Schreibaktes her – genau dasselbe vertrete, was ich oben hinsichtlich des Lesers anzudeuten versuchte: Kurz soll das heißen, daß der Autor im kreativen Schreibprozeß keineswegs “Herr übers Geschehen” ist und ergo nicht nur er “etwas mit den Zeichen und ihren Fügungen macht”, sondern vice versa machen die Zeichen und Fügungen genauso “etwas mit ihm” (während des Schreibens)!

Mithin ist der Schreiber also, diesem Konzept gemäß, immer auch (nur) ein Rezipient, halt dessen, was er selbst – in unvordenklicher Kommunikation mit den Signifikanten und ihren Signifikaten – zur Niederschrift gebracht hat. Ich glaube jedenfalls überhaupt nicht an einen “allmächtigen Autor” und nicht einmal an einen auch nur annähernd allmächtigen Erzähler. Sofern also der Autor den Assoziationen, Gedanken und Gefühlen mitsamt ihren Signifikationen keine rohe Gewalt antut, etabliert sich in diesem ästhetischen Prozeß des Schreiben immer auch schon eine **erotische Nuance **mit: Mal platt gesagt: Sie drückt sich aus [sic] in der liebenden, verliebten Geste des Schreibenden im Augenblick, wo diese magische … ähm … Beziehung zwischen ihm und der Schrift (hier bitte sehr weit gefaßt verstehen) einen Niederschlag findet (egal ob auf Papier oder anderweitig).
Es versteht sich von selbst – wie m.E. in allen erotischen Belangen – daß das keineswegs nur von bewußten Intentionen her “steuerbar” ist … und deshalb “fließt” dabei etwas (was auch immer) “rüber”, das immer namenlos bleiben wird und bestenfalls indirekt zur Sprache kommt, aber ggf. eben – wie du so schön sagst – eine Welle von Gefühlen zu evozieren vermag (neben den allfälligen Gedanken).

Ich nehme noch einmal eine wichtige Fiber dessen auf, was in deinem Text für mich zum Ausdruck kam und Nachhall erzeugt hat:

Die Form des Herzens, schreibst du.

Anbei dessen verrate ich etwas: Im Roman als Ganzem geht es ja auch um die Gnadenlehre des Augustin und ihre Folgen für die Menschen bis heute (wobei der Begriff der Willensfreiheit absolut mit-maßgebend ist, was zwischen Lisa und Schreiber [sowie anderen noch] eine sehr gewichtige Rolle spielen wird). Es wäre aber viiiiiiel zu kurz gefaßt, Augustins Beitrag zur Geistesgeschichte – und damit auch unsere Verfassung als moderne Menschen heute – allein darauf zu reduzieren. Und mich leitet – im bewußten, intentionalen Sektor des Schreibens dieses Romans – u.a. auch eine Phrase Augustins, die sich zu Anfang seiner berühmten Confessiones findet. Sie lautet: Inquietum cor nostrum, donec requiescat in te. Man kann das etwas so übersetzen: Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in DIR. – Wie immer in den Conf. spricht Augustin hier Gott direkt an (man denke nur an das äußerst frech erscheinenkönnende, ebenso berühmte Da quod iubes et iube quod vis (etwa: Gib, was DU forderst und (erst) dann fordere, was DU willst)! Ich kann heute nicht mehr zu Gott sprechen, aber gleichwohl ist mir dieser Ausspruch viel wert. – Einmal, weil er viele Pendants hat, im Buddhismus, bei den christlichen und islamischen Mystikern und überhaupt in allen möglichen sog. Weisheitstexten und philosophischen Reflexionen in der Spannbreite von Anaximander über Plotin und Eriugena und Spinoza bis hin zu Wittgenstein. Und zum anderen auch, weil er einfach etwas zutiefst Menschliches zum Ausdruck bringt, das natürlich auch ohne Augustins seinerzeitiges Gottesbild einen Ansprechpunkt hat.
Als ich den hiesigen Text (die Probe) schrieb, habe ich mich gelegentlich des Inquietum-Spruches Augustins erinnert; und es scheint mir – nachdem du jene message abgeschickt hast, auf die ich hier antworte --, daß ein wenigstens kleines Echo davon auch Niederschlag darin gefunden hat: Nicht im Sinn eines sich Erfüllenden, aber einer – letztlich unsagbaren – Sehnsucht, die sich bei Schreiber einen Ausdruck gesucht hat …

Vielen Dank, lieber Andreas und herzliche Grüße von Palinurus

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Lieber Greifenklau,

ich glaube nicht daran, daß sich irgendetwas am substantiell Erotischen mit “einfachen und verständlichen Worten” sagen läßt. Womöglich haben wir etwas ganz Unterschiedliches “auf dem Schirm”, wenn wir darüber reden oder sinnieren. Das macht aber nichts: Denn gewiß [sic] eignet ihm etwas, das ganz und gar individuell und subjektiv konfiguriert ist und mithin niemals auf einen … ähm … “allgemeinverständlichen” Nenner zu bringen ist.

Aber schönen Dank für deine Auskunft und die Mühe, in meinem Geschreibsel gelesen zu haben.

Nachtrag: Um nicht ganz abstrakt zu bleiben in diesem Themenkreis ein Beispiel: Es gibt Texte, sagen wir mal: von Georges Bataille oder Pierre Klossowski, die von diesem oder jener als erotische Texte angesehen werden. Oder nehmen wir noch ein aktuelles her: es wurde auch schon artikuliert, daß die Texte von @DuaneHanson eine erotische Dimension aufspannen. Allerdings gibt es auch Menschen, die die genannten Texte überhaupt nicht erotisch nennen würden.

Was machen wir jetzt? Wer könnte hier Richter sein? – Oder ist es so, daß es eine Anmaßung wäre, sich in dieser Frage überhaupt zum Richter aufzuschwingen? – Darum ging es mir, als ich (oben) von der “subjektiven Konfiguration” des Erotischen sprach. – Will sagen: Wenn ein Autor fragt, ob sein Text erotische Assoziationen wecke, kann er stets nur ein individuelles Statement erwarten. Wer mehr erhofft, hat nicht verstanden, was es heißt, einen lit. Text zu verfassen.

Und nun ist es eben so (m.A.n.): Falls das nicht vollkommener Blödsinn ist – und ergo zum Besp. irgendwelche Heinis in irgendwelchen “Schreibschulen” mit ihrem verallgemeinernden Gesülz recht hätten (statt bloß auf die Kohle ihrer … ähm … Jünger und Schüler aus zu sein) --, wäre es in Folge dieser Überlegungen falsch, so eine Art “Rezept” anzugeben, wie eine erotische Situation zu schreiben sei …
Daher: Wie könnte es ein Rezept dafür geben, also eines, nach dem dann alle köcheln sollten (vulgo ‘schreiben’), obwohl es doch Milliarden von Menschen und darunter viele mit ganz unterschiedlichem … ähm … “Geschmackssensorium” gibt?

Nachtrag 2: Ist die “längste Cunnilingus-Beschreibung der Literaturgeschichte” – in Harold Brodkeys Story Unschuld – eine erotische Geschichte? – Ich habe mal einen kleinen geselligen Abend veranstaltet, mit Essen und Trinken etc.pp. samt des Vortrags dieser Story. Es waren ca. fünfzehn Leute anwesend. Danach kam es zur Diskussion. Resultat: Etwas zwei Fünftel fanden sie erotisch, drei Fünftel nicht. Die jeweiligen gegebenen Gründe in den Einzelstatements fielen übrigens in beiden Parteien durchaus unterschiedlich aus …

Viele Grüße von Palinurus

Hallo @Palinurus,

auf Deine Antwort zu meinem Kommentar will ich noch einmal reagieren.

Ich wollte Dir hier keinen seichten Neuaufguss des Themas unterstellen, sondern es ging mir um Deine Frage nach der Wirkung. Das Sujet des Textausschnitts ist Manns Konstellation nun mal sehr ähnlich (älterer Mann in einer Liebesbeziehung mit einer jungen Frau), aber was zu Manns Zeiten ein veritabler Skandal war, lockt heute keinen Hund hinter dem Ofen hervor. Auch wenn ich fürchte, dass dies unter dem auch von dir festgestellten, sich verschärfenden rigiden Jakobinismus bald wieder Skandalmaterial werden wird. Natürlich mit einem neuen Narrativ. Zu Manns Zeiten war dies *Ruchlose femme fatale verführt ehrbaren alten Mann, *heute lautet die neue Täter-Opfer-Beschreibung *Toxischer old white man nutzt unschuldige, diskriminierte, junge Frau *aus. Von daher begrüße ich deine Provokation und wünsche Dir viel Erfolg bei Deiner literarischen Revolution gegen den aufkeimenden Jakobinismus. :wink:

Zum Thema Fremdwörter:

Von all den vielen tollen „Goldenen Regeln des Schreibens“ ist einige der wenigen, die ich akzeptiere: „Wenn schon der Autor über irgendetwas in seinem Text stolpert, wird es der Leser höchstwahrscheinlich auch tun“. Also um den frühen Freud zu bemühen: Lass Dein „Es“ öfter mal Deinem „Über-Ich“ in den Hintern treten und raus mit dem Rotstift. :smiley:

Mit Deiner Antwort zur erotischen Stimmung hast Du mich etwas verwirrt. Du schreibst, es ist Absicht, aufkommende Sinnlichkeit immer wieder durch rationale, eben „verkopfte“ Einschübe zu unterbrechen. Vermutlich habe ich Deine Gedankengänge dahinter nicht ganz verstanden. Aber wenn Du das als Technik ganz bewusst einsetzt, um die erotische Stimmung zu kontrastieren oder konterkarieren, wieso bist Du dann enttäuscht, wenn Leser dann auch eben feststellen, dass bei ihnen keine erotische Spannung aufkommt?

Und zum letzten Punkt: Natürlich schimmert immer der Autor bei seinen Protagonisten durch. Was mich etwas gestört hat, war ein anderer Punkt. Wir befinden uns ja immer noch im inneren Dialog Schreibers und vorher hat er immer versucht, möglichst umfassend alle Standpunkte, Thesen und Antithesen zu jedem Thema zu berücksichtigen, bevor er für sich zu einem Ergebnis kommt. Oder, um in Deiner Diktion zu bleiben, Es, Ich und Über-Ich haben trefflich miteinander gestritten, aber dann bei diesem Punkt singen alle direkt einstimmig im Chor ihr harsches Urteil über das bekannte Boulevardblatt, die sozialen Medien und ihre Nutzer. Dies fand ich inkongruent zu dem bisherigen transportierten Bild Schreibers, nämlich eines Menschen, der sich möglichst von allen Seiten der Wahrheit nähern will.
Hätte Schreiber bspw. am Schluss diese Philippika gegenüber einem Dritten geäußert, wäre es mir nicht sauer aufgestoßen, weil es ja dann bereits der Abschluss des Ringens um „seine“ Wahrheit, mithin das Ergebnis seines inneren Dialoges gewesen wäre, aber er befindet halt m. E. immer noch im Prozess.
Aber ich will natürlich nicht ausschliessen, dass ich da vielleicht auch etwas zu erbsenspalterisch bin. Um den Verkäufer eines Möbelhauses zu zitieren, das nicht mehr mein Vertrauen genießt: „Das ist bei dem Modell halt so.“ :kissing:

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Du hast recht, die Begriffe habe ich nur zitiert, weil mir das die auffälligste Passage schien. Der weitaus größere Rest ist von den Worten her ziemlich zurückgenommen. Vielleicht war es mir da auch zu subtil? Ich weiß es nicht. Daß Du keine Ahnung hast, wie man es richtig macht, wage ich zum einen zu bezweifeln; zum anderen gibt es kein richtig oder falsch. Erotik ist nun mal sehr subjektiv in all ihren Auprägungen.

Das meinte ich damit, daß ich zu viel denken mußte, um Erotik wahrnehmen zu können. Hirn an, Erotik aus.

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Wärest Du überhaupt imstande - bei den Protagonisten - Dich für erotische Gedanken zu öffnen? Dafür müsstest Du dich doch als Voyeurin angesprochen fühlen oder Dich in einer der Figuren hineinversetzen können … oder etwa nicht?
Für mich kann sich eine 17jährige so lasziv wie sie möchte auf auf dem Bett rekeln und ihr Hintern noch so toll beschrieben werden … da kommt bei mir keine Erotik auf.

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Lieber Ralf,

danke für deine Rückantwort.
Und ja: Ich hege schon die Absicht, im o.g. Sektor der ges. Entwicklung ein bißchen herumzustänkern. Das hat aber nicht nur etwas mit den akuten sozial-politischen Verwerfungen zu tun; es rührt auch an die “tieferen Schichten” im Roman: Ohne das groß auswalzen zu wollen: Bei der öfteren Erwähnung Augustins geht es mehr um das allmähliche Hinführen (und Präparieren des) Lesers auf eine andere signifikante Figur in Sachen Streit um die Prädestinationslehre und Willensfreiheit (was biographisch-intellektuell betrachtet sowohl für Schreiber als auch Lisa sehr bedeutsam ist).
Es handelt sich dabei um Gottschalk von Orbais, über den ich sehr intensiv geforscht habe. – Mein Punkt ist folgender: Was sich im 9. Jhd. bzgl. der damaligen theol.-phil. Debatten (die wirklich grundstürzend waren und einigen Einfluß auf die spätere abendländische Entwicklung nahmen!) einerseits und darauf abgezogen auch in der politisch-sozialen Sphäre ereignete, hat nach meinem Dafürhalten in etlichen Belangen eine Spiegelfunktion für rezente Vorgänge in der Welt (etwa so wie im Simm Barabra Tuchmans großartiger Studie Der ferne Spiegel [dort bezogen aufs 14. Jhd.]). – Und zugleich wird der Roman darauf hinführen, daß bei einem Protagonisten auch biographisch Parallelen zu Gottschalks wahrlich extraordinärem Lebensweg vorliegen. In dem Bereich geht es u.a. um Verfemung, falsche Anschuldigungen und harte, ungerechte Konsequenzen daraus fürs ganze weitere Leben – eingelassen in ein bestimmtes politisch-ideologisches Klima, das durchaus Ähnlichkeiten mit den Zuständen im 9. Jhd aufweist.
Es ist halt eines, sich über bestimmte politisch-ideologische Verwerfungen aufzuregen – sie vielleicht auch “Scheiße zu finden” --, etwas ganz anderes jedoch, davon **ganz tief persönlich **betroffen zu sein und ggf. auch furchtbar darunter zu leiden. Im Roman geht es u.a. auch darum, was das mit so einem betroffenen Menschen macht … wie er versucht, sich “durchzubeißen” trotz gewisser … “Schädigungen” und wie er vielleicht gegebenfalls nochmal [sic] durch die ideologische Mühle gedreht wird, nur weil es Leute gibt, die nicht das je einzelne Individuum sehen mit all seinen Verhaltensweisen, die manchmal aus Dingen rühren, von denern Otto Normalverbraucher keine Ahnung hat, sondern stur und ideologisch totalverblendet alles über ihre gern gepflegten Klischee-Presse schieben, ganz egal, was dann mit so einem Individuum – je ganz konkret – passiert.
Nur noch eines in diesem Zusammenhang: Michel Foucault hat diese diskursiven Gewalt- und Machtexzesse (auch, aber nicht nur über Meinungsführerschaft bestimmter Gruppen) sehr tiefgreifend analysiert und auf ihre institutionelle Abfederung hin untersucht (Klinik, Gefängnis, Irrenanstalt etc.pp.). Dabei kam ein Bild zustande, daß sich nicht so ganz den inzwischen klassischen Mythologien in Sachen “steter Fortschritt” und “Gloriole der Aufklärung” fügt (es ist gewissermaßen ein Parallelprojekt zur Dialektik der Aufklärung mit etwas anderen Schwerpunktsetzungen). – Und nun wirklich das Letzte dazu: Warum wissen all das eine Handvoll Intellektuelle (aber eher nicht solche als jene, die sich nur so gerieren) und ansonsten nur … ähm … “Elfenbeintürmler”, während all die … ähm … anderen nur den furchtbaren Unsinn kennen (bestenfalls), denj sie dazu in der Leeranstalt namens Schule eingepaukt bekommen haben?! – Schon mal darüber nachgedacht, welchen Zusammenhang es eventuell geben könnte, zwischen dem sich einerseits immer mehr aufbauenden Ressentiment gegen die “Elfenbeintürmler” und übnerhaupt intellektuell ein bißchen Herausforderndes hier und dort jenem kollektiven intellektuellen Regreß sondergleichen, so etwa in Hinsicht auf alleinige Präferenz für “einfache Unterhaltung”, ausufernde Einhorn-, Elfen- und Drachenstories oder flache Regionalkrimis? – Könnte es sein, daß gerade in diese angedeutete Lücke jene Ideologen hüpfen, die sich dann zu Meinungsführen aufblähen, denen ein Teil der Meute blökend hinterherläuft, während dem anderen sowieso schon längst “alles scheißegal” ist, Hauptsache, auf RTL oder Netfix kommt abends diese oder jene Schundserie oder an Stumpfsinn kaum noch zu überbietende Rätsel/Unterhaltungsshow? Wenn es so sein sollte, muß sich jedenfalls niemand mehr über den enormen Einfluß der Neo-Ideologen wundern!

Wenn so unterschiedliche (von der Anlage her, nicht immer im Reflektieren) Denker wie Wittgenstein, Benjamin oder natürlich auch Foucault darin übereinkommen – im Angesicht der eben angedeuteten Analyse --, daß “letztes Heil” vor diesem universalistischen Wahwitz mitsamt einer ungeheuerlichen Uniformierung nur noch darin bestehen könne, das Individuum wieder stärkende, kleine, diverse Lebensformen zu schaffen für all jene, die nicht bereit sind, diesen kollektiven Irrsinn mitzumachen und auch nicht abgestumpft genug sind, dagegen völlig gleichgültig zu sein, dann, ja dann, so will mir scheinen, ist vielleicht doch etwas dran an derlei Aufrissen – was ja dann auch hieße, daß das kaum alles nur völlig spinnert ist …
Der Arbeitstitel für mein Projekt lautet schlich: Eine Lebensform. Vielleicht wird nach dieser Suada ein bißchen klarer, worum es darin gehen soll und warum bspw. auch die Sprache wenig Wert darauf legt, sich “angepaßt” zu geben. Auf eine gewisse Weise wollen Inhalt und Form halt zusammen, hat schon Adorno diagnostiziert …

Was jetzt aber nicht heißen soll, daß damit keine Kritik an meinem Geschreibsel mehr möglich sei.

Der Bruch ist mir wirklich wichtig (dazu kannst du dir nochmal die Suada vergegenwärtigen, dann wird dieses Bestreben vielleicht etwas luzider … – Aber damit etwas brechen kann, muß es ja erstmal dasein! Das wäre hier die Antwort auf deine Frage. Ich denke, daß dem Ganzen die erotische Spannung nicht ganz abgeht. Daß ich sie brechen möchte … mag … manchem verwunderlich erscheinen. Das ist dann halt so …

Gleichwohl habe ich mir deine und auch ein paar andere Einwürfe zu herzen genommen und schon etliches verändert, gestrichen und auch … ähm … “entfremdwortet”. Und ja, es fühlt sich jetzt besser an. Danke also für die Intervention!

Zu deinem letzten Einwand: Es ist das “Über-Ich” (also nicht im wörtlichen, sondern “angelehnten” Sinn), das auf die BLÖD losgeht und die Träger fettverschmierter Jogginghosen. Immer wenn Kursivsetzung und “Einklammerung” in die beiden Doppelgedankenstriche erfolgt “sprechen” “Über-Ich” oder “Es”. Schreibers “Normal-Ich” ist nicht kursiviert und eingeklammert. Und ja: Daß der ÜI da und an anderen Stellen so und so agiert, hat schon seine Richtigkeit – halt im Maß des dahinterstehenden Romankonzeptes.

Viele Grüße von Palinurus

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Lieber Renator,

da fällt mir jetzt nur eins zu ein: Du Glücklicher! :stuck_out_tongue:

Herzlichen Gruß von Palinurus

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Wenn er immer so viel denkt dabei? Vermutlich nicht.

Da stimme ich zu.

Erotische Spannung? Nein.
Mir gefallen Deine Be- und Umschreibungen in diesem Bereich. Damit könnte man eine erotische Geschichte schreiben. Aber das willst Du gar nicht. Dir liegt mehr an einer umfassenden philosophischen Betrachtung der Welt. Das ist der Spannung abträglich, wie von Dir gewollt. Fussnoten geben dem Ganzen den Rest.

Bei Deinen Texten habe ich halt immer wieder den Gedanken: Komm endlich auf den Punkt. Für Unterhaltungsliteratur ist das zu anstrengend. Ist nicht Dein Gebiet.

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