Selfpublishing und Marketing unter Pseudonym: Vertretbar oder problematisch?

Eine weitere Absage einer Agentur ist eingetroffen und ich versuche gerade zu entscheiden, ob ich das Manuskript noch an Verlage schicke oder direkt die Selfpublishing-Reise antrete. Wenn ich die zweite Variante wähle, dann stoße ich allerdings auf mehrere Hürden:

Ich muss unter einem Pseudonym veröffentlichen, daran führt kein Weg vorbei - die Geschichte ist nicht vereinbar mit meiner Person und meinem Arbeitsalltag. Aber… wenn ich möchte, dass die Geschichte gesehen wird, dann würde ich eine Marketingstrategie aufsetzen und es macht derzeit eigentlich nur Sinn, sich als Person auf den gängigen Social Media Plattformen darzustellen, um das eigene Buch zu promoten.

Jetzt kann ich bei einem Pseudonym natürlich einerseits nicht zu konkrete persönliche Bezüge herstellen, sonst kann ich das mit dem Pseudonym auch lassen. Aber wenn ich eine fiktive Person „erfinde“, um dafür zu werben… ist das nicht irgendwie Betrug? Für die meisten Kanäle bräuchte es Bildmaterial, das ich fingieren müsste - in relativ großem Stil, damit so eine Marketingstrategie auch funktionieren kann. Wäre das nicht Vortäuschung falscher Tatsachen? Ich könnte transparent machen, dass es sich um ein Pseudonym handelt, glaube aber, dass das werbestrategisch problematisch wäre.

Habt ihr dazu Erfahrungen, Gedanken, Einwände, Ideen?

Ich komme gerade nicht weiter und meine Gedanken drehen sich im Kreis.
Danke im Voraus!

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Ich kann dich gut verstehen. Bei mir herrscht eine ähnliche Problematik bezüglich meines beruflichen Alltages. Eine Lösung habe ich auch noch nicht gefunden. Allerdings gibt es Autoren, die eine fiktive Person erfinden. Inwieweit das sinnvoll ist, oder er nur Sinn macht, wenn man bereits einen Namen hat und einfach in einem anderen Genre als gewohnt schreiben möchte, kann ich nicht sagen. Schwierig.

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Das hilft dir vermutlich nicht weiter, ist aber sehr interessant (hatten wir hier um Forum auch schon mal, aber ich finde es gerade nicht).

Ich wünsche der ganzen Community einen wunderschönen 4. Advent!

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Ein Pseudonym killt dich werbestrategisch nicht - nicht, wenn es authentisch ist. Je näher man an der Wahrheit bleibt, umso besser natürlich.

Du kannst doch für dein Pseudonym nur bestimmte Teile deiner Persönlichkeit hervorzuheben, die unter deinem Realnamen öffentlich aber hintanzustellen. Genauso umgekehrt.

Ich halte das genau so, ich bin dabei, ein Pseudonym öffentlich bekannt zu machen für Projekte, die ich nicht unter meinem Namen veröffentlichen will. Ich werde aus mir keinen anderen Menschen machen, nur andere Dinge in den Fokus stellen. Das Pseudonym bin immer noch ich, aber nicht alles von mir.

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Ich würde überlegen nicht nur den Namen sondern gleich die ganze Person zu erfinden. Allerdings so, dass es jeder auf den ersten Blick erkennt! Dass könnte dann witzig, satirisch oder wer weiß was noch sein.

Ein deprimierender Geschlechterwechsel wäre nicht zu befürchten. :smiley: Bleibt die Frage, ob die drei den Preis hätten annehmen können, wenn sie das Pseudonym nicht aufgegeben hätten. Oder warum sie sich dazu entschieden haben, es zu tun - wobei so ein Preis natürlich vermutlich für sie auch wieder karrierefördernd ist.

Ich habe hier schon einige Threads über Pseudonyme gelesen - da ging es allerdings mehr um die Umsetzung in Papyrus bzw. den Umgang mit Verlagen damit. Ich gehe gar nicht davon aus, dass mein Pseudonym dann krass berühmt wird. Ich frage mich einfach, wie unehrlich ich sein darf und es vertretbar ist. Für mich vor mir, aber eben auch für ein Publikum.

Ja, das ginge schon - aber was ist mit Bildmaterial? Mit Anekdoten mit Bezug zum Alltag und dem Titel? Wie machst du das?

Konkretes Beispiel: Ich möchte ein Reel / Story posten, auf der ich mein Buch aufschlage. Das Werk ist zu sehen, die Hand schafft den persönlichen Bezug. Hände sagen viel über einen Menschen aus. Meine rechte Hand fällt schon mal weg - Tätowierung. Aber: Fälsche ich auch meine andere Hand? Erkennt man Hände? Sollte es dann gleiche eine „schöne“ Hand sein? Jünger und unfaltiger? Nagellack? Passend zum Pseudonym natürlich…

Solche Sätze bringen mein Hirn zum Eskalieren. :smiley: Kannst du das ausführen?

Man kann viel verändern, ohne zu fälschen.

Im Gesicht zum Beispiel machen eine (gute) Perücke und mit/ohne Brille oder mit/ohne MakeUp schon einen gewaltigen Unterschied. Oder Bildbearbeitung zur Not mit KI-Filtern - vorausgesetzt, man plant nicht, irgendwann als das eigene Pseudonym Lesungen zu veranstalten. Sieht man sich selbst nicht ähnlich, ist das ein Killer.

Ich hab das gleiche Problem, was Tattoos angeht - beide Unterarme sind tätowiert. Es gibt ein Video, wie ich meine Bücher in einen öffentlichen Bücherschrank stelle. Die Frau eines Kollegen sprach mich beim Sommerfest darauf an, das sei doch mein Tattoo. Da helfen nur entweder lange Ärmel, Armstulpen oder Handschuhe. Oder eben tatsächlich die andere Hand nutzen.

Es gibt viele Möglichkeiten, Dinge mit Accessoires zu verändern - weglassen von sonst getragenen oder das Hinzufügen neuer.

Ich achte bei Bildern auch auf den Hintergrund. Zum Beispiel, dass nur einer meiner Hunde zu sehen ist - und immer der gleiche. Hat genug Wiedererkennungswert, aber weniger als die anderen.

Also immer noch ein Teil von mir - aber eben nicht komplett.

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Das wäre überhaupt nichts für mich. Außerdem bin ich (in meiner Bubble) schon relativ präsent - etwas Ähnliches gilt hier für Hintergründe. Und ich fürchte, den Schaden, den es verursachen würde, wenn ich dann doch erkannt würde, wäre noch größer als wenn ich direkt unter Klarnamen veröffentliche. Darüber mag ich nicht einmal nachdenken.

Das ist auch vielleicht der Kern des Problems: Ich müsste Bildmaterial schon sehr stark verändern - das fühlt sich sehr nach fälschen an… und das wiederum fühlt sich sehr nach Betrug an. Das wiederum wäre ja gar nicht das, was ich will. Ich möchte nicht meine Zeit damit verbringen, mein eigenes Marketing-Zeugenschutzprogramm auszubauen, aber für die Vermarktung muss ich ja einen probaten Weg gehen. Diese Gedankenrunden haben inzwischen einen tiefen Trampelpfad in meinem Hirn angelegt. ^^

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Wenn du einfach dazuschreiben würdest, dass es sich um ein Pseudonym handelt, wäre der gesamte Beigeschmack von Unehrlichkeit vermieden.
„Nicht nur das Buch ist fantasievoll, sondern auch die fiktive Autorin des Buches“ - nach so einem Satz könntest du völlig freidrehen und alles über die fiktive Autorin schreiben. :smile:

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„Es ist fürchterlich eines Tages festzustellen, dass man noch nie gelogen hat.“
Mark Twain
-eigentlich hieß er ja Samuel Langhorne Clemens-

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Hätte es keinen Effekt auf die Glaubwürdigkeit der (Werbe)Texte? Ich sehe den Konflikt, eine Person darzustellen, wie es auf diesen Plattformen am besten angenommen wird, und der Fiktion. Ich kann ziemlich sicher eine KI ein halbwegs authentisch wirkendes Bild von dem Pseudonym erstellen lassen, weil die meisten Kanäle eben Bilder von realen Personen verlangen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber wenn ich dann immer wieder (?) betone, dass das alles nicht real ist… verliere ich dann nicht an Glaubwürdigkeit?

Es sind eben auch andere Zeiten. Die Verbreitung von Bildmaterial ist praktisch nicht vergleichbar. Vielleicht ist genau das mein Problem. Sich einen Namen auszudenken, ist das eine, aber dann noch eine ganze Welt darum zu konstruieren, fühlt sich nach mehr kriminieller Energie an.

Ganz einfaches Beispiel : du schreibst eine Fantasy Geschichte, deine Autorin beziehungsweise dein Autor hat einen äußerst exotischen Namen, stammt von einem fernen Planeten, etc. …
Nur sehr, sehr sehr wenige Leser werden hier eine reale Person vermuten.
Diese Person muss übrigens keinen realen Bezug zu dir haben, also in keinster Weise autobiografisch sein. Sie wäre quasi Teil des Gesamtkunstwerkes.

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Das funktioniert aber nur für dieses oder ähnliche Genre, oder? Wenn die Geschichte keine fantastischen oder skurillen Merkmale enthält, dann kann ich mich ja nicht als steppender T-Rex promoten. :slight_smile:

Es sollte schon einigermaßen passen und vor allen Dingen dem Leser nur zur Unterhaltung dienen.
Ich habe gerade noch mal nachgeschaut: Jean-Luc Bannalec ist ja auch lediglich ein Pseudonym. Es interessierte mich, wie er sich selbst beschreibt. Seine Lösung ist recht simpel, denn er schreibt dazu einfach gar nichts. Ein netter Name und das war’s. Manchmal ist einfach einfach einfach.

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Warum eigentlich nicht?

Natürlich war das Twain Zitat etwas humoristisch gemeint. Aber ernsthaft: wie viele Deiner (US) Lieblingsschauspieler heißen wirklich so, wie sie berühmt geworden sind? Du kannst Dich inszenieren, wie Du Dich wohl fühlst. Es gibt ganze Autorenteams, die sich als EINE Person darstellen. Der Name ist doch nur das Label, unter dem Dich Deine Leser potentiell wieder suchen können. Ob echt oder fiktiv, bleibt Dir überlassen. Du musst Dich halt wohlfühlen dabei - und wenn es ein steppender T-Rex ist, dann ist das auch ok für mich.

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Upps, ich muss mich korrigieren. Am Ende des Buches steht, dass der Name ein Pseudonym ist. Weiterhin erfährt man, in welchen Regionen grob der Autor lebt und welche Bücher er bereits unter diesem Namen veröffentlicht hat.

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Ich denke, der Unterschied liegt für mich zwischen (meiner) Definition so eines Namens, bei dem ja letztendlich die Person bekannt ist, und eben einem Pseudonym, wo Eckdaten und Hintergründe explizit verborgen bleiben sollen, oder?

Wenn ich ein Pseudonym wähle und es mit einem fiktiven Hintergrund ausbaue, fühlt sich das betrügerisch an. Selbst wenn ich deklarieren würde, dass der Name nicht stimmt, würden diejenigen, die vielleicht mehr über „mich“ wissen wollen, dann möglicherweise glauben, dass alle Hintergrundinformationen stimmen. Natürlich könnte ich sie, wie hier vorgeschlagen, so nahe an der Realität anlegen, dass es kaum einen Unterschied macht. Das wiederum bedüfte dann einer kleinen Selbstfindungsreise, um das herauszufinden. ^^

Ich glaube schon, dass die ganze Affinität des Social Media Publikums zu Bildern und Videos in der vermeintlichen Nähe zu einer Person / Persönlichkeit begründet ist. Das würde man ja bei der Vermarktung ausnutzen wollen.

Gegebenenfalls ist eines meiner Probleme, dass ich mich gar nicht inszenieren möchte. Ich finde Aufmerksamkeit sehr schwierig auszuhalten, wenn sie nicht meine Leistungen betrifft. Ein Pseudonym zu vermarkten, wäre möglicherweise ein Weg, meine eigenen Präferenzen weiträumig zu umschiffen - aber ich denke, es ist kaum zu überlesen, dass meine Hemmungen groß sind.

(Ja, ich habe deinen Nachtrag gesehen. :slight_smile: ) Dafür reicht mein Selbstbewusstsein definitiv nicht. Ich halte mein Werk nicht für so herausragend, dass ein interessiertes Publikum sich wegen des Klappentextes auf die Geschichte stürzt und mir dann unauflösbar verfällt. Auch nicht mit dem tollsten Pseudonym. Werbung ist harte Arbeit - erst recht, wenn man als Pseudonym komplett bei Null anfängt. Da braucht es eine Strategie und wenn die von der Pseudonymperson abhängt, dann komme ich nicht darum herum, interessante Häppchen zu kreieren, die von meinem Pseudonym als Quell der Geschichte überzeugen. Und ab da beginnt das Kreiseln in meinem Kopf wieder von vorne.

Je mehr eurer Anmerkungen und Ideen ich lese, desto mehr vermute ich, dass diese Hürde nicht nur moralische und praktische Komponenten hat, sondern auch ganz persönliche Hürden. Verflixt.

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Jepp, die eigene Persönlichkeit ist die größte Hürde.

Ich HASSE Öffentlichkeitsarbeit, da ist es egal, unter welchem Namen ich auftrete. Ich behandele SocialMedia (zu) stiefmütterlich, aber ich bleibe authentisch.

Einen Tod musst du sterben. Welcher der leichtere ist, kannst nur du wissen.

Tipp am Rande: aus dem Pseudonym einen offiziellen Künstlernamen zu machen, macht es nicht einfacher :wink:

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Bin ich naiv, wenn ich denke, dass man eigentlich für das Produkt, das Buch, werben sollte, statt sich als Autor selbst zu vermarkten?

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