Stilanalyse

Entweder ist die Stilanalyse für mich zu streng, oder ich verwende sie falsch, oder ich schreibe wirklich schrecklichen Stil. Jedenfalls gelingt es mir kaum, einen Satz zu schreiben, den sie nicht anmeckert. Beispiele:

“Ich hätte es mir ja denken können!”

→ hätte: “Schwache, unpräzise Formulierung”; ja: Unnötiges Füllwort

“Sie konnte besser lesen, als ich”

→ konnte: “Schwache, unpräzise Formulierung”; als: “Kann das Zeitwort hier weggelassen werden?”

“Ich war damals schon größer, als sie”

→ war: “Schwache, unpräzise Formulierung”; damals: “unnötiges Füllwort”: schon: “wertend”; größer: “Adverbien und Adjektive können meist weggelassen werden”; als: “Kann das Zeitwort hier weggelassen werden?”

Ich bin kein geübter Autor, und habe darum mit Sicherheit stilistische Schwächen. Aber ist es wirklich so arg? Wie sollte man denn die obigen drei Sätze formulieren, damit sie gutem Stil entsprechen?

Macht die Stilanalyse hier nicht den Fehler, Vergangenheitsform grundsätzlich als “Schwache, unpräzise Formulierung” anzukreiden? Ich meine, “hätte”, “konnte” und “war” sind ja Wörter, die in manchen Zusammenhängen durchaus sinnvoll und auch stilistisch korrekt sein können, nicht?

Oder verstehe ich die Stilanalyse falsch?

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Aw: Stilanalyse

Rechtsklick auf das Federsymbol (Stilanalyse) unten am Rand. Dort kannst du die ‘Strenge’ einschalten.

Über die Stilanalyse-Einstellungen noch etwas mehr.

Aw: Stilanalyse

@Gerry:

Ja, du verstehst die Stilanalyse falsch. Das ist nicht so wie bei der Rechtschreibprüfung. Die Rechtschreibprüfung analysiert den Text und unterkringelt alles, was nach den Regeln der deutschen Sprache fragwürdig erscheint, und in der Regel (abgesehen von einigen Fehlurteilen, die selbst dem DUDEN Korrektor immer wieder unterlaufen) ist es dann auch fragwürdig; sprich, hier ist das Ziel, sämtliche Unterkringelungen zu beseitigen. Der lexikalisch und grammatikalisch richtige Text ist frei von jeglichen farbigen Markierungen.

Das ist bei der Stilanalyse nicht so und kann es nicht sein, weil Stil etwas höchst Subjektives ist und es demzufolge keine objektiven Fehler geben kann. Was die Stilanalyse tut, ist, mögliche Problemstellen hervorzuheben, damit sie Deiner Aufmerksamkeit nicht entgehen und Du demzufolge dazu angeregt wirst, darüber nachzudenken, ob Du das wirklich so schreiben willst, wie es da steht. Das funktioniert deshalb, weil es eine Reihe von häufig vorkommenden “Sprachversehen” gibt, die Du, würde ein geduldiger Lektor Dich freundlich darauf aufmerksam machen, wahrscheinlich korrigieren würdest, weil Du Dir sagen würdest, “oh ja, stimmt, das klingt anders wirklich besser”. Aber auch ein Lektor kann nur zu bedenken geben Dein Stil aber ist Deine Sache. Wenn Du nach entsprechender Abwägung zu dem Schluss kommst, “doch, das will ich ganz genau so schreiben”, dann ist es in Ordnung. Es geht nur darum, dass Du darüber nachdenkst, und dass Du möglichst wenig Stellen übersiehst, über die Du nachdenken solltest. Das und nur das ist die Aufgabe der Stilanalyse.

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Aw: Stilanalyse

Ich schätze die Stilanalyse auch wirklich sehr. Sie hat genau die Aufgabe, die Andreas beschreiben hat. Aber sie hat zweifelsfrei auch einen Nachteil. Das Bunte an Markierungen kann schon nerven, auch, wenn das ist eine individuelle Sache ist. Ich selbst klicke dann einfach auf die grüne Feder in der Statuszeile und schon habe ich Ruhe vor den Einmischungen der Stilanalyse. Gerade wenn man einen tollen Lauf haut und der Text fließt und fließt, will man ja nicht abgelenkt werden.

Wenn ich jedoch dabei bin meinen Text zu überarbeiten/zu überdenken, dann schalte ich die Stilanalyse wieder ein. Schon sehe ich, wo sich Wortwiederholungen und anderes Verbesserungspotenzial auftut.

Dass ein Rest Buntes bleibt, liegt in der Natur der Sache, daran darf man sich nicht stören. Es muss ja auch noch ein Rest an Arbeit für den Lektor verbleiben.

Aw: Stilanalyse

Ja, das habe ich vergessen zu erwähnen: Während man die erste Fassung eines Textes schreibt, sollte die Stilanalyse natürlich unbedingt aus bleiben; in dieser Phase stört sie mehr als sie nützt. Dasselbe gilt für die Lesbarkeitsanzeige. Beides sind Tools für die Überarbeitungsphase. Wenn man seinen Text noch einmal durchkaut, umschreibt, die Änderungen nochmal ändert usw. (das mache ich gerade mit einem kompletten Roman).

Auch während der Überarbeitung lohnt es sich, das ganze bunte Feuerwerk immer mal wieder abzuschalten. Ich verwende dafür zwei Arbeitsmodi, zwischen denen ich jeweils mit einer Tastenkombination umschalten kann.

Aw: Stilanalyse

Vor allem ist eben nicht alles, was markiert erscheint, ein stilistischer Makel. Gerade bei Wiederholungen kann es, bewusst eingesetzt, ja ein Stilmittel sein.

Oder hätte sich Shakespeare bei dieser Zeile von den verbliebenen Markierungen irritieren lassen sollen? :laughing:

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Aw: Stilanalyse

Okay, vielen Dank für die Erhellungen :wink:

Ich glaube, der wichtigste Tip ist wirklich der, erstmal mit dem Federsymbol die Stilanalyse abzuschalten, und sie nur beim Überarbeiten wieder zu aktivieren. Tatsächlich ließ ich mich von den Markierungen “hetzen”, die jeden meiner Sätze begleiteten.

Aw: Stilanalyse

Diese Einstellungsmöglichkeit habe ich bisher vergeblich bei den Arbeitsmodi gesucht. In der Hilfe steht zwar auch drin, dass man in den Arbeitsmodus-Einstellungen die Rechtschreibprüfung, Stilanalyse etc. an- oder ausschalten kann. Aber im Dialog finde ich die entsprechenden Einstellungen nicht (übrigens auch nicht in dem im Hilfedokument abgebildeten Dialog). Muss ich diese Einstellungen woanders suchen als unter Optionen > Erscheinungsbild > Arbeitsmodus?

Aw: Stilanalyse

Die sind am unteren Fensterrand vom Dokument …

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@HeHo

danke, schon klar. Nur hätte ich, statt bei jedem Wechsel des Arbeitsmodus neu von Hand diese Symbole anzuklicken, lieber die Einbindung dieser Einstellungen IM Arbeitsmodus. Gibt’s das (laut Hilfe: Ja) oder nicht?

Aw: Stilanalyse

Im Fenster “Arbeitsmodus Einstellungen” in dem Kästchen “Einstellungen berücksichtigen” bedeutet ein Haken vor “Duden Korrektor etc.”, dass die momentanen Einstellungen des Korrektors, der Stilanalyse und der Lesbarkeitsanzeige Teil des Arbeitsmodus werden sollen.

Nicht ganz intuitiv, aber wenn man etwas herumfrickelt, funktioniert es irgendwann :wink:

Aw: Stilanalyse

Danke, Andreas! Jetzt hab’ ich’s verstanden! :slight_smile:

Ich glaube, da muss ich mal einen Vorschlag zur Verbesserung der Hilfe machen…

Aw: Stilanalyse

HI,

gut dass ich hier rein lese. Die Stilanalyse hilft - keine Frage. Aber sie trifft nicht immer, auch keine Frage.

Ich will mich nicht verrenken, weil ich in einem Satz von Mensch spreche und im nächsten mir etwas anderes überlegen soll, wie Person.

Dennoch: was ich an Füllwörtern schon gelöscht habe - Wahnsinn. Vieles habe ich umgestellt. Irgendwann fing ich an, halbe Sätze zu löschen. Das wirkt schon, positiv.

Natürlich, am Ende verbleiben viele grüne Umrandungen, einige pink Umrandungen (oft ‘als’, als Vergleich benutzt), wenige Füllwörter (pink durchgestrichen) wie dann, schließlich - gezielt benutzt -, hier und da ein Amtsdeutsch wie ‘beschreibe’ und ein paar Adjektive - wo richtig richtig ist.

Um das Unterscheidungsvermögen kommt der Autor nicht herum, das war wohl nie das Ziel.

Missen möchte ich die Möglichkeit nicht mehr.

Aw: Stilanalyse

Ist die Stilanalyse für Anfänger nicht eher hinderlich?

Lässt ein Anfänger sich in seinem “Stil” -den er ja noch nicht hat- zu sehr beeinflussen?

Aw: Stilanalyse

Nun, die Stilanalyse soll ja beeinflussen - nämlich dahin, sich mehr Gedanken darüber zu machen, ob man das, was man geschrieben hat, nicht auch noch anders und womöglich besser formulieren könnte.

Im Grunde ist das der Unterschied zwischen einem erfahrenen Schreiber und einem Anfänger: Der erfahrene Schreiber hat (meistens, ohne sich dessen sonderlich bewusst zu sein) ein halbes Dutzend Varianten eines Satzes im Kopf, von denen er einen auswählt und hinschreibt. Der Anfänger dagegen nimmt den Satz so, wie er eben wird, und denkt nicht weiter drüber nach. Bis ein Lektor kommt und Sachen anstreicht. Bloß - so weit zu kommen, dass überhaupt ein Lektor auftaucht, dazu muss man schon ziemlich gut schreiben können, zumindest, wenn es ein Verlagslektor sein soll. Die Stilanalyse ist sozusagen ein elektrischer Lektor, der die Lücke bis dahin füllen soll. (Wobei die auch noch nützlich ist, wenn man mit es einem Verlagslektor zu tun hat, sei an dieser Stelle aus Erfahrung angemerkt.)

Und was das “in seinem Stil beeinflussen” anbelangt: Eine viel größere Beeinflussung ist die Lektüre der Bücher anderer Autoren. Sollte ein Anfänger deswegen aufhören zu lesen? Natürlich nicht, im Gegenteil. Der eigene Stil entsteht nicht in der Isolation von, sondern in der Auseinandersetzung mit Einflüssen.

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Aw: Stilanalyse

Ich muss sagen, das ich der Stilanalyse von Papyrus sehr dankbar bin. Denn bei mir hat sie genau das bewirkt, was Andreas hier anspricht. Sie hat mir geholfen, über Varianten meiner Sätze nachzudenken und über Füllwörter nachzudenken. Ich benutze die Stilanalyse mittlerweile schon beim ersten Schreiben meiner Texte, auch wenn ich sie hier ganz “dezent” eingestellt habe.

Am Anfang hat mich das behindert, weil viel Bunt war und ich mehr korrigiert als geschrieben habe. Aber jetzt, nach über einem Jahr der Nutzung, kann ich sehr gut im Schreibfluss bleiben trotz der Stilanalyse - UND - ich merke jetzt oftmals schon selbst, wenn ich Wörter zu oft wiederhole oder Füllwörter benutze.

Ich erwische mich manchmal sogar dabei, das ich Bücher von anderen lese und mir denke - Na, dem Text hätte die Stilanalyse ganz gut getan :slight_smile:

Aw: Stilanalyse

Ein Dokument, dass nicht erst von Papyrus untersucht wird, sollte niemand einem Lektor vorlegen.

Das führt zu einem unnötigen Kostenaufwand, einer unnötigen Enttäuschung, einem unnötigen Erwachen.

Ich habe ein gutes Sprachgefühl, sehr gute Grammatikkenntnisse. Zusammen mit dem eingebauten Theosaurus brauche ich m.E. keinen Lektor mehr. Die Stilanalyse, der Theosaurus, Fähigkeit zur Selbstkritik und Wille zur Verbesserung schälen einen guten Stil heraus.

Wer Deutsch schreibt - ernsthaft - kommt um Papyrus m.E. nicht herum.

Ein Problem ist der gut gemeinte Hinweis: schreib wie du sprichst. Das stimmt nur begrenzt (was den Fluss angeht bei der ersten Verfassung).

Geschriebenes lebt vom Umschreiben - das kein Sprecher tun kann. Daher sollte Geschriebenes mehr Schliff haben.

Es trägt eher über die Zeit als ein in ein Buch gepumpter Vortrag. Letzteres ist im strengen Sinn kein Buch.

Das ist mir jetzt aufgegangen.

Nur im Umschreibprozess - wie durch Papyrus angestoßen - werden Dinge klar, kommen Ideen, beginnt eine Evolution, der man sonst nicht ausgesetzt wäre.

Ich habe Papyrus gekauft in der Stimmung: “Na gut, mache ich das halt noch mit. Wird nicht so viel bewirken, aber schaden kann es auch nicht. Sei’s drum.”

Jetzt weiß ich es besser. Hätte ich ohne Lektor veröffentlicht: Katastrophe.

Hätte ich es einem Lektor vorgelegt: auch Katastrophe, weil unzumutbar (für alle Beteiligten).

Wahrscheinlich benutzt der Lektor selbst Papyrus für seine Arbeit…

Aw: Stilanalyse

Ich habe noch keinen kennengelernt, der das tut. Noch ist Papyrus unsere Geheimwaffe! :smiley:

Aw: Stilanalyse

Nicht ganz richtig - wir haben tatsächlich etliche Lektoren als Kunden.

Eine Lektorin hat uns sogar gebeten, unsere farbigen Auszeichnungen auch ins PDF abzubilden, damit sie ihren Schäflein, die noch kein Papyrus haben, nicht alles unter die Nase reiben muss - so werden wir dann als Basis-Lektorat genutzt …

Aw: Stilanalyse

Das Schicksal aller Geheimwaffen: irgendwann nicht mehr geheim zu sein.