Das ist ein schweres Thema aber ich werde es versuchen Ich habe auch auf ein Thema Weihachten oder Winter gehofft.
Doktorspiel
Herbert wusste, dass Elsa in einer noblen Wohngegend wohnte, aber ihr Haus war mehr, als er erwartet hatte. Es war eine Villa. Einen Blumenstrauß mit der einen Hand gepackt, drückte er mit dem Zeigefinger der anderen den Klingelknopf, während er den Atem inhalierte, um diesen zu testen.
Den Strauss hatte er an einer Tankstelle erworben. Frauen konnten einem Blumenstrauß nie widerstehen. Immerhin hatte er einen Grund, sie milde zu stimmen, denn er kam nicht nur zu spät, sondern …
***
Kurz nachdem er den Swingerclub verlassen hatte, just in der Sekunde, in der er den Bus sprang, rief ihm Professor Vöhringer an. Der teilte ihm in seiner liebenswerten, direkten Art mit, er würde nicht länger auf ihn warten. Wenn er seine Erkenntnis nicht benötige, er, dieser Kriminaldilettant – damit meinte er ihn – seine Arbeit nicht wertschätze, ausharren müsse, bis er irgendwann für ihn Zeit hätte. Herbert fragte ihn, wann dieses sei. Woraufhin ihm der Vöhringer lapidar mitteilte, dass dieses frühstens in einer Woche geschehe. Denn er plane, bereits in dieser Nacht aufzubrechen, um in einem Golfresort sein Handicap zu verbessern, auf dem Herbert – er nannte ihn Tamban und dieses mit Nachdruck – nicht einmal den Golfcaddy lenken dürfe.
Daher war es für Herbert eher eine Zwangslage. Er schlug dem Professor vor, sich umgehend mit ihm zu treffen, und nannte ihm Elsas Adresse. Nach dem Sprichwort: „Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet zum Berg kommen“, stimmte Vöhringer zu und legte auf.
***
Elsa öffnete. Ihr Anblick lockte ihn. Zugegeben, sie war daheim, dennoch war es für eine Dame ungewöhnlich, in Dessous und Strapse die Haustür zu öffnen. Eins stand für ihn zumindest fest, der Vöhringer war noch nicht aufgeschlagen, denn – soweit schätzte er sie ein – ihn würde sie keinesfalls, bar in Unterwäsche gekleidet, bewirten. Er überreichte ihr den Blumenstrauß, worauf sie sich mit den Worten: „Oh Blumen und derart extravagant verpackt“ bedankte.
Er sah ihr sofort an, wie sie es meinte. Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Nachdem sie den Strauß lieblos auf einen hüfthohen Schrank geworfen hatte, zerrte sie ihm erst die Jacke aus, dann ihn ins Wohnzimmer, welches nach seiner unverbindlichen Schätzung mehr Fläche besaß als sein ganzes Reihenhaus.
„Ich …“, vielmehr bekam er nicht hervor, denn sie fuhr ihn mit einem „Rede nicht so viel“ ins Wort, zerrte ihn zu einer der beiden Sitzlandschaft, presste ihn, bevor er es sich bewusst wurde, auf das Sofa und ihren Körper an den seinen.
„Ich …“
„Frage nicht, greif zu“, gab sie zu verstehen und unterstützte ihre Aufforderung mit dem Wackeln ihrer Brüste.
„Ich …“
„Männer, alles muss man selbst machen“, schnarrte sie, griff an ihren Rücken, öffnete den Büstenhalter, streifte diesen ab und bevor er etwas sagen konnte, war sein Gesicht zwischen ihren Brüsten und ihre Finger an seinem Gürtel. „Komm, zeig’ es mir. Pump’ deinen Samen in mich.“
Es gab für ihn Seiten an Frauen, die er nicht schätzte und zu diesen gehörte nicht, dass er Frauen verbat, forsch heranzugehen. Allerdings fand er es als abturnend, wenn sie ihr Verlangen mit Sätzen darboten, welche er bedingt aus Filmen kannte, die er im Dienst über sich ergehen lassen musste.
Da er jedoch nicht zu der Gruppe Männer gehörte, die lauthals ihren Unmut ausdrückte, versuchte er die Situation als solche zu bezeichnen und presste, soweit ihre Brüste es ihm erlaubten: „Auf dem Sofa“ auf dieselben.
„Mofa?“
Ihre Frage verschmolz mit einem Schellen, welches – das war ihm bewusst – nicht aus ihrem Munde drang, sondern einen Besucher ankündigte. Bevor es ihm gelang, aus ihrer Umklammerung zu entfliehen, war sie bereits aufgesprungen, murmelte etwas wie „so früh“ oder „oh müh“ und eilte zur Wohnzimmertür.
Ob es ihm mehr Antrieb verlieh, dass der Vöhringer sie barbusig zu Gesicht bekam, was ihm wahrlich nicht recht war, oder ihre Standpauke, wenn sie erfuhr, wer ihn eingeladen hatte, spielte später sicher eine Rolle. Allerdings war es für ihn just in diesem Moment zweitrangig.
Während er den Gürtel schloss, eilte er ihr hinterher, betrat die Diele in dem Augenblick, als sie die Tür öffnete. Er ergab sich dem Schicksal und blieb stehen.
Elsa zerrte Vöhringer ins Haus, schloss hinter ihm die Tür. Und ohne sich umzuschauen, sich zu vergewissern, ob Herbert zugegen war, presste sie ihren an Vöhringers Körper, strich mit ihrem Schenkel über dessen Hose. Erst in diesem Augenblick, in dem bei Paaren die Frau ihren Geliebten zu küssen pflegte, wandte sie sich zu Herbert um, sodass er erst ihr Lächeln, dann ihre Lippen sah, die sich bewegten. Allerdings vernahm er nicht die Worte, die er von ihr erwartete.
„Schatz, warum hast du mir nicht gesagt, dass du noch einen Kumpel mitbringst?“
Er schluckte, brachte deshalb bloß: „Professor Doktor Vöhringer“ hervor.
„Oh, Arzt“, schmachte Elsa und streichelte Vöhringers Wange.
„Rechtsmedizin“, zischte dieser, ohne mit einer Wimper zu zucken oder irgendeinen anderen Teil des Körpers zu bewegen, als hinge ein Oktopus an ihm.
„Dienstlich“, unterstrich Herbert.
Sie ließ von ihm ab, zupfte an ihren Slip und säuselte: „Ich geh’ dann schon mal ins Bett, mich freimachen, Doktor“, schritt an Herbert vorbei, blinzelte ihm zu und ohne ein weiteres Wort von sich zu geben, nahm sie, dabei mit ihrer Hüfte schwingend, die gewendelte Treppe zum Obergeschoss.
Erst nachdem sie aus seinem Blickfeld verschwunden war, fing sich Herbert wieder.
„Vöhringer, Mund zu!“
Dieser hob den rechten Arm und näselte: „Professor Vöhringer, so viel Zeit muss sein.“
„Folgen Sie mir, Professor!“
Er ging zurück ins Wohnzimmer, steuerte die zweite Sitzlandschaft an, die an einem Kamin positioniert war.
„Tamban, Tamban, Sie sind mir aber ein ganz schlimmer Finger“, hörte er, bevor er die Sitzgruppe erreichte, sich Vöhringer zuwandte und sah, wie der sich umblickte. „Hätte ich bei einem derart kleinen Staatsdiener wie Ihnen nicht erwartet.“ Er nickte. „Bei ihrem Gehalt und dazu …“, er wandte sich kurz der Tür zu. „Die macht es sicher nicht für einen Fünfziger.“
Herbert versuchte, die Contenance zu wahren, deutete auf einen Sessel und sprach dem Ambiente sowie dem Gast angemessen: „Setzten Sie sich. Sie ist Frau Liesemeier, eine Bekannte, außerdem die Hausherrin. Ich darf Frau Liesemeier entschuldigen. Die Gnädigste hat ein wenig, wenn ich es dermaßen umschreiben darf, über den Durst getrunken“, wenngleich er den Vöhringer nur verspottete.
Die Feststellung war nicht erlogen, denn als sich seine Nase zwischen ihren Brüsten befand, roch er nicht nur ihr Parfüm, sondern gleichfalls aus ihrem Mund Alkohol. Sicherlich hatte sie ihr Warten mit mehr als einem Glas versüßt.
Er setzte sich, nachdem Vöhringer auf dem Sessel Platz genommen hatte, aufs Sofa und erhob die Stimme: „Dann schießen Sie mal los!“
Vöhringer grinste. „Wer heute zum Schluss kommen will, ist wohl eindeutig.“
„Jetzt lassen Sie den Quatsch, kommen Sie zur Sache. Immerhin wollen Sie ihr Handicap verbessern.“
„Ich bitte Sie, das habe ich nicht nötig. Hören Sie besser zu. Ich habe Ihnen gesagt, dass von mir verlangt wird, das Handicap von auserwählten Persönlichkeiten, dazu zähle ich Sie nicht, zu verbessern. Aber, derart gnädig bin ich, Ihnen vorher meine Erkenntnisse darzulegen. Ihnen durch eine punktgenaue Darstellung die Zeit zu schenken, ihr ‚Membrun virile‘ …“
„Quatschen Sie nicht, reden Sie!“
„Nach dem fachmännischen Sezieren der beiden Gäste meines Institutes habe ich eindeutig festgestellt, dass diese nicht durch das mir zur Verfügung gestellte Tatwerkzeug den Weg über den Jordan angetreten sind.“
„Vöhringer!“, donnerte er ihm entgegen, der Typ war nicht zum Aushalten. „Reden Sie Klartext!“
„Sie haben die beiden Herrschaften nicht erstochen“, er schmunzelte, „zumindest nicht mit der angeblichen Tatwaffe.“
„Wie kommen Sie darauf, dass ich …?“
„Was die Glocken läuten?“ Er lehnte sich zu ihm herüber, zwinkerte. „Warum wollten Sie mich hier treffen?“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. Wer wusste davon? Für ihn gab es nur eine Person, die ihn in ein Licht rücken wollte, das für ihn nicht zutraf: Oberstaatsanwalt Von Stetten. „Bullshit!“
„Bitte?“
„Ich habe niemanden erstochen.“
„Dieses habe ich Ihnen soeben gesagt. Stellen Sie sich, für mehr als Leichenfledderei kann man sie nicht belangen.“
„Sehr witzig. Wie sind sie ums Leben gekommen? Durch Ihre schlechten Witze bestimmt nicht?“
„Es war ein immenses Stück Arbeit, aber was macht man nicht alles, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Hypnotikum, zumindest bei der Frau.“
„Man hat sie hypnotisiert?“
„Schlaftabletten, Überdosis.“
„Sie meinen Selbstmord?“
„Das müssen Sie herausfinden, jedenfalls fand ich in ihrem Blut sowie in ihrem Mageninhalt neben Crème brûlée den Wirkstoff. Ein grausiges Zeug, wie gut, dass man dieses vor Jahren verboten hat.“
„Verboten?“
„Den Wirkstoff …“
„Bitte kein Fachchinesisch.“
„Es gibt verschiedene Ansätze, um einen Patienten, natürlich nach ärztlicher Diagnose …“
„Vöhringer!“
„Wollen Sie es nun wissen?“
„Ja! Aber ohne Ihren Tam-Tam.“
„Die Dosierung macht wie immer das Gift. Das Präparat muss für jeden Patienten genau dosiert werden, ansonsten ist der Schlaf ewig.“
„Sie sagten eben, es ist verboten?“
„Dem ist so, jedoch in der Schweiz, bei den Eidgenossen, die sogar mit Armbrüsten auf wehrlose Kinder schießen, war es bis vor knapp einem Jahr zugelassen, jedoch nicht als Schlafmittel, sondern für die Behandlung von Herzkrämpfen. Wie es bei diesem Leiden seine Wirkung zeigt, konnte ich noch nicht ergründen, aber ich bekomme es heraus.“
Herbert musste schmunzeln. Dass dieser Vöhringer ihm eingestand, eine Wissenslücke zu haben, belustigte ihn.
Vöhringer griff in seine Hosentasche, brachte einen USB-Stick ans Licht.
„Alles Genauere, wie Todeszeitpunkt, habe ich Ihnen auf diesen mickrigen, ihrem Gehirn gleichen“, er zwinkerte, „konspirativen Datenspeicher geschrieben.“
„Der junge Mann gleichfalls Tabletten?“
„Ganz und gar nicht. Stich von hinten ins Herz.“
„Mit einem Messer?“
„Woran denken Sie? Das hätten sogar meine unterbelichteten Helferlein gesehen. Eher eine Nadel. Was zappeln Sie permanent?“
Seitdem er mit dem Typen ins Wohnzimmer gegangen war, spürte Herbert bereits einen gewissen Drang, der für ihn langsam unerträglich wurden. „Ich muss mal pinkeln.“
„Dann gehen Sie. Meine letzte Erkenntnis kann noch warten.“
Herbert schnappte sich den Stick, steckte ihn in die Hosentasche und ertastete dabei das Fläschchen, das ihm der Huth überreicht hatte. Er hatte es die ganze Zeit in seiner Jackentasche verwahrt, es vergessen, verdrängt, verdrängt wie den betagten Lehrmeister. Erst als er sein Handy zückte, dieser, er schaute Vöhringer an, Verrückte ihn anrief, in die Hosentasche gesteckt. Er holte es heraus, hielt es ihm unter die Nase.
„Was soll ich damit?“
„Untersuchen?“
Er ergriff das Fläschchen, wendete, drehte es. „Eine kleine olivgrüne Flasche. Zufrieden?“
„Den Inhalt?“
Vöhringer öffnete sie, schnupperte an ihr. „Rosmarin, Lavendel und“, er schnüffelte abermals, „ein Hauch von Baldrian.“
„Das kann ich auch.“ Da meinte er aber eher das Schnüffeln. Sicher, sogar er hatte irgendwelche Kräuteressenzen gerochen, allerdings nicht welche, dieses wollte er ihm jedoch nicht auf die Nase binden. „Gift oder Ähnliches?“
„Das soll ich erschnuppern. Cyanwasserstoff entdecken sogar Ihre unterentwickelten Riechzellen, oder …“
„Cyanwasserstoff …“
„Blausäure, Bittermandel, Sie … genauso interessant ist: Parathion eher als E605 bekannt. In der Kriminalliteratur wird es gern als Schwiegermuttergift bezeichnet. Dieses gelingt nur, wenn die verhasste Schwiegermutter eine ausgeprägte Affinität zum Knoblauch aufweist.“
„Ich danke Ihnen für Ihre Belehrung, aber Blausäure erkennt sogar ein kleiner Staatsdiener.“
„Was soll ich damit?“
„Analysieren?“
„Bin ich Chemiker?“
Herbert versuchte es auf die Einschleimtour, wenngleich diese ihm überhaupt nicht behagte.
„Aber einer der, nein, der anerkannteste Rechtsmediziner“, frohlockte er und führte den Satz im Gedanken fort. „In diesem Raum.“
„Wenn Sie mich derart nett bitten. Vielleicht finde ich irgendwann eine freie Minute. Jetzt hurtig aufs Töpfchen, ihr Gezappel geht mir langsam auf die Nerven.“
Herbert wandte sich von ihm ab und eilte gen Diele. Dort angekommen sah er sich um, denn an eins hatte er nicht gedacht. Er wusste nicht, hinter welcher Tür der Ort, das Ziel sich verbarg.
Ein Lichtschein am Ende der Diele lockte ihn. Als er diesen erreichte, erkannte er, dass er zwar nicht die Toilette gefunden hatte, jedoch eine Person, die ihm dieses sagen konnte: Elsa! Er war geschockt. Kaum darüber geschockt, dass sie ein Glas Sekt leerte. Es war bestimmt nicht ihr Erstes an diesem Abend, sondern wie sie bekleidet war. Wenngleich er ihr Nachtgewand nicht als Bekleidung titulierte. Eigentlich war sie nackt. Das beige Negligé bedeckte gewiss ihren Körper, verhüllte diesen allerdings nicht. Bis auf ein aus Seide gefertigtes handbreites Band, das ihre Taille umschlang, bestand ihr Gewand, soweit es Herbert als Laie in Bezug auf Damenmode einschätzte, aus Chiffon und reichte ihr gerade einmal über die Scham.
Er eilte auf sie zu, schnappte sich die Sektflasche, die sie mit ihrer anderen Hand hielt und pfiff sie an: „Elsa, du hast genug für heute getrunken.“ Er gab ihr einen Klaps. „Jetzt sei brav, geh’ ins Bett, ich komm’ dann zu dir.“
„Ich bin immer brav.“ Sie ergriff ein zweites Glas, entriss ihm die Flasche und begann einzuschenken. „Jetzt stoßen wir erst einmal an“, forderte sie ihn, gefolgt von einem Hickser auf.
Die Blase quälte ihn. „Erst sagst du mir, wo ich das Klo finde.“
„Welches, hier gibt es hunderte. Dann trinke ich eben mit deinem Freund.“
Diese von ihr sicher gut gemeinte Gastfreundschaft, gepaart mit ihrem Erscheinungsbild sowie der Notdurft, brachte ihn in eine Lage, die er kaum bewältigen konnte.
„Herr Professor Vöhringer trinkt keinen Alkohol.“
„Ist er …?“
„Nein. Er muss noch fahren.“
„Schade. Apropos ‚muss‘, jetzt weiß ich wieder, was ich machen wollte.“ Sie stellte die Flasche ab, wandte sich um, ging, leicht schwankend zur gegenüberliegenden Seite der Küche, öffnetet einen Schrank und nachdem sie ein „Ups, das war falsch“ verkündet hatte, eine weitere Tür. Herbert erkannte ihn sofort: Es war der Kühlschrank. Den Druck unterdrückend, trat er auf sie zu und fragte: „Was machst du?“
Sie griff in den Kühlschrank, zog eine Schale hinaus, hielt sie ihm entgegen, worauf er zugriff, dann eine zweite, die er gleichfalls nahm und eine dritte, die sie ihm nicht gab.
„Elsa, was soll das?“
„Mein Spezialrezept Crème brûlée alla“, sie hickste, „egal. Das einzige Gericht, dass ich kochen kann.“
„Warum drei?“
„Fürs Doktorchen.“ Ihr Zeigefinger kreiste über ihrer Schüssel. „Nur noch eine knackige Kruste, dann …“
Herbert sah es als Chance an. In ihrem Zustand würde sie eine gefühlte Ewigkeit benötigen. Deshalb verschaffte sie ihm genügend Zeit.
„Wo?“
„Hier, wo denn sonst?“
„Wo ist das Klo?“
„Ach so. Für dich mein Süßer oben zweite Tür rechts.“
Die Marionette
Liane kannte diese Frau, die ihr neuerdings immer wieder mal begegnete, schon aus der Schulzeit. Welchem Umstand war es zu zuschreiben, dass sie sich so zu ihrem Nachteil verändert hatte. Ihre Arme und Beine, sowie auch der Hals, ließen ob der dürftigen Kleidung erkennen, dass dies der Tummelplatz eines Tätowierers war.
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Mach es schlecht, keine Liebesgeschichte!
Mach es schlecht, keine Liebesgeschichte!
Ihre stahlblauen Augen sahen mich an, ich fühlte mich wie durchbohrt. Gut, wie du willst dachte ich mir und zog ihr schönes, schmales Gesicht zu mir heran. Die blonden Haare umrahmten es herrlich, ich schob die nach vorn hängenden Strähnen hinter ihre Ohren. Dann zog ich den Kopf an meine Lippen und ich berührte die Ihren. Sie öffneten sich leicht und ich schob vorsichtig meine Zunge an der Ihren und es dauerte, bis wir Luft brauchten. Ich schmuste an ihrem Gesicht herum, meine Hände waren schon auf dem Weg unter ihre Bluse und ihre suchten den Eingang in meine Hose. Ihre warmen, kleinen, weichen Brüste wurden von meiner Hand umschmeichelt und ihre weiche, kühle Hand umschmeichelte mein Gemächt. Dieses stellte sich auf, wie sich ein Segel mit Wind füllt und nun umschmeichelte ihre Hand das steife Ding. „Du hast den Job“ hauchte ich ihr ins Ohr, „wenn wir weitermachen“.
Wir machten weiter, auf dem Schreibtisch, der ja ohnehin leer war, sie stöhnte lustvoll und als der Schuss abgegangen war, ließen wir voneinander ab, kleideten uns wieder büromäßig und sie trollte sich. Sie würde am Montag anfangen.
Draußen traf sie auf eine Frau und mutmaßte, dass es meine wäre, und flötete ihr ins Ohr, „ihr Mann vögelt ja prächtig“, und zog von dannen.
Meine Frau betrat das Büro, ihr Blick, wütend, schäumend, sie bellte mich an. „Und mit mir kannst du nicht prächtig vögeln, dann nimm dir das Flittchen.“ Damit warf sie das Essen auf dem Tisch, es rutschte herunter und besudelte den Boden. Sie wandte sich ab „Such dir ne Bleibe, das Schloss ist ausgetauscht!“ , damit verschwand sie aus meinem Leben.
Frama 2022Ersetze diesen Text mit deinem Beitrag.
Tango Silbrigo – dies war der Tanz, mit dem Elisabeth Antoinette Frederike usw. berühmt wurde. Die Weltöffentlichkeit kennt sie vor allem unter dem Namen „Bisi, die Besessene“. Ihre Karriere begann und endete. Und wir wissen das Folgende:
Bisi tanzte den Tango, seit ihre fünfzehnjährigen Füße mit dem Waschwasser der gefeierten Tangotänzerin Evitata Magatonia in Berührung kamen. Diese weilte zu jener Zeit in demselben Hotel wie Bisi. Allabendlich ließ sich Evitata Magatonia ein speziell für sie aufbereitetes Fußbad bringen: ein schäumendes Gebräu gefüllt mit Silberschaum und Tangomusik.
Die Wanne stand unbeaufsichtigt im Hotelgang, als Bisi nach einer mehrtägigen Bergwanderung mit ihren Eltern müde und erschöpft und mit Blasen an den Füßen daran vorbei schlurfte. Ein paar silbrige Schaumflocken hatten sich gelöst und waren auf einigen ungebändigten Tangorhythmen in den Gang geschwebt, nur um an Bisis stinkigen Socken hängenzubleiben. Die Wirkung setzte sofort ein: Feine elektrisierende Funken stieben durch ihre Waden und Oberschenkel und nisteten sich in ihrem Herzen ein. Alle Müdigkeit war verflogen. Sie schnappte sich den Tangolehrer des Hotels und ließ sich von ihm auf ihren unappetitlichen Wandersocken über das Parkett schleifen. Dies war der Beginn von Bisis Karriere als Tanguera.
Schon bald trat Bisi auf. Und stets hinterließ sie ein funkelndes Feuerwerk aus silbernen Schaumflocken unter ihren altbesockten Füßen. Es sollte nicht lange dauern, bis Evitata Magatonia davon erfuhr und sofort zum Angriff ansetzte. Ein Showdown musste her, sieben Tage - und Nächte - ununterbrochenes Tanzen, an dessen Ende es nur die Eine gab: die Göttin des Tango Silbrigo. Evitata Magatonia verdoppelte ihre Fußbäder auf nunmehr zwei pro Tag, eines am Morgen und eines am Abend. Sie fütterte ihren Tangogeist, bis jede Zelle ihres Körpers sich unter der Last der Rhythmen krümmte. Doch der Aufwand hatte sich gelohnt:
Bisis Herausforderin Evitata verschliss in dieser Woche dreizehneinhalb Tänzer, 25 Paar Schuhe und zwei ihrer Mittelfußknochen - und war erfolgreich.
Mit Bisi nahm es ein anderes Ende:
Bisi leistete sich nur einen Partner, den Hennes. Sie hatte ihn in einem Tattoo-Studio kennengelernt, während sie sich einen Fahrradlenker auf den Rücken tätowieren ließ, zusammen mit einer Kette, die sich um ihren rechten Knöchel wand. Das gefiel Hennes damals, denn so glaubte er, dass er Bisi halten und lenken können würde. Das bisschen Tango lernte er im Fußumdrehen und schon bald wirbelte Bisi auf den Bühnen um ihn herum, dass ihm und dem Publikum schwindelig wurde. Und nicht immer erreichte er den Lenkergriff ihres Tattoos. Wenn Bisi unkontrolliert mal in der Luft, mal auf dem Boden um seine steifen Glieder schwärmte, dann half nur, die Fußkette zu spannen, damit sie ihren Tanz verlangsamte. Auf diese Weise überlebten sie beide ihre Auftritte.
Doch am letzten Abend des siebentägigen Showdowns kam es zu einem spektakulären Abtritt:
Bisi, die ihren Füßen keine Extraportion Tangoschaum hatte zuführen können, schlug sich tapfer – bis zur Milonga mit ihrem rasenden Stakkato-Rhythmus. Bisi übergab sich ihr atemlos und restlos. Ihre Füße trugen sie bereits nicht mehr, als sie mit einer letzten Kraftanstrengung ihren Kiefer in Hennes Angelhakentätowierung seines muskulären Oberarms grub. Hennes Bizepsmuskeln, als hätten sie ihr ganzes Leben auf diesen Moment hingearbeitet, taten, was getan werden musste: Sie schwollen an, und unter einem enormen Nor-Adrenalin-Schub richteten die Bizeps den Angelhaken auf und erfassten ihre zappelnde Beute. Hennes Arm schwenkte hoch, und die Frau, eben noch Tänzerin, zappelte ihren Forellentanz, zuckte ein letztes Mal zu den Wellen der Geigen, bevor ihr Kiefer aus der Schockstarre erwachte und die Tanguera zu Boden gleiten ließ. Ein feiner silbriger Speichelfaden sickerte aus ihrem Mund.
Der Tanz ihres Lebens war vollbracht.
Hibiskusblütenträume
Im Inneren des Containers stapeln sich auf der rechten Seite mindestens 20 Surfbretter verschiedenster Formen, Größen und Farben. Auf der linken Seite befindet sich eine Metallkonstruktion, an der wie an einer überdimensional großen Balletstange unzählige Variationen von Neoprenanzügen hübsch geordnet in einer Reihe hängen. In der hinteren Nische befindet sich eine improvisierte Umkleidekabine. Drei Besenstiele, mit einem alten Tau miteinander verflochten und über sechs Metallhaken an die Decke geknotet, bilden das Gerüst. Ein wallender mit pinken Hibiskus-Blüten gesäumter neongelber Baumwollvorhang schützt vor neugierigen Blicken.
„Der Kurs startet gleich. Du brauchst noch einen Neo. Größe?“
Die tiefblauen Augen des durchtrainierten Surflehrers katapultieren Svenjas Gehirn in den Stand-by-Modus.
Er mustert Svenja kurz und greift dann routiniert direkt aus der Mitte der Kleiderstange einen der schwarzen Neos mit pinken Streifen. Er drückt ihn Svenja in die Hand.
„Der müsste passen. Badesachen lässt man an. Reinschlüpfen immer links herum. Du stülpst zuerst das Innere nach außen. Dann streifst du die Bein-Enden über die Fußgelenke und rollst den Anzug faltenfrei nach oben. Wenn du Hilfe brauchst schrei, ich komme dann. Ich bin übrigens Oke“.
Mit spitzen Fingern hält sich Svenja den Neo an ihren Körper. Das Gewicht verlagert sie auf das linke Bein. Sie rafft das labbrige Gummiteil zusammen und legt es sich über den Arm. Herje, wird schon schief gehen.
Svenja nimmt den Neo und verschwindet hinter den pinken Hibiskus-Blüten. Sie zieht ihr Shirt über den Kopf und pellt sich aus der kurzen Jeans. Den Badeanzug hat sich heute Morgen schon untergezogen. Sie knüllt Shirt und Hose zusammen und stopft beides hastig in ihren Rucksack. Den Neo dreht sie auf links und startet den Versuch, sich hinein zu schälen. Das mit den Füßen hat schon mal geklappt. Weiter geht’s.
Mist! Jetzt zwirbelt sich die anschmiegsame Gummihaut ausgerechnet mit mehreren Falten um Svenjas Oberschenkel. Das fängt ja gut an! Beim Versuch den Neo wieder nach unten zu streifen, um das Prozedere geordneter zu beginnen, verliert Svenja plötzlich das Gleichgewicht. Sie erhascht blitzschnell den Hibiskus-Vorhang, der sich mit einem fiesen Ploppen von seiner Halterung abreißt. Quiekend klatscht Svenja in den Blütenstoff gewickelt rücklings zu Boden und starrt direkt in Okes Augen.
„Hoppla, nicht so stürmisch, junge Frau. Wir kennen uns noch gar nicht und schon liegst du mir halbnackt zu Füßen. Das geht mir jetzt aber alles ein bisschen zu schnell.“ Oke zwinkert vielsagend.
Svenja läuft knallrot an, stellt sich schwankend wieder auf die Füße und bedeckt ihre nackte Haut mit dem Stoffvorhang.
Zusammen mit seinem Zwergen und seinem Elfenbegleiter machte sich der Menschenkrieger auf zum Thronsaal. Die beiden hatten sich anfangs natürlich nicht gut verstanden, wie es bei Elfen und Zwergen ja so üblich ist. Doch jetzt würde keiner von beiden in die Schlacht ziehen, ohne den anderen neben sich zu wissen.
Als sie vor dem mächtigen Tor angekommen waren, zögerte er noch einmal kurz.
Aber er musste da durch. Wenn er den bösen König nicht aufhielt, wer sollte es dann machen? Er war der Auserwählte.
Als er das herausfand, hatte er es nicht glauben können. Wie sollte er, eine einfache Waise aus ärmlichen Verhältnissen, der Auserwählte sein?
Doch nun hatte er schon Jahrelang Kampferfahrung gesammelt und konnte seinem Schicksal endlich gerecht werden.
Mit weniger Kraftanstrengung als er erwartet hatte, drückte er das Tor auf und sah sich dem bösen König gegenüber.
„Vater? Ihr lebt?“
Blutiger Herbst
Ich gehe in den Garten, er ist voller Blätter, Blätter, die der Herbst auf das Gras geschmissen hat. Anna ist wütend, weil es kalt ist. Es macht keinen Sinn ihr klar zu machen, dass es jedes Jahr, wenn die Blätter anfangen zu fallen auch kälter wird; Wut hat keine Sinnhaftigkeit, sie ist oder sie ist eben nicht. Mit Ihren Füßen schießt sie Blattballen in die Luft, die sich am höchsten Punkt auflösen um sich dann zur Erde zu streuen, agil, weil sie schwer von Feuchtigkeit sind. Anna ist ein wütendes Mädchen, das war sie schon vor ihrer Geburt, hat Mutter jedenfalls erzählt und ich glaube ihr, glaube ihr jedes Mal ein wenig mehr, wenn ich sie so wüten sehe. Unter dem Stoß von Blättern, den sie gerade mit ihrer Schuhspitze erwischt hat, lag wohl ein Stein. Zumindest zerbarst die Scheibe des Wohnzimmers in dem Moment, in dem der Blätterhaufen seinen höchsten Punkt erreicht hatte um wieder nach unten zu rieseln. Der Fall der Blätter auf den Rasen wurde von dem Knall überlagert. Kaum glaubhaft, dass dieser vom Gras aufstieg, darum huschten unsere Augen, bis sie die zerbrochene Scheibe im Visier hatten. Anna fing an zu fluchen. Ihre Hände harkten durchs Gras, das ich Angst um ihre Hände bekam, aber es war nicht das schlimmst, was passieren konnte, denn was sie harkte war ein anderer Stein, der Bruder von dem, der nun im Wohnzimmer lag, und noch ehe ich etwas sagen oder auch nur denken konnte, schlug Anna mit dem Stein auf ihren Kopf ein, immer und immer wieder, denn er gab nicht so leicht nach, wie die Schreibe. Schließlich rann das Blut über ihre Stirn und tropfte auf die Blätter. Ich war von dem gesehenen so geschockt, dass ich, mit offenem Mund, starr dastand und sie anblickte. Es dauerte eine Zeit bis mein Schrei alle, die das Zerbersten der Scheibe überhört hatten, an die Fenster und in den Garten zog. Blutiger Herbst, dachte ich und das denke ich auch heute dreißig Jahre später noch, wenn ich aus dem blutigen Traum aufwache.
Der Fall des faulen Apfels:
Eva, wie immer wunderschön mit langen Haaren und wohlgeformten Körper. Alles ist an der richtigen Stelle. Das Gesicht ebenmäßig, die Augen strahlen wie ein Sonnenschein. Sie räkelt sich neben Adam im Gras. Dieses ist saftig grün und weich wie Moos. Doch Adam bemerkt sie nicht, auch er genießt nur die Sonnenstrahlen. Eva ärgert sich maßlos, das geht jetzt schon seit Wochen so, denkt sie. Sie beschließt, ihn zu verführen, aber womit? Es herrscht Panik im Paradies, weil die Äpfel alle faul sind. Womit kann Eva den Adam nun verführen? Es stehen nur noch Zwiebeln, die stinken und lange wässrige Gurken zur Auswahl. Wofür soll Eva sich entscheiden?
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