Seitenwind Woche 6: Großstadttiere

Das Kätzchen

Es gibt wohl nur wenige Menschen die nicht schon einmal so ein süßes, kleines Schmusekätzchen auf dem Schoß hatten und über sein 'Fell streichelten, während es vor Behagen schnurrte. Mit seinen großen Augen sieht es Dich an und Du bist wie verzaubert. Wenn Du aber glaubst dass dieses putzige Wollknäuel Dir gehorcht, irrst Du Dich gewaltig. Die Katze hat ihren eigenen Kopf, sie ist schlau und weiß genau, welche Tricks sie einsetzen muss um Dich um ihre Krallen zu wickeln. Spielerisch fängt sie die Maus und hat ihre Freude daran, das kleine Mäuschen zu foppen. Das immer wieder glaubt nun aus zu kommen und das Weite suchen zu können. Nein, die Katze hat noch ihr Vergnügen mit dem Spiel, bis sie das Mäuschen schließlich verschlingt.
Die Hauskatze, ist nur der Maus gefährlich. Anders sieht das mit den Großkatzen aus, sie haben keinen Respekt vor Büffeln oder großem Getier. Auch der Mensch tut gut daran, wenn er dem Löwen, Tiger oder Jaguar aus dem Weg geht. Da aber die Wälder und Bereiche in denen sie sich aufhalten, immer weniger werden, weil der Mensch sie beansprucht, weichen diese Großkatzen immer öfter in die Wohnsiedlungen aus, was dann ein großes Tam Tam auslöst. Letztendlich ist der Mensch aber gefährlicher wie die schlimmste Katze.

Batsch

Ninaniedlich sitzt am Schreibtisch und muss noch etwas über „Tanz“ schreiben, hm, überlegt sie, Ideen? Hab ich die Aufgabe richtig verstanden?

Nachdenken, grübeln, Faltenstirn. Bst macht es, bevor es landet, weggewedelt wird, aufsteigt und wie im Rausch mit viel Bst um den Kopf von Nienaniedlich saust, viele Runden lang. „Na wie war ich?“, will es wissen und schaut Ninaniedlich an. Die ist wütend, „so kann ich nicht arbeiten“, mault sie.

Es beginnt nochmals viel schöner, tanzt mit viel zick-zack und Stops auf der Nase. Ninaniedlich spürt Flugwind, wird gereizter, grantiger. „Hau ab, du nervst, oder!“, die echte Drohung.

Müde ruht es in den Haaren von Ninaniedlich aus. Erschöpft, traurig, „hätte ich nicht mehr Lob verdient für diesen grandiosen Tanzflug? Saubere Starts und Landungen, Beine nicht verheddert, Flügel im Bsst-Takt geschwungen. „Warum schaut sie nicht richtig her?“ So die stumme Frage.

Endlich schaut Ninaniedlich auf. Warte. Batsch! Der Tanz der Stubenfliege ist zu Ende.

TAG DER ABFUHR

Ich soll eigentlich nicht darüber reden. Machen aber alle. In der Zeitung stand’s auch schon. Einige waren sogar schon in Fernsehen. Ich nicht. Muss auch nicht sein. Alle schwärmen immer, Fernsehen sei so toll. Ich hab mir so einen Kasten mal näher angeschaut. Drin war ich auch. Furchtbar. Eng, lauter Kabel und Kanten. Nichts von all dem, was den bunten Bildern vorne drauf auch nur irgendwie gerecht werden könnte. Nee, ohne mich. Ich brauch kein Fernsehen.
Stadt ist besser. Wenn man sich ein bisschen auskennt. Ich kenn mich aus. Inzwischen.
Anfangs war’s der Horror. „Lauf nicht auf die Straße“, hieß es. Toll. Woher wusste ich denn, was ne Straße ist? Oder gar ne Gasse. Ist aber im Grunde wie Wald. Nur besser. Also meistens.
Der dicke Karl is’n Vetter. Gibt aber noch viel fettere. Der dicke Watz zum Beispiel. Der lebt schon so lange in der Stadt, dass er überhaupt keine Manieren mehr hat. „Der Watz, der hats geschafft“, sagen sie. Ich frage mich nur: Was? Nur fressen und schlafen kanns auch nicht sein. Dabei schläft der meist gar nicht. Vielmehr ist er ohnmächtig. Weiber steh’n ja auf dicke Wätze. Das hat er nun davon. Dafür bin ich bestimmt nicht in die Stadt. Ich will was erleben. Gut, das wollte der Watz auch … aber lassen wir das. Ihr merkt schon: Die Stadt hat ihre eigenen Gesetze.
Ich bin noch kein dicker Watz. Ich bin noch jung und drahtig. Deshalb muss ich an Tagen wie heute auch immer Wache schieben. Heute ist grüne Tonne in der Kirchallee. Unser Revier. Wache schieben heißt Aufpassen. Nicht, dass sich hier ne andere Gang breit macht. Ich muss auch aufpassen, wenn der Müllwagen kommt. Dann müssen alle raus aus den Tonnen. Der Karl zum Beispiel. Nicht, dass der am Ende aus Versehen mit abtransportiert wird. Zum Glück höre ich den Müllwagen rechtzeitig. Karl hört mal wieder nichts. Erst als ich feste gegen die Tonne trete, in der er steckt. Dauert auch ne Weile, bis sich endlich der Deckel hebt.
„Was’n?“, fragt Karl.
Er hat ganz rote Augen. Zum Glück rafft er es noch, als ich „Abfuhr“ rufe. Er wuchtet seinen dicken Hintern über den Rand und versucht herunterzuklettern. Das ist gar nicht so einfach, mit all den Sachen, die er in den Armen hält. Loslassen will er sie nicht. Ich schließe ahnungsvoll die Augen und öffne sie erst, nachdem ich höre, wie er aufgeschlagen ist. Ich will ihm schon helfen, da kommt Bea angetanzt. Bea hat ne tolle Figur. Seit ich sie mal nass gesehen habe, kann ich kaum noch was anderes denken. Sie trägt immer noch die bunte Sonnenbrille aus der Cornflakes-Packung, die ich ihr geschenkt habe.
Sie besieht sich Karl.
„Was passiert?“, fragt sie.
„Nee. Das Übliche. Sieht toll aus.“
Ich deute auf ihre Brille.
Sie lächelt und deutet auf meine leeren Hände.
„Und du? Nichts?“
„Doch. Wache.“
„Du Ärmster. Die anderen werden dir bestimmt was abgeben.“
Träum weiter, denke ich und nicke hoffnungsvoll.
Endlich kommt der Trupp mit dem klappernden Einkaufswagen. Zwei Waschbären vorne, zwei hinten. Ich werfe ein paar von Karls Sachen in den Korb. Der ist schon halb voll. Dann packen alle mit an und wir werfen den ganzen Karl hinterher. Der ist total voll. Nichts wie weg.
Bea darf im Wagen mitfahren. Sie schwingt sich ins Ablagefach. Ich würde ihr so gerne was schenken. Aber ich hab nichts. Alles, was im Wagen liegt, ist tabu. Das gehört dem dicken Watz. Und seinen Weibern.
Dann plötzlich Panik. Eine Haustür öffnet sich. Alle schreien durcheinander. Ich erkenne den alten Wutke. Im Bademantel. Der hätte fast wieder die Müllabfuhr verpennt. Nicht mal die Brille hat er auf. In Pantoffeln rennt er zur Straße. Das ist meine Chance. Ich renne ihm zwischen die Beine. Er schießt so weit über die Straße, dass er fast bei den Mülltonnen landet. Seine Tüte platzt auf. Völlig benommen sucht er immer noch seine Brille, die er gar nicht aufhatte. Die Zeit reicht. Ich raffe rasch zwei Mon Cheri und ein Stück feine Leberwurst zusammen und bringe es Bea.
Die Leberwurst darf ich behalten. Beim Anblick der Mon Cheri leuchten ihre Augen.
„Du bist ja’n Süßer“, haucht sie.
Ich freu mich. Heut ist Tag der Abfuhr. Aber nicht für mich.

Das Funkeln

Ich schlängel mich langsam am Waldrand entlang und beobachte den Sonnenuntergang. Als die rote Sonne fast hinter dem Horizont verschwunden ist. Schleiche ich durch die Grashalme zum Spielplatz und schlängel mich auf das höchste Gerüst um von dort aus die Stadt zu beobachten. Das Mondlicht erhellte die Nacht.
Da sah ich etwas aufblitzen und funkeln, was war das nur. Endlich als es tiefste Nacht ist, schleiche ich mich von links nach rechts, über Stock und Stein, Hügel rauf und runter, an einem Bach vorbei durch den Park in die Stadt.

Endlich in der Stadt angekommen, sah ich am zweiten Haus im vierten Stock das blinken. Ich muss da rauf, ich bin so neugierig, was es ist.
Also schlich ich die Fassade rauf, an der Regenrinne entlang und kam zu dem Fenster aus dem ich, es vorhin aufblitzen sah.
Es war so schön und wie es funkelte. Ein Kristal, so makellos und wunderschön. Er wird vom Mondlicht angestrahlt, reflektierte und schimmerte kleine Sterne an die Wände und funkelt auf. Ich bin begeistert. Morgen komme ich zurück, um es wieder zu betrachten.

Endlich wusste ich, was es ist und konnte beruhigt zu Bett gehen und schlafen.
Also schlängelte ich mich die Regenrinne wieder runter, an einem Spaziergänger vorbei in den Park und suchte mir ein ruhiges Plätzchen zum Schlafen.

Gute Nacht

Im nächsten Leben

Zwar hat mich niemand danach gefragt. Aber wenn ich mal rückblickend zusammenfassen darf: ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Definitiv.

Zugegeben, mein Leben war super. Abitur mit links, Wirtschaftswissenschaften studiert, nach drei Semestern abgebrochen. Wozu studieren, wenn man als Youtube-Influencer mit Anlagetipps ein Vermögen scheffeln und an der Börse einen Volltreffer nach dem anderen landen kann?
Mit 25 die erste Ehe mit einem internationalen Top-Model. 117-Meter-Yacht, Penthouse an der Upper West Side (beinahe wäre John Lennon mein Nachbar gewesen, hätte er nicht weniger Glück gehabt als ich), zwei eigene Lear-Jets. Mit Mitte 30 die vierte Ehe, diesmal mit einem waschechten Hollywood-Star. Okay, die Unterhaltszahlungen für meine Verflossenen und die Kinder waren mittlerweile siebenstellig. Und es kamen ein paar anstrengende Jahre an den Börsen. Was sich durchaus bemerkbar machte, nicht nur auf meinen Konten. Mit 39 hatte ich den ersten Herzinfarkt. Mit 40 dann die erste Scheidung, die ich nicht selbst eingereicht hatte, sondern - kann man es glauben? - meine Frau. Aber was soll’s? Aufstehen, Krönchen richten … und ein paar Jahre später startete ich wieder so richtig durch. Jeff und Elon waren Waisenknaben im Vergleich mit mir. Aber schließlich war ich der geborene Workaholic. 24/7 - und das mit Lichtgeschwindigkeit.
Kaum ein Magazin, das nicht mindestens einmal im Jahr mein Konterfei zierte. Die Zahl meiner Exen wuchs ebenso schnell wie die Zahl der Kinder, für deren gehobenen Lebensstandard ich sorgen musste. Doch die Geschäfte liefen sensationell.
Mit 52 dann die Krönung: Aus einer Laune heraus - und weil mich der Ehrgeiz gepackt hatte - kandidierte ich und wurde zum Präsidenten gewählt.
Was scherte es mich, dass sich die Gazetten überschlugen? Mir jede Befähigung für ein solches Amt absprachen? Mich mit Häme überschütteten, nur weil ich ein paar Hauptstädte durcheinander brachte und den deutschen Kanzler einmal - versehentlich - mit „Herr Hitler“ ansprach? Die schlaflosen Nächte forderten eben ihren Tribut!
Der zweite Infarkt traf mich, als ich mich gerade heimlich zu meiner Geliebten chauffieren ließ. Noch während meine Bodyguards hektisch das nächste Krankenhaus ansteuerten, war mir klar: die Medien würden mich nicht bedauern, sondern in der Luft zerreißen. Die first lady, die in Wirklichkeit meine siebte oder achte war, würde sich scheiden lassen. Kein Mensch würde würdigen, was ich alles geleistet hatte - die ganze Welt würde, mal wieder, über mich herfallen. Und als sich mich auf die Intensivstation schoben, waren meine letzten Worte (ich weiß nicht, was in mich gefahren war):
„Im nächsten Leben werde ich ein Hund!“.

Leute - was soll ich sagen? Es war die beste Entscheidung meines Lebens. Mein Herrchen ist Filialleiter bei einem Discounter. Wir wohnen im siebten Stock eines Plattenbaus. Nicht upper-west-side, aber mit Aufzug. Ich verbringe meine Tage damit, vom Sofa aus auf die nächste Mahlzeit zu warten. Rind mit Karotte liebe ich besonders. Jeden Morgen und jeden Abend drehen wir eine Runde im Park. Ich darf Tauben jagen, Stöckchen fangen und Duftmarken setzen, so oft mein Herz begehrt. Nur wenn ich Mütter mir ihren Kinderwägen sehe, werde ich manchmal zum Kläffer. Verstehe das, wer will.

Holmes

Das Mordopfer trug den Künstlername 2Gun, Idol der Rapper-Szene und Angehöriger des größten Clans der Stadt. Der Chef der Mordkommission übertrug die Ermittlungen in diesem prominenten Mordfall dem Boss meines besten Freundes. Wir beide wussten, er ist ein Volltrottel, doch in der Behörde galt er als Sherlock Holmes und bekam daher immer die kniffeligsten und prominentesten Fälle. Seinen Ruhm hat er mir zu verdanken, denn ich bin der wahre Sherlock Holmes, das unbekannte Genie hinter ihm.

Der Mord geschah in einem hippen Club. Nach einer Irrfahrt erreichten wir endlich den Tatort - wir, das sind unser Volltrottel, Kommissar Shmuk, ich und der Border Collie Watson, mein Partner und Freund. Wie eine Meute hungriger Haie lauerte die Presse bereits an dem Absperrungsband. Neben dem Mord an dem berühmten Frontmann der Gangstaboys winkte auch noch eine Story über einen Bandenkrieg, denn mit dem Rapper starb auch sein Leibwächter und Cousin des Clanoberhauptes. Shmuk wühlte sich durch die Gaffer und betrat gemeinsam mit Watson den Club. Ich wartete auf einer Straßenbeleuchtung. Watson berichtete mir später haarklein was passiert war. Wir sind telepathisch verbunden.

Die Bedienung bezeugte, dass sich der Rapper gemeinsam mit drei Edelhuren und dem Leibwächter die ganze Nacht hinter einem Tisch verschanzt hatte. Nur handverlesene Gästen hatten Zutritt zu dem Club. 2Gun war für seine Paranoia bekannt und so mussten der Chef des Clubs die versiegelte Flasche Whisky vor seinen Augen öffnen. Sein Leibwächter trank einen Schluck und ließ die Flasche die ganze Nacht nicht aus den Augen. Als Shmuk mit nackten Händen die Flasche vom Tisch nahm und das Etikett studierte, erlitt die Spurensicherung fast einen Herzinfarkt.

Laut der Zeugenaussage des Türstehers verließ der Rapper und seine Entourage den Club im Morgengrauen. Als der Leibwächter die Tür des vorgefahrenen BMW 730i öffnete, seien beide mit Schaum vor dem Mund zusammengesackt. Noch auf dem Weg in die Klinik verstarben sie. Die Obduktion ergab, dass beide mit Zyankali vergiftet wurden. Damit fing das Rätselraten an, denn weder in der Whiskyflasche, noch auf dem Tisch, noch in den Koksresten wurden irgendwelche Spuren des Giftes gefunden

Da Zyankali innerhalb von Sekunden bewusstlos macht, musste das Gift kurz vor Verlassen des Clubs verabreicht worden sein - so schlussfolgerte ich. Doch sämtliche Zeugen bestätigten, dass 2Gun zu jedem Zeitpunkt abgeschirmt war. Niemand hatte sich ihm genähert. Rätselhaft war weiter, dass weder im Mund noch auf der Haut irgendwelche Spuren des Giftes gefunden wurden. Die Obduktion stellte lediglich bei beiden Opfern in der Halsgegend eine winzige Eintrittswunde fest. Auch dort keinerlei Zyankalispuren. Wie wurden die beiden Opfer vergiftet? Das Zyankali schien wie aus dem Nichts aufgetaucht und im Inneren explodiert zu sein.

Der Verdacht fiel sofort auf die Russen, denn der Clan lieferte sich zur Tatzeit mit der Russenmafia eine erbitterte Schlacht um das Rotlichtmilieu. Dieser Ansatzpunkt für die Ermittlungen schien sich zu bestätigen. Zwei Tage später meldete sich die Freundin eines Bandmitglieds des ermordeten Rappers und gab den Tipp: 2Gun und sein CO-Rapper hatte sich in der Nacht vor dem Mord mit dem Bruder des Russenpaten eine wilde Prügelei geliefert. Der Bruder hatte dabei mehrere Zähne und ein Auge verloren. Noch am Abend beim Betreten des hippen Clubs, habe der Pate 2Gun zur Rede gestellt und ihm „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ angedroht.

In der Mordkommission zweifelte niemand, dass der Mörder sei in den Reihen der Russenmafia zu suchen war. Doch wer von ihnen war der Täter? Alle Blickten erwartungsvoll auf Shmuk, wie Watson mir später berichtete. Der Erfolgsdruck habe sein Herrchen wie immer zu seiner blinden Schwester im Parterre ihres geerbten Einfamilienhauses getrieben: „Hattest Du wieder eine Vision von den Toten?“ Zu seiner Enttäuschung schüttelte sie den Kopf. Ich war mir nicht so sicher, ob die Mordkommission auf der richtigen Spur war. Wie sollten die Russen an den gut abgeschirmten Rapper herangekommen sein, um ihm das Gift zu verabreichen? Die Sache erschien mir zu einfach. Ich beschloss, mir mal die Informantin näher anzuschauen und flog spät abends zu dem Appartementhaus, in dem das Bandmitglied und seine Freundin wohnten.

Der Co-Rapper saß gemeinsam mit seiner wasserstoffblonden Freundin im Wohnzimmer. Die Balkontür war offen. Ich setzte mich auf die Brüstung und lauschte: „Hast Du das Geld?“, sagte die Blondine. „Alles umsonst. Sie wollen Abdul zum Frontmann machen. Und dafür soll ich zahlen?“, sage ihr Freund. „Bitte sag mir, dass Du das Geld hast. Der Mann war beim KGB. Er hat seinen Job erledigt. Mit ihm ist nicht zu spaßen?“ Ihr Freund schob ihr murrend einen Umschlag hin. Die Blondine seufzte erleichtert. „Keine Sorge. Ich kümmere mich auch um das zweite Problem.“ Sie schaute auf die Uhr und sagte: „In einer Stunde treffe ich den Killer.“

Ich brauchte Hilfe und segelte mit Höchstgeschwindigkeit über die Dächer der Stadt. Watson saß mit Kommissar Shmuk im Wohnzimmer vor der Glotze. Ich klopfte mit dem Schnabel hektisch gegen die Scheibe. Watson hob seine Ohren, sah mich und kratzte jaulend am Ohrensessel seines Herrchens: Sein Zeichen für Gassi-Gehen. Kaum hatten beide das Haus verlassen, preschte Watson hinter mir her. „Was soll das schon wieder, Du dummer Hund“, schrie Shmuk.

Ich führte den Collie zu dem Apartmenthaus und ich setzte mich auf einen Baum. Watson lauerte hinter einer Mülltonne. Eine Viertelstunde später verließ die Blondine das Hochhaus. Wir folgten ihr zur nächsten U-Bahnstation. Jetzt war Watson an der Reihe. Später berichtete er mir, die Blondine habe die Linie 8 genommen. Drei Stationen weiter sei ein unauffälliger, sehr durchtrainierter Typ in das fast leere Abteil hinzugestiegen und habe sich zu ihr gesetzt. Die Blondine habe sich nervös umgeblickt und Watson erspäht. Grinsend habe sie auf den Hund gedeutet und gesagt: „Ganz schön dreist der Köter, hier schwarzzufahren.“ Dann habe sie dem Mann den Geldumschlag unter ihrer Handtasche zugeschoben. „Ich habe noch einen weiteren Auftrag. Hier sind Foto und Adresse“, habe sie geflüstert und dem Mann einen zweiten Umschlag zugesteckt. „Die gleiche Summe“, habe er gesagt, sei an nächsten Halt ausgestiegen und habe die Linie gewechselt.

Watson folgte dem geheimnisvollen Mann in gehörigem Abstand bis zu einem Hochhaus. Er habe an der Haustür gewartet, bis ihm ein freundlicher Herr die Türe aufgemacht habe. Er sei der Duft-Spur bis zum Eingang der obersten Penthaus-Wohnung gefolgt. Nachdem mir mein Spürhund alles berichtet hatte, legte ich mich auf der Dachrinne des Hauses auf die Lauer. Von dort hatte ich gute Sicht auf die Wohnung. Zwei Tage später folgte ich ihm bis zu einer Parkbank. Dort traf er sich mit einer Wissenschaftlerin. Nervös überreichte sie ihm eine Ampulle. „Wieder das gleiche Zeug?“ Sie nickte stolz: „An dem RNA-Impfstoff ist ein Aprikosen-Gen angehängt. Der genetische Bauplan bringt das Knochenmark dazu, Zyankali zu produzieren.“ „Und danach zerfällt es wieder und ist nicht mehr nachweisbar?“ „Die Leute im Labor stellen langsam Fragen. Das ist das letzte Mal“, antwortete sie genervt. Der Mann grinste und die beiden trennten sich schnell.

Zurückgekehrt in seinem Penthaus ging er auf die Terrasse. Von einem Funkmast hatte ich einen guten Einblick in die Wohnung. Er zerbrach die Ampulle und zog mit einer Spritze die Flüssigkeit auf. Die Flüssigkeit tropfte er in eine Schale mit kleinen Vertiefungen und schob sie in das Gefrierfach. Nach einer Stunde nahm er die Schale heraus und löste kleine gefrorene Kügelchen heraus. Er holt aus einem Koffer ein paar dünne Rohre und fügte sie zu einem Blasrohr zusammen. Probeweise steckte er eines der Kügelchen in ein Blasrohr mit Pressluftpatrone, schoss es in einen Kürbis und war mit dem Ergebnis zufrieden.

Drei Tage lang spionierte der KGB-Killer den neuen Frontmann der Gangstaboys aus. Über einen alten Kontakt gab er der Russenmafia den Tipp, dass sich die Chance auf Rache biete. Der Libanese, der dem Bruder des Paten ein Auge ausgeschlagen habe, sei ohne Schutz des Clans mit seiner Freundin im Restaurant Hassan essen. Die Russen lauerten den beiden auf dem Weg dorthin auf. Ich saß im Baum über dem Fahrzeug des ehemaligen KGB Mannes. Zum seinem Leidwesen blieb Plan A wieder ohne Erfolg: Sie stachen dem Libanesen nur ein Auge aus. Der Killer beendete den Job erneut mit Plan B. Durch den Spalt einer Seitenscheibe zielte er mit dem Blasrohr auf den neuen Frontmann der Gangstaboys und schoss ihm eines der Kügelchen mit dem manipulierten Impfstoff in den Hals. Der Rapper verstarb noch vor Eintreffen des Notarztes.

Mit meinem Schnabel pickte ich in Blindenschrift die ermittelten Fakten auf ein Stück Karton. So hatte ich auch in der Vergangenheit die Schwester über die Lösung der Fälle informiert. Sie saß auf der Terrasse ihres Hauses und ich ließ das Stück Karton in ihren Schoß fallen. Endlich, die ersehnte Nachricht aus dem Himmel. Shmuks blinde Schwester eilte schnurstracks in den oberen Stock zu ihrem Bruder. „Hast Du wieder eine Eingebung von den Toten?“ Die Schwester nickte.

Shmuk ließ den KGB-Mann observieren. Bei der zweiten Geldübergabe nahmen sie ihn fest, Er schob alles auf die Blondine. Sie packte aus. In der Mordkommission feierten sie den brillanten Shmuk. Ich genoss unseren Triumpf durch das Fenster des Büros. Einer der Kriminaler entdeckte mich: „Verdammt, da kackt eine Krähe auf das Fensterbrett!“ Er riss das Fenster auf. Ich brachte mich auf dem nächsten Baum in Sicherheit. Undankbarkeit ist des Welten Lohn.

Ein Hund namens Kira

Es ist Sommer und die Sonne strahlt den ganzen Tag vom Himmel. Susi und ihr Hund Kira sind die Sommerferien über bei der Oma. Hier können wir unbeschwert rumlaufen, spielen und toben. Fröhlich schnüffele ich im noch kühlen Sand und tauche meine Nase in den weichen Untergrund. Sandkörnchen kleben nun an ihr und ich muss niesen.

Dann laufen wir zum Haus zurück, denn es gibt gleich Frühstück. Oma hat gestern einen Hefezopf gebacken. Die Scheiben bestreicht sie dick mit Butter, Honig und Marmelade. Dazu gibt es Kakao. „Hoffentlich fällt etwas für mich herunter“, denkt Kira und leckt sich über die Schnauze

„Na, was habt ihr heute vor?“ fragt Oma. „Wir üben heute Schnüffeln“. „Aha“, sagt Oma erstaunt, „ich dachte, Hunde können das von Geburt an.“ „Ach Oma, wir üben doch für einen Schnüffelwettbewerb und Kira muss dann gegen Lasses Hund Pelle antreten“. „Das mache ich doch mit links“, denkt sich Kira und bellt.

Schon geht es wieder zum Strand. Verstecke enttarnen, liebe ich. „Such Kira, such“. Den Kopf geneigt, die Nase auf dem Sand, beginne ich mit den Pfoten zu kratzen. Kaum ist der Happen ausgebuddelt, ist er schon gefressen. Fröhlich wedele ich mit dem Schwanz. Zwei Möwen liegen vorbei. Laut bellend jage ich hinterher ihn her, aber umsonst. Der Wettbewerb ist erst einmal vergessen. Das Watt zeigt jetzt seine Schätze, der Sand ist warm, mit kleinen Prielen durchzogen. Susi trägt keine Strümpfe und das warme Wasser umspült in den Rinnsalen ihre Füße.

„Kira komm“, ruft sie und bückt sich nach einem Krebs. „Schau mal, was das hier ist“. Vorsichtig stehe ich am Strand und schaue skeptisch. „Igitt, Wasser!“ Im Slalom umgehe ich jede Pfütze und stelzt dabei herum, wie ein Storch im Salat. Das sieht sehr komisch aus. Endlich angekommen, beschnüffele ich den Krebs und schüttele mich. Vorsichtig schaue ich mich um. Eindeutig zu viel Wasser. Selbst die Möwen reizen mich jetzt nicht mehr. Mit drei, vier großen Sätzen springe ich zurück an den Sandstrand. Puh, nur weg von diesen Wasserpfützen. „Du bist doch nicht etwa Wasserscheu?“ lacht Susi ihren Hund aus. Abends fragt sie ihre Oma, ob Hunde eigentlich schwimmen können und erzählt ihr von dem lustigen Ereignis. „Kira muss sich erst an Watt und Wasser gewöhnen, das wird schon.“

An nächsten Tag trifft sie Lasse am Strand. “Na, übt ihr schön. Pelle gewinnt sowieso. Ihr habt gar keine Chance“. „Das kannst du ja gar nicht wissen“, entgegnet Susi, „meine Kira ist schlau!“ Sonntag ist der große Tag. Alle Kinder haben sich am Strand versammelt. Lasse und seine Freunde haben den Parcours aufgebaut. Pelle fängt an und läuft geschwind durch die Rutenbogen, über das wackelige Brett und krabbelt unter die Hängematte hindurch. Vor dem Zickzacklauf muss er nach dem versteckten Schatz buddeln und den Knochen Lasse bringen. Dann springt er lässig über den Stock und rennt durch die Röhre. „Gewonnen“, schreit Lasse, „so schnell hat Pelle den Parcours noch nie geschafft“.

Jetzt kommt Kira dran. „Du musst dich beeilen“, flüstert Kira ihrem Hund ins Ohr. „Sonst gewinnen wir nicht“ und schon laufe ich durch die Bogen, am wackeligen Brett links vorbei und springe über die Hängematte. Vor dem Zickzacklauf buddele ich ein tiefes Loch. Doch es ist kein Knochen da, dafür etwas Blinkendes. Kira läuft zu ihr. Es ist ein Schlüssel, den jemand verloren hat. Danach laufe ich brav durch den Zickzackparcours und überspringe den hingehaltenen Stock und stoppe vor der Röhre. Ich muss mal und hebe mein Beinchen.

Alle sind sich einig, dass Pelle gewonnen hat, aber mit mir ist es viel lustiger gewesen. Susi geht hinterher zum Fundamt und gibt den gefundenen Schlüssel dort ab. Der Beamte lobt sie und ihren Hund. Sie bekommt ein Eis als Finderlohn. Während sie ihr Eis schleckt, darf ich ihre Finger ablecken und werde voll Freude angestrahlt und gekrault.

„Mit dir Abenteuer erleben, ist das allerschönste, egal ob wir gewonnen haben oder nicht.“

Diese Pfoten hinterlassen tiefe Abdrücke. Wo ihr uns überall hingeführt habt! Aber jetzt ist’s vorbei mit dem Schnurren, Bellen, Buddeln … der Thread ist für Beiträge geschlossen. :paw_prints:

Eine Woche lang könnt ihr aber noch die Geschichten beschnuppern und eure felligen Favoriten durch Buch-Likes wählen.:books: Der Beitrag, der uns am meisten zum Zwitschern gebracht hat, gewinnt Papyrus Autor 11. Und unter allen Stadtstreunern, Baumkletterern und Himmelsfliegern verlosen wir eine weitere Version!

Am Freitag, den 1. Dezember, verkünden wir die Sieger. :black_cat:

Auf ein Korn

Rudi: „Sam – Alter! Du mal wieder hier auf dem Fürstenplatz auf unserer Lieblingsbank. Damit habe ich nicht gerechnet. Ist ewig her, seit ich dich zuletzt gesehen habe.“

Sam: „Hey Rudi, es ist gut dich zu sehen ist es. Hatte allerhand zu tun seit dem Frühling hatte ich. Meiner Merle haben die Eier im Hintern gebrannt. Fast durchgedreht ist sie. Es war kein Platz für den Nachwuchs zu finden war es nicht.“

Rudi: „Oh fuck, wenn’s ums Nestbauen geht, drehen doch alle Perlen durch. Zum Glück habe ich keine. Ha, Junggeselle bleibt Junggeselle. That’s me! Aber sag mal, wo wohnt ihr denn?“

Sam: „Keplerstraße 5 bis 10 – da in den Hinterhöfen. War echt schwer, an was Anständiges kommen war es. Der Reviermangel in Düsseldorf wird immer schlimmer, schlimmer wird er.“

Rudi: „Alter, du sagst es. Alles wird zu geleckten Gated Communitys und Luxus-Ghettos umgebaut. Da gibts keine Nischen mehr für uns. Eine echte Katastrophe!

Sam: „Ja, und was noch schlimmer ist – die Menschen werden immer feindlicher uns gegenüber werden sie. Uns haben sie versucht mit Schutznetzen, CDs an Schnüren, Raben aus Kunststoff und so Zeug zu verscheuchen haben sie.“

Rudi: „Alter, diese Nazis. Das geht gar nicht.“

Sam: „Du sagst es. Ich habe mir deshalb Unterstützung geholt habe ich mir: Gonzo! Der Tauber kommt aus dem Volksgarten und ist ein echt windiger Hund. Wurde mir empfohlen und meine Merle hat sich prompt in ihn verliebt hat sie. Mit ihm zusammen haben wir die Menschen ausgetrickst haben wir.

Rudi: „Alter, geil! Wie das?“

Sam: „Wir haben gewartet bis das Pärchen aus dem dritten Stock von Nummer Sieben nicht zuhause war und haben zu zweit das Katzennetz geschrottet haben wir.“

Rudi: „Wow, ihr Füchse! Woher wusstet ihr, dass sie nicht da waren?“

Sam: „Astreine Spionage-Arbeit meiner Merle war das. Dadrin ist sie echt ein Ass ist sie. Sie merkt sich alle Gewohnheiten der Bewohner und weiß immer genau, was wo abgeht weiß sie.“

**Rudi: „**Ha ha! Und die Bewohner haben nicht mitbekommen, dass sie beobachtet wurden?“

Sam: „Ach was! Die denken, wir scheißen denen nur die Autos voll denken die.“

Rudi: „Oh man, die Menschen sind ja so verblendet. Die meinen, sie wären die intelligenteste Spezies und wir nur die Parasiten! Ha!"

Sam: „Oh ja, sie sind komplett egozentrisch sind sie. Meine Merle jedenfalls, die wusste, dass das Pärchen aus Nummer Sieben seine Fahrräder immer in den Keller stellt, wenn es für ein paar Tage verreist. Also haben wir gewartet und als die Räder im Keller waren – zack – haben wir uns ans Werk gemacht haben wir: Katzen-Schutznetz geschrottet, Nest gebaut, Merle reingesetzt und gewartet bis die Eier gelegt waren.“

Rudi: „Respekt! Und haben die Kleinen es geschafft, zu schlüpfen, bis die Menschen aus Nummer Sieben wieder da waren?“

Sam: „Leider nein, aber Gonzo und ich waren gut vorbereitet waren wir gut. Wir haben voll auf hilfsbedürftige Vögel gemacht: Wir sind herumgeflattert wie die Wilden und haben die aufgeregte Väter gespielt haben wir. Merle hat dazu herzzerreißend gepiepst und das hat die Nummer Sieben-Menschen umgehauen hat es sie. Die Frau hat sogar ein bisschen geflennt hat sie.“

Rudi: „Ha ha, da habt ihr sie aber ordentlich drangekriegt.“

**Sam: „**Ja, und weißt du was? Die waren so emotional ergriffen, dass sie uns täglich Wasser und Körner gebracht haben. Der totale Luxus war das.“

Rudi: „Fuck, das glaube ich jetzt nicht!“

Sam: „Wenn ich es doch sage, wenn ich doch. Und weißt du was? Als die Kleinen da waren und es mal ziemlich gestürmt hat abends, haben die Menschen uns sogar in ihr Wohnzimmer gelassen.“

Rudi: „Alter, der Wahnsinn. Was habt ihr gemacht in deren Wohnung?“

Sam: „Na es uns gut gehen lassen. Wir haben genetflixt, das Bier vom Mann mitgetrunken, deren Abendessen gegessen und auf dem Sofa genüsslich unsere Geschäfte verrichtet haben wir genüsslich. Das einzige Manko war, dass die Menschen Merle und die Kleinen ständig streicheln und kuscheln wollten.“

Rudi: „Bäh, ist ja widerlich. Dass die immer alles anfassen müssen. Wer weiß, wo die vorher ihre Hände stecken hatten.“

Sam: „Naja, aber dafür gab es Kekse zum Nachtisch und eine warme Bleibe.“

Rudi: „Und jetzt?“

Sam: „Jetzt sind die Kleinen flügge und wir haben die Biege gemacht haben wir gemacht. War ein bisschen traurig, vor allem für Merle war es. Aber so ein Wochennest ist ja auch anstrengend und stressig ist es. Jetzt kann ich mich wenigstens mal wieder auf einen Plausch mit einem guten Kumpel wie dir treffen kann ich mich wenigstens. Nur in der Bude hocken hält man ja auch nicht lange aus. Keine Ahnung wie die aus der Nummer Sieben das den ganzen Tag lang schaffen.

Rudi: „Sauber! Dadrauf sollten wir ein Korn picken. Komm, wir schauen, ob wir ein paar Kindern ihre Pausenbrote streitig können. Gleich ist große Pause in der Schule da drüben.“

Sam: „Gute Idee. Ein Korn auf die Freiheit! Ich bin dabei bin ich.“

La Cucaracha

Wir führen eine wahrhaft harmonische Ehe. Ja, gewiß doch, der mir, Evita-Consuelo Wilhelmine Jelisaweta Schabowska, geborene Comtesse de Caquère-Lac angetraute Ehgespons, Ladislaus Schabowski, ist mir, uralten hugenottischen Geblüts, nicht ganz ebenbürtig, aber heutzutage sollte dies in einer modernen Ehe keine allzu große Rolle spielen. Und jedenfalls, Ladislaus ist ein ehrenwerter Mann! Und schließlich war wat Kleenet unterwegs.
Mit der Erziehung der lieben Kleinen hat man schon so seine liebe Mühe, bis man sie alle aus dem gröbsten heraus hat, vor allem als sozusagen alleinerziehende Mutter. Der Vater fuhrwerkt mir da nicht ins Handwerk, denn Ladislaus ist ein ehrenwerter Mann!
„Kinder, frühstücken! Macht hinne, sonst kommt ihr noch zu spät zur Schule!“
Es dauert eine Weile, bis sich alle um den langen Tisch versammelt haben.
„Trödelt nicht so! Nu fangt schon an mit dem Durchzählen!“
„1“, „2“, „3“, …, „5“, „6“, …
… „Aujenblick! Wo ist denn Lisa-Marie Felicitas Chantal?“
„Die macht sich noch die Näjel …“
„Ewig det jleiche! Dann muß sie heut‘ halt ohne Frühstück aus‘m Haus‘!“
… „361“, „362“, …, „364“, 365“.
„Halt, halt, wo treibt sich Karl-Theodor Nikolaus denn wieder herum?“
„?“; „?“; „? Wir sind doch hier!“
„Ich meine doch nicht euch, Karl-Theodor Nikolaus Johann, Karl-Theodor Nikolaus Jacob und Karl-Theodor Nikolaus Philipp! Wo bleibt Karl-Theodor Nikolaus Franz??“
„Ach, der …! Der ist heute früh jar nicht zurück jekommen, det Bett war janz unberührt …“
„Na, der kann was erleben! Macht der wieder den Tag zur Nacht und treibt Schabernack! Die Flausen werd‘ ich ihm schon noch austreiben!!“
„Mama, können wir noch was von den Käserinden haben?“
„Kinners, Kinners, ihr freßt einem noch die Schuppen vom Kopf‘! Seht mal zu, daß ihr selber was heranschabt! Fragt nicht immer, was die Jemeinschaft für euch tun kann, sondern fragt, was ihr für die Jemeinschaft tun könnt! –
So, Kinners, jetzt schabt schnell die Reste zusammen und schiebt ab, zur Schule, damit Mutter den Haushalt machen kann! Und jebt jut acht, daß ihr nicht unter die vermaledeiten Absätze kommt! Immer schön den Fußleisten lang! Nachts sind zwar wenijer Sohlentreter unterwegs, aber die torkeln mitunter unberechenbar!“
Bevor es nun ans Putzen der Fensterschaben geht, überkommt es mich: Ich habe einen Traum: Daß wir eines Nachts in einer besseren Wohnung aufwachen. Ich habe einen Traum: Daß eines Nachts unsere Kinder mehr Nahrung finden werden. Ich habe einen Traum: Daß eines Nachts sich uns geeignetere Wirk- und Arbeitsstätten bieten.
In der Tat, auf Dauer können wir jedenfalls hier in der Pacelliallee nicht wohnen bleiben. Seit Monaten schwärmt mein Mann davon, zu seiner Verwandschaft in die Alte Hellersdorfer Straße umzuziehen, der ewig alte Träumer. Aber Ladislaus ist ein ehrenwerter Mann!

Und siehe da, eines Morgens, wir wollen gerade schlafen gehen, kommt mein Mann nach durchzechtem Tage und teilt uns lallend mit, daß wir endlich abreisen könnten, und auf die Frage, wann’s denn losgehen soll, nuschelt er
„Das ist nach meiner Kenntnis … ist das, … ist das sofort, unverzüglich!“
Also, nüscht wie los, wa.
Auf der U-Bahnstation mächtig viel Trubel; der eine Fahrkarten-Automat kaputt, am anderen versucht jemand verzweifelt, einen Fahrschein zu lösen. Als wir endlich dran sind, wirft der uns einen zu wenig aus; hilft nüscht, U-Bahn kommt.
Die Schaffnerin, die alte Schab-racke stellt sich uns in den Weg: „Na, Sie machen ja Scherze, Sie zeijen mir hier 91 Vierfahrten-Tickets und wollen 367 Mann hoch mit! Det is‘ ja Beförderungserschleichung! Nee, nee, ohne voll jültijes Ticket komm‘ Se hier nich‘ rein! Wir sind ja keen Wohl-fahrtsverein! – nicht mehr zusteijen, zurückbleim, bitte!“ Und fort rauscht sie.
Ihr Schaben der Welt schaut auf diese Stadt! Wie man hier mit unsereins umgeht! Und „La Cucaracha“ trällernd machen wir uns zu Fuß auf den Weg …