@RalfG
Mein Vermerk auf die Sprache sollte nur ein Beispiel sein und ausdrücken, dass Menschen und ihre Persönlichkeiten und Überzeugungen meines Erachtens nach weniger von ihrem biologischen Geschlecht geformt werden und mehr von der Gesellschaft (und damit auch Sprache), Bezugspersonen, Erlebnissen etc.
Gemeint war, dass Sprache z.B. durch Begriffe, welche sich aus mehreren kleineren, ich nenne es mal, “Bedeutungseinheiten” zusammensetzen, gewisse Frames / neuronale Verbindungen in unserem Gehirn aktivieren kann. Ein Beispiel für einen Begriff, der sowas macht, ist die “Flüchtlingswelle”. Dieses Wort verbindet das Ankommen von Flüchtlingen in Deutschland mit dem Bild einer Flutwelle. Eine Flutwelle ist gefährlich, angsteinflößend, bedrohlich und man möchte sich davor schützen. Auf die stereotypische Geschlechterrollen Thematik bezogen, bedeutet das, dass ein Volk, dessen Sprache voller Metaphern, Idiome und Begriffe ist, welche Männlichkeit mit Aggressivität, Kampf und derlei Dingen verbinden, höchstwahrscheinlich einen Typ Mann idealisieren wird, der stark ist und bereit ist sich, seine Familie, seinen Lebensstil und seine Überzeugungen auch mit Gewalt zu verteidigen. Aber das ist jetzt natürlich vereinfacht dargestellt, deshalb: Wer einen ersten Einstieg in die Thematik möchte, dem empfehle ich Lakoffs und Wehlings “Auf leisen Sohlen ins Gehirn: Politische Sprache und ihre heimliche Macht”. Es bietet auch einen wirklich interessanten Einblick in die sprachlichen Strategien der Republikaner in Amerika.
Zum Thema Gendern: Ich würde mal in den Raum schmeißen, dass man das Gendern etwas differenzierter betrachten muss. Die Grundidee ist mMn richtig, die Umsetzung halte ich ebenfalls für schwierig. Soll heißen, ich finde es gut und richtig, Frauen UND Männer anzusprechen, zB in Gesetzestexten, Berufsbeschreibungen usw., allerdings nicht durch Piloten *: Pause : *innen, sondern “Piloten und Pilotinnen” oder “Pilotinnen und Piloten”. Wie herum auch immer man es richtig findet, ist dann wieder die nächste Diskussion. Das halte ich allerdings für sekundär. Jedoch: Dass früher immer nur die männliche Form verwendet wurde, hat dazu beigetragen, dass Mädchen sich nicht oder weniger mit diesen Berufen identifizieren. Dazu gab es auch wissenschaftliche Experimente.
Also “Gendern” bzw. das Einschließen beider Geschlechter in offiziellen Texten hat schon seine Berechtigung. Das “Verschandeln” der Sprache ist aber alles andere als zielbringend. Und ich glaube, hätte man mehr Experten gefragt, hätten auch nur die wenigsten diese derzeitigen “Lösungen” unterstützt, da Linguisten in der Regel wissen, dass Veränderungen der Sprache sich nur schwer durchsetzen lassen, wenn sie phonetisch anstrengender werden. Aber gut, ich wollte hier eigentlich auch keine Grundsatzdebatte über Gendern losbrechen, sondern einfach allgemein anmerken das Sprache das Selbstverständnis und Weltbild von Kulturen, Gesellschaften, Gruppen und Individuen beeinflusst. Ich denke, wir sind jetzt aber ganz schön Off-Track gekommen, immerhin sollte es in diesem Thread um starke (weibliche) Charaktere gehen