Nebelschweben
Der Wind rauscht über die Fassade, dringt durch die Dämmung in die Holzdielen und hinterlässt einen Hauch von Kälte auf der Haut. Kaum wahrnehmbar. Vielleicht sogar eingebildet durch den Anblick des Nebels, der die Baumfront der Schrebergärten vor dem Schlafzimmerfenster in schlafende Ruhe hüllt. Durch ihn blitzt der Himmel durch, schnuppert nach Lavendel, Gemüse, Gülle und Pferdemist. Begleitet vom Krähen der zwei Hähne, die sich ihr morgendliches Duell des Stärksten liefern, löst er sich über Stunden hinweg in gruseliger Gemütlichkeit. Bis die Baumwipfel deutlich zu erkennen und kürbisorangene und zitronenkuchengelbe Blätter in ihr nächstes Abenteuer fallen.
Zu beruhigend der Anblick. Zu einladend, um aufzustehen und im Trubel des Alltags zu versinken. Wo die Natur mir doch klar macht: Bleib liegen und genieße den Moment. Ignoriere die zwei Wäscheberge auf dem Ständer, die den Blick aus einem der zwei Fenster blockieren. Dafür ist den Tag noch Zeit. Denn der Nebel schenkt beruhigende Schwere, während die Pfoten meiner Hündin träumend zuckend über die Baumwipfel jagen. Hinüber ins Feld, wo die Pferde warten. Eingekringelt liegt sie wie die Königin im Bett, weigert sich auf zustehen, den Tag zu beginnen. Genießt das Dämmerlicht im Raum und glaubt es kaum, dass sie aus zugedecktem Leben urplötzlich die Welt vor sich sieht und der Nebel ganz frech bei sich daheim im eigenen Bettchen seinen Rausch ausschläft.