Seitenwind Woche 2: Außerirdischer Aufbruch

Einen Schnaps?

„Hey, pass auf“, ruft eine Stimme von der Seite. Im gleichen Moment hupt etwas, jemand packt mich am Arm und zieht mich nach hinten. Dann rauscht es vor meinem Gesicht. Wusch. Dort, wo der Mensch mich berührt hat, brennt meine Haut, aber das kenne ich schon.
„Man, der hätte dich fast erwischt“. Verständnislos sehe ich nach oben, in das Gesicht eines erwachsenen aber noch jungen Exemplars. Ende zwanzig möglicherweise. Er ist groß und hat viele Haare im Gesicht. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen, die Stirn gerunzelt. Ich aktiviere die Analyse, um herauszufinden, was das nochmal bedeutet.
Nachdenklich, ist der erste Vorschlag. Doch als das Gesicht meines Gegenübers gründlicher gescannt wird, beginnt das Wort vor meinen Augen langsam rot zu leuchten. Versonnen. Träumerisch. Erstaunt. Besorgt. Da! Das Wort blinkt dreimal zur Bestätigung. Das ist es also, denke ich.
Es wundert mich kurz, dass dieser Mensch besorgt ist. Das Wusch hätte mir schließlich nichts anhaben können, ist doch nur ein Geräusch. Aber Menschen sind seltsam, das weiß ich mittlerweile. Faszinierend allerdings ist ihre Fantasie. Ich bin geschickt worden, um sie zu erforschen und nicht schlecht haben wir zuhause gestaunt, als wir herausgefunden haben, welche Bilder die Menschen sich von uns machen. Grüne, haarlose Gestalten mit riesigen Augen und breiter Stirn oder formlose, schleimige Substanzen, die in ihre Körper eindringen können. Sie haben sich unser Erscheinen so anders, so fremd wie möglich erdacht und machen genau dort den Fehler.
Ich höre auf mich zu wundern und ergreife stattdessen die Chance, die sich mir bietet.
„Hoppla“, antworte ich. Menschen sagen das, wenn ihnen ein Missgeschick passiert.
Das Stirnrunzeln mir gegenüber wird tiefer und die Analyse beginnt zu zittern. Kann nichts Gutes bedeuten, also sage ich noch schnell: „Danke“. Menschen mögen dieses Wort.
Die Stirn glättet sich etwas. „Alles easy. Aber pass mal lieber mehr auf, sonst war’s das bald mit dir“.
Er wendet sich zum Gehen. Das irritiert mich, schließlich führen wir doch eine Unterhaltung.
Schnell frage ich: „Wie geht es Ihnen?“. Diese Interaktion muss funktionieren. Der Druck ist hoch. Zuhause wollen sie das ich endlich Kontakt aufnehme.
Der Mensch dreht sich zu mir um, jetzt sind seine Augenbrauen leicht hochgezogen. Überrascht, blinkt die Analyse auf.
„Äh… gut?“
„Schön, das macht mich froh. Wollen Sie einen Schnaps mit mir trinken?“.
Schnaps trinken kenne ich seit gestern Abend. Auf einer Wiese im Park tummelten sich allerhand Menschen. Buden waren aufgebaut, eine Bühne auf der Musik gespielt wurde. Menschen prosteten sich mit kleinen Gläsern zu und nach dem Trinken waren aus Fremden plötzlich Freunde geworden. Als ich das auch versuchen wollte, hatten sie mich weggeschickt.
Die Augenbrauen gegenüber gehen noch weiter hoch. Jetzt hat der Mensch fast keine Stirn mehr. Verwundert, blinkt es.
„Hä? Was? Einen Schnaps?“, fragt der Mensch.
Die erste Frage versteh ich nicht so richtig. Ich fange also mal bei der Letzten an, denn die ist noch am einfachsten: „Ein Schnaps ist ein hochprozentiges alkoholisches Getränk…“
Der Mensch unterbricht mich: „Ich weiß, was ein Schnaps ist“, sagt er. Gereizt.
Gereizt ist nicht gut, glaub ich. Am besten sagt man jetzt was Nettes. „Du bist intelligent“.
Das hat scheinbar nicht geholfen. Wütend, blinkt es jetzt.
Vielleicht versteht er das Wort nicht? „Intelligent ist ein Synonym für klug, schlau…“
Der Mensch mir gegenüber schüttelt plötzlich den Kopf. Zornig. „Sag mal, willst du mich verarschen?"
Den Ausdruck hab ich schon mal gehört, kann ihn aber nicht zuordnen. Ich merke, dass das alles ganz schief geht. Zuhause werden sie das gar nicht gut finden.
Lieber schnell noch ein Wort, das Menschen mögen: „Entschuldigung“. Ob das hilft?
Scheinbar ja, denn immerhin das zornig verschwindet langsam aus dem Menschengesicht. Dafür blinkt verwirrt. Das ist schon besser, glaube ich und versuche es darum nochmal: „Ich habe gefragt, ob Sie einen Schnaps mit mir trinken möchten? Ich zahle auch.“ Auf den letzten Satz bin ich besonders stolz, den mögen sie nämlich auch.
Aber da fängt der Mensch plötzlich an zu lachen. Richtig laut, japsend. Hält sich eine Hand in die Seite. Seine Haare im Gesicht wippen auf und ab. Ich kann die Reaktion nicht einordnen, weiß aber das Lachen gut ist, wenn man es zusammen macht. Ich ziehe also meine Mundwinkel nach oben, halte mir auch eine Hand in die Seite und mache dieselben Geräusche wie der Mensch.
Immer noch glucksend sagt er dann: „Jetzt check ich’s, der war gut“, dann wuschelt er mir mit einer Hand durch die Haare. „Kinder gehören um diese Zeit in die Schule, nicht in Bars. Aber nächstes Mal vielleicht“, er zwinkert mir zu. Scherzhaft. Dann dreht er sich wirklich um und geht davon, immer noch leise kichernd.
Ich dagegen höre sofort mit dem Lachen auf. Was ist eine Schule?

Lächeln muss geübt sein

Es brauchte lange, bis ich verstanden habe, was der Sinn hinter diesen leuchtenden Geräten in den Händen der Makabr ist. Offenbar nutzen sie das als Spiegel und als externes Gehirn. Immer wieder schreiben sie ihre Fragen da rein und reden auch mit diesem Gerät. Vielleicht bietet ihr Körper zu wenig Platz für ihr Wissen. Mein Kopf ist ja deutlich größer als ihrer.

Da sie alle so besessen von dem leuchtenden Gerät sind, fällt ihnen mein Aussehen auch nicht so auf. Heute habe ich sogar extra eine Windel für den Kopf besorgt. Die Makabr tragen das immer im Winter. Es gibt sie in allen Farben und Formen und mein Kopf brennt schon fast vor Hitze.

„Hey bro!“ Begrüßte ich den Soldaten, von dem ich das Verhalten auf der Erde studiert habe.

„Was wollen Sie?“ Sein Gesicht verzog sich zu einem Ausdruck, den ich noch nicht kannte.

„Bro, kannst du mir zeigen, wie man sein Gehirn in dieses Gerät transferriert?“

Nun schaute er von seinem Gerät hoch in mein Gesicht. Ich lächelte, so wie ich es stundenlang geübt habe. Nun nahm ich eine Veränderung seiner Körperfarbe wahr und er rannte kreischend davon.
Vielleicht sollte ich das nächste Mal ohne Zähne lächeln.

Introvertierte Infiltration oder The King is Back

Meine neue Hülle kratzt entsetzlich. Ich habe sie erst gestern aus dem Zellgenerator geholt und muss sie wohl noch ein paar Tage eintragen, bevor sie nicht mehr so scheuert.

Meine Umgebung reagiert seltsam auf die neue Hülle. Ich muss das Phänomen noch ein paar Tage analysieren. Nach initialer Beobachtung scheint sie ungewollte Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.

Mehrere Erdbewohner haben schon den Versuch eines Erstkontakts unternommen, den ich durch hastige Flucht unterbrochen habe. Ich bin noch nicht bereit eine offene Kommunikation zu starten. Die Sprachsoftware ist zwar bereits seit Wochen zu 100% synchronisiert, aber meine Analyse des Erdbevölkerungsverhaltens ist noch nicht abgeschlossen. Ich muss noch mehr Daten sammeln. Zum Beispiel über das derzeitige Weltgeschehen, berühmte Personen, Popkultur-Referenzen und diese flauschigen vierbeinigen Kreaturen namens Katzen, die das ganze Internet beschäftigten. Vielleicht sollte ich erst einmal versuchen mit dieser Spezies Kontakt aufzunehmen, bevor ich mich zu den Menschen vorarbeite.

Nein, ich prokrastiniere. Mein Supervisor hatte mir erst vorgestern eine sehr deutliche In-Brain-Message geschickt, dass ich mich nicht ewig wie ein elendiger Proxima Centauri vor den Erdlingen verstecken könne. Wir von Alpha Centauri A hatten keine allzu gute Meinung von unserem roten Nachbarn Proxima Centauri, also durfte ich das durchaus als Beleidigung auffassen.

Wenn ich nur nicht so unglaublich schüchtern wäre. Small Talk war noch nie meine Stärke. Ich zupfte nervös an der locker sitzenden Haut meiner Hülle, die sich noch nicht komplett an meine Form angeschmiegt hatte.

„Du siehst aus wie Elvis“, ließ mich eine Stimme von der Seite zusammenzucken.

Ich starrte den Erdling vom Typ Frau aus großen aufgerissenen Augen an. Der Erstkontakt war im vollen Gange und ich hatte mir noch keinen geeigneten Satz zurechtgelegt.

„Kann ich ein Selfie mit dir machen?“ fragte die Erd-Kreatur erneut und zückte, noch bevor ich eine passende Antwort fand, ein vorsteinzeitliches elektronisches Device und hielt es mir ins Gesicht.

„Oh my god. Hashtag TheKingIsAlive.”

Ich blinzelte, von der Situation total überfordert.

„Schatz, komm mal her, hier ist Elvis“, rief die Frau, scheinbar unbeeindruckt von meiner Kommunikationsschwäche.

Immer mehr Stimmen wurden laut als ich mich binnen Sekunden umringt sah.

„Elvis lebt!“ hörte ich es hier und da raunen und immer mehr Erdlinge hielten mir ihre elektronischen Waffen ins Gesicht.

Ich krampfte nervös meine Finger ineinander und suchte unauffällig nach einem Fluchtweg. Eigentlich hätte ich ahnen müssen, dass etwas faul war, als mein Supervisor mir die Specs der neuen Hülle übermittelt hatte. Das intrigante Glitzern in seinen Augen war ein eindeutiges Warnsignal gewesen.

„It’s Now or Never“ hatte er zu mir gesagt.

Von A wie Analsonde, zu F wie frittiert

„Du bist grün?“

Pommes frites ragen wie Spieße aus meinem Mund. Erschrocken drehe ich den Kopf: „Waff?“
Katie zeigt entsetzt in meine Richtung.

Mist. Jedes verdammte Mal und immer bei frittiertem Essen.

„Du… Du… was bist du?!“, kreischt sie.
Während ich den Rest Pommes zerkaue, murmle ich: „Türkis.“
„W-w-wie bitte?“
Vorsichtig tupfe ich meine Mundwinkel mit einer Serviette ab.
„Die Farbe meiner Haut ist türkis, nicht grün.“
Katie steht fassungslos im Türrahmen der Küche. Ich wusste, dieser Moment würde kommen. Praktischerweise liegen Messer und Gabel vor mir und meine langen, drahtigen Finger bewegen sich spinnenartig darauf zu.

Katies Reaktion überrascht mich. Sie setzt sich auf den Stuhl neben mir und rückt ihn näher an mich heran. Das Geräusch der schrill quietschenden Holzbeine macht mich wahnsinnig.
„Könntest du biiiiiiiiitte den Stuhl anheben? Ich hasse es wenn du…“, Quuuuiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitsch, Nasenspitze an türkis-farbene Nasenspitze: „Ich habe so viele Fragen.“

Oh nein. Jetzt geht’s los. Genervt lasse ich die Gabel fallen, verwandle mich in die gewohnte Menschengestalt und verdrehe die Augen. Mit verschränkten Armen lasse ich mich tief in die Stuhllehne fallen und warte.

„Benutzt ihr wirklich Analsonden?“
Wie bitte?
Räusper: „Wie bitte?“
„Ja ähm… diese Sonden um uns Menschen zu scannen oder auszulesen oder so… die schiebt ihr doch in… du weisst schon…“, nicht ihr Ernst?

Aufgebracht wedle ich mit den Armen: „Du kommst hier rein, siehst mich in meiner richtigen Gestalt und stellst mir als erstes diese Frage? Wir sind seit fünf Jahren beste Freundinnen und wohnen seit drei Jahren zusammen – verdammt Katie, du bist wirklich ein seltsames Geschöpf!“
Beleidigt schnaubt sie: „Das sagt die Richtige!“

„Und…?“ Katie und ihre Ungeduld.
„N-e-i-n.“
Lachend pikst sie mich in meine Wangen, kneift mir in den Arm.
„Nimm deine Finger da weg“, mit einer wischenden Handbewegung wehre ich Katies eher lieblosen Angriff ab.

„Seltsam, du bist so… Mensch.“
„Wie sollte ich sonst sein? Hallo?! Ich lebe hier.“

In den fünf Jahren habe ich viel von Katie gelernt. Ihr unumstößlicher Humor kam mir manchmal etwas kindisch und albern vor, doch Katie ist einer dieser Gutmenschen.
Zwei wirklich tolle Dinge, die es auf meinem Planeten nicht gibt: Katie und frittiertes Essen. Wisst ihr, was es bei mir zu Hause für Nahrung gibt? Schleim. Grünlich-brauner Schleim. Ähnlich wie dieser lauwarme Haferbrei, den es hier auf der Erde gibt.

Igitt.

Als ich vor Jahren hier gelandet (gecrasht) bin, roch es in einer Seitengasse himmlisch nach einer undefinierbaren Köstlichkeit. Hinter einem Lokal entdeckte ich einen grünen, metallischen Behälter, aus dem dieser verlockende Duft strömte. Wie ein Tier – bzw. Alien – stürzte ich mich in dieses Ding und verschlang die Köstlichkeiten.
Frittierte Pommes, Mozzarella Sticks und Chili Cheese Nuggets – ich liebe sie. Und sie mich, offensichtlich. Dank ihnen lasse ich jedes Mal meine Deckung fallen.

„Fehlt dir deine Familie?“
Ich warne dich.
Katie schiebt mit übertrieben dramatischem Zeitlupentempo ihr Smartphone über den Tisch.
Ich warne dich, sag es nicht.
„Willst du…“
„KATIE!“
„nach Hause tel-…“
Ihr Smartphone fliegt quer durch die Küche und zerschellt in der rechten hinteren Ecke neben dem Toaster.

„Ich bin nicht E.T.!“
„Okay, okay“, Katies glänzende Augen fixieren mich. Auf der Unterlippe kauend blickt sie mich mit einem mir sehr vertrauten Ausdruck an. Immer wenn die Miete fällig ist und Katie ihr Konto (mal wieder) überzogen hat, linst sie mich so an.

„Was?“
„Du schuldest mir ein Smartphone und Alex – falls das überhaupt dein richtiger Na-“
„Ist er nicht.“
„Wie heißt du mit richtigem Namen?“
„Siebentausenddreihundertdreiundfünfzig.“
Sie scheint nicht wirklich überrascht.

Mit großen Augen und leicht verzerrtem Ausdruck stellt sie die nächste Frage: „Du wirst mich jetzt nicht fressen, oder?“
Hmm. Gute Frage.
„Ehrlichgesagt, habe ich noch nie darüber nachgedacht…“
„Denk‘ jetzt darüber nach.“
„Vielleicht“, frittieren kann man alles, oder?
„Vielleicht?“, ich nehme einen leichten Unterton in Katies Stimme wahr. Angst?
Lächelnd erwidere ich: „Vielleicht werde ich dich fressen.“

Ungeduldig trommelt sie mit ihren Fingern auf dem Esstisch.
„Alex – ich meine… Sieben-“
„Ja?!“

„Darf ich dich filmen und das auf Insta posten?“

„Katie?“
„Ja…?!“

„Ich werde dich fressen.“

Menschenkind

Von der Bank aus kann ich die Menschen gut beobachten.
Die meisten laufen eilig mit ernsten Gesichtsausdrücken vorbei. Sie schauen auf den Boden und während sie laufen, halten sie gerne Dinge fest. Taschen zum Beispiel, flache blinkende Geräte, Hunde an Leinen oder Menschenkinder an der Hand. Manche von ihnen fahren lieber auf zweirädrigen Metallgestellen. Dann halten sie den Lenker fest.
Die Bank, auf der ich sitze, steht in einem Park, so nennen sie ihren Versammlungsort. Seit mehreren Monaten komme ich her, eine drückende Last auf den Schultern: Ich soll feststellen, ob der Planet Erde eliminiert werden muss.
Ausschlaggebend, wie überall, sind die Eigenheiten der wichtigsten auf ihm lebenden Spezies. Ist der Mensch es Wert, den Planeten zu erhalten?
Konzentriert folge ich mit den Augen einem Menschenkind mit langen blonden Haaren. Es wirft gerade ein rundes Ding einem anderen Menschenkind zu. Sie rennen, werfen das Ding in die Luft, treten manchmal dagegen und lachen dabei. Spaß, katalogisiere ich, und wundere mich, über was alles Menschen sich freuen können.
Ich schaue mich um, katalogisiere Trost, Freundschaft, Umweltverschmutzung und Nahrungsaufnahme, als meine Aufmerksamkeit an einem Menschenmann und einer Menschenfrau hängen bleibt. Sie sitzen dicht nebeneinander auf einer Decke unter einem Baum, und der Mann hält eines der flachen Geräte, das mit den Menschen auf besondere Weise verbunden zu sein scheint, mit ausgestrecktem Arm vor ihre Gesichter.
Schnell stehe ich auf. Ich nähere mich ihnen von hinten, beuge mich vor und starre neugierig auf das Gerät. Es zeigt auf einem rechteckigen Monitor die Gesichter der beiden Menschen und meines mit erwartungsvollem Blick direkt über ihnen. Sie lächeln zuerst unnatürlich breit, dann plötzlich ziehen sich ihre Mundwinkel wieder zu geraden Strichen.
„Alter, hau mal ab. Was bist du denn für ein Freak?“, sagt der eine, und springt auf. Schade, ich hätte gerne gewusst, was als Nächstes passiert.
Ich halte kurz inne, dann entscheide ich, die Chance zu nutzen, Erstkontakt aufzunehmen.
„Bro, was geht?“, rezitiere ich meinen obersten Registereintrag unter Begrüßung und bewege den Arm mit einer angedeuteten Faust in Richtung des Menschen. Er legt die Stirn in Falten, und ich senke den Arm wieder. „Seid gegrüßt“, versuche ich es erneut.
„Verzieh dich zurück dahin, wo du herkommst“, antwortet der Menschenmann. Seine Körperhaltung signalisiert Abneigung.
Ich räuspere mich. „Ich komme von sehr weit weg.“
„Das sieht man wohl. In welchem Land leben denn Olivhäuter?“ Er spuckt auf den Boden, vor meine Füße, die in den ungewohnten Schuhen etwas schmerzen. „War‘s da nicht fein genug?“
Ich schiele zur glatten Haut an meinen Händen, die braun mit einem dunkelgrünen Stich in der Sonne schimmert. Bevor ich antworten kann, unterbricht der Mensch mich: „Interessiert mich auch gar nicht. Jetzt hau ab!“
Ich zwinkere irritiert. Das Gespräch verläuft unerwartet. „Ich habe Sie beobachtet und wollte mich gerne unterhalten“, korrigiere ich die offensichtlichen Missverständnisse, „das Gerät in Ihrer Hand interessiert mich sehr.“ Ich deute darauf und lächele; eine menschliche Gepflogenheit, die ich gleich am ersten Tag unter Höflichkeit gelistet hatte.
Der Menschenmann geht in eine deutliche Angriffshaltung. Er streckt die Brust vor, macht sich lang und schaut von oben auf mich, obwohl ich tatsächlich kaum kleiner bin als er.
„So einer bist du also“, schnauzt er mich mit plötzlich kräftiger Stimme an, „Ist das so ´ne Langfingermasche von euch, ja? Zieh ab du Vogel, bevor ich die Bullen rufe.“
Ich verstehe nicht, was meine Fingerlängen mit dem Sachverhalt zu tun haben, was der Menschenmann mir wohl auch ansieht. „Und dumm bist auch noch, was?“, fragt er.
„Sie verstehen mich falsch. Ich möchte Sie kennenlernen.“
„Alles klar.“ Er knetet mit der linken Hand die rechte, zusammengeballte Faust und kommt einen Schritt auf mich zu. „Soll ich dir die Fresse polieren?“
Behutsam weiche ich einen Schritt nach hinten. Keine Toten, das ist die Anweisung.
Der Menschenmann hält inne, und mustert mich skeptisch von oben bis unten. „Was bist du überhaupt? Männlein oder Weiblein? Ich schlag nämlich keine Frauen.“
„Ich habe kein Geschlecht“, antworte ich wahrheitsgemäß.
Er wirft den Kopf in den Nacken und lacht. „Das wird ja immer schlimmer. Hast in Biologie nicht aufgepasst?“ Er zeigt eine aufteilende Geste mit den Händen: „Mann. Frau. Geh mir weg mit diesem neumodernen Scheiß dazwischen und zieh endlich Leine!“
Ich nicke und gehe erst langsam, dann schneller zurück zu meinem Platz auf der Bank. Der Menschenmann schaut mir noch eine Weile finster nach, dann schüttelt er den Kopf, ich meine fast so etwas wie Belustigung darin wahrzunehmen. Ich beobachte noch, wie er das Gerät wieder aus seiner Hosentasche nimmt, dann wende ich mich ab.
Diskriminierung, katalogisiere ich, Rassismus, Intoleranz, Gewaltbereitschaft.
Ich seufze. Ich hatte den Menschen den Erhalt ihres Planeten wirklich gegönnt. Bedauernd öffne ich den Katalog, und beginne den Eliminierungsauftrag auszufüllen.

Ein Stupsen am Knie reißt mich aus meinen Gedanken. Das Menschenkind mit den blonden Haaren steht vor mir und schaut mich mit großen Augen an.
„Bist du traurig?“, fragt sie.
Ich überlege kurz, dann antworte ich: „Mir wurde gedroht, weil ich nicht bin wie ihr. Und ich bedauere, dass ich deswegen eine schlimme Entscheidung treffen muss.“
„Dann triff die Entscheidung nicht“, lächelt sie mich an.
Ich schweige.
Sie setzt sich neben mich auf die Bank und schwingt die Füße hin und her. „Mama sagt, alle auf der Welt sind verschieden. Das muss so sein, damit wir nicht alle gleich sind. Aber alle sind gleich gut.“ Sie denkt einen Moment nach, dann fügt sie hinzu: „Ich finde, du siehst nett aus. Willst du mit uns Ball spielen? Dann wirst du wieder froher.“
„Vielleicht gleich“, antworte ich.
Sie rutscht von der Bank und winkt mir, dann läuft sie zurück zu dem anderen Menschenkind mitten auf die kunterbunt blühende Wiese.
Ich lösche meinen Eintrag. Es lohnt sich, entscheide ich, den Planeten zu erhalten, während ich ihr nachschaue. Ich winke zurück; dann notiere ich unter wichtigste Spezies, anstelle von Mensch, Menschenkind, stehe von der Bank auf und gehe Ballspielen.

D’ ralmash oder der verfluchte Planet

Computerlogbuch der Rikkon G’altor, Sternzeit, 7584,7, Captain Glurakk:

Seit nunmehr 749 Jolkas befindet sich die Rikkon G’altor im Anflug auf D’ralmash. Diese neue Welt unter uns ist gigantisch groß, vergleichbar mit Zoxxo Neun oder Yavella Sieben. Anders als Yavella hat D’ralmash jedoch keine Ringe und nur einen Mond. Bei unserer derzeitigen Fluggeschwindigkeit werden wir unseren Zielpunkt auf der sonnenbeschienenen Seite des Planeten in c…a 2745 Jolkas erreicht haben.

Computerlogbuch der Rikkon G’altor, Sternzeit, 7585, 0, Captain Glurakk, Nachtrag:

Bei unserem Anflug auf D’ralmash sind wir in den unteren Luftschichten mit einem riesigen Flugkörper kollidiert. Er hatte die größe eines Mondes, leuchtete rot und schwarz und tauchte vor uns wie aus dem Nichts auf. Niemals werde ich seinen Anblick vergessen. Die Rikkon G`altor ist viele hundert Galmash lang, aber verglichen mit dem Kugelschiff ein Winzling. Während das Kugelschiff auf uns zuraste spiegelte sich das Abbild unseres Schiffes hundertfach auf seinen glänzenden Fenstern. Durch den Aufprall wurde die Rikkon G’altor fort geschleudert, weit ab von ihrem ursprünglichen Kurs. Nach der Kollision ist die Außenhülle stark beschädigt, alle Bordinstrumente sind tot. Wir haben keine Wahl, als unsere Fahrt im Blindflug fortzusetzen. Wo wir letztendlich landen werden, weiß niemand.

Computerlogbuch der Rikkon G’altor, Sternzeit, 7588, 6, Captain Glurakk:

Nach jolkalangem Flug durch die Athmosphäre D’ralmashs sind wir endlich gelandet. Ein Check der Systeme hat ergeben, dass durch die Kollision mit dem Kugelschiff der Hyperantrieb ausgefallen ist. Wir haben nur noch Impulsgeschwindigkeit zur Verfügung. Damit rückt die Rückkehr zu unserem Heimatplaneten in weite Ferne. Vorerst sind wir hier gestrandet. Zum Glück sind die Lebenserhaltungssysteme intakt. Auch die Außentüren lassen sich öffnen.

Persönliches Logbuch, Sternzeit 7590, 3, Captain Glurakk, Lichtspruch an Bikk Glurakk:

Lieber Bikk, es ist so weit, mein Junge. Als erste G’almorrkaner haben wir die Welt von D’ralmash betreten! Ein kleiner Schritt für uns, ein großen Schritt für G’almorrk! Und was für eine fantastische Welt das ist! Im Gegensatz zu unseren bisherigen Annahmen ist die Oberfläche von D’ralmash nicht blau. Sie ist leuchtend rot. Der Boden wirkt fest, ist aber glatt und glitschig. Wenn man auf seine Fläche hinabschaut, spiegelt man sich darin. Bei jedem schritt spürt man eine Bewegung unter der Oberfläche. Der Himmel über unseren Köpfen schimmert bläulich, als sähe man durch beschlagenes Glas. Überall um uns herum sehe ich Hügel und Täler, glitzernd rot, so als ob ein inneres Feuer in allem lodert. Gll’bor hat vor uns einen gigantischen Krater ausgemacht, der sich viele Drukks in die Tiefe erstreckt. Überraschender Weise herrscht dort die selbe Temperatur wie auf der Oberfläche des Planeten. Wenn ich zum wolkenlosen Himmel aufblicke, sehe ich in der Ferne das gleißende Licht einer weißen Sonne. Ja, Bikk, sie ist weiß, nicht blau wie unsere Sonne auf Galmorrk. Ich glaube, dass es ihr Licht ist, das die Oberfläche und die roten fernen Berge wie glutgetränkte Edelsteine funkeln lässt. Die Luft , die zu mir herüberwabert riecht eigentümlich fruchtig und süß. Höhere Lebensformen sind nirgendwo zu sehen. Eigentlich sind überhaupt keine Lebensformen zu sehen. Sollten wir uns so getäuscht haben? Egal, wir suchen weiter. Gll’bor winkt mir gerade, ich soll mir etwas näher ansehen. Ich melde mich später wieder, mein Junge.

Glorke Jolkas, Pappps.

Computerlogbuch der Rikkon G’altor, Sternzeit, 7594,2, Captain Glurakk, Nachtrag:

Bei der Erkundung Dralmashs wurden wir Zeuge eines eindrucksvollen Phänomens. Wir waren gerade dabei dem glibbrigen Boden Proben zu entnehmen, da bebte auf einmal die Erde. Eine gewaltige Druckwelle erfasste uns und schleuderte uns wild hin und her. Die Oberfläche wabbelte, als ob wir uns nicht auf festem Boden befänden sondern in einer Art Sumpf. Die Berge rutschten hin und her, in leuchtendroten Verwerfungen, kurzum, die rotglitzernde Welt D’ralmashs spielte komplett verrückt! Einer unserer Sicherheitsleute wurde von der plötzlichen Druckwelle erfasst und verschwand mit rudernden Tentakeln im Abgrund. Armer Kerl. Zum Glück hatte er keine Familie. Dann geschah das Unglaubliche! Als wir zur gleißenden Sonne aufblickten, ertönte ein rumpelndes ohrenbetäubendes Geräusch, wie Donnergrollen, infernalisch laut. Und als es verhallte, war die Sonne verschwunden. Von Jetzt auf gleich herrschte tiefe Dunkelheit. Infolge des Sonarangriffs, denn ich bin sicher, dass es sich um einen solchen handelte, hatten wir einen weiteren Sicherheitsmann verloren. Mit geplatzten Hörohrganen lag er tot im Schein unserer Lampen, den feuchten Leib bedeckt mit Schleim. Aus seinem Atemloch troff blau das Blut. Er hatte Familie. Dralmash hatte sein zweites Opfer gefordert. Nach dieser Tragödie gab ich den Befehl, sofort zum Schiff zurückzukehren.

Computer- Logbuch der Rikkon G’altorr, Sternzeit, 7595, 7, Captain Glurakk:

Wir haben die Nachtstunden auf D’ralmash genutzt, um die Instrumente und die Außenhülle unseres Raumschiffs zu reparieren. Die Reparatur wurde planmäßig abgeschlossen. Alle Systeme funktionieren wieder einwandfrei. Nach Anschluss des Hyperantriebs werden wir diese verfluchte Welt hinter uns lassen können. Trotz ihrer augenscheinlichen Schönheit birgt sie tödliche Gefahren. Ich werde sie daher dem Planetaren Rat nicht zur Besiedelung empfehlen. Mein Astrogator hat den Bildschirm wieder zugeschaltet. Gerade geht die Sonne wieder auf…nein, es ist nicht die Sonne, es ist etwas anderes… ewas Großes, Silbernes…große Galaxis! Es sinkt auf uns hinab…es…!“

„Tommy!“, Mrs. Anderson hatte die Faxen dicke. Nie hörte dieser Bengel auf sie. „Ich habe dir schon hundert Mal gesagt, die Marmelade gehört aufs Brötchen! Es wird nicht mit dem Löffel genascht, verstanden?“

„Tommy seufzte. „Ja Mami.“ Gehorsam nahm er den silbernen Löffel mit der Marmelade und klatschte ihn auf das vorgebutterte Brötchen.

Mrs. Anderson ergriff die Schlüssel und bewegte sich Richtung Küchentür. „Ich muss jetzt los, Kinder. Emily, denk bitte daran, nachher die Fenster gut zu schließen. Gestern schwirrte hier ein Marienkäfer herum. Und Kinder, Wenn ihr fertig mit dem Essen seid, stellt bitte die Erdbeermarmelade zurück in den Kühlschrank. Gestern stand sie hier auf dem Tisch herum. Die muss ins Kühle, die schimmelt sonst!“

„Ist gut, Mami!“, rief Tommy, und während sich die Haustür geräuschvoll schloss, nahm er das Glas mit der rotglitzernden Erdbeermarmelade, marschierte damit zum Kühlschrank, öffnete ihn und schob das Glas hinein - und mit ihm den schweren Raumkreuzer Rikkon G’altor, Stolz der Flotte des Planeten G’almorrk, der auf der Spitze eines Fingernagels Platz hatte und nun auf der rotglänzenden, zuckrigen Marmeladen- Oberfläche stand, samt seiner ganzen, winzig kleinen Besatzung.

Unentdeckte Welten

Es ist Freitag Nachmittag. Meine Zeitmaschine ist defekt und zeigt auf dem Display das Jahr 2023 an. Der Navigator lässt erkennen, dass ich auf einem Planeten, der sich „Erde“ nennt gelandet bin. Ich habe schon viele Geschichten von diesem Planeten gehört. Dort wo ich lebe, weiß niemand ob es nur ein Märchen ist, oder ob dieser Planet wirklich existiert.
Ich war schon immer von der Neugierde getrieben und so begab ich mich heimlich auf eine Reise in einer selbstgebauten Zeitmaschine, die auch andere Planeten ansteuern kann.
Ich hatte zuvor schon einige anderen Planeten bereist und nun ist es mir gelungen auf dem Planeten Erde zu landen.
Nun war mir etwas Flau im Magen. Eigentlich wollte ich nur mal kurz einen Blick auf diesen Fleck im Universum werfen, aber da meine Zeitmaschine den Geist aufgegeben hat, wird es wohl ein längerer Aufenthalt. Mal sehen was dieser Ort für Geheimnisse verbirgt. Vielleicht gefällt es mir ja und ich kann hier ein ganz neues Leben für mich entdecken. Immerhin bin ich erst 360 Jahre alt und habe noch nicht sonderlich viel erlebt. Die nächsten 360 Jahre sollten mehr bereithalten , wenn es nach mir geht.

Endlich fühle ich mich Mutig genug meine Kapsel zu verlassen. Ich bewege mich zur Tür und stoße Sie auf.
Das erste was ich sehen kann , ist eine Pracht an Farben. Alles ist Bunt. Seltsame Gewächse ragen auf dem Boden. Sie haben einen braunen breiten Stamm und sind 10 mal so hoch wie ich selbst groß bin und ihr müsst wissen ich bin nicht gerade sehr klein, in meiner Heimat gelte ich als sehr groß. Ich muss schmunzeln, wenn meine Freunde und Familie sehen könnten, was für Größenordnungen hier existieren würden Sie sich erschrecken. Ich hingegen bin begeistert. Meine Augen wandern den Stamm empor, am Ende sehe ich wunderschöne Farben leuchten. Von Rot bis gelb ist alles dabei. Welch eine Farbenpracht sich hier meinen Augen erschließt.
„Die Bewohner die hier leben dürfen müssen begeistert davon sein, in welch einem Paradise sie leben dürfen“, denke ich. Meine Füße verlassen den sicheren Boden meines Gefährtes und berühren das erste mal den Boden der Erde.
Ich höre Geräusche und verstecke mich hinter einem besonders breiten bunten Gewächs. Von der Neugierde getrieben, schaue ich jedoch aufmerksam nach der Quelle der Geräuchkulisse. Eine Gruppe von Erdbewohnern bewegt sich auf dem entfernten Weg, der eher grau ist, im Vergleich zu dem grünen Boden, auf dem ich stehe. Zu meiner Verwunderung schauen diese Wesen nicht aufmerksam nach dieser wunderschönen Umgebung. Sie laufen sehr schnell und scheinen nicht wirklich Notiz von ihrem Umfeld zu nehmen. Die Blicke aller Kreaturen sind gesenkt. Sie starren alle auf eine beleuchtet grelle Oberfläche. Ob Sie krank sind ?? Ich kann mir keinen Reim darauf machen. Meine Beobachtungen gehen weiter. Eine Gestalt aus der Gruppe hat riesige runde Kappen auf den Ohren aus denen laute Töne bis zu mir entweichen. Diese Person scheint nicht nur blind zu sein für die Schönheit der Erde sondern auch taub für die Geräusche die auf diesem Planeten herrschen.
" Traurig, denke ich, "Sie leben in einem wunderschönen Paradies mit wundervoll sanften Tönen, wunderbaren Farben und traumhaft weich beschaffenen Böden und rennen mit dem Kopf gesenkt auf ein leuchtendes Etwas starrend, mit unangenehm lauten Klängen auf den Ohren auf einem grauen harten Untergrund durch diesen schönen Ort.
Die Bewohner sind nun alle vorbeigezogen. Ich kann mich aus meinem Versteck wagen und weiß nun, dass ich nicht auffallen werde, solange ich diese Verhaltensweisen imitiere. So mache ich mich nun auf den Weg und werde mir überlegen, wie ich eines dieser Gestalten aus dieser Situation befreien könnte und Hilfe bekommen kann um meine Zeitmaschine zu reparieren, falls ich Sie wieder brauchen sollte.
Ich spüre das meine Mission länger dauern wird, aber es wird sich lohnen, da bin ich sicher. Der Anfang ist gemacht, also schlendere ich mit gesenktem Kopf in diese neue Welt, kann mir jedoch nicht verkneifen immer mal wieder ehrfürchtig nach oben zu schauen…Auf ins Abenteuer Erde.

Beobachtungsprotokoll zu Exoplanet FIBE 131a (ERDE)

Tag 32:
Der Einheimische schaute mich an wie ein Alien. Seine Sklaven hatten eben das Haus verlassen und ich nahm wie vorgesehen den Erstkontakt auf.
«Wuff!», versuchte ich erneut möglichst genau das Geräusch zu imitieren, mit dem es kommunizierte. Doch wieder sah er mich nur völlig verwirrt an. Ich brauchte eine weitere Idee.
Vor mir stand ein glänzend rotes Gerät mit einem Rüssel als Verlängerung. In den vergangenen Tagen hatte ich gesehen, dass die Sklaven dieses Ding zur Kommunikation mit den Oberhäuptern nutzten. Dort musste man doch nur noch diesen Knopf drücken und dann…
Nichts geschah, irgendetwas hatte ich vergessen. Ich schaute nach, ob etwas in dem Rüssel steckte und womöglich die Luftzufuhr für das Gerät störte, doch bis auf Staub und Haare war nichts zu sehen. Mir fiel ein, dass ein Kabel aus der Hinterseite dieser Maschine immer in einem Loch in der Wand gesteckt hatte. Prompt machte ich es nach und versuchte erneut das Gerät einzuschalten.
Der Einheimische schien das erste Mal zu reagieren. Seine Kommunikationsrute wackelte, was in der Vergangenheit bisher nur in recht angenehmen Situationen passiert ist. Ein gutes Zeichen. Dadurch bestärkt drückte ich den Knopf.
Ein ohrenbetäubendes Rauschen donnerte auf mich ein und ich verlor den Rüssel aus den Händen. Wie ein Wedelmeister ruderte der Einheimische mit seiner Kommunikationsrute hin und her. Schnell griff ich erneut nach dem Verlängerungsrüssel, hielt ihn vor meinen Mund: «Wuff!» Meine Wangen schlabberten nur so hin und her und zu allem Überfluss brachte auch das nicht den gewünschten Erfolg. Zwar pendelte die Kommunikationsroute des Einheimischen jetzt wie eine Wirbelwurst hin und her doch ich konnte auch nach weiteren fünf Versuchen keine andere Reaktion aus ihm herausbekommen.
Über meine Anwesenheit, schien er glücklicherweise nicht sonderlich verärgert zu sein, was mir die Möglichkeit gibt morgen erneut Kontakt aufzunehmen. Heute Abend habe ich nämlich gesehen, wie der Einheimische den Sklaven immer wieder einen Ball brachte, den sie wieder und wieder wegwerfen mussten. Vielleicht bringt mich das ja weiter…

Er war da. Der Junge mit den braunen Locken, den grünen Augen und seinem viel zu großen Pelz. Er trat aus diesem eckigen Ding mit einem Dreieck obendrauf, welches ich durch lange Beobachtung, als „Haus“ – einen Unterschlupf – identifiziert habe. Er war pünktlich, wie jeden Morgen. Und wie jeden Morgen ging er den Weg hinunter, zu einer Sammelstelle von vielen jungen Exemplaren. Sie gingen morgens hin und kamen nachmittags zurück. Und obwohl nie irgendwer glücklich aussah, freuten sie sich doch, wenn sie einander sahen. Nur Mut, redete ich mir zu und stieg von meinem Beobachtungsposten, ich habe ihn lange genug beobachtet, ich kenne seine Bewegungen und Handlungen.
Ich hatte mich bereits transformiert, als ich vor diesem großen Gebäude den Boden betrat. Der Wind war kühl und wehte mir eines dieser bunten, handähnlichen Dinger in das Gesicht. Ich wischte mir das tote Pflanzenteil aus den Augen und ging auf das Gelände. Die jungen dieser Spezies waren laut. Zu laut für mein besonders ausgeprägtes Gehör. Und es waren viele! So viele, dass ich den Jungen nicht mehr ausfindig machen konnte. Während ich nach ihm suchte, ging ich nochmal alles durch. Ich werde der erste sein, der mit dieser Spezies Kontakt aufnahm. Es durfte absolut nichts schief gehen!
Und da sah ich ihn! Er verschwand im Gebäude. Schnell lief ich ihm hinterher und gelangte in eine atemberaubende Halle. Ihre Architektur war gewöhnungsbedürftig, doch diese Eingangshalle übertraf alles, was ich erwartet hatte. Der Junge hielt auf eine Wand mit vielen Zetteln zu. Diese Spezis liebte Zettel, das hatte ich schon früh gelernt.
Ich straffte meine Schultern und ging zu dem Jungen. Als er mich sah blieb ich stehen, streckte meinen linken Arm nach links aus, ebenso wie meinen rechten, den ich auf Augenhöhe hielt und leicht in meine rechte Ellenbeuge sah. Ich wechselte die Seite und trat einen Schritt auf ihn zu: »Was geht, Digga! Alles fresh?«
Der Junge riss die Augen auf, sah sich um, dann musterte er mich verwirrt: »Kennen wir uns?«
»Gib mir nicht so ein side eye!« ich lachte nervös. Hatte ich was falsch gemacht? Das war doch das Begrüßungsritual?
»Du-« der Junge drehte sich den Zetteln wieder zu: »-ich habe keine Zeit für Streiche. Ich muss wissen, wo ich gleich schreibe.«
»Ah, yolo!« ich runzelte die Stirn und sah mir die Schriftzeichen an.
Im Augenwinkel sah ich, wie der Junge grinste, dann prustete er los: »Kannst du das nochmal machen?«
»Digga, wirst du frech? Mach mal auf Lock!« empört sah ich zu ihm: »Darf er so?!«
Er lachte lauter. Und lauter. Die anderen jungen dieser Spezies beobachteten uns, als sie an uns vorbei gingen. Lachen war positiv, wie negativ. Ich konnte nicht einordnen, was diese Lache war.
»Du rettest mir echt noch den Tag« der Junge keuchte: »Du redest nicht wirklich immer so, oder?«
»Doch, Diggi!« meine Zahnräder im Kopf arbeiteten auf Hochtouren. Ich hätte besser die Vokabeln lernen sollen! Ich war doch noch nicht bereit!
Der Junge runzelte die Stirn: »Ich habe dich noch nie gesehen! Wo kommst du her?«
»Ich oxidiere hier so rum« erklärte ich und suchte weiter in meinem imaginären Wörterbuch.
Der Junge verkniff sich ein Lachen: »Okay… Wie heißt du?«
»Was labert der?« was soll das bedeuten? Habe ich etwas verpasst?
Der Junge zog eine belustigte Grimasse. Gut. Seine Lache war gut, nicht böse.
»Wie heißt du?« Fragen mit Gegenfragen beantworten war eine beliebte Fluchtmöglichkeit. Die nutzte ich nun.
»Pascal« erklärte der Junge grinsend.
»Gut, merkel ich mir« versprach ich, doch nun verzog er das Gesicht. Habe ich etwas falsch gemacht? »Cringe.«
»Ja« stimmte mir Pascal zu: »Jetzt wird’s komisch.«
»Um nicht zu sagen „sus“« ich rang mir ein freundliches Lächeln ab, hinter dem ich meine Unsicherheit versteckte.
»Was ist eine Gammelfleischparty?« fragte Pascal auf einmal.
Ich ratterte mein Wörterbuch auf und ab, bis es mir einfiel: »Eine Parte für die Ü-30 Spezies!«
»Jetzt wird es gruselig« Pascal fasste mich an der Schulter und schob mich hinter eine Ecke: »Wer oder was bist du?«
»Wie habe ich mich verraten?« verdutzt ließ ich meine menschliche Hülle fallen und offenbarte mein wirkliches ich. Pascal schnappte nach Luft und starrte nur.
»He!« ich stupste ihn an und fluchte auf meiner Sprache: »Antworte!«
»Kein Schwein aus meiner Generation weiß so wirklich, was eine Gammelfleischparty ist. Außerdem ist es keine Ü-30 Spezies, sondern Menschen oder Personen und dieser übermäßige Gebrauch von Jugendwörtern und dieser Dab am Anfang…« Pascal starrte weiter: »Ähm… Könntest du wieder ein bisschen Menschlicher werden?«
Ich nickte und nahm eine andere Gestalt an, die Pascal ein wenig ähnlich sah.
»Gut. Du bist was? Und wie heißt du?« fragte er.
»Ich wurde von einem fernen Planeten geschickt, nachdem wir eure Goldene Scheibe gefunden haben. Mein Name ist Neepturian Tamrn« erklärte ich und reckte stolz die Brust vor: »Ich habe dich seit über fünf Monaten beobachtet!«
»Meine Güte!« Pascal schüttelte den Kopf: »Voll der Stalker!«
»Isso!« gab ich zurück, auch wenn ich nicht wusste, was er mit Stalker meinte.
Pascal verkniff sich wieder das Lachen: »Okay, du Spaßvogel, bringen wir dir mal richtige Manieren bei!«
»Oh« ich war freudig überrascht: »Du wärst ein richtiger Ehrenmann! Ich will ja nicht wack sein. Oder weird.«
»Mannomann!« Pascal lachte: »Deine Ausdrücke sind echt Bodenlos!«
»Sheesh!«

Expedition zu den bunten, bewohnbaren Riesen

„Hirsprichtdipolizei!“
Das Gewicht eines Menschen ist unfassbar schwer. Das weiß ich aus Erfahrung. Aufpassen wo ich hintrete! Das Grau ihrer Wege ist die perfekte Deckung. Im grauschwarzen Nanoanzug bin ich wunderbar unsichtbar für die bunten Riesen.
„Schlisnsitürenundfenster!“
Aus ihren gigantischen Straßenschiffen dringen Töne, die ich konserviere. Später werden wir sie entschlüsseln. Mit meinen Schwarmschwestern erforsche ich seit wenigen Sonnenumrundungen diesen Teil des Planeten. Die herrschende Spezies hier nennt sich „Mensch.“ Wir konnten ihre Sprache noch nicht vollständig decodieren. Sie bewohnen die Planetenkruste, sind aber auch selbst bewohnbar. In ihrem Inneren lebt eine Vielfalt sympathischer Einzeller. Etwas primitiv, doch auf ihre Weise hübsch und immens lebendig.
„Bitebleibensizuhause!“
Halten sich einige meines Schwarms gleichzeitig innerhalb eines Menschen auf, erhöht dieser seine Temperatur. Es ist, als hätte man auf unserem Schiff die Heizung angedreht. Das ist eine ungeheure Energieverschwendung, doch so ein großes Lebewesen hat vermutlich eine ganz andere Auffassung von Energiebedarf als wir. Diese gastfreundliche Geste ist sehr angenehm, deshalb ziehen wir es vor, innerhalb der Menschen zu forschen und immer seltener Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen.
„Achtensieaufabstand!“
Werden ihnen unsere Besuche unangenehm, kühlen sie ihre Körper extrem herunter und fahren ihre Bewegungsmuster auf Null. Das respektieren wir selbstverständlich und verlassen das Forschungsgebiet.
Leider ist es uns bis jetzt nicht gelungen, Kommunikation mit Menschen aufzunehmen.

Nicht lächeln

„Ohhhh! Wo bin ich da gelandet?“
Ich muss es laut ausgerufen haben. Einige der seltsamen Gestalten, die auf meinem Landeplatz, einer Art Aussichtsplattform herumstehen, nähern sich mir langsam.
„Das ist nicht gut.“
„Was flüsterst du so?“ frage ich mein Implanavi.
„Ich weiß nicht wer die sind.“
„Was soll das heißen, du weißt nicht wer die sind?“
„Diese Typen, zu groß, zu lange schwarze Mäntel, zu schwarz bemalt, Klötze an den Füßen, zu viel Metall …
„Ja, das sehe ich selbst! -Und weiter …
„Ich habe sie nicht auf dem Schirm!“
„Was? Warum nicht?“
„Weil… weil wir auf der Erde sind!“
„Erde? Weißt du was das heißt? Alles außer Erde, sagten sie…sie haben es verboten. Sagten, ich sei dem noch nicht gewachsen! Weiß der Alienteufel warum!“
„Tut mir leid, ich habe mich verbeamt!“
Ehe ich etwas erwidern kann, ist einer der schwarzen Gestalten direkt vor mir.
„Hey! Cooles Kostüm! Hast wohl den falschen Lift erwischt! Die Alienparty ist am Nachbarrooftop. Hier steigt die Gothic Fete. Du verschwindest besser, Blechdosenking!“
Von wegen Blechdose, will ich protestieren. Da springt der Typ neben mich, drückt seinen schwammigen Kopf an meinen. Ekelhaft. „Aber vorher, ein Selfie! Wegen meiner Braut. Die steht auf sowas.“
Er fährt eine dünne Stange aus, an der vorne ein kleines, blinkendes Kästchen befestigt ist. „Nicht lächeln“ ruft er.
Hätte ich sowieso nicht. Erstens kann ich es nicht, denn da wo ich herkomme, wird nicht gelächelt. Und zweitens würde man es nicht sehen, unter der Maske.
Und was überhaupt ist ein Selfie?
Mein Implanavi raunt: „Ein Selbstporträt. Uralt-Abbildungstechnik. Mach einfach mit und lass uns hier schnell verschwinden!“
„Wohin denn?“
„Aufs Nachbarrooftop, die anderen Alien anschauen.“
„Hast du sie noch alle? Das sind doch Menschen. Nur kostümiert. Als Alien.“
„Na und? Sind wir auch! Nur andersherum. Alien kostümiert als Menschen!
Wo ist da der Unterschied!?“

Der Alien ist dem Denglisch sein Tod

„Schönen guten Tag, schön dich kennen zu lernen. Ich heiße Pryxilop. Wie geht es dir heute so? Kann ich Dich begleiten?“ Mein Spiegelbild zwinkert mir zu. „Da sollte doch reichen, um heute den ersten Kontakt zu einem menschlichen Wesen aufzubauen. Mindestens zwei Wochen haben gesagt um auch ein wenig in die Tiefe zu gehen haben Sie gesagt. Pah. Die drei Tage werden auch schon reichen“. Mit mehr Selbstvertrauen als mir gut tut, gehe ich raus auf die Straße und bin bereit meinen Erkundungsmission zu erfüllen. Freund oder Feind, wer sind diese Menschen. Es dauert nicht lange und mein Puls wird schneller. „Ok, Konzentration alter Jupiteraner“. Sie schmeißt mir einen kurzen Blick zu, dem ich nicht widerstehen kann. Ich muss es bei ihr versuchen. „Schönen guten Tag, schön dich kennen zu lernen. Ich heiße Pryxilop. Wie geht es dir heute so? Kann ich Dich begleiten?“

„Hä?“ sie stolpert fast, als ich auf einmal Ihren zügigen Gang neben ihr aufnehme. „Ich hab keinen Euro. Und ich muss ich dringend zu nem Shooting. Bei dem Job geht für mich um Leben und Tod. Also hau ab.“

Oh Gott… eine Schießerei. Ich muss dieser Menschenfrau helfen.“

Ich habe mühe ihren langen Beinen zu folgen. „Ich unterstütze Dich und komme mit Dir“.

„Was? Was bist Du für einer? Kennst Du Dich überhaupt mit Shootings aus?“ Sie bleibt kurz stehen „Bist Du etwa ein Agent?“ Ihren Augen werden groß.

„Iiiich…“

„Wie hat Sie das jetzt so schnell erraten? Ich wurde doch noch nie als intergalaktischer Geheimagent entlarvt“

„Ähm verrat es bitte keinem… und ja ich bin Profi, was Deinen Job angeht.“ Ich zwinkere ihr zu.

Sie geht diesmal noch schneller wieder los „OK, dann komm schnell! Ich hoffe Du lügst mich nicht an. Es ist da um die Ecke“

Als wir in die Lagerhallen kommen, sehe ich sofort, wie ernst es ist.

„Das da ist Jerome de la Fleur.“ Sie zeigt mit dem Finger auf einen Mann „Er ist der Beste weit und breit. Aber das weißt Du ja sicherlich“.

Jerome ist grad dabei einer anderen Frau unter vorgehaltener Waffe befehle zu geben. „Der beste, ja? Das wollen wir doch mal sehen“. Ich ziehe meinen Phaser und richte Ihn auf Jerome. „Ey Jerome, wieso suchst Du Dir nicht einen in Deiner Größe Du Weltraumabschaum“. Sein erstauntes Gesicht ist das letzte was man von ihm sieht bevor ich ihn vaporisiere. Dann geht es schnell. Gekreische dröhnt in meinen Ohren. Ich sehe die Handtasche zu spät auf mein Gesicht zukommen. Als ich wieder zu mir komme ist die Lagerhalle leer. Ich höre Sirenen.

„Pryxilop an Basis: Die Menschen sind als besonders aggressiv einzuordnen. Spezies muss vor Übernahme des Planeten unbedingt ausgelöscht werden“

Im wahrsten Sinn des Wortes

Das war eine knappe Landung.
Bruchlandung, korrigierte mein Menschen-Gedanken-Übersetzer.
Fein, fein. Er würde das letzte Wort behalten - den letzten Gedanken - jaja. Diese Feinjustierungen auf neue Lebensformen gingen nie ohne Probleme vor sich.
Ich setzte den Fuß nach draußen. Neue Welt, neues Glück!, rumpelte es bis hoch in meine Tentakel. Nun kamen die Phrasen. Dieser Planet würde meine Selbstbeherrschung bis zum äußersten strapazieren.
Einen Schritt nach dem anderen. Ach herrje.
Doch was war das für eine Welt? Ich hatte von grünen Pflanzen und blauem Wasser gelesen. Aber die Erde war aufgerissen, der Boden in Aschefarbe getaucht ebenso die Wände der Behausungen. Nachts sind alle Katzen grau. Bei den Gestirnen, was hatte das damit zu tun? Und da sah ich sie. Die bunten Geschöpfe, die sich Menschen nannten, die an den tristen Klotzbauten vorbeieilten, nach … ja wonach suchten sie wohl?
Rushhour!
Sie suchten nach der Rushhour des Lebens, gewiss gab es nur noch wenig davon, ihre kurzen Beinchen flitzten - der Letzte wird leer ausgehen. Ja, so war es wohl überall im Universum. Ein Wesen stoppte über mir.
»Sag mal, spinnt dein Handy oder dein Hirn?« Die Dinge an seinem Leib – Kleider machen Leute - waren grauer als die Wände, wie in ein Wurmloch gefallen. Schwarz. Ich erzitterte.
»Ich bin auf einen kurzen Besuch hier«, fiepte ich mithilfe des Gedankenautomats. Nicht zu antworten, wäre unhöflich, hatte ich vernommen. Gute Manieren bestimmen das halbe Leben. Das hörte sich falsch an.
Kopfschüttelnd drehte der Mensch sich um. »Die Irren kriechen jetzt schon am Tag vor Halloween aus ihren Kapseln.«
Das ist der Anfang vom Ende. Wenn du das sagst. Mein Kopf drohte zu explodieren. Wie viele Weisheiten konnte eine Welt besitzen?

Abbruch! Abbruch!

Welch primitive Spezies sie doch sind diese Menschen. Schon seit langem beobachten wir sie und doch gibt ihr Verhalten uns unheimlich viele Rätsel auf. Diese lächerliche goldene Scheibe, die ihr losgeschickt habt, um Kontakt mit Außerirdischen zu suchen, allein schon das Wort, euch ist schon klar, welch winziges Sandkorn ihr im Universum seid, oder? Aber im Ernst, wir haben ewig gebraucht ein Gerät zu finden, dass diese rückständige Technik überhaupt entziffern konnte.

Egal jetzt sitze ich hier, mitten unter euch, in einer Sportsbar und versuche zu begreifen, warum 22 erwachsene Männer wie dressierte Affen einem Stück Leder hinterherrennen. Gestern war ich in einem Nightclub. Ist das eigentlich euer Ernst? Eure Regierungen hauen sich wegen nichts und wieder nichts den Schädel ein, ihr bekommt eure Gesellschaft nicht auf die Kette und euer Planet liegt im Sterben, aber ihr habt nichts besseres zu tun, als bei viel zu lautem Krawall, in viel zu schlüpfrigen Outfits, herumzuzappeln als hättet ihr einen Anfall? Bekommt doch erstmal was auf die Reihe, dann habt ihr auch einen Grund zum feiern. Aber was will man von einem Volk erwarten, das sich, wo immer es sich befindet, meint selbst blitzdingsen muss.

Okay, es wird Zeit diese andere Aktivität auszuprobieren, sie nennen es wohl “einkaufen”. Da ein kleines Mädchen gibt das interstellare Zeichen gesprächsbereit zu sein.

“Hallo kleine Dame”, beginne ich und erkundige mich über den höheren Zweck der vielen weißen Rollen im Wagen ihrer Mutter. “Ach, das ist Klopapier. Um uns den Popo abzuwischen, wenn wir groß gemacht haben”, erklärt sie. Meiner Bitte um weitere Ausführungen folgend, erläutert sie mir auch, was dieses “groß” denn sei und warum man “hamstert”.

“Wir sind alle bereit für Ihr Zeichen, alle Shuttle zur Kontaktaufnahme stehen bereit”, gibt mir der Commander per Intercom zu verstehen. Sie warten auf meinen Bericht, ob die Menschen als Teil unserer Intergalaktischen Vereinigung aufgenommen werden können. Ich antworte mit nur zwei Worten: “Abbruch! Abbruch!”

Forschungprotokoll Theaschd Mudschd - 1. Tag

Flug, Landung ohne Probleme, Erstkontakt erfolgt. [ergänzen]

Erkenntnisse:

  • zwei Spezies beobachtet, die miteinander verwandt sein müssen, auch wenn deutliche Unterschiede bestehen.
  • Spezies 1 trägt Fell, darüber hinaus keine weitere Körperbedeckung, ernährt sich von Früchten, Gruppenstruktur mit Hierarchie, Junge werden liebevoll betreut, gegenseitige ausdauernde Körperpflege, wenig Sprache, viel Gestik. Erste Kontaktaufnahme durch Teilen einer länglichen, gelben Frucht.
  • Spezies 2 ist unbehaart, trägt (vermutlich zum Schutz) verschiedenste Arten von Körperbedeckung, ernährt sich überwiegend im Gehen von Dingen in Tüten, Boxen, Folie (vielleicht zu Transportzwecken), Hierarchie nicht eindeutig bestimmbar, wechselnde Gruppenkonstellationen, anscheinend mehr junge Exemplare als bei Spezies 1, insgesamt deutlich aufmerksamer, neugieriger, aber auch lauter, mehr Sprache als Gestik, Kommunikation scheint viel Raum einzunehmen. Annäherung durch örtliche Limitation zunächst nicht möglich. [ggf. noch erklären]

Nächste Schritte:

  • Landeplatz nach Protokoll Beta/terra/teta sichern.
  • Bisherige Vermutungen mittels Earth-Terra-Software überprüfen.
  • Kommunikative Annäherung einleiten, hierfür zunächst folgende Sprachpassagen mit dem Übersetzer analysieren:
    „Uh uh uh, ah ah.“ [Spezies 1]
    „Mama, ist das da ein Ufo im Gorillakäfig?“ [Spezies 2]

Fan-Fiction

„Ich habe genug gesehen! Wir landen.“ Die Brückenbesatzung starrt mich an, trotzdem widerspricht keiner. Feiglinge. Sie würden sicher weitere drei Rahn damit vergeuden zu warten – sie nennen das beobachten und lernen. Aber wir wurden geschickt, um zu erobern, nicht um zu gaffen. Meine Meinung. Und ich bin nun mal der Chef.
„Hier im Sektor X3Z7 sind einige Anführer der Erdrasse zusammengekommen. Dort landen wir und geben die Bedingungen für ihr Überleben bekannt.“

Mit dem Atmosphärenshuttle sind wir kurz darauf am Boden. Die erwartete Massenpanik beim Anblick des Gleiters war ausgeblieben, umso schneller würden sich die Formalitäten erledigen lassen.
Zwei uniformierte Vertreter der Erdrasse kommen in meine Richtung, einer davon hat seltsame Falten im Gesicht. Dergleichen ist mir bisher nie aufgefallen.
„Wer seid ihr?“ Der Faltentyp mit seiner gelben Montur starrt mich an und sagt „Meinst du jetzt nicht ernst, oder?“.
„Komm schon, lass uns mitspielen“, meint der in der roten Uniform und dreht sich zu mir. „Mein Name ist Captain Jean-Luc Picard, Kommandeur der USS Enterprise. Und das hier ist Lt. Worff, der Sicherheitsoffizier.“ Er deutet auf Faltenkopf.
USS Enterprise? Egal. „Mein Name ist Besluran und ich leite die Annektion des Minenplaneten R562-Mura, also diesem hier. Seid ihr befugt über die Bedingungen der Kapitulation und Unterwerfung zu verhandeln?“
„Welche Folge soll das denn sein? Habe ich noch nie von gehört und ich kenne die echt alle.“ Der Faltenmann nervt langsam. Trotzdem verneige ich mich knapp und ergänze meine Vorstellung. Normalerweise wissen diese unterentwickelten Völker nichts von unseren Familienfolgen, aber es steht jedem zu über die Stammfolgen informiert zu werden. Das gebietet die Ehre.
„Meine Name ist Besluran aus der Folge der Beslurehen, dritter A´Mangate der fünften Maskuppe und direkter Enfitrus der hochgeehrten Miosunata aus der Folge der Berungnata.“ Während des Sprechens richte ich mich immer weiter auf und bin etwas entsetzt in den Gesichtern keine Spur von Ehrfurcht zu erkennen.
Der Rote hebt die Mundwinkel und sagt „Willkommen auf der Erde“ und der Gelbe faselt was von „falscher Film“ und „dämlicher Fan-Fiction“. Ich funkele ihn an, er wird auf jeden Fall als erster in die Minen gesteckt.
Der Blick scheint zu wirken. „Na gut, na gut. Ich bin Klingone, Sohn des Mogh und stamme vom Planeten Kronos, geeint durch Kahless und geführt durch den Hohen Rat.“
Was? Faltengesicht gehört nicht der Erdrasse an? Das könnte alles ändern. Das achte Statut gibt eindeutig vor, dass nur Planetoiden annektiert werden dürfen, deren Bewohner nicht raumfahrtfähig sind.
Ich hake nach. Der rot Uniformierte sieht begeistert aus. „Ja genau. Die Vereinigte Föderation der Planeten besteht aus 150 Mitgliedswelten und über 1000 Kolonien. Wir alle haben uns zusammengeschlossen, um gegenseitigen Nutzen in den Bereichen Wissenschaft, Kultur und Verteidigung zu ziehen.“
Bei Jecksus! Das durfte nicht wahr sein. Wie konnte mir das entgangen sein?! Ich muss sofort hier weg. Ein Verstoß gegen das achte Statut wurde streng bestraft.
„Ich muss los. Ihr wisst ja, falscher Film und so…“ Künftig werde ich doch besser und länger recherchieren. Die beiden schauen mir nach. Kurz bevor sich die Shuttletür mit einem Zischen schließt, höre ich „…komischer Kerl, aber das Kostüm war genial…“.

Auftrag: Smaltalk

»Hi. Ich bin Kensy«, sage ich zu dem schmalen Ding, das auf dem Brückengeländer hockt und mit trüben Augen nach unten auf das Wasser guckt. Seine Haut ist bleich. Die Lippen rissig und trocken. Dieses Exemplar Mensch sieht irgendwie defekt aus.
»Mmpf«, macht es, ohne die Lippen zu bewegen. Im Grunde genommen bewegt es sich gar nicht. Es versinkt beinahe in einem Berg aus dickem, schwarzen Stoff. Ein Teil davon bedeckt sogar seinen Kopf.
»Wie heißt du?«, hake ich nach, klettere ungelenk über das Geländer und rutsche dichter an das defekte Exemplar heran. Kann man Menschen reparieren? In der Unterrichtsstunde über ihre physische Konstitution habe ich geschlafen. Ich habe überhaupt ziemlich viele Themenbereich verschlafen, fürchte ich.
»Toby«, murmelt der dünne, blasse Mensch und wirft mir endlich einen kleinen Seitenblick zu. Nett schaut er nicht. Eher genervt. Ich lächle breit. Das empfinden sie als nett, glaube ich. Lächeln haben wir geübt. Aber so, wie Toby gerade guckt, mache ich es bestimmt falsch. Er rutscht ein wenig von mir weg.
»Bist du öfter hier?«, frage ich und versuche seine Haltung nachzumachen. Etwas weniger Körperspannung. Etwas buckeliger. Himmel, ist das anstrengend.
»Mmpf«
Wieder dieses Geräusch, das ich nicht zuordnen kann. Ich mache mir im Kopf eine kleine Notiz, nachzufragen, was das heißt.
»Ich bin gern hier, weil es ruhig ist.« Tobys Stimme klingt ein bisschen kratzig, wenn er so viele Wörter hintereinander sagt. Aber schön. Ich mag seine Stimme. Sie bringt irgendein komisches Teil meines menschlichen Körpers dazu, wohlig zu vibrieren. Tief im Bauch wird es warm und in meinem Kopf prickelt es ein bisschen. Toby guckt mich an und sein Mundwinkel zuckt ein bisschen. »Also normalerweise ist es ruhig. Heute bist du ja da.«
»Soll ich den Mund halten?«, frage ich sofort, lehne mich ein bisschen nach vorn, damit ich besser in sein Gesicht gucken kann. Einen Moment lang zögert er und schüttelt dann den Kopf.
»Ich glaub nicht.« Er verhakt die Füße im Geländer und drückt den Rücken ein bisschen durch. Das riesige Stoffteil, das den Eindruck macht, als hätte es heute Morgen versucht, ihn zu fressen und irgendwann eingesehen, dass er zu groß ist, und aufgegeben, verrutscht und gewährt mir einen ersten, richtigen Blick auf sein Gesicht. Ich finde ihn immer noch zu blass und die dunklen Ringe unter seinen Augen sehen irgendwie auch nicht so aus, wie auf den Schaubildern für intakte menschliche Exemplare. Dafür sind seine Wimpern sehr schön. Und die Farbe um die schwarze Pupille herum. Ein bisschen so wie das Wasser unter uns.
»Wie war doch gleich dein Name?«, fragt Toby und schaut mir direkt ins Gesicht.
»Kensy«, wiederhole ich und versuche noch einmal zu lächeln, so wie ich es gelernt habe. Toby macht ein merkwürdiges Geräusch. Eine komische Mischung aus Niesen, Lachen und irgendwas anderem, was in den Videos nicht gezeigt wurde. Keine Ahnung, was das war. Vielleicht ist er wirklich schlimm defekt. Aber er lächelt jetzt. Und sieht dabei irgendwie alles andere als kaputt aus.
»Schön, dich kennen zu lernen, Kensy«, sagt er, streckt die Hand aus und nimmt meine. Er schüttelt sie ein bisschen und schaut mich dabei mit hochgezogener Augenbraue an. Wohl wieder etwas, wo ich geschlafen habe. Keine Ahnung, was er da macht, aber seine Hand ist super warm. Und mein Kopf super prickelig. Und er grinst schon wieder.
»Würd mich freuen, wenn du morgen wieder meine Ruhe störst, Kensy.«
Er schwingt sich über das Geländer, hebt die Hand, dreht sich um und marschiert dann mit großen Schritten davon. Ich bleibe zurück, starre auf meine Hand, die noch immer kribbelt und spüre, wie sich meine Mundwinkel nach oben ziehen. So also geht richtiges Lächeln. Gar nicht so schwer.

Die Sonne blendete mich. Ich kniff die Augen zusammen. Unser Planet war nicht ansatzweise so hell wie dieser. Sie nannten ihn Erde. Er wäre ein Refugium für die Überlebenden der Katastrophe, nach dem die lokale Fauna ersetzt worden wäre. Vor drei Tagen war ich auf diesem Planeten angekommen und heute durfte ich, zum ersten Mal die Basis verlassen, um Kontakt mit der ansässigen Spezies herzustellen. Ich ging langsam in Richtung des rissigen schwarzen Steins über den kontinuierlich bunte glänzende Transportmittel rollten. Ein rotes Exemplar hielt direkt vor mir und eine offenbar weibliche Person stieg aus. Fasziniert betrachtete ich sie, die unserer Spezies unglaublich ähnelte. Historiker glauben, dass ein Schiff unserer Vorfahren einst auf diesem Planeten abgestürzt war und sich aus deren Nachfahren die menschliche Zivilisation gebildet hatte, was erklärte, warum unsere DNS nahezu identisch war.

„Warum starren sie mich an?“, meldete sich nun das Weibchen zu Wort.

„Verzeihen sie, aber ich finde diese Linien in ihrem Gesicht faszinierend.“

„Meine Falten?“, fragte sie verwirrt. „Nun, die bekommt man in meinem Alter leicht.“

„Dürfte ich sie dann nach ihrem Alter fragen?“ Sie zog erst scharf die Luft ein, bevor sie sich anders entschied und ein Lächeln ihre Lippen umspielte. „Sie sind aber frech. Man fragt eine Lady doch nicht nach ihrem Alter. Aber, wenn sie es unbedingt wissen möchten ich bin siebenundsechzig.“, antwortete sie kichernd. Sie schien also ein Kind zu sein schlussfolgerte ich und dachte an mein eigenes Alter von noch jungen, aber schon erwachsenen, 3014 Jahren.

„Haben alle Kinder bei ihnen Falten? Und könnte ich mit einem Erwachsenen sprechen?“, fragte ich voller Wissbegierde.

„Ähm… Ich bin eine Erwachsene. Und Kinder haben bei uns keine Falten.“, antwortete sie mit anscheinend leicht verstörter Miene, unsicher darüber ob ich einen Scherz gemacht hatte.

„Ist das eine Art Spiel?“, fragte ich. „Ich habe gehört, dass Kinder sehr gerne spielen auf diesem Planeten. Bring mich jetzt zu deinen Eltern, ja Kleine?“, ich versuchte eine möglichst ruhige kinderfreundliche Stimme zu verwenden.

„Was fällt ihnen einen? Sie sind ja irre.“, schrie das Weibchen und stieg wieder in ihr Fortbewegungsmittel, um davonzufahren. An diesem Tag hatte ich meine erste menschliche Konversation. Und es war auch der Tag an dem ich begriff, dass ich noch viel zu lernen hatte.

Luft, Licht und Liebe

Wir sind mitten unter Euch.
Und wir sehen aus wie ihr, sind aber ganz anders, denn wir leben von Luft, Licht und Liebe.
Das Problem mit der Liebe ist, dass wir immer mehr werden und uns unser eigener Planet nicht mehr ausreicht.
Euer Planet ist ein idealer neuer Lebensraum für uns. Hier gibt es Sonnenlicht und ausreichend CO2 in ständig zunehmender Konzentration. Wir sind hier, um zu prüfen, ob eine Koexistenz mit Euch Menschen möglich ist.

Unsere Gestalt wurde an euch angepasst.
Ich habe mich für die männliche Variante entschieden. Als Vorlage für meinen Körper dienten Fachzeitschriften, die hauptsächlich von weiblichen Exemplaren gelesen werden.
Meine neue Köperform verursacht jedoch einige Unannehmlichkeiten. So muss ich deswegen manchmal essen, wenn Photosynthese nicht möglich ist, und schlafen. Dazu habe ich ein Haus in einer Stadt bezogen.
Der Vorteil dieses Hauses ist, dass man von dort aus unkompliziert die Menschen erforschen kann. So scheint es ganz normal zu sein, sich vor dem Haus in einer halbaufrechten Position in die Sonne zu legen, CO2 aufzunehmen und die Nachbarn zu beobachten.

Dabei habe ich die Frau aus dem Nachbarhaus kennengelernt. Aufgefallen war sie mir, weil sie immer ein sehr altes Auto mit hervorragendem CO2-Ausstoß vor meinem Haus parkte. Ich habe ihr dankend zugenickt und wir sind in ein Gespräch gekommen. Seitdem empfinde ich Freude mich mit ihr zu unterhalten und suche Gründe sie zu treffen.
Diese unzulässige Individualisierung halte ich vor meinem Kollektiv geheim.

Heute habe ich sie zu mir eingeladen. Meiner Spezies gegenüber habe ich dazu angegeben, dass ich ihr Nahrungsverhalten analysieren werde. Im Internet gibt es glücklicherweise genaue Anweisungen für korrektes Verhalten in solchen Situationen und für die Zubereitung der Nahrung.
Elegant angezogen, warte ich auf ihr Eintreffen.

Es klingelt und ich öffne die Tür.
Sie steht vor mir. Nur ein kurzes Kleidchen bedeckt ihren Körper, über Arme und Beine kann sie weiter gut Licht aufnehmen. „Hallo, wollen wir uns nochmal kurz in die Sonne setzen?“, frage ich.
„Mir ist es zu kalt draußen.“, sagt sie und überreicht mir Pflanzen. Die Übergabe dieser toten Nahrungskonkurrenten interpretiere ich als Zeichen der Wertschätzung.

Ich gehe hinter ihr her. Mein Körper reagiert merkwürdig. Die Kurven unter ihrem Kleid machen ihn nervös. Sie heißt Helena. Aus einschlägiger Literatur weiß ich, dass ist die Sorte Frau, um die die Menschen kämpfen. Langsam verstehe ich, warum.

Der Weg aus Kerzen führt uns ins Zimmer mit dem gedeckten Tisch.
„Das hast du alles für mich gemacht? Wie romantisch!“
Eine kaum kontrollierbare Interaktion meines Körpers mit meinem außerirdischen Selbst, lässt in mir den dringenden Wunsch aufkeimen, Helena zu berühren. Aber ich fürchte, das wäre gegen die Etikette.
So schaue ich sie nur an und sage: „Es freut mich, dass es dir gefällt.“
Nach einer Weile merke ich, dass ich sie noch immer ansehe. Irritiert überlege ich, was als Nächstes zu tun ist.

Da stellt sie sich auf ihre Zehenspitzen und berührt meine Lippen mit ihren. Ich merke deutliche Körperreaktionen bei mir. Offenbar ist dies mit einem Kontrollverlust im Gehirn verbunden, denn ich kann mich nicht mehr zurückhalten und berühre ihre Haut. Diese ist sanfter und wärmer, als von mir erwartet. Vielleicht kann ich das Weitergleiten meiner Hände ja mit meinem Forschungsauftrag rechtfertigen?

„Können wir das bitte nochmal wiederholen?“, frage ich nachdem der Kuss beendet ist.
Sie lächelt mich an und kommt näher.

Mein Entschluss steht fest. Ich werde empfehlen mit den Menschen zusammen zu leben. Schließlich leben wir ja auch für die Liebe.

Ich hasse Umleitungen. Irgendwo war ich falsch abgebogen, hatte ein Schild auf der interstellaren Schnellstraße übersehen oder das Navi ignoriert. Fakt war, ich hatte mich verfranzt, weshalb ich auf dem nächstbesten Planeten nach dem Weg fragen wollte.
Mit geöffnetem Verdeck hielt ich im Gleitflug auf eine Siedlung zu und umkreiste sie zweimal, wie es die galaktischen Statuten bei der Annäherung an eine niedere Zivilisation vorschrieb. Um nicht mehr Aufmerksamkeit auszulösen, als unbedingt nötig, landete ich schließlich im Wendehammer einer friedlichen Sackgasse.
„Hey!“, rief ich zwei Aliens zu. „Könnt ich mir sagen wie ich nach Lydkif komme?“
Während das eindeutig ausgewachsene Exemplar mich wortlos anstarrte, brabbelte seine kindliche Begleitung munter drauf los. „Bist du ein Außerirdischer? Ist das ein Raumschiff? Fliegst du damit im All rum?“
„Ähm … ja, ja und ja.“
„Cool! Gibt es mehr von dir? Sind die alle pink? Haben die alle so große Augen?“
„Also – ja, ja und ja.“
„Ist du gerne Schokolade? Kannst du tanzen? Magst du Katzen?“
„Jaaa?“ Vermutlich.
„Darf ich mitfliegen?“
„Von mir aus.“ Hilflos sah ich das größere Alien an.
„Darf ich? Darf ich? Darf ich?“
„Heute nicht“ murmelt das erwachsene Exemplar.
„Och Menno, nie darf ich mitfliegen …“