Dein Duft ist verheißungsvoll, an sommersatte Stunden erinnernd, an dolce far niente und saftigschwere Süße, im ersten Atemholen göttlich, dann nur noch verhalten und schließlich verflogen, so tief ich auch die Nase in deinen flaumigen Pelz presse. Ich stelle mir vor, wie stark dieser Duft in deinem Fleisch wohnen wird und schon schmecke ich voraus, was meine Zunge meiner Nase berichten wird und umgekehrt.
Deine Wange streift meine Wange, schwer, weich und rund liegst du wie eine Frauenbrust in meiner Hand. Über den Flaum gleiten kosend meine Lippen so zart, als ob sie dich dahinter gar nicht berühren wollten. Sonnenwärme glüht aus dir in meine Hand hinein.
„Stell dir eine Zitrone vor“, sagst du und grinst gemein. Du hast mich beobachtet, die ganze Zeit. Bist du eifersüchtig? Weil meine Lippen dich so lange nicht kosten?
Aber ich kann es nicht verhindern, das Wasser schießt mir um meine Zunge herum zusammen, als habest du mit deinen Worten eine artesische Quelle angebohrt. Gelb wird nun mein Blick, und ich rieche das scharfe Aroma der Zitrone in meiner Vorstellung. Es kitzelt mich in der Stirn. Lass mich. Ich lächle.
Wenn ich meine Brille ablege und dich genauer in Augenschein nehme, sehe ich dein sanftes Rotorange noch besser. Hier mehr Rot, dort mehr orange, und auf der anderen Seite fast gelb, wölbst du dich meinem Blick entgegen, kleine Farbsprenkel bilden Haufen, wachsen ineinander, wandeln sich. Ein seltsamer kleiner Globus, ein fremder Planet mit roten und gelben Gaswolken. Er ist überzogen von einem grauen Nebel, einem zarthaarigen Flaum, der die Oberfläche zu beschützen scheint. Wasser rinnt über deine Rundung, im Tropfen am unteren Ende des glänzenden Rinnsals strahlt ein einzelner Sonnenlichtfunken.
Du beobachtest mich noch immer.
Ich raffe die Lippen und zeige dir die Zähne, nass vom Speichel. Mein Kiefer öffnet sich und ich setze die Zähne an. Soll ich? Soll ich noch nicht? Ich gestatte mir zu entscheiden, wann ich deine unversehrte Vollkommenheit zerstören werde und warte noch. In meinem Mund fließen von allen Seiten Bäche zu einem großen See zusammen.
„Na los? Worauf wartest du?“, sagst du.
Ja, jetzt. Ich beiße dich. Das erste Vergraben in dir ist ein endgültiges. Kühler Saft spritzt aus dir, wo ich deine Zellmembranen zerbissen habe, und läuft mir in den Mund, in den wartenden See. Ich höre, wie meine Zähne rauh an deinem Kern vorbeischarren. Ich schlürfe, meine Lippen saugen an deinem Fleisch, um ja keinen Tropfen zu verlieren. Ich kaue, höre meinen Zähnen und meiner wendigen, gierigen Zunge zu, wie sie dein Fleisch mit ihrer jahrzehntelangen Übung zerquetschen, zermatschen und deine rote, flaumige Haut zermalmen. Ich spüre meinen Kiefer auf und ab gehen und spüre meinen Schlund sich weiten beim Hinunterschlucken.
„Bah“, sagst du angewidert und stehst auf, um den Tisch abzuräumen.
Du schmeckst süß und sauer zugleich, erfrischend und durstig machend, nach Frucht und Flaum, nach Mango und Zitrone, ja auch Zitrone, und nach Vanille. Und dann schmeckst du nach Sonne und Wasser und Wärme, nach der Kraft der Erde und nach dem Licht und der Luft des Himmels, die dich haben wachsen lassen. Und nach meiner Lust und meinem Lebenshunger.