Seitenwind Woche 2: Außerirdischer Aufbruch

Schuss in den Ofen

Okay, Strykyly. Du hast beobachtet, studiert, geübt. Du bist der Auserwählte. Du wirst den Kontakt herstellen! Jetzt entspann dich und machs einfach. Sprech ihn einfach an. Ganz einfach. Einfach. Wie heißt es auf der Erde so schön? Auf drei – und dann macht mans bei zwanzig noch immer nicht. Also dann. Oder vielleicht lieber die hier? Die ist nicht so groß und schaut nicht so böse. Nein, reiß dich zusammen, Strykyly! Entfernung einschätzen. Er kommt näher, näher. Jetzt oder nie!
»SCHÖNEN GUTEN ABEND! Diggah, Mashalla ist bodenlos, Junge!« Sehr gut, und jetzt der Dab mit einmal schnipsen. Jetzt auf Angriff, auf Angriff!
»Bock heute Abend zu hängen?« – reib ihm den Strick unter die Nase, noch ein bisschen mehr. Soll gut riechen. Ne, warte! Küsse die Augen! Okay, er blinzelt. Das heißt, er erwidert den Kuss. Wir sind schon fast befreundet! Das war der Eisbrecher, jetzt kommt das Dings.
»Lass Frauen aufreißen!« So, jetzt die Messer und Haken präsentieren. Ja, er öffnet den Mund. Gleich kommts!
Warte mal, warum läuft er davon? Ist das so ein Ding? Hab ich ja noch nie gesehen.
Okay, ich glaube, der kommt nicht wieder. Das war wohl nichts. Oder wie die Erdlinge sagen: Knapp daneben war auch ein Schuss in den Ofen.

Zeitlupe: Ein interstellarer Einblick

Ich hatte eine Mission und genau 25 Mal 365 Erdumdrehungen Zeit.

Die ersten Tage waren eine Tortur. Die Langsamkeit der Menschen brachte mich beinahe zur Verzweiflung. Sie bewegten sich mit einer Geschwindigkeit, dass es für mich aussah, als würden sie sich in Zeitlupe bewegen.

Ich musste mir von meiner Hauptbasis, die ich auf dem Erdtrabanten eingerichtet hatte, besondere Nährstoffeinheiten entwickeln lassen, die meinen Metabolismus und meine Bewegungsgeschwindigkeit auf Menschenniveau absinken ließen, damit ich sie genau beobachten konnte, wie sie lebten und was sie taten. Ich konnte sie studieren. Immer nur für fünf Erdumdrehungen im Stück. Niemals länger, da ich dann eine Pause brauchte, denn durch den verlangsamten Metabolismus begann sich meine Körperzusammensetzung zu verändern. Ich bekam Beulen.

Man muss dazu sagen, dass unser, mein Körper fast durchsichtig war. Schmal, humanoid, aber eben durchsichtig. Und etwas größer, als die eines Menschen. Ich war mindestens einen Kopf größer als die meisten Menschen. Mit fluoreszierenden Organen, ähnlich denen der Menschen, aber mit einem fast durchsichtig erscheinendem Quecksilber-Aluminium-Konzentrat. Dafür hatten die Menschen Blut.

Ich entwarf einen Menschenanzug aus Silikon, den ich irgendwann, als ich ein paar menschliche Eigenheiten meinte verstanden zu haben, Silvio nannte. Die Menschen neigten allgemein dazu, Dingen Namen zu geben. Was ich faszinierend fand.
Mit Silvio war ich in der Lage, mich unauffällig unter die Menschen zu mischen, ihre Gewohnheiten zu studieren und lernen, ihre Kultur zu verstehen. Ich konnte nun ihre Bewegungen nachahmen, nach langer Übung, ihre Sprache sprechen und sogar ihre Nahrung essen, auch wenn ich die Konsistenz von Pizza und die klebrige Süße von Schokolade merkwürdig fand.

Sie kauten ihr Essen, anstatt es durch Osmose aufzunehmen. Sie fuhren in metallischen Kisten herum, anstatt sich von einem Ort zum anderen per Gedankenkraft zu teleportieren. Und sie verbrachten Stunden damit, auf rechteckigen, kleinen Leuchtkästen zu starren, die sie „Smartphones“ nannten. Ich war maximal verwirrt. Und das war nur ein kleiner Ausschnitt, der wirklich, wirklich merkwürdig war.

Meine Begegnung mit dem, was ich als meinen „perfekten“ Menschen bezeichnete, war ein Glücksfall. Eines Tages, während ich in meinem Menschenanzug durch einen Park schlenderte, traf ich eine junge Frau. Sie war eine Wissenschaftlerin, klug, neugierig und mit einem menschlichen Konzept, das mich oft in Verwirrung stürzte. Sie war fasziniert von meiner seltsamen Art zu sprechen und meiner ungewöhnlichen, aber charmanten Unkenntnis über menschliche Sitten. Ich weiß bis zum heutigen Tag nicht, ob sie mir glaubte, dass ich ein Außerirdischer war, aber sie spielte das „Spiel“ mit. Ihr Name war Lisa. Ich fühlte mich auf Anhieb von ihr angezogen.

Sie nahm mich mit auf eine Entdeckungsreise durch die menschliche Kultur, von der seltsamen Praxis des „Netflix and Chill“ bis zum chaotischen und ohrenbetäubenden Erlebnis eines Rockkonzerts.

Wir verbrachten Tage damit, über die Eigenheiten der menschlichen Natur zu sprechen. Ihre Vorliebe für Katzenvideos, ihre seltsame Obsession mit Kaffee und ihre Neigung, sich in kleinen, engen Räumen zu versammeln, die sie „Bars“ nannten, um seltsame Flüssigkeiten zu trinken und laute Musik zu hören.

„Warum trinken Menschen Alkohol?“, fragte ich Lisa eines Tages. Ihre Antwort war ein Lachen und die Erklärung, dass es ihnen half, sich zu entspannen und die Sorgen des Alltags zu vergessen.
„Und warum müssen sie ihre Nahrung kauen?“, fragte ich weiter, immer noch verwirrt über die Notwendigkeit dieser seltsamen Praxis. „Es ist ein Teil des Verdauungsprozesses“, erklärte sie geduldig, „und außerdem schmeckt es gut!“ Ich versuchte, das Konzept des Geschmacks zu verstehen, aber es entging mir immer noch.

Mein Quecksilber-Aluminium-Konzentrat benötigte keine solchen Prozesse. Es versorgte mich mit allem, was ich brauchte, in einer effizienten, reibungslosen Art und Weise. Ich war in der Lage, alle Nährstoffe aus der Erdatmosphäre zu ziehen und zu verwerten.

Die Jahre vergingen, und ich begann, die kleinen Freuden des menschlichen Lebens zu schätzen. Die Wärme der Sonne auf der Haut, das Gefühl des Regens, das Lachen, die Liebe und die Gemeinschaft. Die Menschen hatten eine Art, das Leben in all seinen Farben zu erleben, die mir neu und faszinierend erschien.

Als es Zeit war für mich zurückzukehren, verabschiedete ich mich herzlich von Lisa. Sie war mittlerweile verändert, die Menschen nennen das „Altern“. Etwas, was man bei uns „temporale Desintegration“ nennt, aber wesentlich mehr Zeit braucht, als bei den Menschen. Sie gab mir eine kleine Schachtel mit Erinnerungen - Fotos, eine kleine Erdschneekugel und eine DVD mit meiner Lieblings-TV-Show „The Office“. Ich lachte an Stellen, bei den Lisa mich fragend anschaute und mir mitteilte, dass da niemand lachen würde.

Als der Tag kam, sendete ich meinen Bericht an die Zentrale. Ich plädierte für die Menschheit, für ihre Stärken, ihre Möglichkeiten und die Tiefe ihrer Erfahrungen.

Lisa stand neben mir, als ich die Nachricht absendete. Ich schaute in ihre Augen und fand mich immer mehr in die menschliche Erfahrung verstrickt. Ich liebte mittlerweile das Gefühl des warmen Sonnenscheins auf meiner „Haut“, das Geräusch des Regens gegen das Fenster und das Lachen von Lisa, wenn ich versuchte, Witze zu erzählen, die ich aus einer menschlichen Humor-Datenbank heruntergeladen hatte. Doch trotz meiner neuen Erfahrungen und der Freundschaft mit Lisa, sehnte ich mich nach der eleganten Einfachheit und Geschwindigkeit meiner Heimat.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge kehrte ich zu meinem Planeten zurück, jedoch mit einem Rucksack voller unvergesslicher Erlebnisse und einer neuen Wertschätzung für die merkwürdige, aber liebenswerte Langsamkeit des Lebens auf der Erde.

Trotz der reichen und warmen Erfahrungen, die ich mit den Menschen geteilt hatte, entschied sich die Zentrale für die Umsiedlung der Erdbewohner auf einen anderen Planeten. Ihr Planet, die Erde, wurde zu einem Rohstofflieferanten für uns.

Kooperation

Im Saal kehrte wieder Ruhe ein. Der Leiter des Experiments ergriff erneut das Wort.
„Vielen Dank, das war der erste Teil unseres Workshops. Sie haben jetzt alle in Ihren jeweiligen Gruppen ein Wertesystem für Ihren fiktiven Stamm aufgestellt. Nun kommen wir zum zweiten Teil.“ Er wies auf einen schlaksigen Mann undefinierbaren Alters, der neben ihn auf die Bühne getreten war. „Dies ist Xorb, Botschafter der Alienrasse Gumnak, deren gigantisches Kriegsschiff unerkennbar für uns um die Erde kreist. Sie sind uns technisch weit überlegen und haben die Fähigkeit, Intrigen sofort zu durchschauen. Sollten sie uns angreifen, hätten wir nicht die geringste Chance.“ Der Schlaksige schenkte der Runde ein sinisteres Lächeln und der Versuchsleiter fuhr fort: „Sie werden nur dann davon absehen, uns zu zerstören, wenn Sie, meine Herren und Damen Staatsoberhäupter, sich auf einen Ihrer Stämme einigen können, dem sich alle anderen anschließen. Sie haben drei Stunden Zeit, einen Anführer für die Welt auszuwählen, sonst ist es das Ende der Menschheit. Ihre Zeit beginnt… jetzt!“
Er trat vom Mikrofon zurück und stellte sich an seinen Moderationstisch am Rande der Bühne.

Eine Premierministerin ergriff das Wort. „Selbstverständlich müssen wir uns auf ein System einigen, in dem alle Menschen gleichberechtigt unterkommen. Wir haben die Toleranz als primären Wert festgelegt. Jeder kann bei uns den Werten seines Stammes treu bleiben, es gibt also keinen Grund, sich nicht unserer Herrschaft anzuschließen.“
„Das ist lächerlich“, schnaubte ein Präsident. „Und was ist mit Mördern und Pädophilen? Die lassen Sie wohl auch schalten und walten, wie sie wollen, was? Wer soll in einem solchen Stamm denn noch sicher sein? Da können wir uns ja gleich den Aliens ergeben!“
„Sie wollen eine Diktatur errichten, das ist kaum besser“, gab die Premierministerin zurück. „Ich habe mitbekommen, dass Sie sich beim Thema Todesstrafe die volle Punktzahl gegeben haben!“
„Herrschaften, ich bitte Sie!“, warf ein Vorsitzender ein. „Hören wir doch auf mit diesem kindischen Gezanke …“
„So, Sie finden es also kindisch, wenn man versucht, sein Land vor einer Diktatur zu schützen?“ Die Premierministerin hob eine Augenbraue und verschränkte die Arme. Der Vorsitzende schüttelte den Kopf. „Das habe ich nicht gesagt. Sie müssen sich nicht gleich so aufregen, gute Frau!“
Eine Zarin mischte sich ein: „Was soll denn das bitte heißen? Sein Sie mal nicht so von oben herab! Wahrscheinlich ist es Ihnen bloß egal, welcher Stamm gewinnt, weil sie sich ohnehin schon überlegt haben, wie Sie danach selber wieder an die Macht kommen!“
„Aber wo denken Sie hin! Ich habe nur unsere Rettung im Sinn!“
„Wer’s glaubt, wird selig …“, murmelte jemand.
„Wie war das? Sprechen Sie gefälligst lauter, oder haben Sie was zu verbergen?“
„Das müssen Sie gerade sagen!“

Der Schlaksige trat zum Versuchsleiter in den Backstagebereich und schloss die Tür hinter sich. Dann nahm er einen Finger ab, setzte die Spitze mit einer beiläufigen Willensbewegung in Brand und steckte ihn sich ins Ohr. Während er mit wallenden Nasenflügeln grüne Dampfwölkchen paffte, meinte er: „Tja, Morton, so wie es aussieht, hast du die Wette gewonnen. Ich hätte nicht gedacht, dass deine Spezies lieber euch alle opfern würden, als sich auf eine Art zu leben zu einigen. Witzig.“ Die Fingarrette leuchtete auf, als er mit seinen Ohrkiemen daran zog. Der Mensch verzog ein wenig gequält das Gesicht. „Ich habe es dir gesagt. Also … werdet ihr uns nicht vernichten?“ Xorb nickte. „Wette ist Wette.“ Morton atmete auf.

Heute ist es soweit, der zweite Schritt des drei Punkte Plans beginnt.
Nachdem ich die letzten drei Monate damit verbracht habe, die gleichen vier (langweiligen) Menschen zu beobachten, täglich Nachrichten zu lesen und auf dem geklauten tragbaren Computer stundenlang auf diesem Instagram abzuhängen, fühle ich mich nun gezwungen den ersten Punkt abzuhaken.

Das Kennenlernen der menschlichen Spezies.

Wobei ich sagen muss, dass ich mehr vom ersten Punkt erwartet hatte und hoffte damit den zweiten Punkt überspringen zu können. Aber die heilige fliegende Untertasse scheint nicht gnädig zu sein.
Der Plan sieht nämlich vor zu verstehen, wieso die Menschen sich gegenseitig im großen Stil töten. Mit Waffen, Bomben und sowas. Ich meine, wir haben auch viele Vernichtungsmaschinen…aber doch nicht um sie gegen unsere eigene Spezies einzusetzen? So dumm.
Aber noch dümmer ist… sie zerstören ihren eigenen Wohnraum. Und das sogar in dem Wissen das sie es tun. Kurzum, wir sind fasziniert von der Dummheit des Menschen und möchten genau diese Dummheit verstehen bevor wir den 3. Punkt des drei Punkte Plans einleiten.

Die vier Menschen sind eine Gruppe von Freunden Ende der 4. Dekade des Lebens und wohl schon seit zwei Dekaden befreundet. Sie treffen sich jeden Freitag in einem stinkenden Ort, indem viel zu laute schreckliche „Musik“ (so nennen sie das) läuft und sich durch eine goldene Flüssigkeit erheitern.
Ich habe entschlossen die Gestalt einer Frau anzunehmen, ebenfalls in ihrem Alter und an ihrem Stammtisch Platz zu nehmen bevor sie eintreffen - in der Hoffnung sie leisten mir Gesellschaft.

Denn heute werde ich sie ansprechen. Uff.

Oh - sie kommen.

Susi sieht mich als erste, ihre Augen weiten sich und sie gibt ein lautes schreckliches Geräusch von sich, was dazu führt, dass sich die Köpfe aller Anwesenden zu mir drehen.

Entsetzen packt mich, als die pure Panik ausbricht.

Ich renne durch die Bar auf der Suche nach einem Spiegel um festzustellen, dass ich die Gestalt der Frau leider nicht so angenommen habe, wie ich geplant hatte. Ich sollte lieber, wie bisher auch, bei den Tieren bleiben.
Die Bar ist leer und die ersten Sirenen ertönen. Das habe ich wohl verbockt.
Aber macht nichts. „Plora, gibt die Nachricht an die Crew weiter. Wir starten den letzten Punkt unseres Plans.“

Meine Wundwinkel gleiten nach oben während ich mich weiterhin im Spiegel betrachte, Zeit die Säuberung einzuleiten.

Kontaktaufnahme

Volle zwei Zyklen dieser Erde-Tage habe ich über die weibliche Variante dieser Spezies recherchiert. Die geistige Struktur war so kompliziert und komplex, dass ich sie nicht verstanden habe. Die Imitation eines weiblichen Körpers ist mir jedoch recht gut gelungen und ich probiere ihn heute zum ersten Mal aus.

01:34 h Ortszeit
Ich stehe vor einem Gebäude, welches mein Translator als „Diskothek“ bezeichnet. Hier gehen die Menschen hin, um zu tanzen und um sich kennenzulernen. Tanzen kann ich noch nicht, aber Kennenlernen bedeutet Kontakt aufnehmen und das ist mein Auftrag.

01:35 h Ortszeit
Ein männliches Exemplar kommt aus dem Haus heraus und bleibt stehen. Mit seinen optischen Organen muss irgendwas nicht in Ordnung sein, denn sein Scan geht völlig unregelmäßig von oben nach unten über meinen Körper, bleibt auf meinen Oberkörper fokussiert stehen.
Aus der leicht geöffneten Sprechöffnung kommt ein einzelner Ton.
Ich bin bestens vorbereitet und sage: „Guten Morgen!“
Die Pupillen des Männchens weiten sich und mein Translator übersetzt: „Ja, Wahnsinn!“
Ich schalte meine Gesichtsmimik auf freundliches Lächeln und sage: „Ich freue mich, dich kennenzulernen“.
Das Männchen steht leicht schwankend da. Es dauert etwas, dann spricht es wieder und der Translator meldet sich: „Sind die echt?“
Da ich die Frage nicht verstehe, schalte ich den Translator auf Gedankenmodus und erfahre, dass sich die Frage auf meine Körperteile Brüste bezieht und dass er sich wünscht, diese anzusehen.
Ich verstärke mein Lächeln, knöpfe die Bluse auf und sage: „Ja, gerne!“

01:36 h Ortszeit
Der Translator übersetzt mir den Gedankenwunsch des Männchens nach Vollzug körperlicher Vereinigung. Sofort durchsuche ich die Wissensspeicher des Planeten und erhalte eine Fülle an Informationen. Es ist effektiv, wie die Kontaktaufnahme mit diesem Exemplar verläuft.
Ich entferne meine Kleidungstücke und schlage als Position „Glücklicher Hengst“ aus der 7. Abteilung des Kamasutra-Buches vor.

01:37 h Ortszeit
Das Männchen ist geflohen. Ich weiß nicht, warum. Ich versuch’s morgen nochmal.

Exploring Gamma 7

Wir sind endlich gelandet, allerdings auf der dunklen Seite des Planeten. Unser Auftrag lautet, die möglichen Lebensbedingungen auf Gamma 7 zu untersuchen. Die Expedition verlief bis jetzt nach Plan. Wir legen die Schutzausrüstung an und verlassen unser Raumschiff.
Die CO2-Konzentration auf Gamma 7 ist geringer als bei uns, das Warnsystem meldet eine Zufuhr aus dem im Anzug integrierten Tank. Auch die Erdanziehungskraft ist geringer als Zuhause, daher schweben wir über der Oberfläche. Wir erkunden die Umgebung und nähern uns einer größeren Wärmequelle. Beim Näherkommen identifizieren wir zwei Wärmespeicher, die sich nebeneinander auf der Fläche bewegen, jedoch nicht parallel. Mal ist die größere auf der einen Seite, mal die kleinere. Das größere Objekt ist vertikal gerichtet und überragt uns um ein Vielfaches, die kleinere ist horizontal gerichtet, auch deutlich größer als wir und sehr agil. Wir nähern uns langsam.
Der Komm-Expert hat bereits eine Nachricht gesendet. Wir wissen nicht, wie die Wesen hier kommunizieren, daher versuchen wir es in verschiedenen uns bekannten Sprachen. Die Luftwellen, die das kleinere Wesen verursacht, versuchen wir parallel zu entschlüsseln. Wir erkennen, dass sich beide horizontalen Enden ruckartig bewegen. Es will offensichtlich zu uns, wird aber durch irgendwas in seiner Bewegung begrenzt. Die große Wärmequelle bewegt sich jetzt nicht mehr, sendet aber ebenfalls feine Luftwellen aus einer Öffnung am oberen Ende. Diese Luftwellen scheinen eine Kommunikationsart zu sein, doch unser System kennt sie nicht.
Wir deuten das Verhalten als positives Zeichen für eine Kontaktaufnahme. Der Komm-Expert und ich imitieren das merkwürdige Kopfwackeln und nähern uns. Ich folge dicht hinter dem Sprachgenie. Wir signalisieren eine friedfertige Annäherung. Da nähert sich ein Ende der kleineren Wärmequelle sehr schnell und nimmt den Komm-Expert in sich auf. Bevor ich entscheiden kann, ob ich ihm folgen soll, hat es auch mich erfasst. Das fühlt sich nicht sehr friedfertig an. Error … Error … Error
„Rex, was hast Du denn? Hör auf zu bellen! Du weckst noch die ganzen Nachbarn auf. Aus jetzt!“

Säugetiere

»Auch zu Besuch auf der Kugel? Was gibt’s denn hier zu sehen?«

»Ja, ich schaue mir den Homo sapiens an.«

»Homo was?«

»Homo sapiens. Man kann auch Säugetiere sagen, aber das mögen die nicht. Halten sich für besonders schlau. Manche sagen zum homo sapiens auch moderner Mensch. Aber das passt nach meinen Eindrücken überhaupt nicht.«

»Moderne Menschen sollen das sein? Ich lach‘ mich kaputt! Den Eindruck habe ich auch nicht. Komme gerade von Biden.«

»Von beiden? Und vom wem noch?«.

»Sie kennen sich aber auf der Kugel nicht gut aus. Von Joe Biden, dem Präsidenten der USA. Von dem habe ich gelernt, dass die sich für sehr modern halten. Man soll dort über alles reden können, außer über Religion, Politik und Sex.«

»Wieso?«

»Ich habe mich gestern mal kurz durch die letzten paar tausend Jahre gebeamt, um mir einen Überblick zu verschaffen. Eine einzige Tragödie kann ich Ihnen sagen.«

»Der Sex?«

»Nein, die Religionen meine ich. Nur weil verschiedene Religionen nebeneinander existieren gab und gibt es immer wieder Kriege. Ein sich über die Jahrtausende hinziehendes Töten ohne wirklichen Grund. Moderne Menschen sollen das sein?«

»Hm, und was ist mit der Politik?«

»Joe Biden wollte nicht mit mir darüber reden. Hätte eh keinen Zweck.«

»Und der Sex?«

»Ich habe seine Antwort nicht ganz verstanden, glaube ich. Er meinte, dies sei kein Thema mehr.«

»Und was schauen Sie sich heute noch an?«

»Nichts mehr, ich habe genug gesehen. Auf dieser Kugel werden wir uns nicht ansiedeln.«

»Danke, dann breche ich auch ab und fliege zurück.«

»Woher kommen Sie denn?«

»Vom Planeten HOPE«

»Und Sie?«

»Planet LESS«

In diesem Moment schauen sich die beiden, die nebeneinanderstehen, zum ersten Mal an und schmunzeln einvernehmlich.

»HOPE & LESS?«

»Vielleicht sollten wir die Plätze tauschen«, sagt der Besucher vom Planeten LESS.

»Meinen Sie, das ändert noch etwas?«

Die Anderen

Können Sie sich überhaupt vorstellen was es heißt, längere Zeit unter denen zu verbringen?
Aber ich habe es ja so gewollt! Ich musste ja schon immer meine Fühler an Dinge legen, die mich nichts angehen.
Bereits als Larve war ich neugierig. Vom Rumliegen in der Brutwabe habe ich jedenfalls nicht die vielen Kratzer auf meiner Chitinhülle.
Es erfordert schon ein hohes Maß an Geduld und Nachsicht getarnt unter ihnen zu leben, … und einen festen Magen.
Aus unserer Sicht sind sie mit Glibber gefüllte, hässliche Säcke mit einer weichen, teigige Haut von der Farbe verwesender kektobpal. Ich habe immer Angst, dass ich einmal zu fest zugreife und ihre Epidermis perforiere.
Und erst die Gerüche, die sie von sich geben!
Sie verwenden nämlich Geruchsstoffe als subliminales Kommunikationsmittel, auch wenn sie selbst davon nichts mehr wissen und nur unterbewusst darauf reagieren. Dieser Umstand allerdings wird von ganzen Industriezweigen ausgenutzt, die sich auf die Produktion von Duftlockstoffen spezialisiert haben. Und so laufen tausende, vorwiegend weibliche Wesen in Pheromonwolken der neuesten Parfümkreation gehüllt über ihre Welt.
Überhaupt, das größte Problem ist ihre Zweigeschlechtlichkeit. Ihre ganze Kultur scheint nur um die Kopulation herum aufgebaut zu sein. Egal, wo sich zwei von ihnen begegnen, schon geht das Balzen los, … oder der Revierkampf, je nachdem, ob Wesen mit gleichem oder unterschiedlichem Geschlecht aufeinandertreffen.
Wie viele Kriege sind deswegen bereits geführt worden! Was für eine Aggression daraus entspringt!
Sie selbst nennen sich oft »die Krone der Schöpfung«. Für mich sind sie die Sklaven ihrer Hormone!
Das beste Beispiel ist ein Kollege meines mimetischen Täuschkörpers. Seit ich vor zwei Wochen diese Rolle übernommen habe, darf ich tagtäglich dessen Balzverhalten studieren. Ständig versucht er, die Bewohnerin meiner Nachbarbehausung zur Paarung zu bewegen.
Deshalb lässt es sich auch nicht vermeiden, dieses entwürdigende Schauspiel persönlich mitzuerleben. Er lässt sich mindestens einmal am Tag in unserer Wohnanlage sehen, meist unter einem Vorwand. Er scheint der einzige zu sein, dem noch nicht aufgefallen ist, wie töricht er sich benimmt.
Für ein eingeschlechtliches Wesen wie mich, ist es nicht nachzuvollziehen, warum er nicht einfach zu dem Weibchen hingeht und sagt: »Ich bin deinen Lockreizen erlegen. Ich möchte mich mit dir paaren!«
Aber stattdessen lässt er sich ständig neue Gründe einfallen, um das Weibchen herumzuscharwenzeln. Der Paarungstanz der Myrtknue kann nicht amüsanter sein.
Und das Weibchen? Sie ziert sich natürlich erst einmal! Ein bisschen nonverbale Kommunikation mit den optischen Sensoren hier, ein paar gezielt platzierte Pheromone dort, dazu noch ein wenig – nicht viel, nur andeutungsweise – mit den Sitzmuskelballen gewackelt, schon benimmt das Männchen sich wie ein stammelnder Idiot!
Irgendwann werden sie dann ja doch in der Abgeschiedenheit ihrer oder seiner Behausung landen!
Oder auch nicht, … was dann wieder den Stoff bietet, der das primäre Unterhaltungsmedium durchzieht. Die Bandbreite reicht dabei von sogenannten Liebesfilmen bis zu Pseudodokumentationen, die ihre abstoßenden Paarungspraktiken detailliert zeigen. Mein Anstand verbietet es mir, näher darauf einzugehen.
Es reicht mir schon, wenn ich mit ansehen muss, wiesie ihre Münder zu einem Kuss aufeinanderpressen.
Nicht nur, was dabei an Bakterien hin- und hergereicht wird! Allein schon der Gedanke, dass mir jemand seine feuchte, schleimige Mundhöhle auf meine Nahrungsöffnung pressen würde …!
Denn das Schlimmste für mich ist dieses ständige Absondern von Flüssigkeiten! Wenn sie sich freuen, rinnt ihnen das Wasser aus den Augen. Wenn sie betrübt sind, erst recht! Wenn sie sich anstrengen, sondert ihr ganzer Körper Wasser aus!
Aber am fürchterlichsten ist es, wenn sie sich mal wieder eine Erkältungsinfektion zugezogen haben. In Tausenden von Jahren haben sie es nicht zustande gebracht, etwas dagegen zu tun. Und so werden ihnen weiterhin diese Viren zusetzen. Und ich werde weiterhin den Anblick ertragen müssen, dass ihnen der Schleim aus der oberen Atemöffnung läuft.
Aber so ist das nun mal. Wenn man als Beobachter unterwegs ist, muss man ein hohes Maß an Toleranz und Ekelresistenz aufbringen.
Ich weiß, meine Stimme ist nur eine von vielen, die über ihr Schicksal entscheidet, aber mein Votum steht fest.

Besuch aus dem All

Mit unheimlichen Getöse war das silbrig schimmernde UFO auf der außerhalb des Ortes gelegenen Wiese gelandet. Die benachbarten Bäume waren geborsten und weggeschleudert worden. Mit lautem Krachen landeten sie wieder in unmittelbarer Nähe. Die wieder eintretende Ruhe war im ersten Moment absolut. Das Knirschen des verbeulten Metalls zerstörte sie wieder, als die Tür mit Gewalt aus den Angeln gerissen wurde.

Schritte waren nicht zu hören, als ein Schatten auf die Menschen zu huschte, die in einiger Entfernung im Sonnenlicht Fußball spielten.
Wie gebannt sah er ihnen zu. Große Knopfaugen verfolgten den Ball, als er zwischen den vielen Beinen herumrollte. Noch begriff er nicht, was da vor ihm abging. So vertieft er auch in seinen Beobachtungen war, schrak er trotzdem hoch, als die Menge vor ihm zu johlen begann.
Was war denn jetzt nun wieder los?
Er wusste es nicht.
Mit schief gelegtem Kopf beobachtete er weiter, ohne zu begreifen, was diese Menschen überhaupt taten.

Er hielt den Atem an. Mit einem hohen Bogen flog dieses runde Ding auf ihn zu und schlug vor ihm auf dem Boden auf. Durch den Aufprall knallte der Ball auf seine Brust und flog wieder zurück, einem Menschenjungen vor die Füße.
Erschrocken blieb es stehen. Die Augen begannen, die Umgebung abzusuchen, und blieben auf dem fremdartigen Besucher haften.
„Wer bist du denn? Und wo kommst du her?“, erkundigte er sich in seiner Sprache, ohne zu ahnen, dass er nicht verstanden wurde.
Auch der angesprochene Besucher sagte etwas, ebenso fremdartig, wie das Kind vor wenigen Augenblicken und zeigte mit seinem langen Finger auf den Ball.
Dabei nahmen seine großen dunklen Augen einen fragenden Ausdruck an.
Der etwa achtjährige Junge schaute auf den Ball vor sich, hob ihn auf und hielt ihn dem fremden Gast entgegen.
Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.
„Möchtest du mit mir spielen?“, wollte der Knirps wissen, ignorierte das unsichere Schulterzucken seines Gegenübers.
„Komm‘ mit“, fuhr das Kind fort und schob die Hand in die wesentlich Größere des Fremden.
„Weißt du, ich bin Tim! Und ich will mit dir spielen, aber erst möchte ich dir meine Freunde vorstellen!“

Tim musste schon seine ganze Kraft aufwenden, um den deutlich größeren Gast mit sich zu ziehen. Er schaffte es irgendwie.
Doch kaum kamen Tims Freunde in Sichtweite, stoben diese beim Anblick des großen, ungelenk wirkenden Fremden mit den großen, dunklen Augen schreiend auseinander. Betroffen schaute der Junge ihnen nach und wusste im ersten Augenblick nicht, wie er reagieren sollte.
Traurig wandte er sich wieder um. „Ich werde dich Fred nennen“, beschloss Tim spontan. An seiner Stimme war zu erkennen, dass er den Tränen nahe war.
Wieder sah er zu Fred auf, auch in seinen Augen war Traurigkeit gepaart mit Unverständnis zu erkennen. Hilflos zuckte Tim mit den Schultern und vergrub sein Gesicht in der fließenden Kleidung des Fremdlings.
Der Junge merkte nicht, wie sich eine große Hand auf seinen Kopf legte und sachte darüber strich.

Ich beobachte diesen Menschen schon eine ganze Ewigkeit. Aber er ist so in seinem, ich glaube das nennt sich Handy beschäftigt, dass er überhaupt nicht mitbekommt das ich nur wenige Meter neben ihm am Fenster stehe. Ich sehe mein Spiegelbild und vergleiche mich mit ihm. Meine Augen sind definitiv größer als seine. Riesig im Vergleich. Meine Haut viel heller. Mein Kopf ist irgendwie schmaler und länger. Meine Hände zählen nur 3 Finger. Halten wir fest, der Typ da sieht wirklich seltsam aus. Ich stoße mit meinem Fuß gegen ein Gefäß. Es kippt um. Der Mensch auf dem Sofa schreckt zusammen. Er guckt nach draußen ins Dunkel und sieht mich an. Er schreit los. Ich schreie los. Furchtbar diese menschlichen Stimmen. Er versteckt sich hinter dem Sofa. Ich stehe noch immer am Fenster. Ganz ruhig. Was mache ich jetzt? So nah wie jetzt, bin ich noch keinem Menschen gekommen. Er guckt hinter dem Sofa vor. Ich winke ganz langsam, lege mein bestes Lächeln auf und sage ganz leise „Hallo“. Der Mensch kommt in langsamen Schritten auf mich zu. Er reibt sich die Augen. Nun starren wir uns an. Stille. Absolute Stille. Er betätigt den Griff der Terrassentür, den Blick weiter auf mich gerichtet. Er schiebt die Tür vorsichtig auf. Zwischen uns nichts. Er hebt seine Hand hoch, ganz langsam. Er nimmt seinen Zeigefinger und berührt meine Wange. Er nimmt die Hand wieder runter. Sein Gesicht ist jetzt fast so weiß wie meines. Ähnlicher werden wir uns wohl nie sein. Ich nehme meine Hand und lege sie auf seine Schulter. „Ruhig atmen“ sage ich, wobei ihm die Augen fast rausfallen. Er setzt sich auf den Stuhl neben uns. Ich setze mich ebenfalls. So verharren wir. Er brabbelt mit ängstlicher Stimme: „Wann erwache ich endlich aus diesem Albtraum?!“. Meine Worte darauf: „Wenn es doch nur ein Traum wäre…“.

Der fremde Gast.

Ich bin Felnor Matan, persönlicher Adjutant von Dulek Palana, des Sonderbevollmächtigten meiner Regierung. Wir waren erst kürzlich auf der Erde angekommen, um den Kontakt unserer Völker zu vertiefen und erste Abkommen zu schließen. Es war meine erste Reise zu dieser fremden Welt, knapp 100 Lichtjahre von meiner Heimat entfernt. Ich hoffte, die Seminarleiter und Dozenten, deren Veranstaltungen ich besuchen musste, um ausreichend vorbereitet zu sein, hatten mich ausreichend auf die Begegnung der dort einheimischen Spezies vorbereitet. Es gab nur einige Videosequenzen, um ihr seltsames Verhalten zu demonstrieren, zahlreiche Schilderungen und Beschreibungen sowie umfangreiche Datensätze. Und so hatte ich diese Reise mit eher gemischten Gefühlen angetreten, denn diese Wesen waren … hässlich! Sie trugen kein Fell, so wie wir Velyaner eines tragen, doch ihre Größe und Statur entsprach immerhin halbwegs der unseren. Obwohl sie in unseren Augen abstoßend wirkten, beteuerten unsere Experten, diese Pelzlosen wären uns gegenüber sehr aufgeschlossen. Sie betrachteten uns als „süß“ oder „niedlich“. Allein diese Sichtweise zeugte schon von einer ungeheuerlichen Respektlosigkeit! Man sagte uns, wir würden in ihren Augen und nach ihrem Selbstverständnis als eine katzenartige Lebensform wahrgenommen. Mit unserem kurzen, hellen und beigebraunen Fell, den schwarzen Flecken darin und der Gesichtszeichnung hätten wir Ähnlichkeit mit etwas auf ihrer Welt, dass sie als „Ozelot“ bezeichneten. Ich kam damit zu der Erkenntnis, dass diese Pelzlosen uns Velyaner mit mehr oder weniger intelligenten Tieren verglichen und ihr Auftreten uns gegenüber von dieser Einstellung geprägt sein musste. Eine unfassbare Herabwürdigung! Und mit denen sollten wir Gemeinsamkeiten finden, eine Annäherung versuchen und gemeinsame Abkommen schließen? Ich hielt das unter diesen Bedingungen für absolut ausgeschlossen! Die Verhandlungen und Treffen mit den Würdenträgern dieser Pelzlosen würden erst in einigen Wochen angesetzt und so nutzte ich die Zeit, um mir einen persönlichen Eindruck von ihnen zu verschaffen.

Nachdem ich mich in meinem Quartier hier auf der Erde eingerichtet und ein paar Tage eingelebt hatte, wollte ich mich umsehen. Ihre Städte waren ebenso hässlich, wie sie selbst, keine offenen Rundtürme und Pyramiden, keine weiten Plätze, geschwungenen Brücken, Plattformen und Übergänge, keine breiten Personenwege, die von den Wegen für die Transportfahrzeuge getrennt waren. Überall herrschte ein Chaos drangvoller Enge, alles rannte und fuhr durcheinander, der Lärm war für unsere empfindlichen Ohren schier unerträglich. Trotzdem beabsichtigte ich an diesem denkwürdigen Abend, einen ihrer Gemeinschaftsräume aufzusuchen. Sie bezeichneten solche Orte als Kneipe, Bar, Restaurant oder als eine Taverne wie diese, wo es ruhiger zuging. Also ging ich hinein, sah mich um, nahm das Ambiente als erstaunlich angenehm auf und orientierte mich kurz. Einige dieser Wesen starrten sofort feindselig zu mir herüber und ich fühlte mich direkt unwohl und wenig willkommen. Vielleicht fiel ich mit meiner bunten Toga auf? Ich unterdrückte meine aufkommende Wut darüber, suchte mir einen freien Tisch und setze mich. Im Seminar wurde uns von solchen Orten berichtet. Es würde dann jemand kommen, und fragen, was man zu essen und zu trinken wollte. So sagten sie. Also wartete ich. Die Kommunikation mit ihnen würde mir dank unserer mentalen Übersetzungstransponder kein Problem bereiten. Es dauerte. Gelangweilt ließ ich meinen Blick über Inventar und Gäste wandern. Schließlich kam eine Bedienung! Ein weibliches Exemplar dieser Menschen. „Guten Abend. Na, welch ein seltener Besucher, es ist mir eine Freude! Was darf ich ihnen bringen? Möchten sie die Karte?“ Sie fragte mich und fast hätte ich die Fassung verloren! Diese Pelzlose starrte mich aggressiv an, verzog ihre Schnauze, entblößte ihre Zahnreihen und signalisierte damit ganz eindeutig eine feindselige Haltung, die mich veranlasste, zu denken, sie wäre kurz davor, einen Angriff gegen mich zu starten! Außerdem sprach sie so schrill. Unwillkürlich fuhr ich die Krallen aus, doch ich zwang mich sogleich zur Ruhe. Die Worte meiner Seminarleiter klangen noch nach, die eindringlich darauf hinwiesen, dass das Verhalten dieser Wesen sehr widersprüchlich sein konnte. Was sie als freundliche Geste empfanden, fassten wir unter Umständen als Drohung auf. Das hier war wohl so eine Situation. „Ähm. Danke. Bringt mir bitte einen guten Rotwein.“ Rotwein! Eine der Spezialitäten von der Erde, die man, wenn auch sehr selten, auch auf Velya bekommen konnte. Viele von uns liebten dieses Getränk und gestresst von der unfreundlichen Situation, gab ich mehr mechanisch meine Bestellung auf. Wieder dauerte es eine Weile, aber dann kehrte dieses Wesen zurück und stellte mir das Glas hin. „Bitte! Zum Wohl.“ Sie machte nur wenige Worte und wirkte jetzt durchaus freundlicher, wo sie ihren Blick abwandte und ihre Zahnreihen verdeckt hielt. So saß ich da, beruhigte mich wieder und trank einige Schlucke.

Etwas später fiel mir bei meinen Betrachtungen der Umgebung ein anderes weibliches Wesen dieser Pelzlosen auf. Sie starrte nicht ständig, senkte den Blick und ihren Kopf, obwohl sie immer mal wieder suchend durch den Schankraum sah und in Richtung der Türe. Sie trank nur Wasser und saß, ebenso wie ich, allein an einem der Tische. Vor ihr lag eine rote Blume. Was es damit auf sich hatte, erschloss sich mir nicht, aber sie machte einen angenehmen, ruhigen und freundlichen Eindruck. Mit ihr, so hoffte ich, konnte ich möglicherweise ins Gespräch kommen, um einen ersten Kontakt mit diesen Wesen selbst zu erleben. So nahm ich mein Glas und ging herüber zu ihr. „Entschuldigt. Ist hier noch frei? Natürlich nur, wenn ihr erlaubt.“ Ich trug meinen Wunsch vor, leise und verhalten, wie es unsere Art ist. Sie sah erschrocken auf, doch nicht lange genug, um aggressiv zu wirken, sie wandte ihren Blick direkt wieder ab und sah sich im Raum um, wobei sie etwas unruhig und nervös wirkte. „Ja. Ja. Meinetwegen.“ Ihre unschlüssigen, hastig gesprochenen Worte nahm ich als Zustimmung und setzte mich. Sie sah mich an und lächelte flüchtig, dabei entblößte sie nicht ihre Zähne! Sie trat mir also keinesfalls abweisend gegenüber, das gefiel mir. Offenbar waren doch nicht alle von den Pelzlosen so grob und ungehobelt. Doch da kam wieder diese penetrante Bedienung! „Ach. Sie haben sich umgesetzt? Warum haben sie nichts gesagt? Aber meinetwegen auch das! Darf ich noch etwas bringen?! Etwas zu essen vielleicht?!“ Sie fragte, diesmal jedoch wesentlich freundlicher, denn sie starrte nicht, sondern sah nur kurz zwischen ihr und mir hin und her. Auch fletschte sie nicht wieder so aggressiv die Zähne. „Darf ich euch zu einem Rotwein einladen?“ Ich fragte mein Gegenüber. Die Pelzlose wirkte zunächst unschlüssig. „Doch. Ja. Jetzt, wo mein Date mich ohnehin versetzt hat. Warum nicht.“ Dann stimmte sie zu, lächelte kurz und sah zur Bedienung. „Etwas zu essen?!“ Die fragte nochmals nach, deutlich sachlicher als zu Anfang. „Nein. Später vielleicht.“ Ich lehnte ab und auch mein Gegenüber wollte nichts. Die Bedienung entfernte sich sogleich wieder. „Darf ich fragen, was ihr damit meint? Date? Versetzt? Hattet ihr hier auf einen Teleportvorgang gewartet?“ Irgendwie hatte ich jetzt etwas Dummes gesagt, denn sie lachte hell auf. „Nein! Ich wollte mich mit jemandem treffen, aber der ist nicht gekommen. Sie sind nicht von hier, sie können das nicht wissen, aber so lernen sich einige von uns Menschen näher kennen.“ Sie steuerte damit eine wichtige Information bei, die ich mir unbedingt merken musste. Auch ich musste lachen über dieses bizarre Missverständnis. „Sie sind ein Velyaner. Es sind schon einige von euch auf der Erde, aber jetzt sehe ich einen zum ersten Mal aus der Nähe. Schon verrückt.“ Sie sprach dieses Thema an. „Ja. Mir geht es nicht anders. Ich treffe zum ersten Mal so direkt auf einen … Menschen.“ Ich war erleichtert, dass wir eine Gemeinsamkeit gefunden hatten, die unsere Kommunikation ganz sicher erleichtern würde, denn ich wollte unbedingt mehr erfahren. „Ich darf mich vorstellen. Ich bin Felnor Matan, persönlicher Adjutant des Sonderbevollmächtigten unserer Regierung.“ Sie sah mich kurz an und richtete ihren Blick sofort auf die Bedienung, die mit dem Rotwein kam. Ich konnte das verstehen, denn eigentlich wollten wir jetzt nicht gestört werden, da konnte auch ich nur einen starren, aggressiven Blick auf sie werfen, um meinen Unwillen zu bekunden. Offenbar verstand sie es. „Zum Wohl.“ Sie stellte die Gläser ab und ging sofort. „Es ist mir eine Freude. Ich bin Elenor Wilson, erste Capitanin der TFS Sumatra. Vielleicht sind sie ja mit meinem Schiff zur Erde gefahren? In drei Monaten beginnt mein nächster Dienst, dann fahre ich den Kurs erneut.“ Auch sie stellte sich vor und ich war nun selbst erstaunt. „Ja. Wir fuhren mit der TFS Sumatra zur Erde. Vor etwa drei Wochen.“ Sie lachte und ich fiel darin mit ein. Sie also kommandierte dieses mächtige Schiff und wir fuhren mit ihr. Was für seltsame Wendungen das Schicksal doch bereithält!

Wir saßen noch länger an diesem Abend beisammen und unterhielten uns. Erst viel später gingen wir auseinander, doch trafen wir uns in den Tagen danach noch öfter in dieser Taverne. Inzwischen sind wir gute Freunde geworden und jetzt, nach drei Monaten auf der Erde, kehre ich zurück nach Velya, um einige private Angelegenheiten zu regulieren. Elenor kommandiert auch diesmal wieder die TFS Sumatra. Wir werden gemeinsam einige Tage auf Velya verbringen und ich werde ihr meine Welt zeigen und sie noch intensiver mit den Eigenarten meines Volkes vertraut machen. Nur Gefährten werden, das können wir leider nicht, obwohl wir es uns wünschen würden. Außer natürlich, wir fahren auf die großen Stationen weit jenseits der Grenzen unserer Galaxie, die in den Gebieten des bekannten Universums liegen, wo die reformierte Gesetzgebung gilt und es erlaubt. Vielleicht machen wir das ja auch irgendwann, wenn ihr Versetzungsgesuch nach Nefkhet, einer dieser Stationen, genehmigt werden sollte.

Talentierter Sternarier

Was hat das zu beuten?
Meine Güte, gestern sahen die Menschen in diesem Ort noch „normal“ aus. Was bedeutet hier schon normal? Auf der Erde! Naja, ich gebe zu, für unsere Lebensverhältnisse in der Galaxie für talentierte Sternarier benötigt man all den überflssigen Schnick-Schnack nicht. Wir schweben durch Gedankenübertragung, wir kommunizieren durch Gedankenüberragung, wir sind Gedankenübertragung. Jetzt stecke ich vollkommen materialisiert in dem Erdkostüm und frage mich, wie die Lebewesen es hier aushalten, mit all dem Druck aus der Luft, dem ständigen Kontakt mit dem Erdboden? Ich durfte mich für eine Erscheinung entscheiden, entweder Mann oder Frau, ich habe mich für eine Frau entschieden. Wie ich aussehe! Grässlich! Was soll´s, ist ja nur für einen kurzen Ausflug auf diesem irren Planeten.
Ich habe mir eine Person ausgesucht, um mit ihr in Kontakt zu treten. Ein besonders hässliches Exemplar: Frau - 35 Erdenjahre alt - bewohnt mit einem Mann ein Haus - unterhält zwei Erdenkinder. Sie nennt sich Lydia Lange - einfalltslos. Gestern war sie blond, langhaarig, rosa Gesichtsfarbe, blaue Augen, blaue Hose, grüner Pullover. Heute hat sie sich verwandelt: grau-silberner enganliegender Anzug, eine Gummischicht bedeckt ihren Kopf. Wozu? Ihre Kinder rennen durch die Straßen mit anderen Kindern, alle sehen heute anders aus, tragen Masken, Haarperrücken, klingeln an den Türen, rufen: Süßes oder Saures! Egal! Ihr Mann ist nicht da, mit dem vierrädrigen Mobil unterwegs.
Ich beobachte ihr Haus. Jetzt stehen drei fremde Kinder vor ihrer Tür, drücken auf einen Knopf. Sie öffnet die Tür. Ich spitze meine Erdenohren und höre: Süßes oder Saures! Ich höre sie lachen, sie gibt den Kindern etwas in den Beutel, den sie ihr hinhalten. Warum?
Meine Stunde für den ersten Kontakt kann ich nicht mehr verschieben, in Kürze entmaterialisiere ich mich und schwebe zurück in meine Galaxie. Jetzt oder nie, die Kinder sind gegangen, die Tür wieder zu.
Tapp - Tapp - Tapp bewege ich mich zum Haus hin, drücke auf den Knopf, höre ein Ding Dong. Absurd!
Die Tür öffnet sich. Warum trägt sie diese haarlose, silbernfarbene Gummmimaske? Anstellte ihrer Augen sind zwei große scharze Flächen in Salinoform mit jeweils einem kleinen Loch darin. Sie schaut mich aus diesen Löchern heraus an. Ihr Mund verbirgt sich hinter einem schmalen schwarzen Strich, den sie nicht öffnen kann. Wie nimmt sie denn hiermit ihre Nahrung auf? Was soll ich sagen?

Süßes oder Saures!

Na Hallo, da hat sich aber jemand vergessen zu verkleiden.

Wie bitte?
Ich schaue an mir herunter und finde mein Erdenkostüm sehr gelungen. Hat sie mich enttarnt?

Naja, sie haben sich nicht verkleidet.

Warum sollte ich?

Weil Halloween ist. Außerdem klingeln die Kinder und nicht die Erwachsenen.
Wo kommen sie denn her, dass sie das nicht wissen?

Oh, ich komme aus der Galaxie für talentierte Sternarier.

Hahahaha, zu lustig. Und da sehen sie aus wie sie? Wie Menschen? Da hat ihnen wohl die Fantasie für ein passendes Kostüm gefehlt.

Nein, dort ist man körperlos, man besteht nur aus Gedanken.

So ein blödsinn.

Wie bitte, blödsinn? Was glauben sie denn, wie man dort aussieht?

Na ist doch ganz klar, so wie ich heute! Ich habe doch das Ausserirdischen Kostüm an.

Das ist eine Beleidigung! So sehen wir doch nicht aus!

Ja, wie seht ihr denn dann aus?

Transparent und je nach Gedankengefühl in einer anderen schimmernden Farbe, auch unsere Form können wir verändern, wir schweben, wir verbinden uns, wir sind pure Gendankenenergie.

Macht ja nichts. Sie sind lustig, tolle Idee mit ihrer Geschichte. Wissen sie was, ich habe einen hellgrünen, transparenten Stoff. Eigentlich wolte ich daraus mal eine Gardine für das Wohnzimmer nähen. Warten sie mal, ich hole es und dann können sie sich darin einhüllen.
Welche Gedankengefühl drückt den hellgrün aus?

Ehe sie mit ihrem verstaubten Stoff wiederkommt, bin ich schon längt auf dem Weg zurück. Das nächste Mal kann ein anderer talentierte Sternarier sich hier materialisieren und bestimmt nicht an Halloween.

Die letzte Prüfung

Das Gefühl der Erleichterung übermannte sie beinahe. Das Ergebnis der neunten Prüfung stand auf ihrer Netzhaut. Fünfundneunzig von hundert Punkten. Wieder ein herausragendes Ergebnis, das Achte nun. Sie war meilenweit vor den anderen Kandidaten und fast am Ziel ihrer Träume. Sie würde ihr eigenes Raumschiff bekommen und die Herrin über ein paar tausend Soldaten und dem guten Dutzend persönlicher Sklaven werden. N’dringan’ghila die Dritte, Tochter der An’gren’thela, Herrscherin über Talimor. Ein verdammt langer Name, den sie da wie ein Banner herumtrug, aber er bedeutete nicht wirklich viel. Sie war nur eine von knapp zehntausend Töchtern ihrer Mutter, aber wenigstens war sie privilegiert in dieser grausamen Gesellschaft. Das Militär hatte sie, wie alle ihrer Geschwister, mit offenen Armen aufgenommen. Es war kein schlechtes Leben, so ein Dasein als Soldat der Philinx. Meist schipperte man irgendwo in der Galaxis herum und Kriege waren selten. Es könnte genug sein, aber in ihr brannte der Ehrgeiz. Sie wollte ein Offizier werden, ihr eigenes Kommando bekommen, sich einen eigenen Namen machen. Vielleicht einmal in der Zukunft selbst die Herrscherin über einen der eroberten Planeten sein können. Deshalb hatte sie sich für den harten Wettkampf gemeldet.

Es war der einzige Pfad nach oben für einen normalen Soldaten. Zehn zufällige Prüfungen musste man ablegen. Nicht weniger als ein herausragendes Ergebnis in acht der Prüfungen war notwendig. Es war so angelegt, dass es nicht zu erreichen war. Man blieb dann für immer ein einfacher Soldat, hatte nichts gewonnen und nichts verloren. Außer vielleicht ein paar Körperteile und etwas Selbstvertrauen. Versagte man allerdings in einer der Prüfungen, musste man vier Monate in der Arena überleben, um überhaupt wieder in den Rang eines Soldaten zurückkehren zu können. Was so gut wie unmöglich war. Das Spektakel der tödlichen Kämpfe zur Unterhaltung des versklavten Volkes musste ja irgendwie am Leben gehalten werden.

Ein Blick auf den Timer sagte ihr, dass sie nicht mehr viel Zeit für den letzten Test hatte. Diese Prüfung schien ungefährlich zu sein. Sie musste einen Planeten namens Erde infiltrieren, sich für einen Tag unerkannt unter das Volk mischen und mindestens ein längeres Gespräch mit den lokalen Lebewesen führen. Das konnte ja nun wirklich kein Problem sein für jemand von ihrem Kaliber. Während sie sich auf den Weg zum Teleportationsportal machte, scannte sie die vorliegenden Informationen. Die lokale Lebensform war relativ primitiv, ging auf zwei Beinen, beherrschte so etwas wie Sprachen und verfügte über rudimentäre Technologie. Sie überflog deren Informationsnetzwerke so gut es ging und stieg dann in die Kammer. Sekunden später stand sie in einem dreckigen Hinterhof neben ein paar blauen und schwarzen Tonnen, die einen üblen Gestank verbreiteten. Es war an der Zeit sich unter das Volk zu mischen.

Zuerst einmal musste sie sich unsichtbar machen. Acht Milliarden Bewohner, davon knapp drei Milliarden aus zwei Volksgruppen. Natürlich würde sie sich als eine von denen tarnen, Anonymität in der Masse suchen. Ihr Körper verwandelte sich in eine junge Frau und er generierte die passende, farbenfrohe Kleidung einer Inderin. Ein kurzer Blick auf ihre dunkle Haut, die langen schwarzen Haare und den traditionellen Sari ließ sie zufrieden mit der Zunge schnalzen. Das war schon mal sehr gut gelungen.

Jetzt also kam die nächste Herausforderung. Sie war noch nie auf zwei Beinen unterwegs gewesen. Zum Glück hatte sie in den Informationsnetzwerken die passenden Anleitungen gefunden. Sie drückte ihr Rückgrat durch, hob ihren Kopf und dann schritt sie sorgsam Fuß vor Fuß auf einer gedachten Linie setzend aus dem Hinterhof. Es musste ein verdammt gute Imitation der Vorbilder in dieser Sendung namens Germany’s Next Top Model sein, so verblüfft wie sie die Menschen auf dem großen Platz anstarrten. Hatte sie etwa einen Fehler in ihrem Aussehen gemacht? Oh Gott, sie hatte doch nicht etwa vergessen ihren langen Schwanz zu verbergen? Nein, nein, sie beruhigte sich schnell wieder. Es lag bestimmt nicht an ihr. Vielleicht war das hier einfach das falsche Publikum?

Ihr Blick glitt neugierig über die Ansammlung krudester Gestalten. So etwas hatte sie nicht in dem Vorschaumaterial gesehen. Da waren Menschen in seltsamer Kleidung, sogar welche die spitze Hüte aus einem glänzenden Material auf dem Kopf hatten. Viele trugen Schilder an hölzernen Stäben oder bunte Tücher durch die Gegend und manche skandierten lautstark einfache Sätze und Worte. Zumindest letzteres hatte sie in einem Beitrag über einen lokalen Wettkampf namens Fußball gesehen. Es schien ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen und half dabei ein uniformes Mitglied der Gruppe zu werden. Nun, das konnte sie sicherlich für ihre Zwecke nutzen.

Eine Gruppe martialischer Menschen in dunkler Kleidung ging gerade lauthals grölend vorbei und sie stimmte in ihren Kanon ein.

„Deutschland den Deutschen! Ausländer raus!“

Eines der weiblichen Mitglieder der Gruppe drehte sich zu ihr um und blickte sie mit großen Augen an.

„Echt jetzt? Willst du mich verarschen?“

Oh, da war sie! Die Gelegenheit für eine Konversation. Und sie wusste genau was sie jetzt tun musste. Auch dafür hatte es einen Film gegeben. Sie hob ihre rechte Hand und machte eine komische wackelnde Bewegung.

„Hi, Barbie! Das ist der beste Tag heute!“

Der Mund der jungen Frau vor ihr öffnete sich, aber kein Ton kam heraus. Telepathie? Nein, sie konnte nichts spüren. Die junge Frau stupste einen ihrer Begleiter an. Er war groß gewachsen, bullig und… oh, er hatte keine Haare auf dem Kopf! Davon hatte sie gehört. Vielleicht konnte sie das Eis mit einem kleinen Tipp brechen?

„Ich empfehle Alpecin mit Koffein. Das beugt erblich bedingtem Haarausfall vor!“

Das Gesicht des Mannes verzog sich zu einer Fratze und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Der kleine Helfer in ihrem Kopf blendete dunkelrote Warnungen auf ihre Netzhaut. Das musste ein Zeichen von Aggression sein. Automatisch scannte sie die gespeicherten Informationen zu passenden Verhalten. Ja, dieser Rap auf Youtube könnte die passende Antwort liefern.

„Mein Ein- und Auf- ist dein Ab- und Ausstieg
Allzeit bereit Dicka, eingestellt auf Krieg
Ihr seid Lutschers die schauspiel’n
Und ihr haltet das Maul weil ihr wisst, dass die Faust fliegt“

Die Wirkung war nicht ganz die erhoffte. Die Faust flog tatsächlich, allerdings nicht ihre. Der Treffer auf die Nase war überaus schmerzhaft. Diese menschlichen Körper schienen nicht gerade viel abzukönnen. Die nutzlosen Beine knickten weg, als sie noch mehr Schläge und Tritte mit diesen komischen Lederteilen an den Füssen bekam. Die Alarmmeldungen auf ihrer Netzhaut blinkten mittlerweile frenetisch und rechts näherte sich eine Prozentzahl rasend schnell der Null. Das war unverkennbar der Indikator für ihre Lebenspunkte.

Der grelle Blitz der Teleportation kam nicht unerwartet. Die Prüfer wussten, wann sie die Notbremse ziehen mussten. Aber so wirkliche Erleichterung wollte nicht aufkommen. Ihre acht Beine flogen über den dicht bewachsenen Boden der Arena, während eine Meute geifernder Raubtiere sie verfolgte. Wie hatte sie bloß so blöd sein können und die Falle übersehen können? Keine der Prüfungen davor war trivial gewesen. Sie hätte nur mehr nachforschen müssen und dann hätte sie bestimmt irgendwo den Hinweis gefunden, dass die Menschen einen untrüglichen Radar für die Philinx hatten und so mühelos ihre perfekte Tarnung durchschauen konnten!

•Die Meisterfrage

Ich zog an der Bong, nicht so fest, sonst qualmt es mir wieder zwischen den Metallplatten hervor. „Ohh, geiler Stoff“, meint Frederic und zieht nochmals tief durch. Auf seinem Laberknochen, diesem komischen Ding, drückt er prustend den Serienauslöser, er hustet, spuckt dabei Qualm. Das döfste Foto der Serie postete er direkt auf Insta. Jetzt ist Frederic der Held, wieder wichtig. Da kommt gleich der erste Kommentar: „goil Alder!“ Mein Mut sinkt weiter herab, ich bin am Verzweifeln.

Zu viel Zeit verlor ich bei unwichtigen Geschehnissen. Erdlinge betrinken sich und nennen es Feiern. Oder sie schneiden jährlich in der kalten Jahreszeit junge grüne Bäume für ihre Wohnstuben ab. Hören sie nicht die Kinderbäume ob des vorzeitig geraubten Lebens schreien? Ein Ritual ohne Sinn.

Selfie posten wie Frederic sei narzisstisch, hab ich gelesen, Ich poste, also bin ich, egal wie dümmlich? Ein Gefühl das ich nicht verstehe.

Menschlinge brauchen Wasser und Luft, aber sie vergiften es. Mit lautem „Juhu“ ziehen sie jubelnd in Kriege ihrer Regierungen. Und kunterbunte Moderegeln, ein heillos kompliziertes Thema, getoppt nur noch von diesem Beziehungskram zwischen Erdmännchen und Erdfrauchen, unbegreiflich, das Gewese, das Gehabe damit! Bitte was sind Gefühle? Das kapiere ich nicht, ich kann das nicht, das fühlen. Weil das keine logischen Gedanken sind.

Jeschua sagt mir dereinst bei meiner Suche in Jordanien: „Erdlinge lieben die Qual, ein Gefühl ohne Nutzen.“ Wie Recht er hat!

Mein Planet heißt ZEON-L.72, bei uns ist Zeit relativ, Logik wichtig und eigene Kristalle lebensnotwendig. Eine ansehnliche Menge von Kristallen funkeln derzeit schon aus meinem Solarplexus, baldigst möchte ich auch ein Meister sein.

„Die dicke Bibel ist das wichtigste Erdlingswerk, 2000 Jahre alt und wird dort trotzdem noch immer studiert“, sagte mir mein Zen-Taurio-Meister.

„Hier, lies diese Stelle: Die Göttin erschuf die Menschen nach ihrem Vorbild, als Frau und Mann wurden sie erschaffen (Genesis 1,27)“.

Klar, danach schuf das erste Menschenpaar weitere Menschen, wurde zum Selbstläufer auf Erden.

Neuerdings behaupten die Erdlinge jedoch das Folgende: „Wir stammen vom Affen ab“. Dafür fuchteln sie mit Beweisen und Berechnungen herum.

Meinen Meister erzürnte seit langem diese unlogische Behauptung!

„Bringe mir die Antwort auf folgende Frage“, wies mich mein Zen-Taurio-Meister an: „Wenn die Affen den Menschen erschaffen haben, warum geschah das nur einmal? Warum geschah es danach niemals wieder?“

So nahm ich die mir bestimmte Meisterfrage an, der neue Kristall in Bälde schwebt dicht vor mir. Allerdings, wenn es schief geht, hätten wir einen Planeten weniger.

Die Erdenzeit schrieb das Jahr 1847, ich landete sanft in Frankfurt, ein großes Zentrum. Dem Johann Wolfgang von Goethe fiel ich fast vor die Füße, wir freundeten uns an. Er schien mir der perfekte Mensch zu sein. Meine Kristalle strahlten ihn an, so begrüßen wir uns auf ZEON-L.72. Er selbst indessen schien keinen zu haben, dennoch, er war ein kluger Kopf für die hiesigen Verhältnisse.

„Bitte Goethe, lass uns was Energetisches aufnehmen“, ich lud ihn zum Essen ein. Neugierig kam er mit, war ich ihm doch bis dato ein bisschen fremd. Mich hungerte, in der Nähe gab es leckere frische Eisenbahnschienen. Ich brach uns zwei Stücke heraus und kaute bereits auf meinem, als Goethe mich vom Gleisbett wegriss.

„Tuuuut“, wutschnaubend kam ein Monster mit dunklem Rauch auf uns zu, ich glaube, wenn ich Furcht gekannt hätte, wäre das ein guter Moment dafür gewesen. Goethe erblasste und erklärte mir lakonisch: „Wir essen auf dem Planeten andere Mahlzeiten.“ Aha.

Trotz nächtelanger Diskussionen brachte er mich nicht weiter in meiner Suche. Weil Goethe keinen Kristall im Solarplexus trug, verließ er mich nach einiger Zeit. Für immer.

Viele Jahre lang wanderte ich durch die Zeiten. Derweil hatte ich viel begriffen, gesehen und gelernt, von diesen seltsamen, sich widersprechenden Erdwesen. Nur, wo bleibt meine Antwort? Sogar beim Dabbing suchte ich hilflos in den Paralleluniversen danach. Hier bin ich ebenfalls mit meinen psionischen Fähigkeiten am Ende!

Die Antwort bleibt unauffindbar. Ich bekam sie nicht im Zoo, nicht in der Wissenschaft, nicht in Rom beim Papst, nicht bei meinen geheimen Gehirnanalysen und nicht auf den unterschiedlichen Kontinenten.

Täglich schob ich das profane Menschlingswissen per apokalyptischem Ferndenkens nach ZEON-L.72. Die irdische Technik ist ja noch unbedarft und leicht zu durchschauen, wir sind da fortschrittlicher.

176 Erdenjahre suche ich DIE Antwort. Die Zeit drängt sehr, mein Zen-Taurio-Meister ist beachtlich ungeduldig.

Meine tägliche Antwort: ich weiß es nicht. Die Erde ist eine Scheibe, ich sehe ihr Ende.

Die Zeit läuft ab, es verbleibt ein Tag.

Die Unzufriedenheit beim Meister auf ZEON-L.72 ist gewaltig. Keine Antwort, keine Rettung. Im Sternennebel und beim Gravitationskollaps wird sie verpuffen, die Erde.

So ist es bestimmt!

LETZTER AUFRRUF AN EUCH ERDLINGE: „WISST IHR WARUM DIE AFFEN DEN MENSCHEN NUR EINMAL GESCHAFFEN HABEN?“

Zurück zur Erde

Ich gehe die Straße entlang. Doch irgendwas stimmt hier nicht. Alles sieht anders aus als noch vor einem Zyklus. Die Straße ist nicht mehr aus einzelnen Steinen, sie besteht aus einem einzigen Band. Auch die Häuser sehen anders aus, sind nicht mehr die kleinen, einstöckigen Bauten die ich kenne. Kein Planet kann sie so schnell ändern. Erst vor einem Zyklus haben wir sie erst entdeckt, diese „Erde“. Ich wurde damals hergeschickt um sie zu erkunden, die Bewohner, die Landschaft und die gängigen Sprachen kennen zu lernen. Nun bin ich zurück um den Vertrag auszuhandeln. Ich gehe weiter. Der Zylinder rutscht mir in die Stirn, ich rücke ihn zurecht. Das bringt alles nichts, so werde ich das Regierungsgebäude niemals finden. Ich sehe drei junge Männer auf einer Treppe sitzen, gehe auf sie zu. Mein Gehstock klappert auf der Straße.
„Guten Abend die Herren. Würden Sie mich zum Amtsgebäude geleiten? Die Stadt scheint sich seit meinem letzten Besuch gewandelt zu haben.“
„Und wann soll das gewesen sein? Vor 1000 Jahren?“, trällert einer der Männer, die anderen lachen.
„Seht euch den Hut an! Haha.“
„Und diese Linse in seinem Auge! Haha.“
„Das ist ein Monokel, du Schwachkopf!“, der Sprecher begleitet seine Worte mit einem Klaps auf den Hinterkopf des anderen. Wieder lachen alle drei. Komisch, dieses Verhalten.
„Kommst du von einem Theater?“, fragte der eine nun etwas ernster. Ein Wort das ich nicht kenne, dieser Auftrag scheint komplizierter zu sein als Gedacht.
„Nein junger Herr. Ich komme nicht aus dem Theater. Ich bin ein Peuraner, hergereist aus der benachbarten Galaxie. Ich bin hier für Verhandlungen mit eurem König und den wichtigsten Grafen des Landes. Letzten Zyklus schienen sie sehr interessiert sich unserem abkommen anzuschließen. Nun hatte sie genug Bedenkzeit, heute soll das Abkommen besiegelt werden.“
Schallend lachen sie. Beruhigen sich nicht mehr. Japsen nach Luft. Halten sich die Bäuche. Habe ich was falsches gesagt?

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Ich mag die Kälte am frühen Morgen, das frische Beißen auf der Haut zu spüren. Wach werden, die taube Benommenheit des Schlafes abschütteln.
Vom Haus bis in den großen Garten sind es nur wenige Schritte. Im Grauen des Morgens ist der Weg kaum zu erkennen; Gewohnheit führt im Traumwachen die Füße. Mit der einen Hand halte ich den Bademantel verschlossen, mit der anderen den heißen Kaffeebecher. Letze Nacht musste es geregnet haben, da der Rasen nass ist und sehr ruuttsscchhiiggg.
Im Fallen vergeht die Zeit anders.
Bruchteile eines Moments formen sich zu Minuten, bleiben aber kleine Sekunden. Die letzten Traumfetzen der Nacht nehmen dem Schmerz des Aufschlagens etwas an Schärfe; der größere Rest verteilt sich aber großzügig auf Brust und Gesicht. Weicher Rasen ist mein Glück heute.
Ich hebe den Kopf, versuche Raum und Zeit wieder in Einklang zu bringen. Huste, spucke Rasenhalme und nasses Laub aus; verabscheue den erdigen, schmutzigen Geschmack im Mund. Langsam, zu langsam ebbt der dumpfe Schmerz in mir ab, Welle um Welle. Bleibe liegen, sammle Kraft, Atem, um wieder aufzustehen.
Im nahen Gebüsch ein Rascheln. Laut, sehr laut. Und wieder. Lauter.
Ich drehe meinen Kopf in die Richtung der Geräusche und sehe schemenhaft eine Gestalt. Was ist Busch, was ist Körper? Die Formen sind nicht klar zu trennen, das Licht, wie die Stunde, noch zu blau.
„Nalusha lumaire resomina eisar miraluna.“ Ich verstehe kein Wort, bin immer noch benommen, dumpf, zwischen Schlaf und Schmerz.
Wieder: „Nalusha lumaire resomina eisar miraluna.“ Jetzt höre ich es sehr deutlich. Die melodiöse Stimme kommt aus dem Gebüsch, ähnelt mehr einem Singsang.
„Äääoooccchhh,“ rufe ich, im Versuch Hallo zu sagen. Und wieder: „Nalusha lumaire resomina eisar miraluna.“ Mich durchfährt plötzlich ein wohliges Gefühl von Wärme, ausgehend vom Bauch, in Kopf und Beine. Die gesungenen Laute ergeben nun einen Sinn, formen sich zu Bildern, zu Gedanken: „Freundschaft, Licht und Reise im Universum sind von großer Schönheit!“
„Zorlakara zilaxion Galaxia! Zilkara zurion menxarishta terakion.“ Ich weiß nicht weshalb, bin mir aber sehr sicher, dass es so viel bedeutet wie „Grüße, Bewohner der Erde! Eure Menschheit ist ein faszinierendes Phänomen in Galaxia.“
„Uuaahh,“ stöhne ich und meine damit fragend Galaxia.
„Nalusha neimeira risola?“ entgegnet es mir.
Auf die Frage nach meinem Befinden will ich langsam beginnen eine Antwort zu denken, als eine Bilderflut voll mit Melodien in meinen Kopf strömt: „Leben ist kein Wettbewerb. Leben ist Entwicklung. Gemeinsam, nicht gegeneinander. Das Nichts ist voller Kälte, das schwarze All im Sein, einer Weite, die im Verständnis nur der Endlichkeit vom Tod gleicht. Und doch ist alles nah, Ende und Anfang. Gemeinsam, miteinander ist Wärme, ist Fortschritt. Veränderung fühlt sich kalt an, ist gemeinsam im Miteinander doch Wärme. Nie Einsamkeit als Menschheit. Du bist nie allein. Leben ist Veränderung, ist,“
Die Abbilder in mir stoppen plötzlich, ertrinken in einem Lichtmeer. Überall ist blitzartig nur Helligkeit; alles ist jetzt klar zu sehen, Objekte besitzen wieder ihre vertrauten Formen. Rasen, Büsche, Bäume, Zaun, Garten.
Ich stehe langsam auf, nehme dabei die Hände zur Hilfe, stöhne leicht und gebe mir einen Ruck, um wieder zu stehen; richte mich gänzlich auf. Das Haus hinter mir ist hell erleuchtet, die Familie wach. ‘Schaue an mir herunter, bin voller Dreck; klopfe Rasen und kalte Laubblätter ab. Meine Hände sind plötzlich ganz feucht, feuchtwarm. Ich rieche nach Kaffee, bin voller lauwarmer Kaffee. ‘Schaue zum Gebüsch, schüttle den Kopf, um die letzte Benommenheit zu vertreiben; spüre jetzt deutlich das frische Beißen der Kälte am Morgen, wie es die wohlige Wärme aus mir heraus reißt, gierig von mir frisst, das Grauen am Morgen.
Die Neugier gewinnt. Ich will wissen, ob ich einem Traumtrug erlag oder einfach das Reale nicht greifen kann. Langsam nähere ich mich dem Gebüsch, kann endlich alles sehen, suche nach einer Gestalt; etwas das am Boden hockt, das Licht scheut.
„Hallo, ist das wer?“ rufe ich leise ins Gebüsch, um niemanden zu erschrecken.
Nichts.
Keine Antwort.
Im Gebüsch ist nichts.
Nur Leere, die Einsamkeit kultivierter Natur. Und ein vertrauter Kaffeebecher.
Ich fröstle, schaudere beim Gedanken an das Erlebte und bin mich nicht sicher, ob die Gänsehaut davon oder von der frühen Kälte stammt. Ich bin jetzt wach, voller Aufregung. Ich habe die Stimme gehört, ich bin mir so sicher, die fremden Worte, die wohlige Melodie, die Bilder, das Tanzen im Kopf gefühlt. Aber da ist nichts im Gebüsch. Den Kaffeebecher hebe ich auf, schüttle verneinend den Kopf und schlürfe in Richtung des Hauses; immer bemüht die Hausschuhe nicht zu verlieren. ‘Muss mich jetzt sputen, duschen, anziehen, ins Tagwerk starten. Kurz bevor ich die Haustür erreiche, fasse ich den Vorsatz morgen früh höchstens auf die Terrasse zu gehen; die künstlichen Rasenläufer sind rutschfest, sehr vorteilhaft und kurz bevor ich die Türklinke anfasse, drehe ich mich noch einmal um, blicke suchend in den Garten, weile mit dem Blick beim Gebüsch, will dort eine Gestalt sehen, will mich unterhalten, so viele Fragen, so viele Zweifel. Es darf keine Fantasie im Fallen gewesen sein; nur die Zeit ist im Fallen anders.
Doch niemand ist da. Alles ist wie immer. Ein vertrauter Anblick, nichts Fremdes. Nur morgendliche Kälte; am Horizont erste Sonnenstrahlen voller Licht.
Als ich die Türschwelle ins Haus überschreiten will, erfasst mich plötzlich eine Welle der Wärme; tief in mir, von innen nach außen, Bilder im Kopf, tanzend, folgen einer Melodie.
„Sulinara leshar! Zerilon xalara mernix flaxion.“
„Dir auch, mein Freund,“ antworte ich erleichtert und gehe ins helle Haus. „Miteinander ist Harmonie, Leben. Freundschaft, Licht und Reise im Universum sind von großer Schönheit.“

P.S.: Vielen Dank fürs Lesen. :slight_smile:

Tabasco

Ihn. Ihn habe ich mir ausgesucht. Er scheint ein scheues Exemplar der Spezies Mensch zu sein. Ich habe ihn noch nie mit anderen Erdlingen gesehen. Außerdem sitzt er jede Woche an diesem Tisch und nimmt seine Nahrung zu sich. Er ist pünktlich wie ein Uhrwerk.
Ich setze mich ungezwungen neben ihn und winke der Dame, die das Trinken bringt.
Ich deute auf das Glas von dem Mann. „Das da bitte.“
„Sind sie sicher? Das ist Grüntee mit Tabasco-Soße.“
„Tabasco-Soße.“ Ich lasse das Wort durch meinen Mund wandern. Ich schmecke es förmlich. Was soll damit nicht stimmen? „Ja. Das klingt super.“
Die Frau guckt zwar komisch, zuckt dann aber mit den Schultern. „Na, wenn sie meinen.“ Dann geht sie vor sich hinmurmelnd. „Tabasco-Soße im Tee.“
Ich sitze wieder allein an meinem Tisch.
„Sie mögen es auch gern ein bisschen scharf?“ Der Mann vom Nachbartisch dreht sich zu mir.
Perfekt. Meine Beobachtung über die Gemeinsamkeiten als Basis einer Beziehung erweisen sich als korrekt.
„Ja natürlich. Es geht nichts über ein bisschen Würze im Leben.“
„Sie sagen es, aber mir glaubt ja keiner.“
Ich lächle ihn an. Das müsste unsere Bindung festigen.
Er lächelt zurück. Es sieht etwas ungelenk und verrutscht aus, aber er lächelt mich wirklich an.
So schlecht scheine ich mich nicht zu schlagen.
„Hier ihre Bestellung.“ Ein Mann stellt mir eine Tasse hin.
Das Getränk hat eine merkwürdige Verfärbung.
„Wollen Sie nicht ihren Teebeutel hineintun?“
„Doch natürlich.“ Mist, er hält diesen kleinen Beutel doch auch immer in das heiße Wasser.
„Ich stoppe Ihnen gerne die Zeit.“
Was auch immer er damit meint, aber ich nicke und tunke den Beutel ein. Dann ziehe ich manchmal sanft daran, wie er es auch tut.
„Genau 2 Minuten.“ Er schaut mich mit großen Augen an. „Sie müssen den Beutel rausholen.“
„Ja natürlich, wie konnte ich das nur vergessen.“ Behutsam drücke ich noch mit meinem Löffel den Beutel gegen die Gefäßwand, dann lege ich ihn genau auf die gegenüberliegende Seite des kleinen Keks. So wie der Mann auch.
„Dann. Prost.“
Oh, das kenne ich. Freudig hebe ich mein Getränk. Jetzt habe ich eine Verbindung zu ihm aufgebaut. „Prost.“
Während er mit einem nun gefestigterem Lächeln im Gesicht trinkt, rinnt mir die heiße Flüssigkeit den Hals herunter. Gut, dass ich mich an ihr verbrenne, denn sonst wäre ich an dem Schmerz danach bestimmt gestorben.
Mit Tränen in den Augen grinse ich ihn breit an. „Vorzüglich.“ Notiz an mich: Man sollte sich seine Objekte mit mehr Bedacht aussuchen.

Andere Planeten, andere Sitten

„Dieses Schnäppchen dürfen Sie sich nicht entgehenlassen,“ meinte die KI der Galaxytrotter auf meine Frage, welche Reiseziele derzeit in sind und darüber hinaus leistbar. „Das Angebot verfällt in 3 Stunden, dann schließt sich das kurze Zeitfenster zum unauffälligen Bereisen des Planeten.“
Jetzt stand ich zitternd unter einer schwach leuchtenden Laterne vor dieser bunt bemalten Bruchbude. Dass die Temperatur hier 40 Grad kühler sein würde, hatte die Ausschreibung verschwiegen. Dumpfer Lärm dröhnte selbst durch die geschlossene massive Tür ins Freie. Der Krach erschien mir in diesem Moment das geringere Übel. Mit vor Kälte schlotternden Knien, trat ich vor den Einlassbereich und wartete, dass sich der Öffnungsmechanismus in Gang setzte. Bloß, es geschah nichts.
„Lass mich durch, ich bin Krankenschwester!“ Unsanft schob mich eine leicht schwankende Frau beiseite. Ihr überaus kurzes weißes Kleid war mit Blutspritzern übersät. Ob das Schwanken auf die hohen Absätze ihrer Schuhe zurückzuführen war, blieb unklar. Jedenfalls gelang es ihr durch das Betätigen eines händischen Hebels, die Pforte zu öffnen. Wohlig warme Temperatur zog mich wie magisch ins Gedränge. Im schummrigen Vorraum standen ein paar Gestalten mit falschen Flügeln.
„Wuuhuu Selfie!“, schrien sie und bedrängten mich ungehörig. Mit schrecklichen Grimassen umringten sie mich und starrten in ein Aufnahmegerät, dass einer der Pseudoengel an einer Stange hielt. Nach diesem seltsamen Begrüßungsritual widmeten sie sich sofort wieder ihren Plastikbechergetränken. Ich musste einer Gruppe verschwitzter Feuerwehrmänner ausweichen, deren Gesichter rußverschmiert waren. „Hey geil!“, schrie einer der halbnackten Uniformierten. Vertrauensselig umarmte er mich und wiederholte die Zeremonie mit dem Kommunikationsgerät in der anderen Hand, um danach seinen grölenden Kumpels zu folgen.
Während ich mich etwas umsah, bemerkte ich, das fast jeder Zweite der anwesenden Gäste so ein Ding bediente. Nur nicht auffallen, hatte mir die KI der Reiseagentur als kleinen Tipp hinterhergerufen. Also akzeptierte ich den Drang dieser Wesen nach einem Selbstbildnis mit Fremden und streckte, wie sie, mal meine weiße Zunge raus, oder hielt sechs Finger in die Luft. Die großen schwarzen Augen unserer Spezies waren nicht beweglich genug, um sie derart zu verdrehen, wie es hier der Brauch war. Bei den meisten kam graue Hautfarbe und der Schwung meiner hohen kahlen Stirn gut an.
Mehrere Hexen, Katzenwesen und Vampirartige später, war mir dieses unbezwingbare Bedürfnis, das eigene Dasein mittels einer Aufzeichnung zu bestätigen, in Fleisch und Blut übergegangen. Als mein Chronometer das Ende des Kurztrips signalisierte, beschloss ich, diese Art von Zeugnis, einer Spur des eigenen In-der-Welt-Seins zu hinterlassen, mit in die Weiten des Universums zu nehmen. Gleich morgen wollte ich auf meinem eigenen Planeten so ein Iphone entwickeln und diesen neuen Trend etablieren.

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Planetensupervisor

„Der Anflug und die Landung waren sowas von beschissen.
Der ganze rumfliegende Schrott! Schlimmer als ein Asteroidensturm. Einen Landepunkt finden? Die vorgegebenen Koordinaten waren zum Wegschmeissen. Nichts wert! Wusstest du, dass diese potthässlichen Organismen zwischenzeitlich den hintersten Winkel zugebaut, versiegelt oder zerstört haben? Die sind überall. Ich war gezwungen, auf H2O zu landen und dann abzutauchen, um unerkannt zu bleiben. Wie lange experimentieren wir auf diesem Planeten schon? Und unsere Bio-Ingenieure haben’s bis jetzt nicht geschafft, vernünftiges Material zur Verfügung zu stellen. Andere Prioritäten! Ha! Ein Planentensupervisor hat schlicht keinen Einfluss mehr. War mal ein angesehener Beruf.
Ich hab’s sowas von satt. „

„Ja, da hat sich einiges geändert. Andere Prioritäten, sicherlich. Und? Nimmst du wieder Exemplare mit?“

„Nein. Nur beobachten, diesmal. Da gibt’s erstaunliche Fortschritte. Die lassen sich nicht mehr ruck-zuck betäuben und abtransportieren, ohne dass es auffällt. Die haben sich mit Tötungsinstrumenten ausgerüstet. Bringen sich dauernd gegenseitig um. Ich denke nicht, dass wir hier Erfolg haben. Man müsste alles auf null setzen, ein paar tausend Jahre warten, bis sich die Sphäre erholt hat und dann wieder Biomasse impfen. Wenn ich noch welche kriege. Das mache ich jetzt schon das dritte Mal! Nein, Scheisse! Das vierte Mal!“

„Aber so weit haben wir’s noch nie geschafft, oder? Willst du das alles auf’s Spiel setzen? Das wäre nicht sehr effizient!“

„Ja. Hast recht. Empfehle unseren Vorgesetzten, das Experiment weiter laufen zu lassen. So wie’s aussieht, zerstören sich die Dinger sowieso selbst. Wir können uns die Kosten fürs Nullen sparen.“

„Ja. Gebe ich so weiter. Wann kommst du zurück? Wäre froh, ich müsste Nummer 2011.23 in der QL-Galaxie nicht alleine untersuchen. Dort läuft’s nämlich ähnlich.“

„Ich suche eine Zeitfalte – die kommen in dieser Galaxie nicht so oft vor. Gib mir ein paar Lichteinheiten.“

Gabriel

Gedanken sind schneller als das Licht. Kraft unserer Gedanken bewegen wir uns schon seit Äonen durch den Kosmos, wir, die Hüter der galaktischen Gärten. Ich bin einer von ihnen mein Name ist Gabriel. In der Milchstraße hüte ich drei Gärten, einer davon liegt auf einem blauen Planeten. Wir nennen ihn den Garten Eden. Wer das Sonnensystem betritt, dem springt der Planet direkt ins Auge, ein leuchtendes Juwel in der Finsternis.

Während ich mich auf meiner Inspektionsreise durch die Galaxis träumte, erreichte mich ein Hilferuf. Er kam von dem Schwarmbewusstsein des blauen Planeten: Der Garten Eden war in Gefahr! Mehrfach in seiner Geschichte stand der Garten kurz vor der Zerstörung und wieder drohte sie von den Menschen, der Intelligenz dieses Planeten. Das durfte ich nicht zulassen. Dazu sind solchen Welten zu kostbar in der kosmischen Einöde.

Ich versank in Meditation und tauchte in das Nichts. Dort liegt die Quelle reiner Energie, die den Kosmos durchzieht. Aus der Quelle schöpfte ich und formte ein Wurmloch in die Raumzeit. Vor vielen tausend Jahren hatte ich den Menschen in ihren Träumen befohlen, Pyramiden zu bauen. In einer Kammer im Inneren endete das Wurmloch, durch das ich den Garten Eden betreten konnte. Ich materialisierte als Hologramm, dass ich mit meiner Gedankenkraft an jeden Punkt der Erde senden konnte. Ich sprang zunächst an einen Ort am Meer, den ich von meinem letzten Besuch kannte. Er hieß Sidon.

Es ist nun mehrere Jahrhunderte her, seit ich nach dem Rechten gesehen habe. Schon der erste Blick verriet mir, dass sich viel verändert hatte, leider nicht nur zum Guten. Das Meer roch sauer und überall lag Unrat. Doch was das Schlimmste war die Gewalt, die ich zu sehen bekam. Drei Männer prügelten eine Frau und schändeten sie. Sie lachten dabei und hielten ihr ein schwarzes Täfelchen entgegen. Ich schlich in ihre Gedanken und erfuhr, dass es ein Gerät war mit dem man über weite Distanzen reden und filmen konnte. Mit ihrer brutalen Untat wollten sie vor ihren Freunden prahlen.

Ich verdichtete mein Hologramm zu einem Menschen aus Fleisch und Blut und stürzte mich auf die verderbten Männer. Wie ein Wirbelwind schlug ich sie bewusstlos. Die Frau schaute ängstlich zu mir auf, doch ich sagte ihr: Fürchte dich nicht. Sie richtete sich auf und floh in die Dunkelheit. Ich nahm mir von einem der Männer die Kleidung und ohne aufzufallen ging ich so zu einem großen Gebäude am Rande des Strandes und betrat die Eingangshalle. Hinter den Tresen stand eine junge Frau. Ich schloss kurz die Augen und durchforstete ihre Gedanken. Dann buchte ich eine Unterkunft, das Mädchen stand ganz unter meiner gedanklichen Kontrolle und reichte mir mit glasigen Augen den Zimmerschlüssel.

In dem Zimmer legte ich mich auf das Bett und schaltete ein technisches Gerät ein. Aus den Gedanken des Mädchens wusste ich, dass die Menschen es TV nennen. Zwölf Stunden später beherrschte ich mehrere Sprachen und war über alles in der Welt informiert. Was ich erfuhr, erschütterte mich zutiefst: Es drohte ein großer Krieg, nichts Außergewöhnliches auf dieser Welt. Aber dieses Mal bedrohte sich nicht Menschheit nicht nur selber, ihre Waffen hatten das Potential den Garten Eden zu vernichten. Das durfte ich nicht zulassen. Ich zeigte ihnen meine Macht, wie ich es schon mehrmals in der Geschichte dieses Planeten getan hatte.

Ich meditierte und überführte mein Hologramm wieder in reine Energie. Dann tauchte ich in ihre Träume und sprach zu ihnen in tausend Zungen: „Ich bin Gabriel und der Hüter dieses Garten Eden. Er gehört euch nicht. Ihr seid nur Gäste. Benehmt euch danach. Und begegnet allem was in dem Garten ist mit Respekt. Ich kann nicht dulden, dass Ihr den Garten zerstört. Also gebe ich euch sieben Tage Zeit, um eure Waffen zu vernichten. Wer am Sonnenaufgang des achten Tages noch bewaffnet ist, wird den Sonnenuntergang nicht erleben!“

Entsetzen. Ungläubigkeit. Trotz. Sie sprachen über den Traum auf Plätzen und in ihren Häusern. Ich hoffte meine Warnung würde auf fruchtbaren Boden fallen, doch dann beschwichtigten sie ihre Führer: Es ist nur ein Traum! Eine List unserer Feinde! Die Kämpfe flammten wieder auf und die Atomraketen blieben in Bereitschaft. Ich musste handeln.

Ich versank in Meditation und kraft meiner Gedanken unterwarf ich jede Wespe, jede Biene und jede Hornisse in der Umgebung des Schlachtfeldes. Ich manipulierte ihre Giftdrüsen. Jetzt produzierten die Insekten ein tödliches Gift und ließ den Schwarm des Todes auf die Kriegsfront los.

Die Soldaten in ihren Stellungen und in ihren Panzern sahen wie sich plötzlich der Himmel verdunkelte. Ein ohrenbetäubendes Sirren und Zirpen scholl ihnen entgegen. Ein Sturm wild gewordener Insekten fegte über die Kämpfer hinweg. Sie schlugen um sich und ruderten mit den Armen. Es half nichts. Mit Schaum vor dem Mund sackte einer nach dem anderen zu Boden. In wilder Flucht überrannten die Soldaten ihre Offiziere. Die Front brach zusammen. Die Generäle und Kriegstreiber in den Kommandozentralen waren ratlos. Manche verstanden das Zeichen, andere waren blind vor Hass und schrieben es einem Zufall oder dem Feind zu. Der Friede währte nicht lange.

Ich war niedergeschlagen, voller Trauer. Sie hatten meine Warnung in den Wind geschlagen. Ihr Schicksal war damit besiegelt. Ich musste sie vom Angesicht des Gartens tilgen und eine andere Spezies würde zu der Krone der Schöpfung aufsteigen. Raben waren vielversprechend oder die Kraken. Nein! Ich wollte meine Hoffnung noch nicht begraben. Es gab Menschen, die meine düstere Offenbarung verstanden. Sie kämpften für Eden, ich wollte ihnen eine letzte Chance geben. So wie damals vor Urzeiten, als ich alle bis auf Noahs Sippe in einer Sintflut ertränkte.

Meine Suche nach einem neuen Adam führte mich nach einem Ort, den sie Istanbul nannten. Dort fand eine neue Eva. Sie hockte betrunken in einer Bar. Ihr Freund hatte sich für eine andere entschieden und sie ertränkte ihren Frust in Raki. Ich setzte mich neben sie und erfuhr, dass sie Archelogin war. In einer ersten Reaktion lächelte sie mitleidig, als ich ihr vom Ende der Welt erzählte und sie die Menschheit retten sollte: Das ist die dümmste aber doch originellste Anmache, die ihr je begegnet sei, sagte sie mir. Als sie mir dann lachend auf die Schulter klopfen wollte und ihre Hand durch das Hologramm rauschte, haute sie das fast von ihrem Barhocker. Jetzt hatte ich ihre volle Aufmerksamkeit. Es war spät in der Nacht und wir verabredeten uns für den nächsten Morgen.

Vier Stunden nach Sonnenaufgang wälzte sie sich aus den Federn. Der Kopf war schwer und sie wollte bei nüchternem Kopf nicht mehr so richtig an den Weltuntergang glauben. Ihre Erfahrung mit meinem Hologramm schrieb sie bei Licht betrachtet ihrem Vollrausch zu. Sie versammelte ihr Ausgrabungsteam und sie kehrten zurück nach Anatolien, knapp 40 Kilometer südöstlich der türkischen Stadt Konya. Ich flog über das geschundene Land und sah mit Entsetzen wie sie die Natur rücksichtlos ausbeuteten. Sie rissen es mit ihren Maschinen auf und folterten die Tiere in dunklen Hallen. Ihre Gier würde den Garten Eden zerstören. In der Nacht schlich ich mich wieder in die Träume der Menschen: „Ich bin Gabriel und warne Euch ein letztes Mal. Zügelt Eure Gier und achtet die Natur. Ich gebe Euch sieben Tage Zeit zur Umkehr. Dann wird eine gewaltige Katastrophe über euch kommen.“ Nur wenige folgten meinem Aufruf und ihre Maschinen zerstörten weiterhin rücksichtslos die Natur. Dem musste ich Einhalt gebieten. Mir blieb nichts Anderes übrig als sie mit einer zweiten Katastrophe zu warnen. Ich griff nicht zum Wasser und ertränkte sie in einer Sintflut, sondern ich entfesselte das Feuer und löste einen Sonnensturm aus. Sämtliche Elektrizität auf der Erde erlosch. Tausende blieben in Aufzügen stecken, das Bankensystem brach zusammen und Millionen verhungerten vor ihrem stinkenden Kühlschrank. So nahm ich ihre Technik, die Atomraketen blieben so in ihren Bunkern und die Maschinen funktionierten ohne Strom nicht mehr.

Dann begann der Kampf um die wenigen verbliebenen Ressourcen. Sie wollten den Bauplan des Lebens selber beherrschen und manipulierten das Erbgut von Flora und Fauna. Damit drohte dem Garten Eden das endgültige Ende. Ich war niedergeschlagen, denn ich wusste, dass die Menschen nicht zur Einsicht kommen würden. Dieses Mal schlug ich sie mit ihren eigenen Waffen. In ihren Laboren ließ ich sie ein Killergen schaffen. Es war harmlos für die Natur, aber absolut tödlich für die Menschen. Es würde sich an ihre DNA heften und erst dann wieder zu Staub zerfallen, wenn auch der letzte Mensch das Zeitliche gesegnet hatte.

Es blieb keine Zeit für eine Arche. und so erschuf an ihrem Ausgrabungsort ein Wurmloch. Es brachte Sam in eine andere Raumzeit an diesem Ort. Man schrieb das Jahr 8500 vor Christus. Sie fand sich in der Stadt wieder, die sie in ferner Zukunft ausgegraben hatte. Sie stieg zu einer Schamanin auf, denn jeder schätzte ihre Heilkunst und ihre Visionen. Sam wurde von einem gütigen Mann adoptiert. Er hieß Noah und tröstete sie über den Verlust der Annehmlichkeiten hinweg. Er hieß Noah und nannte sie Sem.