Seitenwind Woche 10: Parodie

Die alltäglichen Probleme des Lebens

„Der Klimawandel hat uns voll im Griff“, sagte der gut gekleidete Herr, im mittleren Alter, zu seinem Gegenüber vor dem Schickimickicafe`.
„Da gebe ich dir recht,“ antworte dieser. „Es ist Ende Oktober und ich sitze hier draußen im Lacoste-Shirt und schwitze wie in der Mukibude.“
„Mein Anzug ist auch schon durchgeweicht vom Schweiß, aber ohne ihn fühle ich mich irgendwie nackt, da schwitze ich lieber,“ gibt der andere zurück.

Die beiden Herren unterhalten sich über die neusten Modetrends der Männermode. Nach einiger Zeit tritt eine Dame, in ihrem Alter an den Tisch. Sie ist schlank, auffallend elegant gekleidet. Ihr gefärbtes, blondes Haar, fällt gestylt über ihre sonnenbankgebräunten Schultern. Viel Schminke, überlange, unnatürliche Wimpern und ein silikonverstärkter Busen schmücken ihren Körper. Begleitet wird sie von einem kleinen Rassehund, dessen Fell frisch getrimmt wurde. In diesem befinden sich viele rosa Haarspangen, mit Steinchen besetzt. Sein Halsband funkelt mit glitzernden Steinchen, wie ein Tannenbaum im Sonnenlicht. Sie setzt sich zu den beiden Männern und begrüßt sie mit Küsschen rechts und links auf die Wangen.
„Hatte ich heute einen anstrengenden Tag. Ich bin völlig fertig. Heute morgen um 9 Uhr hatte ich meinen Friseurtermin, danach war ich bei der Fußpflege. Die haben einen wunderschönen neuen Nagellack. Ich konnte ihm nicht wiedersehen. Schaut mal!“
Schnell streift sie ihre teuren Schuhe, die mit der roten Sohle, von den Füssen und legt diese auf den Tisch.
„Ist der nicht fantastisch? Ich bin total begeistert. Ach ja, danach war ich bei der Schönheitspflege und habe mir das Gesicht peelen lassen. Ich fühl mich jetzt mindestens 10 Jahre jünger. Danach war ich noch im Fitnessraum bei mir. Och, der junge private Trainer, den ich jetzt habe, der ist so toll und wie der aussieht. Nach dem leck ich mir die Finger ab. Unglaublich, schade, der ist arm, sonst würde das mein 4 Ehemann werden, dass kann ich euch versprechen.“

Bei jedem, der an dem Tisch vorbeigeht, fängt ihr Hündchen an zu bellen und heute gehen viele Menschen an dem Tisch vorbei. Er kläfft ohne Pause. Doch ihr scheint dieses egal zu sein. Sie erhebt ihre Stimme und spricht einfach lauter, mit den beiden Männern.

„Dann wollte ich noch zu meiner besten Freundin fahren, doch mein Chauffeur hat heute frei, das hab ich ganz vergessen, denn er fährt mich immer zu ihr, wir trinken dort immer ein, zwei Gläschen Champagner und ich fahr kein Auto, wenn ich getrunken habe. Also hab ich ein Taxi bestellt. Ich bin völlig überrascht, das ging auch. Das Schlimme war nur, ich bin beim Aussteigen mit Chanel, meiner kleinen, lieben Hündin, irgendwie hängen geblieben und hab mir den Fingernagel abgebrochen. Meine Maniküre ist zu mir gekommen und hat den Schaden behoben. Bei dem warmen Wetter, war ich im Anschluß natürlich völlig verschwitzt, ich mußte noch ein Bad nehmen. Aber jetzt bin ich ja da und wie war euer Tag?“

Der Mann im T-shirt schaut sie an:
„Willst du das wirklich wissen?
„Aber ja doch, ihr beiden seit doch meine besten Freunde!“
„Ganz ehrlich, ich weiß nicht, was ich machen soll, ich hab ein richtig übles Problem. Ich werde mehr oder weniger erpresst!“
„Wie bitte,“ fragt ihn die Frau.
„Ja, ich habe einen BIO-Gänsehof und letztes Jahr bin ich durch Corona und die Schließung aller Lokale, auf meinen. Biogänsen erst sitzen geblieben. Ich hatte Glück, ein Fleisch-Konzern ist auf mein Produkt aufmerksam geworden und hat mir vor Weihnachten alle Gänse abgekauft und einen Vertrag für 5 Jahre mit mir abgeschlossen. Dieses Jahr wollten sie alle meine Gänse vor Stankt Martin haben und ich hab schon letzte Woche geliefert. Heute Morgen der Anruf. Sie wollen nochmal 9 Tonnen Biogänse von mir haben, bis Weihnachten oder sie lösen den Vertrag auf, den sie letztes Jahr mit mir abgeschlossen haben und zerren mich vor den Kadi. Ich müsste Regress zahlen und wäre pleite. Zuerst dachte ich, die spinnen und hab über die Drohung gelacht, aber meine Frauhat mir den Vertrag vorgelesen. Ich muß liefern, hab das Kleingedruckte nicht beachtet. Ich hab nur keine 9 Tonnen Biogänse mehr. Keine Ahnung wie ich aus dem Schlamassel raus komme.“
Die Blondine lachte nur: „Ich schon, oder gibt es ein Gesetz, wie lange Gänse auf einem Biohof leben müssen, damit man sie Biogänse nennen darf. Kauf dir 9 Tonnen Gänse, lass sie einen Tag auf deine Wiese und du hast neun Tonnen Biogänse! Ein abgebrochener Fingernagel ist ein wirklich schlimmeres Problem.“

Aus meinem noch unfertigen Roman

Nachdem Makris mich aufgeklärt, und ich Milena in mein Bett gelegt habe, setzen wir uns. Etwas verlegen nippt er an seinem Whisky, den ich ihm kurz zuvor gereicht habe.
„Was ich Ihnen jetzt erzähle Graf, bleibt bitte unter uns. Also“, er dreht sein Glas gedankenverloren um dessen eigene Achse. „Ich war in meiner Zeit als Student auf der Hochzeit meines besten Freundes eingeladen, und ich kann Ihnen versichern, wir haben nicht ins Glas gespuckt. Es war ein herrliches Fest“, murmelt er geistesabwesend. „Gegen drei Uhr morgens war das Spektakel dann vorbei und ich war nicht der Letzte, der das Lokal verlassen hat. Nein, ich war in Begleitung der süßen Kellnerin, die mir schon den ganzen Abend süße verheißungsvolle Blicke zugeworfen hatte. Nun, was soll ich sagen, es kam so, wie es kommen sollte. Ich begleitete sie zu ihrem Auto – mehr torkelnd als aufrecht zu gehen. Und im Scheinwerferlicht der Laterne ist sie dann über mich hergefallen. Oder ich über sie. Ich weiß es nicht mehr. Wie dem auch sei, wurden wir mitten drin, - ich war in ihr, - und wie tief -, wurden wir grob auseinandergerissen. Es war ihr Verlobter, der tobte wie ein Gorillamännchen, dessen Weibchen verbotener Weise von einem Kontrahenten begattet wurde. Kurz und gut, ich bekam seine Faust zu spüren und mein paarungsbereites Gorillaweibchen wurde ins Auto gedrängt, und weg waren sie. Ich stand mit blutiger Nase und heraushängendem Lümmel unter der Laterne, und sah meinem abrupt endenden Abenteuer hinterher. Da passierte es. Von der Laterne angestrahlt, musste mein Lümmel wie eine leckere Bockwurst ausgesehen haben. Denn über dem Parkplatz kam ein Hund, fragen Sie mich nicht nach der Rasse, dafür war ich zu besoffen und zu geschockt über das was geschah, auf mich zugestürmt und biss zu. Mein verdammtes Glück im Unglück bestand darin, dass der Besitzer dieses Hundes, gleich zur Stelle war, und ihn von meinem zerfetzten Stück Frauenflüsterer gerissen hat. Ein Teil hing noch im Maul des Untiers und konnte gerettet werden. Im Krankenhaus hat man mich wieder zusammengeflickt, doch meine Gefühlsnerven waren für immer zerstört. Nun wissen Sie Bescheid, Graf! Wenn ich noch über derartig lüsterne Gefühle verfüge, dann in meinem Kopf, aber nicht in meinem verhunzten Lümmel. Und einer Patientin gegenüber ist es ein Ehrenkodex, nicht erlaubt, derartig unmoralische Kontaktaufnahmen in Bewegung zu setzen.“
In erschaudernder Weise sehe ich Makris bildlich mit heruntergezogener Hose und baumelnd angeleuchteter Erektion, bzw. Bockwurst, auf dem Parkplatz stehen und stelle mir sein Aufschrei vor, als der Hund zubeißt. Das unvermittelte Auftreten dieser Bilder, lässt mich erzittern, ja fast selbst aufheulen, über den Schmerz den er ertragen musste. Es müssen Schmerzen gewesen sein, die ich mir nicht vorstellen kann und auch nie erleiden möchte. Meine Reaktion, die ich ihm mit Worten mitteile, fällt dementsprechend auch mitfühlend geschockt aus.
„Himmel, wie schrecklich! Das tut mir leid für Sie. Und da ist nichts mehr zu machen, Ihr Teil ist zu nichts mehr zu gebrauchen?!“
„Doch, zum Pinkeln!“, sagt Makris

ZNA

„Maria,… Maria,… Maria wo bist du?“, schallt es durch die Flure.

Ich liege auf der Seite und starre die Mücke an, die an der Heizung sitzt und von bemerkenswerter Größe ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals eine so große Mücke gesehen zu haben. Frage mich zwangsläufig, ob sie wohl eben den Mann gestochen haben mag, der zwei Vorhänge weiter vor sich hin stöhnt. Was quält ihn, schließlich hat er die ganze Nacht gestöhnt? Wird die Mücke mich gleich stechen und seine Krankheit übertragen?

Stimmengewirr. Ein Pfleger betritt den Raum und wendet sich dem Mann hinter den Vorhängen zu. Er will wohl mit einem Ohrthermometer Fieber messen. „Na dann wollen wir doch mal sehen, ob sie Flausen im Kopf haben“. Der Mann hinter den Vorhängen findet es ebenso wenig witzig wie ich - man hört nur Gegrummel.

„Maria,… Maria,…mir tut alles weh“. "

Ihre Thrombosespritze bekommen sie jetzt auch noch", höre ich den Pfleger sagen, sehen kann ich nichts. „Na dann passen sie mal auf, dass da jetzt beim Trinken kein Wasser aus dem Loch rausläuft“ - noch eine Witzrakete seitens des geschulten Pflegepersonals. Seit 12 Stunden liege ich in einem Raum der Notaufnahme und frage mich, ob das wirklich nötig gewesen ist. Der Rettungssanitäter hatte der Bildschirmdiagonale meines Flatscreens zuhause auch mehr Aufmerksamkeit geschenkt als meinen Vitalfunktionen - „Wie viel sind das, 60 Zoll? Das ist doch mal ein Fernseher“, staunte er seinen Kollegen an. „Ich habe zuhause nur 143 cm“. „Mehr sind das auch nicht“, stöhne ich zurück. „Viel mehr Sorgen machen mir die 110 beim Blutdruck“, klage ich. Durfte dann auch gleich sitzend, aber mit Blaulicht meine kleine Reise in die Notaufnahme antreten.

„Maria,…Maria,… Maria ich will nach Hause“.

Bei der Vorfahrt vor dem Zugang der Notaufnahme konnte ich drei weiß bekittelte Männer sehen, „Oha“, denke ich „das Empfangskomitee“ und warte, dass der Rettungswagen zum Stehen kommt. „Ist ja wie in den amerikanischen Filmen“.

Türen gehen auf, abschnallen und raustreten. Leider muss ich feststellen, dass die drei Herren nicht auf meinen Notfall gewartet hatten, sondern ihrer Nikotinsucht frönten.

Nicht viel los um 23.30 Uhr in der Notaufnahme. Dennoch bekam ich nur ein Bett im Flur über das schnell ein Einmallaken geworfen wurde. „Nehmen Sie mich auf?“, fragte ich die junge Schwester sorgenvoll. „Das Haus ist voll“, entgegnete mir diese. Mag auch die Erklärung dafür sein, dass ich nicht in einen der Behandlungsräume gebracht wurde, sondern das Geschehen der Notaufnahme vom Flur, vor dem Tresen mitverfolgen durfte.

Meine beiden Rettungssanitäter verabschiedeten sich und verschwanden in der Nacht. Keine 10 Minuten später sah ich sie wieder, in Begleitung eines älteren Paares und eines jungen Mannes. „Die Herrschaften sprechen nur Russisch, die Dame hat sich an der Hand verletzt und der junge Mann hier war bereit mitzukommen und zu übersetzen“, hörte ich den Sani zur Schwester sagen. „Die Herrschaften sind aber ohne festen Wohnsitz und ohne Versicherung“, ergänzte er noch.

„Dann gehen sie mal in Raum drei“, sprach die Schwester und so zog das kleine Grüppchen vorbei an mir.

Rund zwei Stunden dauerte es dann, bis eine Ärztin sich meiner annahm. In der Zeit kamen noch zwei Opfer einer Schlägerei nebst jeweils mehreren Personen Begleitung von südländischer Herkunft. Da wurde dann aber schon mal nach fünf Minuten aus dem Behandlungsraum getreten und wütend gefragt „Arzt kommt bald?“. Wegen der sich einstellenden Langeweile war ich mittlerweile dankbar für meinen Flurplatz, denn so hatte ich wenigstens durch die kommenden und gehenden Menschen etwas Unterhaltung.

Man verlegte mich in ein Zimmer der Notaufnahme - für eine Nacht.

„Maria……, Maria…… ich will hier nicht sein“.

„Sooooo der Herr“, tönt es und mit Schwung wird der Vorhang vor meiner Nase beiseite gezogen. „Dann wollen wir mal sehen, ob er Flausen im Kopf hat“. Ich kann nicht glauben, dass der Pfleger genau den gleichen Witz im gleichen Raum zweimal hintereinander bringt. „Sieh an, 37,5°, damit kann man leben“. Damit kann man leben? Was meint er damit? Kann ER damit leben, dass ich 37,5° habe, oder überlebe ICH das und kann jetzt nach Hause?

„Jetzt bekommt er auch noch eine Thrombosespritze“. Schön, dass hier noch der Pluralis majestatis benutzt wird, denke ich mir. „Jetzt passt er aber auf, dass da kein Wasser rausläuft, wenn er was trinkt“. Ich frage mich langsam, wer hier der Behandlungsbedürftige ist - ist das nicht schon Hospitalismus?

„Worauf hat er denn Hunger?“, werde ich gefragt und antworte „Was darf er denn?“. „Ein schönes weißes Brötchen und einen Tee darf er“, „na dann hat er doch darauf Hunger“, entscheide ich mich.

Wenig später erhalte ich dann auch das Brötchen und den Tee und warte auf die Visite.

Hinter den Vorhängen kommt Bewegung auf. „So, dann kommen sie mal mit zum Ultraschall“, spricht jemand zum Unbekannten. „Kann ich da barfuß mitkommen?“, fragt der Kollege und mir stellen sich die Nackenhaare auf, bei der Vorstellung, was alles an Keimen, Bakterien und Körperflüssigkeiten auf dem Flurboden einer Notaufnahme vorhanden sein dürfte. Scheint ihn aber nicht zu stören und so schlürft er los und ich sehe das erste Mal meinen Zimmergenossen, einen Mann jenseits der 60 im schwarzen Trägerunterhemd und Ballonseidenhose und natürlich barfuß.

„Maria…….Maria……“

Schwups, wieder wird der Vorhang zurückgezogen und vor mir steht ein echter Arzt. „Gehen sie mal ruhig nach Hause, hier können wir im Moment nicht viel mehr für sie tun. Dann können sie diese Woche zur Sicherheit noch ein CT machen lassen“. „Geht das nicht hier bei ihnen?“, frage ich den Arzt. „Erst morgen würden wir ein CT machen können, rufen sich doch mal in einer Röntgenpraxis an, da kriegen sie als Privatpatient bestimmt genauso schnell einen Termin. Ich komme gleich wieder“.

Rufe mit dem Handy meine Frau an und bitte sie, einen Termin zu machen und wenig später der Rückruf „Morgen 11.30 Uhr“.

Große Freude beim Oberarzt und Pfleger als sie das hören, „Siehst du, habe ich ihm gleich gesagt, dass er als Privatpatient sofort einen Termin bekommt“, freut man sich gemeinsam.

Ich erhalten meinen Arztbrief und packe meine Sachen. Auf dem Flur komme ich an dem Platz vorbei an dem in der Nacht zuvor mein Bett im Flur stand.

Dort liegt nun eine Greisin mit dünnen, blauen Armen und Beinen, zusammengekauert wie eine Mumie. Im Vorbeigehen ruft sie „Maria….Maria, bist du das“?

ROSALIE ( Die manchmal etwas böse Rose !)

Psst… Hey! …huhu … ! … hörst du mich ? Hier bin ich …;-)…Na da, auf der Fensterbank! Welche von denen? Na, die Zweite, … von links!.. im Moment wohl die unscheinbarste neben diesen protzigen Orchid Damen … Wobei die zwei neuen, mit ihren weißen Blüten, die sich jedes Schaltjahr mal zeigen, auch nicht wirklich angeben können …

Ich weiß … ich bin manchmal etwas frech. Normalerweise mache ich aber meinem Namen die ganze Ehre, (und meistens sag ich gar nichts…jetzt mal ehrlich; als ob Blumen sprechen könnten !),den meine rosaroten Blüten sind einfach die schöönsten! Und wie sie erst duften! Ein sanfter zarter Duft… (Wer’s mag?)… Die Damen um mich herum mögen sehr schön sein, aber duften können sie nicht. Ich habe schon öfters versucht, Ihnen zu erklären, wie das geht, aber sie kapieren es einfach nicht …

Was sagst du? Eitel ?..Ich soll Eitel sein? Neeiin … pöh, … auf keinen Fall. Ich bin einfach stolz! Und davon sollte sich jeder, der sich in diesem Haus bewegt, etwas abschneiden …Denn stolz auf sich sein, wenn man etwas gut macht, ist wichtig …!( Sei aber bitte nicht zu stolz im Leben, denn dein zukünftiger Chef, und allerspätestens der, wird dir deine Eitelkeit und deinen Stolz sicher verderben -) Wir Rosen sind in Sachen Duften einfach unnnschlaaagbar. Da können sich die Insel Damen gerne zieren. Von uns macht man sogar Parfüm … die edelsten Düfte dieser Welt sind mit unsereins vermischt worden! (auch wenn ich hier nicht erwähne, dass Rosenduft als Erster vermutlich, schon lange zu den Altweiberndüften zählt )

Doch doch … .ich lüge nie … Wenn die Besitzerin dieses Hauses - «Na» hab ich immer nur verstanden, ( weil ich halt als Pflanze einfach zu doof bin … )– am Morgen zurückkommt, riecht sie immer nach Rose. Wo sie hingeht? Keine Ahnung … was soll mich das schon kümmern? ( denn wie du siehst, sitzte ich wie immer ,einfach nur blöd auf meiner Fensterbank rum…)

Unsereins gehört auf die Fensterbank, und boah wie ich es hasse, wenn mich «Na» verschiebt! Manchmal tut sie das, wenn sie mit ihrem Lappen die Fensterbank putzt. (wenn ich ehrlich bin geschieht das zum glück nicht so oft !).Zugegeben; ich liebe es ja, wenn alles sauber ist, aber diese Rumschieberei ist mir ein Graus! Da wird mir immer ganz übel. Vor allem wenn sie mich dann etwas länger vergisst-(denn du musst wissen : ihr Hirn ist schon sehr zermartert, von diesen qualmenden Stängeln und dieser Flüssigkeit, die sie sich des öfteren, mit und ohne Freunde reinzieht)- Sie vergisst mich dann unten, auf diesem Tastending! (für Dummies auch Klavier genannt !)

„Nana“-so hab ich sie inzwischen getauft – (ja ja, auch dumme Blumen können sich ab und an zwei Silben merken !)- behauptet immer das sie mich nicht vergessen hat. Die Orchid Damen müssen nämlich die Großschieberei einmal die Woche auf sich nehmen. Sicherlich! … richtig gehört … Jeeede Woche! Und da sagt Nana immer zu mir:
“Bleib du auch mal eine Weile hier unten. Ein Perspektivenwechsel kann dir ab und zu nicht Schaden“ (hmm…Die muss es ja wissen !)

Perspektiven wechsel! Und das soll gut sein? Da unten ist es Dunkel; und Aussicht? Null!
Ich schaue lieber nach draußen in die weite Welt (weit = 10 Meter wenn es nicht nebelig ist !) . Da ist es viel schöner als hier drin, wo so oft reinstes Chaos herrscht. (und dass ist noch milde bewertet … ich meine das Chaos …)

Nana ist eine Nette; (Du… Nur unter uns … dass sag ich jetzt natürlich nur für die Story …so oft wie die mich schon vergessen hat zu gießen, ist nett wohl was anderes !) aber was für ein Chaot! Und wenn der junge Mann dann noch da ist … Pfff, ich sag euch nicht. Die zwei zusammen, die kennen die Kunst des Unordnung Schaffens! Aber ich muss auch zugeben: Seit ich hier lebe, hat es sich schon sehr verbessert. Nana gibt sich große Mühe, den sie hat erkannt dass, das Außen, ihr Inneres spiegelt, und umgekehrt… (wurde ja auch Zeit !)

Weise?..ja ja das bin ich! ; und ich kann dir erzählen, dass wir grünen Schönheiten genau deshalb eingewilligt haben in die Häuser zu kommen.

Du denkst wohl wir sind nur da, um rumzustehen und schön auszusehen? So quasi … etwas bessere Staubfänger ? Da täuschst du dich aber gewaltig, liebes Menschenkind! ( Na gut…ein wenig stimmt es ja schon…Das dumm rumstehen , mein ich …) Wenn Menschen wie Nana beginnen achtsamer zu werden, merken sie plötzlich das auch wir sprechen können. Doch doch … aber sehr oft hört Ihr uns einfach nicht (eigentlich ganz einfach weil wir nicht reden ?..). Denn Eure Welt ist soo was von lärmig!

Nana hat Stille noch nie so gemocht. Wenn der Tag anbricht, kommt sie nach unten, und schaltet gleich so eine Kiste an, die plappert und Musik spielt. Ich wusste nie so genau, weshalb die Menschen sich nachts zurückziehen, ( und ob ich das weiß: Schlafen geh’n se…manchmal…und manchmal auch nicht …und dann machen’se noch mehr Radau da Oben!)- und sozusagen plötzlich verschwinden … Puff sind sie weg! …und kommen stundenlang nicht zurück. Aber dann … ja dann … wird es endlich ruhig im Haus …

Nachts kann man nicht so viel sehen da draußen. Außer wenn der Mond wieder mal genug Energie angesammelt hat - (du weißt schon Menschenkind, dass das quatsch ist, Energie und so…dass lässt sich ganz wissenschaftlich erklären …Die Sonne scheint auf den Mond und so…) … dann leuchtet er … Er leuchtet dann sooo hell, dass auch ich draußen Sachen entdecken kann. Ja ja …genau … deshalb bin ich Weise! Ich kann nachts ganz viel sehen, was ihr Menschen nie zu Gesicht bekommt, bei Vollmond an meinem schönen Fensterplatz! Und diese Sachen sehen die Menschen fast nie, weil sie eben nachts, immer irgendwo hin verschwinden …

Manchmal sitzt Nana nachts auch noch lange vor dem großen Kasten - (für intelligente Wesen auch TV genannt) und sieht sich dort so flackernde Bilder an … Ich versteh das nicht so genau, aber ich bin mir sicher, dass ich lieber aus dem Fenster gucke (auch wenn ich dort , solange Nana auf ist, wirklich nie zur ruhe komme!)… Was ich dort sehe ? …Das erzähle ich dir wahrscheinlich später noch (Falls du Neuzeit Kind von dieser langweiligen Urzeitstory nicht bereits eingepennt bist !) … Erst müsst Ihr Mal wissen, warum wir in die Häuser gekommen sind und was wir da genau tun…

Was sagst du? Wir tun gar nichts? (getroffen ! Deine Mum hat uns einfach aus dem Laden gerissen und mitgenommen, um Ihr „Interieur“ zu verschönern !) Die Menschen sind schon viel länger auf der Welt als wir Ziehrosen? Das weiß ich nicht so genau … Aber ich kann ja mal erzählen, wie ich hierher kam …( und es war wirklich mega übel!)

Warte mal … wie war das schon wieder?..Hmm … Ich war in einem großen Garten …

Die Marionette

Liane kannte diese Frau, die ihr neuerdings öfter mal begegnete, aus der Schulzeit. Welchem Umstand war es wohl zu verdanken, dass sie sich so zu ihrem Nachteil verändert hatte?.
Die mehr als dürftige Kleidung ließ an Armen, Beinen, Hals und Brust, erkennen, dass dies der Tummelplatz eines Tätowierers war. Der Ausschnitt ihres Oberteils war sicher nicht aus Versehen zu groß geraten, so dass sich die prallen Brüste beinahe im Freien bewegen konnten.
Sie hielt die Blicke die ihr Passanten zuwarfen, für Bewunderung. Denn sie sah nicht die verächtlich herabgezogenen Mundwinkel hinter ihrem Rücken. Hörte auch nicht dass Einige anfingen aufgeregt zu tuscheln. Es war ja nicht nur die Tätowierung und der tiefe Ausschnitt, welches Aufsehen erregte, sondern auch der viel zu kurz geratene Rock, unter dem fast handbreit der Po zu sehen war.
Liane dachte, dass das Leben der Klassenkameradin anscheinend irgendwann, aus dem Ruder gelaufen sein musste.
Sie nahm sich vor diese bei nächster Gelegenheit anzusprechen und aufmerksam zu machen, dass ihr Outfit alles andere als positiv bewertet würde. Was sie dann bei Gelegenheit auch tat.
Zu ihrer Verwunderung erfuhr sie, dass deren Freund es wünschte dass sie sich so offenherzig zeigt.
Nun, es ist der freie Wille eines Jeden, wie er sich in der Öffentlichkeit präsentieren will.
Dieser Typ, machte seine Partnerin zu einer, seinem Willen gefügigen Marionette.
Liane grübelte, wozu aber das Ganze? Da fiel es ihr ein. Die Schulfreundin hatte da etwas durchblicken lassen, dass er möchte, dass Männer auf sie aufmerksam werden. Sie also anschaffen gehen und dann das so verdiente Geld bei ihm abliefern sollte.
Die Schulfreundin tat ihr leid und sie sah ein dass es das Beste sei, wenn sie in Zukunft nicht mehr hinschaute.

Die Eiche
Schon von frühester Kindheit an liebte sie den Wald und all das Grün und Gebüsch, das darin gedeiht.
Kaum dass sie Laufen gelernt hatte, verbrachte sie viele Stunden im nahen Wald, dort aus Stöckchen und Moos, kleine, kunstvolle Häuschen zu bauen, welche sie dann mit allen möglichen Schnecken bevölkerte.
Oft kam sie dann zu spät zum Mittagessen nachhause und wurde von der Mutter gerügt.
Bald schon lernte sie auch die verschiedenen Beeren des Waldes zu unterscheiden und lief mit der alten Milchkanne in den Wald, dort die Beeren zu pflücken, um sie dann ihrer Mutter zu übergeben.
Die meisten Erdbeeren, fand sie in einer Ecke, des großen Waldfriedhofs, in der noch keine Gräber standen. Dort konnte sie die Beeren, auf dem Bauch im Gras liegend ernten
Ein paar Jahre später lernte sie die Pilze kennen und es wurden immer mehr Sorten. Ihr großer Spankorb war immer voll, wenn sie damit nachhause ging. Denn sie sammelte auch die Pilze, welche die Anderen nicht kannten und konnte ihre Mutter oft damit erfreuen.
Im Wald lobte sie die Bäume: „Ihr Tapferen, Ihr steht hier draußen bei Sturm und und Regen, bei brütender Sonne oder im Winter bei Eis und Schnee“.
Am liebsten wäre sie gar nicht mehr aus dem Wald heraus gegangen. Oft legte sie sich in das Moss und sah zu den Wipfeln empor. Ich sehe, dass ihr wie wir, Füße, Arme einen Leib und einen Kopf habt, welches die Menschen, Wurzeln, Äste Stamm und Krone nennen.
Immer mehr verwuchs sie mit dem Wald, dem ihre ganze Bewunderung gehörte. Bis sie eines schönen Tages selbst Wurzeln schlug und sich zu einer schönen, grünen Eiche entwickelte.
Groß und stolz stand sie nun da und die Menschen liebten sie.
Bis einer der großartigen Menschen kam und sie ohne viel Wenn und Aber absägte um sie anschließend zu zersägen und zu verheizen, denn es war Weihnachten.

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Na dann Prost

Ich öffne die Tür zu meinem Apartment, meiner Zweitwohnung, die ich unter der Woche benötige - ziemlich erschöpft von einem arbeitsreichen Tag. Na ja, nicht unbedingt davon - hab mich ja seit heute Mittag von ein paar Edeldamen ziemlich verwöhnen lassen. Ein Blick auf meine Rolex zeigt mir, dass es Zeit ist für einen guten Bourbon, einen 30 Jahre gereiften von der besten Sorte, versteht sich. Ein kleiner Bonus für meine Dienste, von Henry, meinem Lieblingslobbyisten. War ja auch kein leichter Job, den Gesetzestext so zu beeinflussen, dass man ihn auch ignorieren könnte.

Irritiert bleibe ich stehen. Mitten im Flur steht ein Koffer, der mit irgendwie bekannt vorkommt. Definitiv habe ich den aber nicht dahin gestellt, jemand muss also hier gewesen sein, während meiner Abwesenheit. Ein Karussell dreht sich in meinem Kopf - nur Eddy, der Hausmeister hat einen Schlüssel zu meinem Appartement, soviel ist sicher. „Nervös ziehe ich mein Handy aus der Tasche: „Eddy, ich habe da eine Frage - weisst du oder besser gesagt, hast du bemerkt, wie jemand in meiner Wohnung …“ Ich erstarre, als ich vernehme, dass dieser Koffer für mich abgegeben wurde, und ich wüsste schon Bescheid. „Ach so ja, jetzt fällt es mir ein, danke Eddy, dass du mir den Koffer hochgetragen hast, wenn ich dich nicht hätte.“ Super Typ, dieser Eddy, absolut loyal - ich werde ihm demnächst wieder etwas zukommen lassen. Aber von wem ist bloss dieser gottverdammte Koffer?

Angestrengt denke ich nach, wieviel Lobbyisten ich in diesem Monat getroffen hatte. Vielleicht sollte ich den Koffer einfach mal öffnen - und wenn da eine Bombe drin ist? Ich werde zunehmend nervös, denn ich habe mindestens genauso viele einflussreiche Feinde wie Freunde. Vielleicht sollte ich doch die Polizei informieren? Und dann kommen die mit einem Sprengkommando, öffnen den Koffer und finden Bargeld. Toll, das wäre der Supergau.

Mein Handy Klingelt - meine Frau, die hat mir gerade noch gefehlt. "Hallo Liebling, du, es passt mir gerade nicht …. was? Ob ich den Koffer erhalten habe?“ Na super, Fritz musste geschäftlich nach Brüssel und hat meinen Koffer voller frischer Wäsche freundlicherweise mitgenommen, den ich am Wochenende vergessen hatte. Ich wollte ja erst in 14 Tagen wieder zu Hause sein. „Ja, der Koffer ist angekommen, wo ist mein lieber Schwager Fritz abgestiegen in Brüssel? Ja, ich werde ihn zum essen einladen. Tschüss mein Liebling, bis in 14 Tagen. Ich vermisse dich.“

Erleichtert werfe ich mein Handy aufs Bett. O.K, das wäre also geklärt. Jetzt brauche ich aber wirklich einen Bourbon - ich trinke auf mich und mein europäisches Parlament.

Annerose hatte Hans auf der Party einer Kollegin kennengelernt,

die wie sie Arzthelferin in der Ambulanz der Uniklinik in Frankfurt war. Erst nach Wochen erwähnte er beiläufig, er wäre geschieden und habe zwei Kinder. Da war sie längst rettungslos in ihn verliebt. Sie hatte nur nebenbei hingehört und keine Fragen gestellt. Was in seinem vorigen Leben war, interessierte sie nicht. Er erwies sich als sehr großzügig, führte sie in die besten Restaurants, die angesagtesten Tanzcafés. Dass er ein erfahrener Liebhaber war, der wusste, wie er ihre Sinnlichkeit wecken konnte, ließ sie wie auf Wolken schweben. In der Ambulanz war sie immer öfter geistesabwesend, schwelgte in der Erinnerung der letzten Nacht oder in der Sehnsucht nach der nächsten. Sie wurde nachlässig, vertauschte Blutproben, ihre Kollegin versuchte, manches auszugleichen, doch es fiel auf und sie wurde ermahnt. Annerose ließ sich nicht erschüttern, es zählte nicht mehr. Mit einem unergründlichen Lächeln nahm sie es schweigend hin.

Mit Anfang zwanzig hatte sie bereits eine Enttäuschung hinter sich. Hans war der erste, der sich wirklich für sie interessierte. Dass ein so begehrenswerter Mann nun überraschend in ihr Leben kam, überstieg all ihre Erwartungen. Immer mehr verlor sie den Kontakt zur Realität und erschuf sich ihren eigenen Mythos. Ihrem Ziel, das ihre kühnsten Träume übertraf, war sie ganz nah. Arbeiten würde sie sowieso nicht mehr lange. Hans war ihr Märchenprinz, zu dem sie bewundernd aufschaute. Er sah blendend aus und hatte große blaue Augen, denen sie alles glaubte. Offenbar verdiente er gut, denn an jedem Wochenende führte er sie aus, kaufte ihr schicke Designerkleider, las ihr jeden Wunsch von den Augen ab und schien sich selbst noch mehr als Annerose darüber zu freuen, sie mit einem erlesenen Ring und bald darauf mit einem kleinen goldenen Armband zu überraschen. Am letzten Wochenende in einem Hotel im Taunus stand sie am Morgen nach einer langen Nacht – ihrer Leidenschaft bei Champagner und exquisiten französischen Zigaretten – vorm Spiegel und fuhr sich mit den Händen über die müden Augen.

In der Bar hatten sie lange engumschlungen getanzt. Heidi Brühl sang Wir wollen niemals auseinander gehn, und in ihrem Herz schwang jedes Wort leise mit. Selig darüber, von diesem Mann gehalten und geführt zu werden, vergaß Annerose die Welt, lauschte dem Glück, das durch ihre Adern pulsierte und bewunderte sich in den hohen Spiegeln der Wände: elegant, auserwählt, geliebte Frau! Hans trug einen dunkelblauen Smoking, ein weißes Hemd mit Butten-Down-Kragen und roter Fliege. Sie hatte sein Lieblingskleid ausgewählt: aus weißem Chiffon mit Spaghetti-Trägern, figurbetont und so kurz, dass ihre schönen Beine zur Geltung kamen. Ab und zu legte sie ihren Kopf zurück, um ihn besser sehen zu können, ihren allerersten und einzigen Geliebten, der ihr Sätze zuflüsterte, in denen sie wie in warmen Wellen badete, wenn er ihr Worte ins Ohr hauchte, die sie erröten ließen, wenn er ihr Wunder zuflüsterte, die sie nicht immer verstand, wenn er beteuerte, sie sei seine Sexgöttin und er sterbe vor Verlangen nach ihr und ihr ein Paradies nie endender Verliebtheit versprach. Sie tanzten und tanzten und Annerose wünschte, es würde niemals aufhören.

Sie war so versunken vor dem Spiegel in ihre Gedanken an die Nacht, dass sie zusammenzuckte, als Hans plötzlich hinter ihr stand: „Mach die Augen zu!“, hörte sie seine tiefe Stimme, die sie liebte wie alles an ihm. Ein Gedanke traf sie, der sie erregte, dass ihr Herz schneller schlug und ihre Brust sich unruhig hob und senkte. Sein Heiratsantrag! Endlich! Doch da spürte sie auch schon seine Hände an ihrem Nacken und etwas Kühles auf ihrer Brust. Ich darf mir meine Enttäuschung nicht anmerken lassen! Ein wenig nervös griff sie zum Hals und ertastete eine feingliedrige Kette mit einem Anhänger. „Mach doch die Augen auf!“, rief er nun ungeduldig und schaute sie erwartungsvoll an. Sie sah sein Gesicht im Spiegel hinter sich, er überragte sie um eine Kopflänge, und mit einem tiefen Seufzer lehnte sie sich an ihn. Aufs Neue genoss sie es, sich – so wie jetzt – mit Hans ausgiebig im Spiegel zu betrachten.

„Schau dir dieses bildschöne Paar an, Hans!“, schwärmte sie verliebt. Endlich bewunderte sie den kleinen, in Weißgold gefassten funkelnden Diamanten und dankte ihm mit zärtlichen Küssen auf Wangen und Mund. Doch in Gedanken war sie längst einen Schritt weiter. „Deine Frau für immer und ewig“, flüsterte sie kaum hörbar. Aber wann wird er mich endlich fragen?

Wovon sie nichts wissen konnte und worüber sie sich auch keinerlei Gedanken machte – weil sie es einfach ausblendete – war sein Doppelleben. Hinter ihrem Rücken wickelte Hans heimlich die Scheidung ab. Es zog sich hin. Für seine Kinder interessierte Annerose sich nicht. Warum sollte sie nach ihnen fragen? Sie war blind für die Realität, machte sich vor, einen Mann zu heiraten, der keinerlei Verpflichtungen hatte aus seinem Leben vor ihr. Stillschweigend ging sie davon aus, dass er keinen Kontakt pflegte zu seiner Familie. Aus seinen leidenschaftlichen Gefühlen für sie schloss sie die Einzigartigkeit ihrer Beziehung, in der sonst niemand Platz haben konnte. Nur manchmal abends vor dem Einschlafen, wenn sie sein Bild im silbernen Rahmen anschaute, das an ihrem Bett stand, beschlich sie ein seltsames Gefühl, das sich wie ein Stein auf ihre Brust legte, dass sie unruhig wurde, es nicht mehr ertrug und zur Cognacflasche griff – die seit einiger Zeit neben ihrem Bett auf dem Boden stand – und sie hastig zum Mund führte. Erst das Brennen in der Kehle half ihr, das Nebulöse, das sie beunruhigte und die Stimme in ihr, die sie nicht hören wollte, zu verscheuchen.

Beinahe ein ganzes Jahr ging im Rausch vorüber, bis Hans sie eines Sonntagabends nach einem gemeinsamen Wochenende im Schwarzwald beim Skifahren mit dem so ersehnten Heiratsantrag überraschte. Jetzt hatte auch er es plötzlich eilig mit der Hochzeit. Es war Winter und zu kalt für ein duftiges Brautkleid, von dem Annerose schon so lang geträumt hatte. Doch bis zum Frühling zu warten, war für sie unvorstellbar. Ein weißes Pelzjäckchen würde sie wärmen. Hans, für den als Katholik eine Scheidung nicht galt, war eine kirchliche Trauung untersagt. Umso wichtiger war die Feier nach der Zeremonie auf dem Standesamt. Anneroses ganzes Erspartes war nötig für ihren Traum in Weiß, obwohl der Vater etwas beigesteuert hatte. In die Boutique durfte Hans sie nicht begleiten. Sie wollte ihn überraschen und außerdem hieß es, es bringe Unglück, wenn der Bräutigam vor dem Hochzeitstag das Brautkleid sähe.

Annerose hatte das Gefühl zu schweben und strahlte vor Glück, als Hans sie stolz in den Historischen Römer in Frankfurt führte. Wie durch einen silbernen Nebelschleier nahm sie den Saal und die Gäste wahr. Außer ihren Freundinnen waren wenige gekommen. Nur die Mutter, ihre Geschwister und eine Arbeitskollegin mit ihrem Mann saßen mit den wenigen Gästen im festlich geschmückten Saal. Hans hatte niemanden eingeladen, er habe keine Zeit für Freunde, gab er Annerose die ausweichende Antwort.

Irgendwann begann das Rauschen in ihrem Kopf. Später konnte sie sich nicht mehr erinnern, wann es begann. Am nächsten Tag wusste sie nur noch, dass der Augenblick, in dem sie vom Standesbeamten hörte, dass Hans ein drittes Kind habe, das erst kürzlich geboren wurde, alles in ihr unwiderruflich veränderte. Sie biss die Zähne zusammen, ihre Bewegungen wurden steif, ihre Miene war wie festgezurrt. Wie eine Marionette, von unsichtbaren Fäden gezogen, flüsterte sie ja, stand sie mit einem Lächeln wie eingefroren und mit blassem Gesicht vor dem Standesbeamten. Sie sah die Hochzeitsgäste, aber keine Gesichter, spürte nicht den fruchtbarkeitsverkündenden Regen unzähliger Reiskörner, der auf sie beide niederrieselte, als sie neben Hans auf der Treppe vor dem Portal stand und mechanisch eine Hand nach der anderen schüttelte.

Als Annerose am nächsten Tag die Heirats-Papiere in der Hand hatte und das Geburtsdatum des dritten Kindes sah, rechnete sie zurück. Ihr wurde schwarz vor Augen, das Blatt fiel zu Boden. Fahrig griff sie sich an die Stirn und ließ sich taumelnd aufs Sofa sinken. Sie wollte ihren Augen nicht trauen und schloss sie schnell, als ob sie die grausamen Ziffern, die sich dennoch in ihre Gedanken einbrannten, damit nicht gesehen hätte. Auch das Scheidungsdatum lag noch nicht lang zurück. Dann atmete sie tief durch, hob das Blatt wieder auf und legte es eilig in die Schublade. Doch die Ziffern verfolgten sie unerbittlich, gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf und begleiteten sie auf Schritt und Tritt wie ihr eigener Schatten. Es gab keinen Zweifel, das Kind wurde gezeugt, als sie beide längst eine feste Beziehung hatten. Und Hans war gar nicht geschieden – wie er erzählt hatte –, als sie ihn kennenlernte. Wut, Ohnmacht, Verzweiflung und vor allem tiefe Traurigkeit vernichteten das Hochgefühl, das bis zur Hochzeit ihr Leben bestimmte. Der Glaube an den Aufbruch in ein erfülltes Leben mit einem Mann an ihrer Seite, dem sie restlos vertraut hatte, war für alle Zeiten zerstört.

Hans hat mich von Anfang an belogen! Es war, als würde sich der Boden unter ihr auftun und sie verschlingen. Ein unvorstellbarer Vertrauensbruch, den sie ihm niemals verzeihen würde. Ihr kurzes Glück war bereits am Tag der Hochzeit zerbrochen.

Die Veränderung des Miteinanders oder die Angst der Unmaskierten vor den Maskenträgern:
„Buh!“, macht die Maskenträgerin und die Unmaskierten suchen das Weite:
„ARRRRRGGG! HIlfe!“
Unverständliches Hinterherbrüllen: „Aber es ist doch Karneval“…, und zieht ihre Clownsmaske aus.
„Dann eben ein anderes Mal! In einer anderen Welt!“ Und zündet mit einem: „Ich liebe Euch alle!“ den umgeschnallten Sprengstoffgürtel.

Der Kluge fährt im Zuge…

Wir sind eine Reisegruppe, die von Basel kommend nach Berlin zum eigentlichen Ausgangspunkt unserer Ferienreise unterwegs ist. Mit der Klimakrise im Ohr, verzichteten wir aufs Flugzeug und wählten die Bahn für die Anreise. Das heisst Umsteigen in Karlsruhe, mit Kofferrollen von Gleis X zu Gleis Y, treppauf und treppab. Nichts für Personen mit Gehstock.

Die Sitzplätze im Zug sind reserviert. Eine Anzeigetafel macht klar: Leute mit Erstklass-Fahrkarten steigen in vordersten Wagen des Zuges ein, jene der zweiten Klasse weit hinten. Die Reisegruppe trennt sich. Sektor A, wo unser Wagen stehen wird, liegt weit ausserhalb der Bahnhofhalle. Ein kalter Wind pfeift über den Bahnsteig. Aber es dauert ja bloss eine Viertelstunde, bis wir in den warmen Zug steigen können. Als wir schon die Lichter des Zuges suchten, verkündet der Lautsprecher: “ Der ICE nach Berlin wird in 10 Minuten erwartet…“. Also, weiter warten und frieren.

Endlich rollt der Zug daher. Wir lesen staunend die Wagennummern und stellen fest: Der Zug fährt rückwärts, zumindest was die Nummerierung betrifft. Drei Minuten soll der Aufenthalt dauern, also Koffern packen und los. Ein Spurt ans andere Ende des Zugs ist nötig. Wird er gelingen? - Halbe Sprintdistanz: ich bin ausser Atem und muss das Tempo drosseln. Die Fitteren ziehen an mir vorbei, oder – schlimmer – diese Idioten rollen ihre Koffer vor meine Füsse. Aus der Gegenrichtung kommen uns der zweite Teil der Reisegruppe und andere Genarrte entgegen. Ich will einer Person rechts herum ausweichen, sie weicht nach links aus. Wir stehen uns face-to-face gegenüber. “Pardon!“, zu mehr reicht es nicht. Ich weiche links aus, mein Gegenüber nach rechts. Nochmals „Pardon“ und dann gelingt es mir, die Blockade zu durchbrechen. Nur weiter! Und wieder stolpere ich beinahe über Vordermanns roten Koffer. Chaos pur. Die Zeit wird knapp. Ich bin noch nicht am Ziel, höre aber schon „Hopp, hopp…“. Da klettere ich bei der nächsten Wagentüre in den Zug. Ein Bahnangestellter schiebt mir den schweren Koffer hinterher. - Hoffentlich wartet meine Frau nicht auf dem Bahnsteig auf mich! Ich schöpfe langsam wieder Atem. Der Zug rollt längst aus dem Bahnhof, als ich nach dem Handy greife und feststelle: “Ja, Frau Gemahlin sitzt auch im Zug"; sogar auf einem für uns reservierten Platz. Zu diesem muss ich mich jetzt durch schmale, mit Koffern verstellte Gänge durchkämpfen. Und als ich endlich sitze, drosselt der Zug die Geschwindigkeit, stoppt und die blecherne Lautsprecherstimme gibt bekannt: “Aus betrieblichen Gründen verzögert sich die Weiterfahrt um eine halbe Stunde.“
Wie heisst es so schön: „Der Kluge fährt im Zuge!“

Star Wreck - Die Abenteuer des Raumschiff Faragout

Die beiden Offiziere schauten mit großem Erstaunen auf die vor ihnen liegende Bombe. Die beiden bildeten ein kleines Außenteam, welches die Aufgabe hatte, diesen Außenposten zu untersuchen. Dass sie dabei auf eine fremdartige ausschauende Bombe stießen, überraschte beide.

Die Bombe maß ca. ein x ein Meter. Sie hatte Bediendisplay mit vielen grünen Schaltelementen, mit fremdartigen Symbolen, welche in allen möglichen Formen vorkamen. Nachdem sie mit Ihren Scannern, die für Sprengstoff typischen Komponenten festgestellt hatten, standen beide nun davor und überlegten, was nun zu tun ist.

Leutnant River betätigte sein Funkgerät: „River an Captain“.

Der Captain, welcher gespannt auf Rückmeldung des Außenteams wartete, rutschte auf sein Chefsessel schon nervös Hin und Her. Er wartete schon sehr lange auf eine Rückmeldung des Teams. Endlich ertönte das Signal für eingehende Nachricht. Er befahl den Kommunikationsoffizier „Lege sie das Gespräch auf Lautsprecher!“

Der Captain sprach, „Hier Monrow, was gibt es?“

„Wir sind tatsächlich fündig geworden, wir haben ein Sprengsatz unbekannter Herkunft gefunden.“ Antwortete River.

„Konnten sie herausfinden woher sie stammt und wie sie gesteuert wird?“

„Analyse läuft noch … Moment … Herkunft noch unbekannt. Hier zeigt sich anscheinend ein Zahlencode der rückwerts läuft, eine Art Contdown.“

Die beiden Offiziere wunderten sich schon lange nicht mehr, dass es scheinbar in jede außerirdische Technik arabische Zahlen verkommen. So als ob alle Rassen sich auf eine Weltsprache in Sachen Zahlen, in Sachen Mathematik geeinigt hätten.

„Laut unseren Berechnung hört der Countdown in etwa 5:45 Sekunden auf.“ Sagte River.

„Können wir die Bombe von der Station beamen?“, fragte der Captain.

„Würde ich nicht empfehlen, wir wissen noch nicht, ob das Material in der Bombe stabil genug ist. Würde ich als letzte Option ansehen. Wir versuchen herauszufinden, ob wir die Bombe entschärfen können.“

„Einverstanden. Schicken sie uns Daten, dann können wir ihnen vielleicht helfen.“

„Wir schicken ihn Aufnahmen und unsere Daten, vielleicht findet der Schiffscomputer etwas.“

„Gut, sie haben 4 Minuten Zeit, die Bombe zu entschärfen, wenn die Zeit um ist, beamen wie sie an Board und dann versuchen wir die Bombe ins Freie zu beamen.“

„I Sir!“

Captain Monrow war sichtlich angespannt. Würden sie es schaffen? Na ja bis jetzt haben wir immer eine Lösung gefunden, dachte er sich. Der Außenposten war wichtig für die Föderation, noch ein Verlust eines Postens, hier draußen an der Grenze wäre kaum zu verschmerzen. Es sind schon Außenposten 4,5 und 7 ausgefallen.

Auf einmal änderte sich das Zeitgefühl des Captains. Die Sekunden schienen nun plötzlich wie im Flug zu vergehen.

Nachdem die Zeit, fast doppelt so schnell als üblich, abgelaufen ist, funkte der Captain:

„Monrow an Außenteam. Melden sie mir etwas positives!“

River antwortete nicht: „Leider nicht, wir sind nicht wirklich vorangekommen, ich würde den Rücktransport zum Schiff empfehlen.“

„Halten sie sich bereit. Captain an Transporter, holen sie das Außen…“

Plötzlich dröhnte der Annäherungsalarm im ganzen Schiff.

Der Sicherheitsoffizier meldet: „3 Unbekannte Schiffe warpen gerade ins System:“

3 Kugelförmige Schiffe erschienen vor der Faragout, das stolze Flaggschiff der Föderation.

Die 3 Schiffe umzingelten sich um das Schiff auf gleicher Ebene, quasi auf Augenhöhe der Faragout.

Der Captain wunderte sich schon gar nicht mehr. Denn immer wenn es zu einem Zusammentreffen kam, egal ob geplant oder überraschend, egal ob mit Verbündeten, mit Fremden, oder ein Schiff in Not und beschädigt, oder es zu einen Angriff kam, traf man sich auf einer Ebene, auf einer Höhe. Man dürfte sich das wie Schiffe auf dem Meer vorstellen. Ein zweidimensionales Treffen im dreidimensionalen Weltraum. Und es war immer egal, aus welcher Richtung die Schiffe kamen.

Und zu jeder Zeit zeigten sich die Kommandobrücken aller sich treffenden Schiffe nach oben, sofern man die Brücke bei anderen Schiffen ausmachen konnte. Er dachte sich, dass es wohl ein ungeschriebenes Gesetz geben würde, das alle Raumfahrer dazu verpflichtet, sich auf selber Höhe mit Brücke nach „oben“ zu treffen. Wundern tut ihn das aber schon lange nicht mehr.

Seine Gedanken wurden je unterbrochen, als nun die „Kugelraumer“ Stellung um sein Schiff bezogen.

„Captain an Transporterraum, haben sie das Außenteam“… „Negativ, irgendwas verhindert den Aufbau des Materiestroms zwischen unsere Schiff und der Station.“

„Schilde hoch! Alarm Gelb! … Captain an Außenteam. Wir können sie nicht an Bord holen, ich schlage vor, sie verbringen ein Wunder und entschärfen die Bombe!“

Er drehte sich zum Wissenschaftsoffizer. „Wer sind sie? Warum können wir nicht Beamen?“.

Hawkins war voll du ganz in seine Instrumente vertieft:
„Herkunft unbekannt. Sie haben keine bzw. uns bekannte Kennung. Die Bauart ist uns auch noch nicht begegnet. Zudem scheinen eine Art Dämpfungsfeld zu erzeugen, ob absichtlich oder nicht, die unsere Transporter stört.“

Na toll, dachte der Captain. Warum fällt immer der Transporter aus, wenn es kritisch wird oder jemand zwingend gebeamt werden musste. Ist alles entspannt, funktioniert er immer.

„Captain an das gesamte Schiffe, auf Explosionswelle vorbereiten.“

Er dachte an seine beiden Offiziere, River und Fowler, auf der Station. Beide gehörten zur Standardbrückenbesatzung. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass den beiden ihr letztes Stündlein geschlagen hat.

Er hatte schon extra das Außenteam so klein wir möglichgehalten und die Brückenoffiziere zur Station gebeamt. Eine Strategie, die er mit der Zeit und nach vielen Verlusten lernen musste. Wenn Leute im Einsatz starben, waren das zumeist neue Kadetten oder Sicherheitsoffiziere in roten Shirts. Die Brückenbesatzung kam jedoch dagegen aus jedem Einsatz mehr oder weniger unbeschadet zurück. Daher entschied er sich, bei gefährlichen Außeneinsätzen nur diese in den Einsatz zu senden, um Verluste auszuschließen. Eine Strategie, deren Erfolg heute zu Ende ging?

„Wir schicken ein Shuttle runter.“ sagte er mehr hoffnungslos, wohlwissend, dass die Zeit eigentlich schon abgelaufen ist. Alle erwarteten die Detonation der Bombe, aber sie kam nicht. Sie ließ auf sich warten.

„Außenteam an Captain, Bombe entschärft, gerade so.“ Sagte River.

Beide Offiziere standen sichtlich erleichtert vor der Bombe, der Countdown stoppte bei 0,0001 Einheiten.
„Wie habt ihr das geschafft?“ Fragte der Captain ebenfalls erleichtert.
„Folwer hat doch tatsächlich einen blauen und roten Draht gefunden. Wir haben dann schnick, schnack, schnuck gespielt, welcher Draht wir nun durchschneiden sollten. Und was soll ich sagen, heute scheint mal wieder unser Glückstag zu sein!“

Rettung in letzter Sekunde! Auch so eine Eigenart von Einsätzen, die der Captain in seiner Laufbahn immer wieder erlebte.

„Machen sie sich da unten nicht allzu bequem, wir werden sie sobald wie möglich wieder an Bord holen!“ Sagte der Captain.

„Captain, wir werden von den Fremden gerufen, nur Audio.“ Sagte der Kommunikationsoffizier.

„Auf die Lautsprecher!“

„jsdsjdfhsd ___ sdsdhfeik ___ „ Rauschen und fremdartige Töne füllten die Brücke.

„Ach, sie brauchen nichts zu sagen, der Universalübersetzter ist nicht in der Lage die Sprache zu übersetzen, richtig?“ Merkte der Captain an.

„I Sir“. Antwortete der Offizier.

„Öffnen sie ein Kanal auf allen Frequenzen!“

„Offen!“ Sagte der Kommunikationsoffizier.

„Hier ist Captain Monrow vom Förderationsraumschiff Faragout! Sie befinden sich im Förderationsgebiet. Wir bitten um Idendifizierung! Da unser Universaltranslator ihre Sprache nicht verstehen kann, schicken wir ihnen unsere Sprachpakete, damit sie sich anpassen können.“

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis eine erneute Nachricht von den Fremden eintraf.

„Sie ---- Bedrohung — Strafe — Eine Gefahr — Zeit sich zurück ---- ansonten zerstören.“ Hallte es erneut aus den Lautsprechen der Brücke.

„Bitte wiederholen sie die letzte Nachricht, wir haben nur fetzen verstanden. Unser Universalsetzer wird sich anpassen.“ Sprach der Captain.

„— breiten sich immer mehr in ---- Gebiet aus und sind für ---- eine Bedrohung geworden. — werden — Bestrafen, wenn — nicht — Gebiet verlassen.
— geben — 1h Zeit das Gebiet zu verlassen, ansonsten werden — — zerstören.“

Gab es mal wieder Aussetzer in der Übersetzung? Oder verwendeten die Fremden keine Personalpronomen?

„Captain Monrow an fremdes Schiff, hier scheint ein Missverständnis vorzu…“.

Die Faragout wurde plötzlich erschüttert. Die Fremden hatten das Feuer eröffnet.

„Da haben sie ihrer Antwort.“ sagte der Sicherheitsoffizier.

„Alle Führungsoffiziere in den Bereitchaftsraum“
Er wendete sich zur Com. „Unterrichten sie dem Außenteam auf einer verschlüsselten Nachricht unsere aktuelle Lage.“

„I Sir.“ Sagte der Kommunikationsoffizier.

In Bereitschaftsraum war ein länglicher Tisch mit 4 Sitzen auf jeder Seite und jeweils einer auf den Stirnseiten. Im Tisch waren für jeden Sitzplatz Kontrollen eingelassen, ein großer Bildschirm an der Wand konnte von jedem Teilnehmer gut eingesehen werden. Große Panoramafenster rundeten den Raum ab. Im Hintergrund sah man einer der 3 Kugelraumer bedrohlich im Nahestehen.

„Wie ist die aktuelle Lage?“. Sagte der Captain, nachdem ich alle auf ihren Platz eingefunden hatte.

Der Wissenschaftsoffizier tippte auf die am Platz befindlichen Konsole herum.

Der Hauptbildschirm sprang an. Eine Reporterin war darin zu sehen. Sie hatte ein Micro in der Hand und sprach zu ihren Zuseher. Im Hintergrund war das Hauptgebäude der Föderation auf der Erde zu sehen. Das Geländer hatte die übliche Beflaggung.

„So verlor die Föderation den Kontakt zum Außenposten 3,4,7…“ sagte die Reporterin.

Der Wissenschaftsoffizier drückte verlegen auf der Konsole herum. „Moment, ich habe es gleich…“.

„… so wird berichtet, dass das Förderationsschiff Faragout zur Aufklärung an die Förderationsgrenze gesendet wurde, um herauszufinden, warum der Kontakt zu den Außenposten abgebrochen sind. Die Faragout ist das Flagschiff der Föderation, welche die meisten erfolgreichen Einsätze erledigt haben. Aber zur Zeit warten wir noch auf neue …“ Sprach die Reporterin weiter, bevor das Bild zu einem zweidimensionalem Schemata wechselt.

Der Außenposten und die Faragout wurden mit jeweils mit den typischen Föderationszeichen als Symbol gekennzeichnet. Die 3 fremden Kugelraumer wurden mit einem Fragezeichen im Kreis dargestellt. Eine gestrichelte Linie markierte die eigene Grenze.

Der Captain dachte sich: warum wir nicht mal auf die Idee kommen, 3 Dimensionale Darstellungen zu verwenden? Na dafür gibt es ja eigentlich Hologramme, warum haben wir die eigentlich noch nicht am Board?

Der Wissenschaftsoffizier begann an zu sprechen: „Wir sind von den 3 Kugelraumer umzingelt…“

Und wieder dachte der Captain: Warum umzingelt, kommt denn niemand auf die Idee, nach oben oder nach unten zu fliegen? Nur weil vor und hinter uns 3 Schiffe sind, sind wir doch nicht eingekesselt. Und außerdem, wir sollen doch uns zurückziehen, warum umzingeln sie uns dann?

„… und die Schiffe erzeugen ein Dämpfungsfeld, was verhindert, dass wir unser Außenteam zurückbeamen können. Die Analyse ergab, dass es die Auswirkung des Antriebs der Fremden ist, welches dieses Feld erzeugt. Da wir nicht wissen, ob die Wirkung länger anhält oder nicht, sollten wir eine Alternative überlegen, unser Team zurückzuholen.“ Hawkins beendete seinen Bericht.

„Was wenn wir Shuttles einsetzen?“ Schlug einer der Offiziere vor.

„Wir wissen nicht, wie die Fremden darauf reagieren, sie haben uns schon beschossen, als wir versucht haben, zu verhandeln.“ Sagte der Captain.

Die Lage war verzwickt. Die Crew der Faragout hatte weniger als eine Stunde Zeit, eine Lösung zu finden. Eine Nachricht an die Föderation wurde gesendet, aber bis Hilfe kommt, würde es zu lange dauern. Sie sind weit weg von der nächsten Sternenbasis und Schiffe, welche Unterstützen könnten.
Aber das Außenteam aufgeben, den Posten den Gegner überlassen? Das kam nicht in Frage.

„Wir sollten Kämpfen, lieber mit Ehre untergehen als wie Feiglinge zu fliehen!“ Sagte der Sicherheitsoffizier. Der Sicherheitsoffizier war von einer Rasse, die Ehre und Kampf hoch schätzen und lieber in einer Schlacht sterben würde wollen, als zu fliehen. Das machte manchmal das Arbeiten in brenzligen Situationen mit ihm etwas kompliziert. Denn oft war ein taktischer Rückzug eine viel intelligentere Methode, als in die Schlacht zu ziehen.

„Ehm… Danke ihnen, ich werde das vielleicht in Erwägung ziehen, aber solange wir noch Zeit haben, werden wir nach Alternativen suchen!“ Antwortet der Captain.

Ja, und wir werden wie immer Lösungen finden … dachte der Captain. Normalerweise finden wir immer nach so einer brenzligen Situation innerhalb der nächsten 35-30 Minuten eine Lösung, immer.

Ende Teil 1

Augenblicke

Thomas lief ein paar Schritte neben dem Reisebus auf und ab. Er wollte sich nach der langen Fahrt etwas die Beine vertreten. Genau vor dem Fenster, an dem Elisa saß und auf das Hotel schaute, legte er einen Stopp ein und machte ein paar Kniebeugen. Schließlich wollte er seine sportliche Note betonen und er war sich sicher, sie würde ihn beobachten. Dementsprechend hatte seine Darbietung etwas ausgesprochen Absichtsvolles und Ungelenkes. Thomas war sich seiner Ungeschicklichkeit bewusst und musste über sich selbst schmunzeln.
Augenblicklich wanderte sein Blick in Richtung des Fensters, hinter dem die Schöne saß. Unverblümt schaute sie ihm direkt ins Gesicht. Mit großen Augen und voller Aufmerksamkeit, wie eine Raubkatze vor dem Sprung, sah sie ihn an. Er zuckte erschrocken zusammen, ließ sich aber nichts anmerken. Thomas spürte, dass etwas Sanftmütiges und Zärtliches in ihrem Blick war. Die Blicke der beiden trafen sich endlich. Gebannt und unbeweglich stand er da. Verlegen und ergriffen von ihrer Direktheit hielt er den Atem an. Elisa aber wich der Situation nicht aus. Für einen Augenblick gab es keine Verschiedenheit zwischen den Regungen der beiden. Sie sahen sich einfach nur in die Augen und lebten den Augenblick der Verbundenheit. Und dann schenkte sie ihm auch noch ein Lächeln. Völlig hingerissen, fast schon benommen, ging Thomas schwebend über den Asphalt ein paar Schritte weiter um den Bus herum.
Dort stand der Busfahrer. Auch der war inzwischen ausgestiegen und stand nun an der Vorderseite des Busses. Er streckte sich ausgiebig und atmete die würzige Adrialuft mit weit geöffneten Mund ein. Dann zündete er sich eine Zigarette an und blies den Rauch des ersten Zuges, nachdem er den Kopf in den Nacken geworfen hatte, genussvoll in den blauen Himmel. Der weiße Dampf verteilte sich in der Luft und von weitem sah es so aus, als ob sich eine weiße Schleierwolke am Firmament gebildet hätte.
Der Mann, kräftig gebaut und etwas untersetzt, mit schütteren blonden Haaren, streng nach hinten gekämmt, betrachtete den Eingang des Hotels und die Menschen, die dort umherstanden und sich angeregt unterhielten.
Das Outfit des Busfahrers war leger, gediegen und seriös. Er hatte ein weißes Hemd an, die Ärmel waren hochgekrempelt. Eine dunkle Krawatte zierte die Mitte seiner Brust. Das Hemd, das sich stramm um seinen Bauch spannte, war wohl eine Nummer zu klein. Die Knöpfe, die unter der Krawatte das Kleidungsstück zusammen hielten, mussten ohne jeden Zweifel einiges aushalten, jedenfalls waren sie nicht zu beneiden. Der Hosenknopf seiner Jeans war kaum noch zu sehen, da der Bauch bereits den engen Bund überlappte und den Hosenknopf verdeckte.
Sein Gesicht war übersät mit Bartstoppeln, offenbar hatte er sich seit Tagen nicht mehr rasiert. Thomas erinnerte sich daran, dass der Mann noch vor Jahren voller Zorn über all jene hergezogen war, die nicht seinem Ideal eines zivilisierten Bürgers entsprachen und unrasiert umherliefen. Eine morgendliche Rasur war für ihn damals eine Selbstverständlichkeit, heute jedoch nicht mehr. Erstaunlich und seltsam, wie schnell sich Trends vom Angesagten und Hypen ins Gegenteil verkehren können.
Thomas dachte über den menschlichen Körperbau nach. Sicher hat es etwas mit seinem Job zu tun, folgerte er beinahe schon fachkundig. Das stundenlange Sitzen hinter dem Steuer während der Fahrt. Ungehindert können sich überschüssige Kalorien im Bauchgewebe breitmachen und müssen dabei keine Bewegung fürchten. Ein Fest für die Fettzellen. Während ein Angestellter im Büro sich ab und zu von seinem Stuhl erhebt und sich beispielsweise etwas zu trinken besorgt, klebt der Busfahrer über Stunden auf dem Fahrersitz fest, ohne auch nur einmal die Klamotten zu lüften.

Aliens haben es auch nicht leicht.
Nicht, wenn sie Hunderte von Lichtjahren entfernt in einer fernen Galaxie auf dem Planeten Nr. 120000 zu Hause sind und eine Mission auf der Erde zu erfüllen haben. Der Name Planet Nr. 120000 kommt daher, weil immer exakt 120000 Aliens dort leben. So ist die Bestimmung. Durchnummerierte A von 1 – 120000. Plus einer zusätzlichen Nummer AI Potenz 10.
Keine Ahnung, wie sie das schaffen. Die Reihenfolge hat nichts mit dem Intelligenzgrad zu tun. Es gibt Aufgaben, die beherrschen einige mühelos, andere weniger. No Problem. Sie führen sie aus. Nicht immer sofort freudig, da sind sie uns Menschen ähnlich, jedoch ohne große Grundsatzdiskussionen.
Damit aber nichts aus dem Ruder läuft, gibt es die Nummer AI Potenz 10. Sie besitzt einen umfassenden Überblick und ist zuständig für Koordinationen. Irgendjemand muss schließlich den Laden zusammenhalten.

Alien A 1 und Alien A 2 standen unschlüssig herum, kauten an ihren Lippen und kratzten sich am Kinn.
„A 1, was hältst du davon?“
„Mmh, ich weiß nicht, A 2. - Warum schon wieder wir beide?“
AI Potenz 10 meinte, wir seien die Besten für diese Mission.“
„Nur weil wir vor 500 Jahren schon mal da waren.“, maulte A1. „Und das war damals keine Glanzleistung!“
A 2 griff sich an den Kopf: „Da wussten wir aber noch nicht, dass sie nur ungefähr
10 % ihres Gehirns nutzen!“
„Glaubst du, das ist heute anders?“ A 1 legte seine Stirn in 21 Falten.
„Deshalb hat AI Potenz 10 gesagt, wir sollen nur in die nicht genützten Areale ihrer Gehirne! Verstehst du?!.“

Es war einer dieser seltenen Fälle, bei denen die Botschafter-Alien A 1 und A 2 keine große Lust hatten, ihre Mission zu wiederholen.
Mühsam hatte sich damals AI Potenz 10 beherrscht, nicht auszuflippen.
Und nun wiederholte sie ihren Ärger: „Dieses Chaos!“ - .„Das möchte ich nicht noch einmal erleben.“
„Dann lassen wir es doch!“ A 1 und A 2 unisono.
Aber AI Potenz 10 ließ nicht locker: „Diese Mission ist wichtig zum jetzigen Zeitpunkt!“ Mit einer Handbewegung wischte sie die Proteste der beiden hinweg:„Wer weiß wie lange der Erden-Planet noch in dieser Form existiert.“
„Ok. – Wie du meinst.“
„Also aufgepasst!“
Langatmig erklärte AI Potenz 10 ihren beiden Botschaftern, warum sie sich auf keinen Fall zeigen dürften! Sie wüssten selbst nur zu gut, wie misstrauisch die Erdmenschen allem Fremden gegenüber reagieren würden.

Allen war bewusst, in den 500 Jahren hatte sich nicht viel geändert. Zugegeben, die Erde war ein wunderschöner Planet. Für die Außerirdischen ein wahrer Sehnsuchtsort. Den die Bewohner allmählich zu Grunde richteten. Wozu das gut sein sollte, erschloss sich den Aliens nicht. Sie hatten keinen Schimmer, was die Menschen damit bezweckten.
Nun sollten also die beiden Veteranen wieder hinunter.
Von oben erklang die Stimme von AI Potenz 10: „Bereit? Dann los!“
A 1 und A 2 stellten sich in Position. Nein, nicht zum Beamen, darüber waren sie längst hinweg.
AI Potenz 10: „Wir bleiben in Verbindung. Denkt daran, nur in die ungenützten
Gehirnebenen. Das ist ein Experiment. Nicht eingreifen, nur beobachten. Bei Bedarf hole ich euch zurück!“
„Geht klar Boss!“
„Wohin soll ich euch senden?“
„Zum Flughafen.“
Derartiges existierte damals noch nicht. Eine bedeutsame Erfahrung. Wo sonst traf man an einem Ort so viele unterschiedliche Menschen?
„Aber treibt keinen Unsinn!“ mahnte AI Potenz10.
„Nein, nein!“, murmelten beide. Und weg waren sie, Richtung Erde.
„Wir machen das schon.“

So kam es, dass ein blonder Pilot der Airline mit dem Vogel, und eine dunkelhaarige Pilotin der Konkurrenz-Airline, sich nach der Landung am Ende der Gangway trafen. Nicht in die Halle gingen, sondern aufeinander zu, sich anlächelten, in die Augen schauten und gleichzeitig sagten:
„Da bist du ja endlich. Wo warst du nur so lange?“
Seit drei Jahren begegneten sie sich sporadisch, beachteten sich nie, hasteten aneinander vorbei.
Nun küssten sie sich, hakten sich unter, lachten und scherzten. Engumschlungen betraten sie die Halle. Willkommene Abwechslung für die herumsitzenden und -stehenden Passagiere, die auf ihre Flüge warteten.
Wie es der Zufall wollte, waren beide, Pilotin und Pilot, seit kurzem wieder Single.
Was lag da näher als die Frage: „Wollen wir zusammen Weihnachten feiern?“ Heftiger Applaus der zahlreichen Passagiere.
Wiederholung des Weihnachtswunsches über den Lautsprecher. Aus tausend begeisterten Kehlen erscholl ein Ja! - Perfektes Chaos.

A 1 und A 2: „AI Potenz 10, bitte kommen! Das artet schon wieder aus hier. Was sollen wir tun?“
AI Potenz 10 an A 1 und A 2: „Raus aus den Gehirnen! Sofort! Ich hole euch zurück!“
„Schade eigentlich“ bedauerte A 1. „Jetzt wird es erst spannend. Hätte gerne gewußt wie es weitergeht.“
„Na wie schon. Wie immer bei denen“ brummte A 2. „Erst Liebe und Begeisterung, dann Mord und Totschlag.“

Doch warten wir ab, ob das dieses Mal wieder so ist.
Schließlich hatten die Aliens unbekannte Gehirnkapazitäten aktiviert. Wenn auch nur für kurze Zeit.

Am Schauplatz Flughafen standen und saßen die Passagiere friedlich beieinander. Unterhielten sich, warteten geduldig, bis ihr Flug aufgerufen wurde, und verabschiedeten sich liebevoll von den Wartenden. Nicht ohne zu versichern, die neuen Freundschaften nicht abreißen zu lassen.
Pilotin und Pilot nahmen Urlaub, buchten einen Honeymoon-Flug auf die Malediven, liefen barfuß im weißen Sand, schnorchelten im türkisblauen Meer, schwammen mit Mantas, und wähnten sich dem Himmel näher als je zuvor.

A 1 und A 2, zurück auf ihrem Heimatplaneten Nr. 120000, berichteten das Wenige, was zu berichten war.
Alle aber staunten darüber, was mit den Erdenmenschen geschah, wenn ein paar Prozent ihrer ungenützten Gehirnareale stimuliert wurden.

Wie lange würde dies anhalten?

Warm – kalt – heiß
Gleich wird mich die Sonne mit ihren Morgenstrahlen durch die offenen Flügeltüren meiner Sonnenaufgangs-Schlaf-Hütte für einen wunderbaren neuen Tag wachküssen.
Der Vogelgesang-Sonnenaufgangs-Count-Down bereitet mich noch im Schlaf, seit Stunden darauf vor:
80 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Gartenrotschwanz
55 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Singdrossel
50 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Rotkehlchen
45 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Amsel
35 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Blaumeise
30 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Kohlmeise
15 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Star
10 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Buchfink
Ich bereite mich innerlich auf einen neuen produktiven Gartentag vor.

=====
„Piep, piep, piep“, das ist nicht die Sonne. Das ist der verfluchte Wecker! Die Flügeltüren sind nicht offen, im Gegenteil: Die Winter-Doppel-Türe versucht die Nachtkälte draußen zu halten. Die Schlafmütze ist mir vom Kopf gerutscht und der Kopf ist fast schmerzhaft ausgekühlt. Die Wärmflasche, gestern Abend noch schön heiß wird jetzt von der Körperwärme gerade noch so lauwarm gehalten. Die Decke um den Kopf herum ist ganz feucht vom Atem.
6 Uhr: höchste Zeit aufzustehen! Ich schnalle mir die Stirnlampe um den Kopf, schlage die außen klammen und innen warmen Decken zur Seite und richte mich schnell auf, um mich anzukleiden. Das Thermometer zeigt 3 Grad Celsius. Puh, ist das kalt! Das Laken ziehe ich ab und hänge es samt der Schlafmütze an einen Haken. Das Futon wird aufgerollt, die Pinkelflasche und die Wärmflasche vor der Türe platziert. Der Parker an, Mütze auf, Handschuhe an und in die Lederstiefel geschlüpft. Vorsichtig die Türe öffnen, dann die Winter-Vorbau-Türe. Es hat geschneit. Das Außenthermometer zeigt -18 Grad Celsius. Ich stapfe mit der Pinkelflasche und der Wärmflasche zur Hecke hinter der Türe. Der Inhalt der Pinkelflasche düngt die Hecke, das lauwarme Wasser der Wärmflasche spült die Flasche.
Die Flasche geht zurück in die Hütte, der Rest mit mir hinunter ins Haus. Als ich an den Hochbeeten vorbeikomme, grabe ich einen Lauch und etwas Grünkohl aus dem Schnee. Die Wintergemüse können in der Küche auftauen, für das Essen heute Abend.
Die Zeit drängt. Zuerst den Ofen einheizen. Die Katzen haben Hunger und bestehen auf ihrem Frühstück. Wohl bekomme es!
Aber jetzt. Zum Glück ist noch genügen Holz in der Kiste. Die Asche in den Aschenkübel, den Holzstapel gesetzt, ein Streichholz daran. Langjährige Routine lässt den Brand problemlos gelingen. Der große Wassertopf auf dem Ofen ist noch leicht warm. Genug als Trinkwasser für die Schafe. Die Rübenschnitzel habe ich schon gestern eingeweicht. Ich stapfe mit Wassereimer und Futterschüssel zum Schafstall. Die Stirnlampe zeigt mir den Weg.
Die fünf Schafe warten schon. Dank ihres dicken Pelzes haben sie kein Problem mit der Kälte. Der Wassereimer ist zu zwei Drittel leer und das restliche Wasser gefroren. Ich tausche den Eimer mit dem gefrorenen Wasser gegen den mit dem warmen.
Die Rübenschnitzel schütte ich in den Futtertrog. Die Schafe machen sich brav nebeneinander aufgereiht, hungrig darüber her.
Ich steige auf die Leiter und werfe und stopfe das Heu vom Spitzboden des Schafstalls in die Futterraufe.
Auf dem Rückweg vom Schafstall nehme ich aus dem Holzschuppen noch einen Arm voll Brennholz mit nach drinnen.
Den Ofen staple ich nochmal voll Holz, dann ist es höchste Zeit, das Haus zu verlassen. Der Bus wartet nicht.

Das tut er tatsächlich nicht. Im Gegenteil, er hält mich wohl für einen Schüler und fährt einfach vorbei. Ich schimpfe. Die 13-jährige Schülerin tröstet mich und meint, ich könnte mit dem Schulbus mitfahren. Sie hat recht. Der Bus geht zwar zum Gymnasium, und befördert fast nur Schüler, aber es ist ein öffentlicher Bus.

Er nimmt mich mit zur zentralen Haltestelle. Mein Anschlussbus scheint (zum Glück) Verspätung zu haben.
Plötzlich hupt es auf der anderen Seite der Bundesstraße. Es ist der Busfahrer meines Busses. Er winkt. Hastig überquere ich die Bundesstraße und steige ein. Der Busfahrer meint, er wäre spät dran und wenn er noch zur Haltestelle fahren würde, bekäme er noch mehr Verspätung.

Mein Chef ist ungehalten wie immer, dass ich zu spät komme. Er findet, ich sollte mir endlich ein Auto kaufen. Gerade auf dem Land wäre das unverzichtbar.

=====
„Opa wach auf, gleich geht die Sonne auf. Wir müssen in den Bunker, sonst bekommen wir einen Hitzeschlag.“
Ich stehe auf.
„Warum ziehen wir nicht in eine wirtlichere Gegend“, frage ich. „Irgendwo auf der Erdkugel muss das Klima doch gemäßigter sein.
„Aber Opa, wo sollte das denn sein? Jedes Kind weiß: Die Erde ist eine Scheibe und die Sonne nur 4000 Kilometer entfernt. Wohin sollten wir also ziehen?“

Der Star
Alt ist er geworden, sehr alt. Er will das alles nicht mehr. Er wollte sich schon eine Klippe hinunter stürzen, hat aber keine gefunden, die es wert war. Wert, so berühmt zu werden, wie er es ist. Würde er sich irgendwo hinunterstürzen, dann wäre die Stelle für immer und ewig berühmt.
Berühmt zu sein, kann auch ein Fluch sein.
Er wollte nie berühmt sein. Er wollte nie ein Star sein.
Er wollte immer nur einer sein von vielen.
Sie hatten ihn wegen eines klitzekleinen Makels ausgeschlossen. Ein Makel, der ihn unterscheidbar machte. Ihn anders machte.
Ihn berühmt machte.
Er sah in den Spiegel. Er wurde umsorgt, frisiert und gepflegt. Sie haben versucht seinen kleinen Makel mit Puder zu überdecken. Nichts. Nichts half.
Einmal im Jahr hatten sie ihren großen Auftritt. Er musste immer vorangehen. Er wollte nicht.
Eine Tür öffnet sich.
Er weiß, wer da hereinkommt. Er weiß, dass er auch dieses Jahr wieder vorangeht.
„Rudolph, die anderen warten schon auf dich“.

Jedes Jahr der alte Sack!

Es tickt. Unaufhörlich spuckt die Uhr an der Wand die Sekunden aus. Es ist, als türme sich ein Berg aus Vergangenheit und Gegenwart auf.
Die Geschwister sitzen nebeneinander auf einer Bank.
„Er hatte sein Kommen angedroht!“, sagt Lisa.
„Da auf diesem Stuhl hatte er gesessen und uns zu verstehen gegeben, dass das nicht sein letzter Besuch war!“
„Dieses Mal werden sie zu zweit sein!“, sagt Bernd.
Die Geschwister sehen sich an. Jeder hat seine Gedanken. Jeder hat seine Ängste und seine Hoffnungen.
Über dem Stuhl die gnadenlos tickende Uhr.
Auf dem Stuhl die drohenden Worte.
„Ich komme wieder!“*
„Vielleicht verschont er uns!“, sagt Lisa.
„Der wird nichts und niemanden schonen!“, sagt Bernd.
„All die Jahre!“
Jeder Schritt vor dem Haus wird belauscht. Jeder Schritt im Haus birgt Furcht.
„Auf Hilfe können wir nicht warten!“, sagt Lisa.
„Wir sind alleine. Die Welt da draußen ist einsam!“
In der Nähe ein Rascheln. Es ist, als stapft etwas oder jemand auf das Haus zu.
Die Geschwister bekommen feuchte Hände.
„Mein Mund ist trocken!“, sagt Bernd.
Lisa reagiert nicht. Sie sieht zur Tür. Sie hört in den Abend. Die Uhr bewegt ihre Zeiger. Glockenschläge zur vollen Stunde.
Kaum ist der letzte Schlag verklungen; das Klopfen an der Tür.
Lisa und Bernd rutschen zusammen. Die Hände haltend. Zitternd.
Abermals klopfen. Lautes stöhnen und husten!
Ohne eine Antwort abzuwarten, wird die Tür geöffnet.
Der Schritt einer riesigen Gestalt ins Zimmer.
Das Gesicht verdeckt von Bart und Mütze. Tief im Gesicht.
Die Stiefel schleppen Feuchtigkeit und Schmutz. Kälte dringt ein. Wie ein unerwünschter Gast und breitet sich aus.
Der Mann in Rot und Weiß.
Folgend war der Mann mit dem schmutzigen Braunen Sack. Und einem Bündel Reisig. Schleimig hinter dem Riesen schleichend.
„Ihr seid Lisa und Bernd!“, sagt der Große.
„Steht auf und kommt zu mir!“ Befehlston!
Der Rote setzt sich auf den Stuhl unter der Uhr. Der Braune steht ausdruckslos daneben.
„Ich kenne Euch vom letzten Jahr!“, sagt der weiße Bart.
Der andere stellt den braunen Sack vor den Stuhl.
Er kramt im Sack und holt Kohlestückchen hervor.
Der Braune sieht die Geschwister grinsend an.
Der Rote hat eine Liste in der Hand. Liest konzentriert.
Schüttelt den Kopf und nickt. Immer wieder.
Langsam faltet er das Papier wieder zusammen.
„Es hat sich niemand über Euch beschwert. Das Jahr war ein anständiges, wie ich lese!“
Die Minen der Kinder entspannen sich. Ein leises Lächeln ist um Lisas Mund zu sehen.
Der Knecht in Braun steckt seine Kohlestücke wieder in seinen Sack.
„Da habt ihr Glück gehabt!“, sagt er.
Der sitzende Riese verteilt vorsichtig Päckchen vor den Kindern auf dem Fußboden.
Er steht auf und sagt: „Ich komme wieder!“
Er tätschelt den Kindern die Köpfe.
Darauf verschwindet er mit seinem Knecht durch die noch geöffnete Tür.
Die Kälte ist einer angenehm, kuscheligen Wärme gewichen.
Die Kinder lachen und hören vor dem Haus das Rascheln und Stapfen. Sie rennen zum Fenster und sehen einen Lufthauch der sich am Himmel in Nichts auflöst. Die Uhr schlägt zur vollen Stunde. Die Geschenke liegen vor dem Stuhl. Der Boden ist sauber. So, als hätte nie ein schmutzig, feuchter Stiefel das Zimmer betreten.

„Er wird wiederkommen!“, sagt Lisa.

Bernd nickt.

Die Täuschung

„Ich mache das Arschloch kalt, Aris. Der sagt uns eh nicht, wo er das Mädchen versteckt hält.“

„Du bist ja irre, Manni, das führt doch zu nichts. Am Ende gehst du noch wegen diesem Blödmann in den Knast.“

„Das ist mir egal. Das Mädchen ist seit drei Tagen weg. Vielleicht sitzt sie irgendwo ohne Wasser und Verpflegung. Wenn wir noch lange warten, ist sie tot.“

„Wenn sie es nicht schon längst ist. Woher sollen wir das wissen?“

„Wir müssen immer davon ausgehen, dass sie noch lebt. Und wenn sie es nicht mehr tut, dann wäre es um so gerechter, wenn der Typ auch draufgeht.“

Die Kommissare Manfred Schabowski und Aris Talik führten ihre Unterredung in normaler Lautstärke. Sie gaben sich keine Mühe, dass der Entführer, der im Nebenraum saß, nicht hören konnte, was sie sagten. Die Tür zwischen den beiden Räumen stand einen Spalt weit offen. Drei Stunden lang hatten sie zuvor auf ihn eingeredet und versucht, ihn zur Preisgabe des Verstecks seines Opfers zu bewegen. Ohne Erfolg. Der Entführer war hartnäckig und bestand darauf, dass sie ihn laufen lassen. Er drohte damit, dass das Mädchen sonst sterben würde.

Malika war erst acht Jahre alt und Tochter eines reichen Industriellen. Als sie entführt wurde, befand sie sich auf dem Heimweg von der Schule. Ein Junge aus ihrer Klasse hatte gesehen, wie sie in ein rotes Auto gezerrt wurde, dass dann mit Vollgas davonfuhr. Noch am Abend desselben Tages war die Lösegeldforderung eingegangen.

Bei einer fingierten Geldübergabe, bei der ein Peilsender in einer Tasche mit präparierten Geldscheinen zum Einsatz kam, konnten die beiden Kommissare den Entführer stellen. Er hatte die Tasche mit einer Drohne von einer Bank an einem Waldweg gefischt und sie zu sich, in eine versteckt liegende Hütte geflogen. Nur wenige Minuten später waren die beiden Polizisten dort aufgetaucht und hatten ihn gestellt. Ihre Hoffnung, das Mädchen dort anzutreffen, erfüllte sich jedoch nicht. Den Entführer konnten sie jedoch dingfest machen und mit Handschellen an einem Heizkörper fixieren.

Kommissar Schabowski hatte darauf bestanden, ihn sofort und ohne Verstärkung zu verhören.

„Du weißt doch, wie das läuft, Aris“, hatte er zu seinem Kollegen gesagt, „wenn der erstmal auf der Wache ist, sagt der kein Wort, bis der Anwalt da ist und der empfiehlt ihm, auch weiter den Mund zu halten. Am Ende ist das Mädchen tot und unser Zugriff hier war völlig umsonst.“

Also hatten sie mit ihr Verhör begonnen, dass jedoch keinen Hinweis zum Aufenthaltsort des Kindes brachte. Um das weitere Vorgehen zu besprechen, waren sie in den Raum nebenan gegangen,

„Meine Tochter ist nur ein Jahr jünger als Malika. Wenn sie das Entführungsopfer wäre, würde ich ihm jetzt eigenhändig die Eier abschneiden, bevor ich ihm eine Kugel in die Birne ballere.“

„Aber damit würdest du den töten, der als Einziger weiß, wo das Mädchen ist.“

„Das stimmt nicht, Aris. Als Malika in den Wagen gezerrt wurde, war eine zweite Person dabei, die das Auto gefahren hat. Und die Analyse der verzerrten Stimme am Telefon hat ergeben, dass es sich eindeutig um eine Frau handelte. Also gibt es eine weitere Person, die Bescheid weiß.“

„Aber die müssten wir ja erstmal finden. Wenn du den Kerl umballerst, fangen wir wieder ganz bei null an.“

„Auch das sehe ich anders. Wenn die Frau erfährt, dass ihr Komplize bei der Geldübergabe erschossen wurde, wird sie Schiss bekommen. Sie wird das Mädchen laufen lassen und sich aus dem Staub machen. Ansonsten weiß sie, dass sie als Nächste dran wäre.“

„Das mag so sein, aber wie willst du den Kerl ins Jenseits befördern? Wir sind seit ein paar Stunden mit ihm hier und haben ihn sicher fixiert. Da wanderst du doch gleich wegen Mordes in den Knast.“

„Das kriegen wir schon gedreht. Wir nehmen eine von den Eisenstangen des mobilen Zauns, der im Nebenraum liegt, und du ziehst mir eine über den Rücken. Dann gehst du aus der Hütte und suchst nach einer Stelle, wo du Empfang mit dem Handy hast. Du alarmierst die Kollegen und teilst ihnen mit, dass der Entführer tot ist. Ich mache den Kerl los und jage ihn vor die Bude, wo ich ihn in Notwehr erschieße. Die Eisenstange wische ich ab und drücke sie dem Toten in die noch warmen Hände. Anschließend reiße ich noch den Heizkörper aus der maroden Wand. Das gibt ein perfektes Spurenbild und uns kann niemand was nachweisen.“

„Hm“, überlegte Aris, „das könnte klappen. Dann wäre es vielleicht noch gut, der Presse einen Hinweis zu stecken. Wenn die Komplizin ein Foto ihres erschossenen Mittäters in den Medien sieht, wird sie vielleicht sofort aufgeben und das Mädchen kommt schneller frei.“

Der Entführer im Nebenraum hatte alles gehört. Als die beiden Kommissare zurück zu ihm in den Raum kamen, kauerte er an dem Heizkörper wie ein Häufchen Elend. Er begann zu wimmern. Während Aris Talik ihn im Auge behielt, ging Manfred Schabowski zielstrebig zu dem aufgerollten Schafszaun und hantierte daran herum.

Als er auch noch seine Waffe aus dem Halfter zog und sie überprüfte, war es für den Entführer zu viel und er brach sein Schweigen. Knapp zwei Stunden später war Malika befreit und seine Komplizin festgenommen.

Obwohl der Richter wusste, dass Manfred Schabowski als Polizist häufig vor Gericht aussagen musste, wies er ihn zu Beginn der Vernehmung auf seine Rechte und Pflichten hin. Im weiteren Verlauf schilderte Schabowski auch die Vernehmung in der Waldhütte, die mit der Preisgabe des Verstecks von Malika und der Benennung seiner Mittäterin endete. Von der Unterredung mit seinem Kollegen Aris Talik, die sie im Nebenraum geführt hatten, sagte er nichts.

„Bitte“, übergab der Richter das Wort an die Verteidigung, „sie können jetzt ihre Fragen an den Zeugen richten.“

Nach ein paar nebensächlichen Bemerkungen kam der Anwalt auf den Punkt und zog das einzige Ass, das er im Ärmel hatte.

„Zeuge Schabowski. Mein Mandant hat mir berichtet, dass sein Geständnis unter Androhung von Gewalt erzwungen wurde. Ist es richtig, dass sie vorhatten, ihn zu erschießen, um die hier anwesende Mitangeklagte zur Aufgabe zu bewegen.“

„Herr Anwalt“, antwortete der Kommissar, „ich bin seit über dreißig Jahren im Dienst. Glauben sie wirklich, ich hätte mich dazu hinreißen lassen, das Leben des Mädchens auf solch eine fahrlässige Art und Weise zu gefährden?“

„Was ich glaube, Herr Zeuge, das steht hier nicht zur Debatte. Mich interessieren allein die Tatsachen. Mein Mandant hat mir sehr glaubhaft dargelegt, dass sie und ihr Kollege Herr Talik sich im Nebenraum einen ganz konkreten Plan ausgedacht haben, wie sie ihn zu Tode bringen wollten.“

„Ich denke, dass diese Wahrnehmung dem Stress ihres Mandanten zuzuschreiben ist, unter dem er gestanden hat. Er hatte gedacht, dass sein Plan mit der Geldübergabe wasserdicht sei, und war völlig überrascht, dass wir ihn in seinem Versteck aufgespürt haben. Während der Vernehmung haben mein Kollege Talik und ich tatsächlich einmal den Raum verlassen, um uns zu besprechen. Das haben wir auch getan, um Ihrem Mandanten Gelegenheit zu geben, zur Ruhe zu kommen und sich zu besinnen. In der Unterredung mit meinem Kollegen Talik ging es im Kern darum, was wir parallel zu dem Verhör unternehmen sollten, um die Komplizin des Entführers ausfindig zu machen. Wir mussten die Kollegen im Präsidium informieren, damit die so schnell wie möglich sein privates Umfeld unter die Lupe nehmen konnten. Leider gab es in dem Bereich des Waldes aber keinen Empfang für unsere Handys. Als wir zurück in den Raum kamen, gab uns der Angeklagte dann überraschenderweise die erfragten Auskünfte. Im Anschluss musste Hauptkommissar Talik fast fünfhundert Meter weit laufen, um Empfang zu bekommen. Was Ihren Mandanten am Ende dazu bewog, ein Geständnis abzulegen, kann ich nicht gesichert sagen. Ich denke, dass ihm klar geworden war, dass er aus der Nummer nicht mehr rauskommt und das er mit der Preisgabe des Verstecks des Mädchens und der Nennung seiner Komplizin sein drohendes Strafmaß mildern wollte. Wenn er das Gespräch im Nebenraum belauscht hat und Fragmente falsch verstanden haben sollte, dann ist das nun wirklich nicht mein Problem. Weder mein Kollege Talik noch ich haben dem Angeklagten jemals Gewalt angedroht.“

Nach drei Tagen Verhandlung wurde das Urteil gesprochen. Der Angeklagte erhielt zwölf Jahre Haft und seine Mittäterin kam mit zehn Jahren davon. Die Strafen wären höher ausgefallen, hätten die beiden Beklagten nicht im Laufe der Verhandlung eingelenkt und alle Details auf den Tisch gelegt. So blieb dem Mädchen das Erscheinen vor Gericht und ein Wiedersehen mit ihren Peinigern erspart.

Am Ende ihrer Schicht, an dem Tag, an dem das Urteil verkündet wurde, sahen sich die Kommissare Schabowski und Talik zufrieden lächelnd an und verabschiedeten sich mit einem Abklatscher in den Feierabend.

„Sollte es ein nächstes Mal geben, Aris, machen wir es wieder genauso.“

„Ganz sicher machen wir das so, Manni, aber für heute ist erstmal Schluss.“

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Rudolfs Glück

Langsam erwachte die wunderschöne Herzogin Maria aus dem tiefen, unbeschreiblich schönen Traum. Die Sonne glitzerte helle, diamantene Lichtperlen über ihr zartes Gesicht voller Weichheit, das in diesem warmen Lichte noch liebevoller und anmutiger aussah, wie das der Venus oder ihrer jüngeren Schwester. Ihr Haar leuchtete goldener denn je, feine Fäden puren Goldes, so schön anzusehen, dass sogar die Zeit beim Anblick dieser Schönheit immer wieder stehenbleiben wollte.
Rudolf, der verarmte Baron, konnte es nicht fassen. Er schaute diese zarte Anmut an, blickte im anbrechenden Tag in dieses Antlitz, welches, gleichsam diesem Frühlingstag, voller Sonne und Wärme erwachte. Die Vöglein unter dem Fenster verkündeten mit ihren Tschirpen den neuen Tag, als wenn nur sie die Erlaubnis besaßen, diese liebliche Gestalt liebkosend zu wecken. Und er, der Geringste von allen, hatte das Privileg, daran Anteil zu nehmen.
Die vollen Lippen Marias, die zunächst etwas blass-rosa erschienen, füllten sich wie zu vollem Leben und wurden roter und roter, so dass Rudolf ein unsägliches Verlangen verspürte, mit seinen Lippen ihren hauchzarten, ihn magisch anziehenden Mund zu berühren, seine Lippen und ihre Lippen, als wären sie allein für diese Verbindung geschaffen worden.
Träumte er oder war es Wirklichkeit? Traum und Realität verwoben sich zu einem innigen Band voller Leidenschaft und Wonne, sie verschmolzen zu einem Ganzen, das nur aus Liebe, aus warmer, bebender Hingabe bestand.
Verdiente er dieses Glück, diese Gunst des Schicksals? Schuldlos war er arm geworden und glaubte, sein Leben verloren zu haben. Und - gleichsam als überschwänglichen Trost - hielt er die Frau in seinen Armen, die die Weiblichkeit in jedem ihrer zarten Teile ihres wonnigen Körpers in voller Vollendung trug.
Nun bewegten sich ihre lieblichen Augenlider, etwas zaghaft zunächst, leicht blinzelnd, die Sonne wahrnehmend und sich an dem wohligen Schein labend, was ihr süßlich lächelndes Kussmündlein verriet.
Langsam öffneten sich ihre Augen, diese Brunnen der tiefen Begierde, die das Herz jedes anständigen Mannes in einem Augenblick ergreifen und in sich aufnehmen konnten.
„Maria“, hauchte er zärtlich. Seine Stimme bebte vor Aufregung, seine Gedanken waren unfähig, an etwas anderes als die reine Liebe zu denken. Das war der Moment, wo die Stärke eines Mannes dahinfloss, wo er sich selbst verlor – in sie, nur in sie. „Maria, meine geliebte Maria!“ Ihre anmutige Schönheit übermannte ihn, er verlor sich in ihr.
Sie schaute zu ihm, Rudolf, dem verarmten Baron, auf und stöhnte: „Is‘ was? Guck doch nicht so bescheuert! Hast’ wieder gekifft, was? Stinkst wie ’ne Kneipe. Du verprasst noch die ganze Kohle, die ich mit dem Putzen verdiene. Hör auf und such dir endlich ’nen Job! Sonst schmeiß ich dich raus.“

Das Ovale muss ins Runde

„Also Mädels, so kann es nicht weitergehen. Dass, was ihr hier macht muss endlich mal einen Sinn bekommen.“

„Nun spiel dich mal nicht so auf, ja“, konterte die Erste aufgeregt. „Als wüsstest du mehr vom Leben als wir. Dabei haben wir Tradition. Wir sind fleißig. Wie unsere Eltern. Und die haben es von ihren Eltern gelernt. Was soll daran falsch sein?“

„Du bist doch nur einer von denen“, mischte sich die Zweite ein, „die sich gerne aufspielen. Die glauben, wir seien dumm, weil wir uns denn ganzen Tag um unser Werk kümmern. Das musst du uns erstmal nachmachen.“

„Genauso ist es“, war die Dritte an der Reihe. „Was kannst du denn schon besser als wir? Schau dich doch mal an, was du für einen dicken Hintern hast. Ist ja auch kein Wunder, wo du am liebsten alle vier von dir streckst und in der Sonne faulenzt. Wir haben einen eleganten Po. Der ist wohl geformt und kann sich sehen lassen.“

Die Vierte konnte es schon gar nicht mehr abwarten dran zu kommen und quasselte schon los, bevor die Dritte noch fertig war.

„Du neunmalkluger Oberlehrer. Spielst dich hier auf und nimmst dir die Frechheit heraus, uns schlecht zu machen. Wir sind Viele, denk daran. Wenn wir es wollten, würden wir dich zum Teufel jagen.“

Sie waren tatsächlich Viele, sehr Viele sogar. Und weil sie die dreisten Worte ihres ungebetenen Besuchers nicht einfach hinnehmen wollten, nahm sich jede das Recht heraus, ihm zu widersprechen.

Überrascht von so viel Gegenwind, musste er sich erstmal mit der Situation vertraut machen und hörte sich das Durcheinander eine Weile lang an. Dann räusperte er sich, holte noch einmal tief Luft und verschaffte sich lautstark Gehör.

„Meine Damen“, rief er in die Runde, worauf es schlagartig Mucksmäuschen still wurde und sich alle Augen auf ihn richteten. „Meine Damen, so kommen wir doch nicht weiter. Bevor sie weiter alle durcheinanderreden und mir alles Schlechte unterstellen, lassen sie mich doch erst einmal zu Wort kommen.“

„Auch das noch“, fiel ihm die Erste erneut ins Wort. „Habt ihr das gehört. Da ist uns ja ein wahrer Schwätzer ins Haus geschneit. Als hätten wir uns nicht selbst genug zu erzählen. Tzz, tzz, tzz.“

Die Zweite blieb still und überlegte, sodass ihr die Dritte mit ihrem Einwand zuvorkommen konnte.

„Alles nur bla bla. Was will der uns schon erzählen? Kommt hier in seinem aufgeblasenen Pelz daher und meint, er sei etwas Besseres.“

„Ja, unverschämt ist das“, schloss sich eine von den Vielen an, die vor Aufregung fast ins Stottern gekommen wäre, „der kann ja nicht mal sicher auf, ähm, ich meine, ähm, auf zwei Beinen laufen. Was will der uns schon sagen.

Im Nu war das Durcheinandergerede wieder in vollem Gang. Bis sich die Zweite, die lange überlegt hatte, rigoros das Wort nahm.

„Still“, forderte sie, „ihr Lieben, seid doch mal still. Wenn man immer nur redet, hat man keine Zeit, um zuzuhören. Das kann doch auch nicht richtig sein. Vielleicht hat er ja ein Anliegen, das uns den Tag bereichern kann. Immerhin hat er sich als einziger Mann hier in unseren Käfig voller Weiber getraut. Wir sollten ihm eine Chance geben, sich zu erklären.“

Die Vielen schauten sich zuerst untereinander prüfend an, schafften es dabei, still zu bleiben, nickten sich letztendlich zustimmend zu und blicken dann alle wie auf Kommando erwartungsvoll zu ihm.

Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Endlich hatte er eine der Damen für sich gewinnen können. Jetzt galt es, sie alle für sein Anliegen einzunehmen.

„Vielen Dank für ihre Unterstützung, Gnädigste“, nahm er die Chance wahr und fügte sogleich eine Gesprächspause an, während der er sich umsah, um mit möglichst vielen der Vielen einen kurzen Blickkontakt herzustellen. Den Mädels, wie er sie eingangs nannte, schien das zu gefallen. Endlich mal jemand, der nicht einfach drauflosredete, sondern wusste, wie man Sprache besser einsetzen konnte.

Spannung lag in der Luft. Um seine Zuhörerinnen nicht unnötig zu strapazieren, schloss er den Spannungsbogen und redete weiter.

„Was sie hier tun, meine Damen, das verdient den höchsten Respekt.“

Ausnahmslos alle weiblichen Zuhörerinnen zeigten mit einem Nicken ihre Zustimmung.

„Ich denke, wenn alle auf der Welt wären wie sie, dann gäbe es nicht so viele Probleme und das Leben wäre ein ganzes Stückchen lebenswerter.“

Das Nicken der vielen Köpfe nahm an Dynamik zu. Seine Worte hatten also dort Eingang gefunden, wo er ihn gesucht hatte.

„Nun ist es aber leider so, dass nicht alles zum Guten seht und vieles noch verbessert werden muss.“

Viel Augen sahen sich fragend an. Das Nicken war abrupt beendet, aber man wartete ab, wie es weitergehen würde.

„Damit meine ich nicht, dass hier bei Ihnen etwas verbessert werden müsste, sondern, dass sie dazu beitragen könnten, dass sich draußen etwa bessert. Darauf bezog sich Eingangs meine Bemerkung zum Sinn ihres Tuns.“

„Das sind ehrenwerte Worte“, warf die Zweite als Frage ein, „aber wir sind nur von einfachem Geschlecht. Wie soll es uns möglich sein, einer Verbesserung auf die Sprünge zu helfen?“

„Jedem ist es möglich, die Welt etwas besser zu machen. Dazu bedarf es keines Genies. Das Dauerhafte, das Nachhaltige fußt meist auf dem Einfachen. Wenn wir uns zusammentun, haben wir die Chance, aus etwas Einfachem etwa wirklich Großartiges zu machen.“

„Ja, das klingt gut.“ „Toll, das machen wir.“ „Herrlich, ich bin dabei.“ „Bravo.“ „Ich wollte schon immer mal bei etwas Großem dabei sein.“ „Klasse, dann können wir unseren Kindern später bestimmt spannende Geschichten erzählen.“

Die Begeisterung drückte sich unter den Vielen in wildem Gerede aus.

„Stopp“, brüllte die Zweite dazwischen, „so kommen wir wirklich nicht weiter. Wir wissen doch noch gar nicht, was wir Einfaches tun können, um die Welt zu verbessern. Hören wir doch erst noch weiter zu.“

Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Sofort war es still. Einen Augenblick später teilte er ihnen mit, welche Idee er im Gepäck hatte.

„Schauen sie, meine Damen, ihr Werk ist es, Tag für Tag Eier zu legen, schöne, ovale Eier, die aussehen wie große Edelsteine. Und was passiert mit diesen Schätzen? Der Bauer nimmt sie euch weg und macht damit sein Geschäft, ohne es euch zu danken.“

Zustimmung bahnte sich unter den Hühnern ihren Weg.

„Dabei könnte man etwas viel Schöneres mit ihnen anfangen. Man bräuchte eure ovalen Kostbarkeiten nur ein wenig bunt anmalen und in ein schönes rundes Nest legen. Die Kinder, die sie dort fänden, würden sich darüber sehr freuen und ihr trister Alltag würde verschönert.“

Die Hühner flatterten mit ihren Flügeln, was ihre Art war, zu applaudieren.

„Deshalb habe ich mir vorgenommen, Osterhase zu werden und in die Geschichte einzugehen. Und wenn ihr mich unterstützt, dann wird ein großer Teil des Ruhmes euch gehören. Denn die Kinder werden sich fragen, woher die schönen bunten Eier kommen, die außerdem noch gut schmecken und satt machen. Dann werden sie erfahren, was ihr hier für eine enorm wichtige Arbeit leistet und sie werden euch lieben.“

Der Jubel unter den Hühnern kannte jetzt keine Grenzen mehr. Seine letzten Worte musste er deshalb in den Raum brüllen, um sich noch einmal Gehör zu verschaffen.

„Dann lasst es uns anpacken!“

Und was daraus wurde, das wissen wir alle.

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