@Silla über Arbeit und Struktur

@Silla hat für bewegende Plot Twists gesorgt. Dabei war die erste gute Wendung, dass sie spontan beschloss, ihre Texte erstmals mit anderen zu teilen. Fast zweieinhalb Jahrzehnte war die Autorin als Buchhändlerin tätig. Jetzt arbeitet sie an einem klassischen historischen Detektivroman. Gerade ist der Szenenplan für Band 1 fertig geworden.

Wir haben sie nach ihren Schreiberfahrungen gefragt. Und hier ist ihre Antwort:

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Ich habe einige Jahre still im alten Forum mitgelesen. Das neu gestaltete Forum war für mich der Auslöser, mich selbst anzumelden. Es kamen ja viele neue Foristen und so fiel ich nicht so auf. Und fast zeitgleich kam dann Seitenwind. Es hat mir den Einstieg erleichtert, mich mit eigenen, kleinen Texten zu beteiligen. Man ist doch um einiges mutiger, wenn man nicht alleine ist. Dass ich einmal gewinnen würde, war für mich völlig ausgeschlossen.

Die 6. Woche Seitenwind, meine persönliche Glückswoche, unterschied sich in der Vorgehensweise tatsächlich sehr stark von den anderen Wochen. Bisher hatte ich eher intuitiv und ohne Nachdenken einfach drauf los geschrieben.
In der 6. Woche bin ich geplant und strukturiert vorgegangen.

Mmh, Zeit. Unendlichkeit? Langes Leben? Wer lebt lange? Hexen. Und Vampire. Nee, Vampire find ich doof. Also Hexen.
Und nun? Also, am Anfang steht ein Ereignis. Hexenverbrennung, wenn das kein Ereignis ist, weiß ich auch nicht.
Dann noch die Zeitenwende. Wie erging es Morgaine nach dem Ereignis, das alles für sie veränderte? Und wie lebt sie heute?

Ich habe gelernt, dass mir Struktur hilft. Meine Arbeitsweise sah bisher so aus, dass überall Notizen liegen, Karteikarten. Komplett unsortiert und vollgekritzelt. Hier eine Idee, da eine Szene.
Ich verzettle mich sehr schnell und komme dann nicht wirklich weiter. Nun arbeite ich ernsthaft an meiner Romanreihe. Nicht mehr chaotisch und durcheinander, sondern überlegt und strukturiert.

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Wie bringt ihr Struktur in eure Schreibarbeit?

Dieser Post ist Teil einer Serie über die Schreibpraxis der Seitenwind-Autorinnen und -Autoren, die die populärsten Texte verfasst haben. Letzte Woche schrieb @anon37238882 über den perfekten ersten Satz.

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Ja, die Struktur …
Mein erster Roman entstand auch zunächst als eine Sammlung von Einzelszenen. Die Grundidee samt Rahmen hatte ich im Kopf, dazu blitzten viele Szenen auf, die zunächst einmal ohne großen Zusammenhang waren.
Etwa zwei Monate lang habe ich mal hier, mal dort geschrieben. Dann habe ich eine grobe Gliederung erstellt (damals noch mit Word). Mir hat es sehr geholfen, eine Nummerierung (Kapitel 1-28) einzubauen. Damit hatte ich einen roten Faden, in den ich neue Gedanken jederzeit einordnen konnte: Eine rasche Notiz zu Kapitel 12, eine Formulierung für Kapitel 23, eine Anmerkung im Sinne von „Wenn Person X in Kapitel 15 diesen Gedanken hat, muss sie in Kapitel 8 weniger scharf auf die Aussage von Person Y reagieren“.
Ich habe tatsächlich stark mit Zahlen gearbeitet. Das hatte allerdings den Nachteil, dass ich bei der zweiten Fassung manchmal vor Schwierigkeiten stand, weil sich die Nummerierung geändert hatte: Am Ende waren es 34 Kapitel, nicht mehr 28 …

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Hallo, ihr Lieben,
im Grunde strukturiere ich nach Schema F. Zuerst kommt der Einstieg mit einem angedeuteten oder Paukenschlag- Konflikt. Im aktuellen Projekt zeigt sich der in der Gegenüberstellung der vermeintlich heilen und der (inneren wie äußeren) zerrütteten Welt, von Bedürfnissen und Beschränkungen. Jener zuerst nur innere Konflikt des Protagonisten (Selbstzweifel, Verlassenheitsangst) steigert sich u. a. wegen Vorurteilen, Fehleinschätzungen, Missverständnissen zu einem zeittypischen allgemeinen Problem (wie es den in allen Gesellschaftsepochen gab und gibt). Um den Aufbau der Haupthandlung spannender zu machen, steigere ich den Konflikt Schritt für Schritt, indem ich Flashbacks und Perspektivwechsel einbaue. Die Nebenschauplätze halte ich kurz, weil ich mich auf die gewittrige Entwicklung des Protagonisten konzentrieren möchte. Er bleibt im Plot die rote Signalfarbe, während sich am Faden der Spannungsbogen langhangelt, bis am Schluss der Eingangskonflikt gelöst ist. Ich will sagen, dass ich nicht der Mensch bin, der wild drauf los schreiben und im Nahhinein sortieren kann. Das hielte mich nur auf. Mit meiner ganz persönlichen Arbeitsweise weiß ich immer genau, wo ich hin will. Erst, wenn ich damit durch bin, füge ich hier und da vielleicht noch eine Figur ein oder nehme eine weg. Was für mich beim Strukturieren wichtig ist, das sind die Überraschungsmomente, die zwar vorher in Andeutung waren, aber an der passenden Stelle wie eine Bombe einschlagen sollen. Deshalb hat fast jede meiner Haupt- und Neben- und Randfiguren ein Geheimnis. Und nie taucht das aus dem Nichts auf. Wenn der Leser es liest, soll er total überrascht sein, sich jedoch denken, dass er sich das auch hätte selbst denken können. Also diese Überraschungsmomente plane ich vor.
Jeder hat ja so seine eigenen Methoden zu schreiben und ich denke nicht, dass man von dem, was einem beim Kreativeln gut tut, abweichen sollte. Um so mehr bewundere ich diejenigen, die ein wildes Durcheinander an Post-it-Zetteln an der Pinnwand haben und daraus eins fix drei einen Roman entwickeln können. Also, liebe Leute, je nach Gusto. Habt Freude und Erfolg beim Schreiben.

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Zugegeben, von einem Roman bin ich noch weit entfernt. Es scheint mir aber unumstritten zu sein, das wir erst eine Bühne schaffen müssen, für unsere Figuren. Da der Leser zum Unterschied zu einem Theaterbesucher eine solche ja nicht sieht. D.h.: Wo, Wie, Was?
Wo spielt sich eine Szene ab?
Wie setze ich ein Bild in Szene?
…und was soll der Leser sehen?
Es heist eine gute Geschichte, entwickelt sich aus der Figur heraus. Folgerichtig müssen wir der Figur eine Bühne schaffen, auf der er seine Wirkung entfalten kann.

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