Seitenwind Woche 1: Brötchen mit Soße für 60 Pfennig

Apfel-Zimt und Hobelspäne

Meine Kindheit roch nach Zimt und warmen Äpfeln. Und sie schmeckte nach viel Liebe, denn die verwendete meine Oma als Hauptzutat für ihre eindrucksvollen Gerichte. Ihre Kochkünste waren auf ganz hohem Niveau, ihr Apfelstrudel unwiderstehlich. Ein Gedanke daran reichte, um die Umgebung in warmen Apfel-Zimt-Duft zu hüllen und die Mägen aller Familienmitglieder sehnsuchtsvoll zum Stöhnen zu bringen. Opa meinte oft, er würde schon beim Anblick dieser wundervollen Mehlspeise ein paar Kilos zunehmen.

Im Herbst gab es ihn wöchentlich. Jeden Samstag versammelten wir uns gleich nach dem Hausputz um den großen, beinahe quadratischen Esstisch in der Küche. Mein Platz war auf der schmalen Seite der Eckbank. Die Erwachsenen schafften es nicht am Tischbein vorbei, ohne sich schmerzhafte blaue Flecken zuzuziehen. „Massive Eiche, die gibt nicht nach“, meinte mein Papa immer, wenn er Schmerzensschreie vernahm. Und er musste es ja wissen, schließlich stammte der Esstisch aus seiner Werkstatt. Dort bastelte und zimmerte er auch immer samstagvormittags. Die Küche betrat er nur zum Essen, also um Punkt halb zwölf. „Das Kochen ist Weibersache, da bin ich nicht dabei!“, meinte er zu den Einladungen, die auch er jeden Samstagvormittag bekam. Selbst seinen leeren Teller ließ er am Esstisch zurück, obwohl ihn der Weg aus der Küche in Richtung Werkstatt an der Spüle vorbeiführte. Der Opa war da anders. Er half gerne in der Küche. Äpfel schälen, Kirschen entkernen, Nüsse knacken, all die Arbeiten um die sich sonst keiner riss, waren für Opa reserviert. Beim Strudelteigausziehen war er natürlich auch dabei.

So saßen wir meist zu fünft um den Tisch: meine Mama, meine Oma, mein kleiner Bruder, mein Opa und ich. Am weichen, dunkelblauen Baumwolltischtuch lag die glänzende, blassgelbe Teigkugel. Die Oma griff sich die Kugel und brachte sie in Fladenform. Dazu legte sie den Teig auf ihren Handrücken und vollführte rasche Drehbewegungen. Wie von Zauberhand – so schien es mir als Volksschulkind – verdoppelte der Strudelteig seine Größe. Jahre später sah ich in meiner Lieblingspizzeria, dass die Oma nicht zaubern konnte und auch nicht die einzige war, die diese Technik beherrschte.

Der Teigfladen landete kurz darauf wieder am Tischtuch und sobald Oma die Starterlaubnis erteilte, begann das große Ziehen. Viel Gefühl war nötig und Oma brauchte auch eine große Portion Geduld. Vor allem mit meinem kleinen Bruder. Er produzierte Löcher wie am Fließband. Dennoch wurde er nie vom Strudelteigziehen ausgeschlossen. Es war beinahe ein wenig meditativ. Erst wenn die blauen Blümchen am Tischtuch zum Vorschein kamen, war der Teig zur Weiterverarbeitung bereit. Viel Liebe und Zeit steckten in diesem hauchzarten, esstischgroßen Häutchen, das mit winzigen Apfelstückchen, süßem Rahm, Zucker, Rosinen, Zimt, gerösteten Semmelbrösel und Butterflocken belegt, zusammengerollt und im Holzofen gebacken wurde.

Bereits um viertel nach elf wetzten mein Bruder und ich nervös auf der Eckbank herum, Gabel und Messer in Händen, in der Hoffnung, dass wir vielleicht schon ein paar Minuten früher zu unserer heißgeliebten Mehrspeise kommen würden. Doch keine Chance. Erst wenn der herbe Duft nach frisch gehobeltem Holz und Baumharz in die Küche drang und sich mit dem Apfel-Zimt Geruch vermischte, war es so weit. In gespannter Stille wurde der Strudel aus dem Rohr geholt. Die erste Portion ging an meinen Vater, die zweite an die Oma und dann waren auch schon wir Kinder an der Reihe…

Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob der Strudel auch dann so wundervoll geschmeckt hätte, wenn ich nicht mitgezogen, mitbestreut und der Mehlspeise mental beim Aufgehen geholfen hätte.

Und während ich meine Gedanken zu Papier bringe, spüre ich, dass auch heute die Worte reichen, um den Apfel-Zimt Duft in meine Nase und ein unbändiges Verlangen in meinen Magen zu zaubern…

Kartoffelbrei mit Frikadellen

Ein Lehrer, der mit dem Katechismus rumgefuchtelt hatte und ihn dann krachend auf den Schülertisch knallte, war das Gesprächsthema bei den älteren Jungs, die rauchend unter den Büschen standen.
Ich lungerte noch etwas herum und fragte mich, warum die Achtklässler immer so blöd waren. Sie kämpften, gaben Widerworte und mit ihnen ging es im Klassenraum oft über Tisch und Bänke. In meiner fünften Klasse und bei den Neunern war es leise.
Noch ein paar tiefe Züge, so hoffte ich, dann zerstreuten sie sich und ich würde dann mein Fahrrad vom Schulhof schieben.
Am Ausgangstor stieg ich auf und mein Hunger trieb mich an, richtig in die Kette zu treten, was bei dem groben Schotter auf dem Nachhauseweg und bei Regen eher vorsichtig anzugehen war. Westfälischer Nieselregen über einen ganzen Vormittag verschleierte die wahren Konturen eines Schlaglochs. Entweder volle Kanne dadurch, oder sich rechts oder links an der Grasnarbe herschleichen.
Hinter mir klingelte eine Person. Ich schaute mich um und entdeckte die Handarbeitslehrerin, die ich so toll und sympathisch fand.
„Darf ich mit dir fahren, Giesela?“, warf sie mir freundlich nach und war schon nach wenigen Augenblicken an meiner Seite. Mir ging fast das Herz über, denn die netteste Lehrerin der Schule, die etwa fünf Minuten hinter meinem Zuhause wohnte, war an meiner Seite. Schade, dass morgen Allerheiligen war, die Schule ausfiel und ich schon drauf und dran war, mich zu erkundigen, ob wir morgen auch zusammen fahren konnten.
Wir plauderten, der Rückweg im Regen war in Millisekunden beendet. An der Wegkreuzung vor meinem Elternhaus stoppten wir, um die letzte Thematik noch schnell zu Ende zu bringen.
Mein Blick wanderte zum Haus, der Schornstein qualmte, die Küchenfenster waren auf kipp gestellt und das pikante Aroma von angebratenen Fleisch und Kartoffelwasser war rund um mein Zuhause geweht und kribbelte in unseren Nasen.
„Deine Mutter kann gut Kochen!“
Aus heiterem Himmel lud ich meine Lieblingslehrerin zum Essen ein. Sie lehnte ab, ich sagte, bei uns gibt es immer genug. Nichts zu machen. Sie schob ihren Jackenärmel hoch und schaute geschäftig zur Armbanduhr. Also nicht. Egal. Ich hatte die schönste Rückfahrt meines ganzen Schullebens.
Weg mit dem Fahrrad, mit dem gierigen Nachschnuppern und erraten der Speisen, steckte ich den Schlüssel in das Haustürschloss und klingelte schon mal, um mich anzukündigen.
Das war es also, mein Lieblingsessen. Stampfkartoffeln mit Frikadellen. Auf der Zunge zerging mir schon die Bratensoße, der Geschmack der braun-glasigen Zwiebeln, die deftigen Gewürze, mit denen es butterweich runterging. Es gab ganz viel Bratensoße, die ich mit dem Kartoffelbrei zu einer cremigen Tunke verrühren würde, die ich dann wie Suppe löffelte.
Mir war es dann auch egal, dass Mama nur eine mittelmäßige Kartoffelzerquetscherin war und manchmal im Brei noch weiche Bröckchen hervorlugten.
Ab durch den Flur, vorbei an der Garderobe und während ich die Küchentür erreichte, vernahm ich eine knarrende Männerstimme, die meine Mutter förmlich ansprach. Besuch? Aßen wir mit dieser Person oder musste die Familie warten, bis der Fremde weg war. Im letzten Augenblick rieb ich mir den Nacken und dachte, welches Glück ich hatte, dass die Lehrerin meine Einladung ausschlug. Mama wäre es zu viel geworden, wenn man ihr in der Küche auf die Finger schaute.

Vorsichtig drückte ich die Türklinke herunter, der Atem stockte mir und ich sah zuerst den dunkel gekleideten Mann, der ernst dreinschaute und dann meine Mutter, die in ihrer blauen Kittelschürze ihm kreideweiß gegenüber saß.
Sie sagte, dass Friedhelm, mein Bruder, der die Grundschule besuchte, ein Messer dabeigehabt hatte, um einen Mitschüler zu erstechen.
Abends lag er mit mir im Bett, er zitterte, weil er sich vor dem Gefängnis fürchtete.
Ob wir wirklich in der Nacht schliefen, so mit leeren Magen?
Im Flur waren Stimmen. Die kurze elterliche Unterhaltung endete mit Mamas Worten, man dürfe es dem Jungen nicht durchgehen lassen. Papa versprach es morgen zeitig zu erledigen.
Am nächsten Morgen weckte uns Papa, der Friedhelm ein halbes Pfund Haumichblau in Form einer dicken Backpfeife verpasste und erklärte, seine eigene Familie oder die Eltern zu beklauen, wäre Frevel. Etwas später verkündete er gut gelaunt, dass niemand ins Gefängnis müsse.
Er hatte in der Grundschule erfahren können, dass sein Sohn sich ein Messer aus seiner Schlachterarbeitstasche genommen hätte, um in der Schule damit anzugeben. Friedhelm habe in der Pause das blinkende, lange Metall vorgezeigt, aber zwei Mitschüler hätten ihn dann von hinten geschuppt, so dass er dem gegenüberstehenden Schüler am Bauch verletzte.
„War doch klar, dass mein Sohn ein guter Dieb ist“, tönte Papa in der Küche herum, der wisse sich später zu behaupten, aber Mord und Totschlag, dafür seien seine Kinder nicht zu haben.
Schon um elf Uhr wärmte unsere Mutter das Essen des Vortages auf. Wir vier verköstigten unsere Lieblingsspeise und mit Gummistiefel und mit den Winterjacken angezogen, rannten wir beide zu den zugefrorenen Pfützen, um dort auf dem Eis zu schlindern und es später noch zu zerhacken.

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Das klingt echt toll. Man kann sich super in alles hineinversetzen und ich staune über die Detailreiche. Kommst du aus dem Metier? Oder hast du es recherchiert?

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Hommage an Omas Käsekuchen
Am Samstag wurde in meinen Kindertagen immer Kuchen gebacken und anschließend die Küche gewischt. Da hieß es „Füße hoch, junger Mann, und auf dem Sofa sitzen bleiben!“, während sich im knisternden Holz- und Kohleofen Mehl, Butter, Zucker und Vanille in einen Käsekuchen verwandelten. Ich liebte dieses Samstagnachmittage und genoss es, auf dem Sofa zu lümmeln und meiner Oma beim Kreuzworträtseln zuzusehen, während kecke Sonnenstrahlen auf dem Tisch tanzten. Ich sog den herrlichen Duft des Kuchens aus dem Ofen ein, der bereits den Sonntag und damit den nachmittäglichen Kaffee- und Kuchenplausch in vergnügter Runde verkündete. Meine Gedanken wanderten zu den Quellen der herrlichen Gerüche, in ferne und geheimnisvolle Länder. Versonnnen lauschte ich den verrauschten Melodien aus dem Röhrenradio und sah zu, wie Oma auf dem Bleistift kauend die Felder mit Buchstaben füllte. So roch Wochenende und gewiss auch das Paradies.

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Brötchen und Fleischwurst
Mittag und Schulschluss! Peter und ich verlassen im Eiltempo das Klassenzimmer. Wir laufen, den Ledertornister auf dem Rücken, den Schwamm zum Reinigen der Schiefertafel aus dem Tornister hin und her baumelnd, zum Schulhoftor.
Geschafft, wir sind frei! Heute ist Dienstag und ein besonderer Tag. Peter bekommt dienstags immer 50 Pfennige von seinen Eltern für eine kleine Stärkung nach der Schule. Wir eilen die wenigen hundert Meter die Straße entlang zur Metzgerei Schmidt. Dort gibt es neben Fleisch und Wurst auch täglich frische Brötchen.

Peter öffnet die Ladentür. Ich folge ihm. Uns strömt der herrliche Duft von frischer Wurst entgegen. Wir sind die einzigen Kunden. Metzger Schmidt ist groß und trägt eine ebensolche Brille. Freundlich lächelnd fragt er Peter: „Ein Brötchen und ein Stück Fleischwurst für 50 Pfennige?“ „Ja“, antwortet Peter mit leuchtenden Augen. Auch meine Augen strahlen, als Metzger Schmidt von einem großem Wurstring, der an einer Stange mit vielen anderen Würsten unter der Decke baumelt, ein Stück Fleischwurst abschneidet und Peter in die Hand drückt.
Peter reicht Metzger Schmidt seine 50 Pfennige. Dieser holt darauf ein Brötchen aus einem Korb vom anderen Ende der Theke und gibt es Peter. Wie das Brötchen duftet. Herrlich. Ich laufe schon zur Tür und Peter folgt mir laut rufend: „Danke Herr Schmidt!“
Vor der Tür teilt Peter Brötchen und Fleischwurst mit mir. Mit einem herzlichem „Danke“ nehme ich beides und beiße herzhaft in die Wurst, was für ein Genuss. Brötchen und Fleischwurst auf dem Heimweg, wie im Schlaraffenland!

Meine Eltern konnten sich Geld für solch einen Luxus nicht leisten. Peters Eltern waren wohlhabend. Sie wohnten in einem großen Haus. Der Vater fuhr einen großen Mercedes und Peters Mutter einen BMW. Ich dachte damals, wenn ich groß bin, werde ich auch in einem großen Haus wohnen, einen Mercedes fahren und meiner Frau einen BMW kaufen.

Nun, es ist anders gekommen. Zwar kann ich mir heute ein Brötchen mit einem Stück Fleischwurst selber kaufen, aber es schmeckt und riecht nicht mehr so wie damals.

Dippemeß im Herbst, der Platz erfüllt von Düften aller Art. Fischiges, Gebratenes, Gegrilltes, süßer Mandelduft, Röstamomen durchströmen den Platz.

Plötzlich jäh sind alle Kindheitserinnerungen wieder aufgeploppt. An einem traditionellen Imbißstand gab es noch das von mir geliebte Spießbratenbrötchen. Bei dem Genuß troff die Sauce rechts und links aus den Mundwinkeln. Seeliges Schwelgen in Erinnerung, ja, es war immer noch genauso lecker wie vor 40 Jahren, aber der Preis hat sich vermutlich geändert…

Keine Sorge, man muss kein HTML können, um einen Post zu formatieren. Ich kann auch kein HTML. Sobald du anfängst zu schreiben, siehst du rechts neben dem Texteingabefenster deinen Text so, wie ihn später die anderen sehen. Standardmäßig erscheint der Text linksbündig und im Flattersatz. Absätze machst du wie gewohnt mit der Return-Taste. Und über dem Texteingabefenster findest du kleine Formatierungsbuttons, mit denen du experimentieren kannst. Was die einzelnen Buttons bedeuten, wird eingeblendet, wenn du den Mauszeiger einen Moment auf dem Symbol ruhen lässt.

Der Imbiss

Schritt für Schritt führt mich mein Weg vorbei an den großen Wohnblöcken, die die Altstadt bedrohlich überragen, zwischen den Hecken hindurch, die Einfamilienhäuser links liegen lassend, den Fußballplatz rechts, über den etwas feuchten Rasen der Grünanlage, dann zur anderen Seite der Hauptstraße, auf der sich der Verkehr dröhnend und rauschend entlang wälzt - wobei ich zu meiner eigenen Sicherheit die Fußgängerampel nutze, deren Grünphase selbst für einen Windhund zu kurz ist -, dann weiter durch den verwilderten Park, dessen Bäume und Gestrüpp im trüben Tageslicht alles andere als beruhigend auf mich wirken, hinüber zu den Schrebergärten und auf dem Kiesweg durch sie hindurch, bis ich auf dem Brachland ankomme, auf dem schon seit Jahren eine Reihenhaussiedlung entstehen soll, dessen Boden aber durchzogen von Kaninchenbauten und übersät mit Müll eher an ein ehemaliges Schlachtfeld erinnert als an ein zukünftiges Wohnparadies, dahinter der Parkplatz auf der Rückseite des Einkaufszentrums.

Hier bleibe ich fröstelnd stehen und blicke mich um. Der hintere Parkplatz wird kaum genutzt, schiefe Kantensteine, Schmutz und Grasbüschel im Pflaster illustrieren die allgemeine Ignoranz gegenüber diesem ungeliebten Teil des Geländes. Links stehen zwei beschädigte Einkaufswagen, eng ineinander verkeilt wie ein Liebespaar in Ekstase. Ein kalter Wind trägt einige Plastiktüten an mir vorbei und kräuselt das Gefieder zweier Krähen, die sich um irgendetwas streiten, dass einmal gelebt haben mochte, aber dessen ursprüngliche Form nicht mehr erkennbar ist.

Rechts steht der Imbisswagen, von dem mir meine Freundin erst neulich bei der Feier auf der Dachterrasse hoch über der Stadt erzählt hatte. Die Erinnerung ist nur noch vage, was auch an der größeren Menge Wodka liegen könnte, die ich zu dieser Zeit schon getrunken hatte, aber ich erinnere mich noch genau an das Leuchten in ihren Augen, als sie mir davon erzählte, und an ihre Begeisterung und den ausgestreckten Arm, der über das Lichtermeer der nächtlichen Stadt hinweg auf eine Stelle wies, die außerhalb meiner Alltagswelt lag.

Eigentlich ist es kein Imbisswagen, sondern eher ein Food Truck aus längst vergangenen Zeiten, leicht verbeult mit einer weit nach vorn ausladenden Schnauze, die einen historischen Motor beherbergt, und steil aufragenden Fenstern am Fahrerhaus. Weit entfernt von einer Stromlinienform und mit verrosteten und bedrohlich wirkenden Rädern präsentiert sich der Wagen in einem leuchtenden Blau, das an einigen Stellen zu einem sehr trüben Grau, stellenweise gar zu einem schmutzigen, rostigen Braun mutiert war, als ob dies schon immer sein wahres Aussehen gewesen wäre, das man versucht hatte, mit dem Blau zu überdecken.

Was hatte meine Freundin noch mal gesagt?
„Das musst du probieren. Das ist wie früher, nicht so ein verwirrendes Zeug, wie das heutzutage überall angeboten wird. Hier kann man noch wirkliches Essen bekommen und man darf es auch so nennen, wie wir es früher getan haben – politisch korrekt ist alles, was Spaß macht. Und das Wichtigste: Es ist Essen für jedermann.“

Langsam gehe ich auf den Wagen zu, von dem der Wind Stimmengewirr herüberträgt. Ich erinnere mich, einmal gehört zu haben, dass es auf diesem Teil des Parkplatzes immer windig war und immer kühler als auf dem vorderen Teil. Selbst im heißesten Sommer, konnte man hier ins Frösteln geraten und jeder, der sich einmal hierher verirrte, sei es aus Unachtsamkeit oder um ungesehen eine verbotene Zigarette zu rauchen oder vielleicht ein Pülverchen zu kaufen, das man nicht in der Sonne zu sich nahm, hatte das Gefühl, dass dies eine viel trostlosere und traurigere Welt ist. Wurden die Reihenhäuser etwa deswegen nicht gebaut?

Eine Gruppe von Menschen umringt den Imbisswagen: Frauen, Männer, einige Kinder, die sie kreischend umkreisen – normale Menschen wie du und ich, einige mit verbitterten Mienen, andere mit einem Lächeln oder gar Lachen. Ich beobachte zwei Männer, die sehr angeregt diskutieren, während ein dritter bestätigend wild mit seinen Kopf nickt, so dass man befürchten muss, er würde sich im nächsten Moment von seinem Hals lösen. Eine Frau steht dabei, den Kopf gesenkt, der Rücken leicht gekrümmt, das Gesicht ernst und etwas traurig oder vielleicht nur müde.

Niemand nimmt von mir Notiz, als ich an den Wagen herantrete und die große mit weißer Kreide beschriebene Tafel mustere. Die Buchstaben winden sich in alter Schrift mit langgezogenen Bögen, die von aggressiv und bedrohlich wirkenden Haken unterbrochen werden, die ganze Tafel wirkt wie eine Sammlung von Hinweisen und Anordnungen aus alter Zeit: Brot mit Leberwurst, Bratwurst, Schinken, Ei, Spiegelei mit Speck, …, Kaffee, Tee, Bier vom Fass, Wein (rot/weiß) …

Die Liste ist lang, die Speisen und Getränke sind einfach – eben Essen für jedermann. Doch am interessantesten ist, dass nirgendwo ein Preis steht. Die werden das doch nicht verschenken? Ich sehe mich suchend um, kann aber nur Menschenkörper um mich herum sehen – sind das mehr geworden? Es scheinen sich weitere Leute um mich und den Wagen zu drängen, das Stimmengewirr wird immer lauter und unverständlicher.

Schließlich gebe ich es auf und frage den Erstbesten, der neben mir steht: „Entschuldigung, wissen Sie, was die Sachen kosten?“

Der Mann sieht mich an, als wäre ich gerade aus der Erde aufgetaucht oder vom Himmel gefallen, seine Augen zucken hin und her, als überlege er, was er von mir zu halten habe. Dann schüttelt er leicht den Kopf, verzieht den Mund, antwortet: „Lesen ist wohl nicht deine Stärke?“, und zeigt auf die großen Buchstaben, die sich unterhalb der Dachkante des Wagens entlangziehen.

ALLES NUR 60 PFENNIG.

Ich bin verwirrt und ziemlich sicher, dass das in ebenso großen Buchstaben auf meine Stirn geschrieben steht. Aber alle um mich herum sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass es niemandem auffällt. Doch dann bemerke ich, dass sie gar nicht mit sich selbst beschäftigt sind, sondern vielmehr auf eine kräftige, fordernde Stimme hören, die aus dem Wagen in die Menge hineinschallt, auf die sie reagieren, mit der sie wetteifern, sich gegenseitig aufputschen und bestätigen.

Vorsichtig dränge ich mich an den Menschen vorbei, neugierig auf das Angebot im Wagen, aber auch auf das, was der Mann hinter dem Tresen sagt. Ich kann kein Word verstehen, auch was die Leute sagen und rufen reduziert sich auf einzelne Floskeln. „Ja genau!“ – „So ist es!“ – „Endlich mal einer, der den Mund aufmacht!“ – „So kann es nicht weitergehen!“ – …

Plötzlich bin ich in der vordersten Reihe, stoße (oder werde ich gestoßen?) an das schmale Brett, dass vom Wagen heruntergeklappt und neben Plastikbesteck und einer Schachtel mit Servietten auch mit Essensresten und undefinierbaren Flecken dekoriert ist. Rechts und links neben mir stehen Menschen, die zum Teil gestikulieren, zum Teil rufen und zum Teil essen.

„Was darf es sein?“

Die Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken, ohne dass ich weiß, weshalb. Sie ist rau, tief und klingt irgendwie vorwurfsvoll, fast fühle ich mich schuldig hier zu sein und noch nichts bestellt zu haben. Unentschlossen blicke ich an der Auslage entlang, mustere die verschiedenen Angebote und werde immer nervöser. Was ist los mit mir? Um mich herum scheint es immer turbulenter zu werden. Hatte mich gerade jemand angesprochen? Wurde ich gerade aufgefordert, mich nun endlich zu entscheiden? Schließlich wollen andere ja auch noch drankommen. Wieso halte ich den Verkehr auf? Was bin ich denn für einer? Glaube ich denn, ich sei etwas Besseres, dass ich hier den einfachen Leuten die Zeit stehle?

„Na?“

Wieder die Stimme. Vorsichtig, fast ängstlich schaue ich auf: Ein schmales, fast asketisches Gesicht, eine lange gebogene Nase, stahlharte Augen und ein tiefdringender Blick, ein breiter Mund und große kräftige Zähne. Ich muss schlucken, ich muss mich räuspern, mein Mund ist trocken und plötzlich bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich überhaupt noch reden kann.

„Ich sehe schon“, sagt der Mann hinter dem Tresen, „ein Unentschlossener. Scheinbar bist du noch nicht überzeugt, glaubst noch der allgemeinen Meinung, dem so genannten Mainstream. Aber ich denke das kriegen wir schon hin. Wenn du einmal verstanden hast, wie die Dinge wirklich sind, was hier wirklich passiert – das Internet ist schließlich voll davon und mittlerweile gibt es zum Glück viele anständige und ehrliche Leute, die sich trauen, die Wahrheit zu sagen –, dann wirst du dich fragen, wieso du nicht eher hergekommen bist.“

Ich bin nun vollends verwirrt. Worum geht es hier? Um mich herum immer noch unverständliches Geplapper, über mir der schmale Mann mit der Adlernase und dem bohrenden Blick und vor mir ein umfangreiches Angebot an Essen für jedermann.

„Vielleicht kann ich dir etwas empfehlen?“, sagt er. „Lass mich mal schauen … du bist doch bestimmt hungrig nach etwas Neuem, nach Veränderung. Der alte Kram stinkt dich an, wie man so schön sagt. Ich denke, du brauchst etwas Heißes, das dich zufrieden macht. Was könnte ich da nehmen …“

„Nein“, kommt es krächzend aus meiner Kehle. Irgendwie muss ich hier raus, das hat doch nichts mehr mit einem Imbiss zu tun.

Hat mich da jemand angerempelt? Ich schaue mich um, sehe mehrere Männer miteinander raufen, plötzlich ein Faustschlag, unterstützende Schreie, statt auseinanderzulaufen drängen die Menschen nur noch stärker zusammen. War es vorher nur ein Unbehagen und Verwirrung, so macht sich jetzt Angst in mir breit, verzweifelt will ich mich durch die Massen hindurch drängen, nur weg vom Wagen, weg von dem Mann, weg, einfach nur weg.

„He, Moment mal! Wo willst du denn hin? Du hast doch noch gar nichts bestellt!“

Die Stimme ist nun lauter und bösartiger.

„Ja, also …“, stammele ich und sehe zwinkernd umher. „Vielleicht …“

„Ja?“

„Vielleicht ein …“

„Ja? Ein was?“

„Vielleicht ein Brötchen mit Soße?“

Schweigen.

Dann ein Kichern, das sich schnell zu einem Lachen entwickelt und dann überspringt auf die Leute um mich herum.

„Ein Brötchen mit Soße?“, lacht der Mann hinter dem Tresen des blauen, braunfleckigen Imbisswagens und wirft dabei seinen Kopf in den Nacken, lässt seine weißen Zähne strahlen und (kann das sein?) entlässt eine kleine Träne aus dem Augenwinkel, die an seiner Wange herunterkullert, sich vom Gesicht löst und irgendwo, wo ich sie nicht sehen kann, auf den Boden fällt.

„Also gut. Ein Brötchen mit Soße. Kommt sofort.“

Ich spüre, wie ich am ganzen Leib zittere, es ist nicht nur die Kälte, nicht nur der Wind, nicht nur die Unruhe unter den Menschen um mich herum – es kommt irgendwie aus meinem tiefsten Innern, von irgendwo aus einer Welt, die in mir steckt, derer ich mir nicht bewusst bin, die aber trotzdem da ist und auf mich wirkt.

„Bitte sehr! Das macht 60 Pfennig.“

Eine kräftige, sehnige Hand reicht mir absolut ruhig das Brötchen auf einem Pappteller - kein Zittern, keine Unsicherheit und kein Erbarmen. Ich greife in meine Hosentasche nach dem Kleingeld, weiß aber, dass das Unfug ist, denn ich habe höchstens zwei oder drei Euro in kleinen Stücken dabei, doch mit Sicherheit keine Pfennige. Wer hat die denn noch?

Etwas Erleichterung macht sich in mir breit. Das könnte die Lösung sein. Wenn ich nicht bezahlen kann, dann muss ich das Brötchen auch nicht annehmen. Habe ich Angst vor einem Brötchen? Nein, wird mir klar, Angst habe ich davor, es von diesem Mann anzunehmen. Aber ich kann einfach nicht gehen, schon gar nicht jetzt, nachdem ich bestellt habe.

Meine Hand schließt sich fast von ganz allein um einige Münzen in meiner Tasche, ich spüre das warme Metall und ihr geringes Gewicht. Das muss meine Erregung sein, denn eigentlich sind die Münzen viel schwerer, das ist klar. Ich ziehe die Hand heraus, öffne die Finger und erstarre.

Zwei silberne Münzen blinken in meiner Hand, die eine etwas größer als die andere, eine Fünfzig und eine Zehn liegen als Hochrelief nebeneinander, sie fühlen sich so leicht an, dass ich fürchte, der Wind könnte sie wegwehen. Wie in Trance reiche ich sie hinüber, wobei meine Hand zittert, und lege sie in die geöffnete Klaue des Mannes. Ich nehme den Pappteller, murmele etwas vor mich hin, dass mir vorkommt wie Danke und drehe mich um.

„Herzlichen Dank. Und komm doch bald mal wieder“, tönt die Stimme hinter mir, jetzt zum Glück schon etwas weiter entfernt. Die Menschen um mich herum scheinen sich beruhigt zu haben, es öffnet sich ein Weg zwischen ihnen, den meine Füße automatisch finden. Meine Angst lässt etwas nach und vorsichtig den Pappteller mit dem Brötchen balancierend, um die Soße nicht zu verschütten, bahne ich mir meinen Weg zurück.

An der nächsten Ecke finde ich einen Mülleimer, der mein Essen dankbar annimmt, und ich bin erleichtert, dass ich es los bin. Aber trotzdem werde ich ein Gefühl nicht los, den ganzen Weg zurück nagt es in mir: Ich habe einen Fehler gemacht.

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An diesem Text gefällt mir vor allem die kindliche Perspektive, die du konsequent durchhältst, obwohl du in der dritten Person erzählst. Dein Erzähler bleibt immer auf Augenhöhe mit deiner Protagonistin. Lieblingssätze:

und

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Deine Erinnerung hat mich zum Lachen gebracht, danke dafür.

Entflogen.

Ich verstehe immer noch nicht, was die Menschen wollen. Ich bin doch nur ein kleines Licht am riesigen Himmel gewesen, habe schwanger in meinem Nest gesessen und 1 Ei ausgebrütet.
Eines Tages haben diese ekelhaften Wesen mich und mein neugeborenes Küken aus unserem Nest geholt und dieses zerstört. Anstatt mich in den Himmel fliegen zu lassen, haben sie mich in diesen Käfig gesteckt und mir meinen Sohn weggenommen. Ich vermisse ihn so sehr. Wenn ich nicht ab und zu mit dieser Amsel reden könnte, die regelmäßig an meiner Tür sitzt, ich würde verrückt werden.

3x am Tag kommt ein Mann, macht komische Geräusche (Wieso denken Menschen, sie könnten mit uns reden, ich kapiere es nicht!) und bringt mir auf einer grau-glänzenden Platte ganz komisches Zeug. Ich glaube er denkt, ich würde das futtern! Es riecht immer ekelerregend, ist viel zu groß für meinen kleinen Schnabel und ob ich das kauen kann, keine Ahnung. Ein leckerer Wurm, ein schmackhaftes Insekt, mehr will ich doch gar nicht.
Nur wenn es hell wird und in der Dämmerung, bekomme ich zusätzlich ein paar größere Brocken, die ich noch so gerade direkt schlucken kann. Das schmeckt gut, aber es liegt immer schwer im Magen und mir ist danach schwindelig.
Zudem sind die Schalen aus denen ich trinken soll, sehr merkwürdig. Die Öffnung ist klein und wenn ich zu nippen versuche, denke ich oft, ich fall rein und bleibe hängen.
Gleich müsste er wieder kommen, aber diesmal tricks ich ihn aus. Wenn er kommt, hack ich auf ihn ein und dann flieg ich aus dem offenen Käfig raus! Ich hab das seit Tagen geplant, ich glaub, so funktioniert es.


„Wir unterbrechen unser Programm zur Mittagsstunde für eine wichtige Mitteilung:
Gesucht wird eine flüchtige Person.
Aus dem Landeskrankenhaus Kurzer Platz ist aus der geschlossenen Abteilung die 23 jährige Silke C. getürmt. Die junge Frau, die dort wegen Persönlichkeitsstörungen, die durch ein Trauma hervorgerufen wurden, einsitzt, überwältigte bei der Essensausgabe einen Pfleger und verletzte diesen am Kopf schwer. Augenzeugenberichten zufolge ist sie durch ein geöffnetes Fenster aus dem 2. Stock entkommen und verletzte sich bei dem Sprung leicht.
Es ist davon auszugehen, dass eine akute Eigengefährdung besteht, allerdings sollten Personen, die sie sehen, vorsichtig sein.
Sachdienliche Hinweise nimmt die örtliche Polizeidienststelle unter 5180 an.“

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Kleine Kinderfüße platschen in die Pfütze. Das Wasser spritzt. Kinderlachen. „Papa, nochmal“, ruft das kleine Mädchen.
Der Vater lächelt liebevoll. „Nur noch einmal.“
Noch ein mal nimmt das Mädchen Anlauf und springt in die Pfütze. Das Wasser spritzt, das Kind gluckst. Sie nimmt bereits wieder Anlauf, doch der Vater ist schneller. Seine Hände bekommen die kleine Hüfte zu greifen, hebt sie hoch.
Sie strampelt mit den Füßen, doch lacht. Nur wenige Schritte später setzt er sie wieder ab, auf den trockenen Weg.
„Mama wartet“, merkt er an.
Mehr brauchte es nicht. Das Mädchen grinst, wischt sich ihre Haare aus dem Gesicht und stiefelt los. Ihr ist die gelbe Matschhose ein wenig zu groß und so raschelt sie bei jedem Schritt.
Zuhause angekommen, landet der Rucksack ungeachtet in der Ecke. Die Matschhose gleich mit dazu. Die Gummistiefel auszuziehen dauert dem Mädchen zu lange und so lässt sie sie an, verteilt nasse Schuhabdrücke in der ganzen Wohnung. Sie ist erst aufzuhalten, als sie in der Küche steht und grinsend zur Mutter hochsieht.
„Das habe ich dir mitgebracht“, ist alles, was sie sagt. Die Mutter geht in die Hocke. Ihr Ausdruck in den Augen ist müde, doch sie lächelt das Kind liebevoll an. Voller Stolz nimmt sie die Kastanie entgegen.
„Danke, mein Schatz“, erwidert sie, als wäre es ein wertvolles Geschenk. „Hast du Hunger?“
Das Mädchen nickt. „Nudeln mit Tomatensoße“, verlangt sie.
Der Vater betritt nun auch die Küche. „Wie immer“, murmelt er.
„Wie immer“, bestätigt die Mutter.
Sie setzen das Mädchen auf die Küchentheke, beginnen zu kochen. Der Abschluss eines schönen Tages.

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Es freut mich sehr, dass es dir gefällt. Die Erzählung basiert auf eigenen Erlebnissen in meiner Kindheit, ca 1962. Falls dich mehr interessiert, es ist ein Auszug aus meinem Buch „Mama, die Strumpfhose kratzt!“ (Helga Dorn-Hoffmann), das bei Amazon, BoD oder im Buchhandel zu kaufen ist.

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Herbstzeit. Eine Radtour zur Erntezeit durch die Soester-Börde. Genuss pur. Es ist spät geworden. Nun sitze ich hier, gemütlich auf meinem Sofa bei einer Tasse duftenden Tee, schließe die Augen und lasse den wunderschönen #Herbsttag „revue passieren“. War das in Genuss! Rundepummel satt sind wir, von den leckeren #Früchten, die wir in der Soester Börde bei unsere Radtour am Straßenrand ernten. Echt lecker, unser #Mundraub“. Die #Straßenbäume hängen übervoll. Biologisch, dynamisch. Nicht nur ein Augen-Schmaus. Reife Pflaumen, knallrote Stern-Renetten, gelbe Jakob Label, grüner Boskop. Apfelsorten, die bei uns schon längst nicht mehr angebaut werden. Sofort kommt mir Omas Dreifrucht-Einmach-Obst in Erinnerung. Äpfel, Birnen und Pflaumen, eingeweckt mit Zimtstangen und Zucker. Unsere Winterfreuden. Sie hütete dieses Rezept wie einen Schatz. Handschriftlich festgehalten. Für uns, ihre Nachkommen. In der Hoffnung, dass wir ihre Tradition des Einkochens für die kalte Winterzeit fortführen.

Süße, gelbe Birnen hängen an den Ästen. #Obstbäume soweit das Auge reicht. #Bauerngärten mit prächtigen Sonnenblumen, Herbst-Anemonen, blühende Hortensien an den Hofeingängen. Astern und knallgelbe Sonnenhüte wiegen sich im Wind. Duftende Blumen, die mich an meine Kindheit auf dem Bauernhof erinnern. Meine Oma hegte und pflegte sie. Auf ihrem Küchentisch stand immer ein bunter Strauß in einer Ton-Vase.

So wie im gemütlichen Garten des kleinen Hof-Cafés, in das wir heute Nachmittag einkehren, um frischen Apfel- und Pflaumenkuchen und einen Pott Kaffee zu genießen. Filterkaffe, aufgebrüht wie bei meiner Oma Zuhause vor vielen Jahren nach dem regelmäßigen Sonntagsspaziergang mit der Familie.

Erinnerungen kommen hoch. Lebendig stehen sie vor mir. Erwacht zum Leben. Wir radeln durch die Dörfer, kehren ein im Hofladen. Heute gibt’s dort frische Kartoffeln. Zum Probieren „Pellemänner mit Kräuterquark!“ Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Daneben wird gerade heißer Holunderbeersaft zubereitet. Vitaminreich. Stärkt die Abwehrkräfte, gegen Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Ein Genuss! Fruchtig, ein wenig herb, aber echt lecker. Ein Fläschchen geht mit in den Rucksack. Für kalte Tage.

Wir radeln weiter. Entlang des Waldes zum nächsten Dorf. Die Sonne blinzelt durch die Wolkendecke. Ihre Wärme, für einen kurzen Augenblick, erfreut uns. Rote Hagebutten, Schlehenbüsche, Kastanien, Nüsse und Bucheckern. Früchte des Herbstes, wohin wir schauen. Ich erinnere mich an unsere Kastanienmännchen mit angespitzten Streichhölzern: Giraffen, Hunde, Kühe haben wir am Küchentisch gebastelt. Die ganze Familie zusammen mit Kind und Kegel. Spaß hatten wir. Ich vergesse das Lied nicht, was meine Mutter dazu sang: „Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm, es hat vor lauter Purpur ein Mäntlein um, sag wer mag das Männlein sein, das da steht im Wald allein…“ Natürlich kannten wir den Namen des roten „Männleins“. Es war die Hagebutte, die wir gelegentlich auch als „Juckpulver“ missbrauchten.

Ich höre einen Hahn krähen. Freilaufende Hühner gackern und vergnügen sich auf einer Wiese. Pferde am Wegesrand. Dorfidylle pur. Ich fühle mich Zuhause. Ja, so war es. Genau so. Gedankenverloren biegen wir um die Ecke. Immer dem Radweg durch die Soester Börde entlang. Ich glaub´s nicht, was ich da sehe und rieche: Soweit das Auge reicht, duftende Dill- und Petersilienfelder, Zwiebeln, Rotkohl, weißer Kappes, Grünkohl, Kohlrabi. Die Düfte erinnern mich sofort an die eingelegten, Gewürz-Gurken mit Dill, Wacholderbeeren und Lorbeerblätter. Süß-Saure Gurkenhäppchen, Kürbissuppe. Sauerkraut, Himmel und Erde, mein Leibgericht: Kartoffeln mit Äpfeln zusammen gekocht und dann püriert. Ein Kindheitstraum.

Eine Radtour, die ich so schnell nicht vergessen werde. Sie hat Bilder und Gefühle in meinem Kopf hervorgerufen. Ich öffne die Augen, trinke meinen Tee zu Ende, kuschle mich in meine wärmende Decke ein und mach es mir auf dem Sofa gemütlich. Ich liebe das Leben auf dem Land sehr. Es erdet mich. Hier tanke ich auf :slight_smile:

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Die Semmelknödel

Kramer überlegte, ob in der Petersilienwürze das Geheimnis lag. Jedes Jahr einmal im September versuchte er, Semmelknödel wie seine Großmutter zu machen. Es war ihm bisher nicht gelungen. Was war das Geheimnis? Mit bemehlten Händen knetete er die milchige warme Masse, roch den Speck und fühlte wie die krause Petersilie ihn zwischen den Fingern kitzelte. Er rollte den Teig zwischen den Handflächen, fügte etwas Knödelteig hinzu, dann zog er einen kleinen Teil wieder ab. Er seufzte, was für ein klebriges Zeug, als er an die summende Oma dachte in ihrer grob gemusterten Schürze mit braun-orangenen Ornamenten. Warum konnte er nicht diese Engelsgeduld einer fröhlich summenden Großmutter haben, diese liebevolle Musik, mit der sie sich hin zur Schüssel bewegte und mit Schwung Salz, Pfeffer und Muskat von links und rechts hinzufügte. Kramer schielte auf den Stapel Rechnungen auf der Fensterbank. Die traurige durstige Orchidee. Nein, so nicht, dachte er. Er schloss die Augen. Er sah sich als Jungen aus dem Garten kommend in die Küche stapfen, die Schuhe noch voll Erde, die Knie aufgeschürft vom Spielen. Der Großvater hatte die Schürfwunde kurz zuvor mit Spucke behandelt, wie er es immer tat. Der Duft aus der Küche trieb den Jungen ins Haus. Die Großmutter war bereits dabei, die Suppe zu verteilen. Die Brühe duftete, das Herz des Jungen ging auf in Vorfreude auf die Knödel.
Kramer setzte die Knödel einzeln mit dem Löffel vorsichtig ins kochende Wasser. Dabei blieben seine Gedanken weiter in seiner Kindheit. Er hatte gar nicht bemerkt, mit wie viel Liebe er die Knödel in Form gebracht, wie er geistesabwesend die genau richtige Konsistenz komponiert hatte. Er blieb stehen und hörte das frohe altbekannte Summen vergangener Tage. Das Wasser sprudelte, er sah seine Oma, wie sie sich die Hände an der Schürze rieb und die Teller anrichtete. Wie sie jedem von den Knödeln gab, ihm selbst gleich zwei Stück. Er blickte ins Wasser und beobachtete nur seine Knödel, wie sie leicht bewegt im Wasser schwammen. Das musste einfach was werden. Kramer hob einen Knödel, der oben schwamm, aufgeregt mit der Kelle aus dem Wasser und betrachtete ihn. Mit nervöser Hand hob er ihn auf den großen Teller, dann den zweiten und gab braune Soße darüber. Den Salat legte er sorgfältig dazu. Kramer war erstaunt. Er summte, wohl das erste Mal in seinem Leben, während er in federndem Gang den Teller zum Tisch beförderte. Als sein Messer dann sanft durch den Knödel glitt, seine Gabel das Stück zum Mund bewegte, merkte er, wie eine wohlige Träne das Gesicht herunterlief. Ja, dachte Kramer, ich hab es endlich geschafft.

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Chili

Chili.
Ich liebe Chili con Carne.
Habe ich schon immer getan.
Na gut, zumindest schon sehr lange.
Heißes, mehr oder weniger scharfes Chili.
Okay, ja, in den allermeisten Fällen basiert es auf einer fertigen Gewürzmischung. Manche sagen „Tütenkochen“ dazu. Aber – und das ist ein großes Aber! – es wird von mir ja noch ordentlich gepimpt! Mit vielen Zutaten, die so nicht unbedingt auf der Tüte stehen. So kommen zu den (für mich obligatorischen) Dosentomaten gern auch mal Cocktailtomaten mit rein. Je nach Größe ganz, halbiert oder geviertelt. Und Paprika. Gern auch, wenn größere Mengen produziert werden, in verschiedenen Farben. Das macht es so schön bunt…
Und die Bohnen erst mal: Es gibt ja soviel verschiedene! Die klassischen Kidneybohnen, gern auch schon direkt in Chilisoße. Schwarze Bohnen. Weiße Bohnen – z.B. in Tomatensoße. Auch „Weiße Riesenbohnen“ machen sich gut im Chili, sofern man größere Mengen zubereitet. Soweit, so üblich. Aber auch Champignons passen überraschend gut in die Zutatenliste. Jedenfalls lieber als der häufiger anzutreffende Mais. Nicht so ganz mein Geschmack – kam aber auch schon vor. Stattdessen habe ich auch schon mal Linsen ausprobiert. Fand ich persönlich jetzt eigentlich nicht schlecht, meine Gäste waren aber schon etwas irritiert.
Apropos Gäste: Da klassische Geburtstagsfeiern nicht so mein Ding sind, habe ich lange Zeit an meinem Geburtstag (oder dem folgenden Wochenende) zum gemeinsamen Chiliessen geladen. Ich erinnere mich noch gut an das erste Mal: Ich hatte mich beim „schärfen“ der Mischung doch stark zurückgehalten – schließlich ist nachwürzen erheblich einfacher als die Schärfe wieder raus zu kriegen. Worauf hin sich einer meiner Freunde darüber ausließ „ein Chile habe scharf zu sein“! Bitte, die nächsten Jahre wurden meine Chilis peu à peu schärfer. Allerdings was dies auch die Zeit, in der ich begann, aufgrund der schieren Menge meist 2 verschiedene Varianten herzustellen. Diese gingen dann im Laufe der Zeit von „Nicht so scharf und scharf“ über „ziemlich scharf und scharf“, „scharf und sehr scharf“ bis zu „sehr scharf und zu scharf“. Wobei solche Einschätzungen natürlich immer sehr subjektiv sind. Wie ich hautnah erlebte, als ein anderer meiner Freunde – ich glaube anlässlich eines gemeinsamen Formel 1 Guckens – zu seinem Chili einlud. Es sah toll aus. Es roch gut. Heiß und dampfend war es vor mir auf dem Teller. Dazu ein paar Scheiben Baguette. Ich nahm den ersten Löffel, vorsichtig, weil trotz Pusten immer noch dampfend – und es brannte! Schon der erste Löffel brannte im Mund, wie ich es nie erwartet hatte. Schnell etwas Brot hinterher – besser! „Ganz schön scharf“ sagte ich und erntete nur ein Grinsen. Die nächsten Löffel wurden immer schlimmer, aber irgendwie schaffte ich es, unter Zuhilfenahme von reichlich kalter Milch, den Teller zu essen. Das Angebot „Na, noch was?“ lehnte ich dann dankend ab. So, dachte ich, überstanden. Bis ich am nächsten Tag aufs Klo musste: Ja, jetzt weiß ich, was gemeint ist, wenn jemand sagt:“ wirklich scharfes Essen brennt zweimal“!

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Ich fühle nach und spüre den Ekel vor diesen Sehnen sofort und erinnert mich an eigene Erfahrungen. :face_vomiting: :sneezing_face: :hugs:

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Mückentanz

Jeder dieser Kindheitsfreitage war wie die Erweckung aus einem Albtraum. Jemand zog mir eine bleischwere Bettdecke von den eingezogenen Schultern, schaltete ein grelles Licht an und öffnete das Fenster, um meine Kinderseele zum Lüften aufzuhängen.

Erschrecken und eine unbändige Vorfreude, die das Herz bis zum Hals klopfen ließ, lösten sich mit einem Schlag ab. Die Erlösung rollte auf vier Rädern heran; ein hellgrünmetallicfarbener Ford Taunus fuhr in die Einfahrt. Ihm entstieg mein Großvater, der denkbar mildeste aller Menschen in Gottes großem Zoo, gefolgt von meiner Großmutter, die den Wagen stets lenkte und auch sonst jede Führung übernahm. Diese wuchtige Frau wirkte nicht nur wie eine Königin, sie hieß auch so.

Die Begrüßungszeremonie zwischen allen Anwesenden glich einem großen Bemühen nach Unsichtbarkeit. Ich spürte schon in diesen Kindertagen, dass das etwas mit Eskalationsvermeidung zu tun hatte; niemand wollte meinen Übertritt von der einen Welt in die andere mit einem Streit verwirken. Sowohl meine Eltern als auch ich lauerten darauf, uns für die Dauer zweier Mondaufgänge verlassen zu dürfen.

Mein spärliches Gepäck wurde mit mühsam unterdrückter Eile in den Kofferraum bugsiert, in dem die Kiste Bier für meinen Großvater und eine mit üppigen Blumen verzierte Kühltasche schon ein Stilleben bildete, das Frieden verhieß. Ich wusste genau, welchen Leckerbissen die Königin eigens für mich eingepackt hatte…

Das Wageninnere roch nach Liebe und Geborgenheit; die Polster hatten sich über die vielen Jahre mit den Gerüchen meiner Großeltern vollgesogen. Obwohl ich es schon damals erahnen konnte und hinter der clownesken Fassade meines Großvaters eine große Traurigkeit witterte, wollte ich mir doch nicht eingestehen, dass sein besonderer Geruch dem Schnaps geschuldet war. Ich liebte diesen sanftmütigenen Mann, dem das Leben so übel mitgespielt hatte, abgöttisch.

Unsere Fahrt führte durch das Teufelsmoor nach Waakhausen, einem kleinen Flecken kurz vor Worpswede. Es hatte sich dort, auf einer aufgegebenen Weide am Rande eines noch bewirtschafteten Gehöfts, ein kleiner Campingplatz etabliert. Am anderen Ufer der Semkenfahrt gab es schon lange einen Zeltplatz für Bootsfahrer, die sich zunächst in Hauszelten gesellig zusammenfanden. Mit dem langsam einsetzenden Wohlstand wurden erste Wohnwagen angeschafft und eines Tages reichte der Platz nicht mehr für alle. Einige Mitglieder dieser tief verwurzelten Gemeinschaft entdeckten so die gegenüberliegende Brachfläche für sich.

Dort stand nun eben der winzige Wohnwagen meiner Großeltern, in dem es roch wie in ihrem Auto, untermalt jedoch mit einem Hauch Propangas aus den Lampenstrümpfen und dem unterschwelligen scharfen Geruch nach Feuchtigkeit. Es dauerte meist nicht lange, bis die erste Bierflasche geöffnet wurde und sich auch dieser würzige Duft in der Menagerie meiner Kindheitserinnerungen verewigte.

Aus der Stadt entlassen konnten meine Ohren hier völlig andere Geräusche wahrnehmen. Das schönste davon war die Stille. Kein wütendes Brüllen, kein Weinen, kein Poltern von umgeworfenen Gegenständen drang hier an mein Ohr und hier hob auch niemand die Hand. Hier musste kein Kopf zwischen die Schultern gezogen werden und die ständige Alarmbereitschaft hatte Ferien. Es gab hier Kinder, die nichts über mich wussten, die aber mit mir im Schmutz spielten, mit denen ich Mutproben ablegte, die mit mir auf Entdeckungsreise gingen. Und das einzig laute Geräusch war unser unbeschwertes Lachen.

Hier im Licht der untergehenden Sonne, die sich glitzernd auf den Kanälen spiegelte, sah ich Mücken tanzen und ich saß stundenlang im feuchten Gras, sah ihnen dabei zu. Das war der Moment der inneren Ruhe, der Besinnung, des Friedens. Dann verspürte ich endlich auch Hunger und das Ritual begann: Ich lief zum Wohnwagen, in dem mich meine Großmutter schon lächelnd erwartete. Nie enttäuschte sie mich; sie drückte mir eine zusammengeklappte Schwarzbrotstulle mit Leberwurst und Gurke in die Hand und fragte, ob ich mich nicht setzen und sie bei einer Tasse Tee essen wolle. Und obwohl ich ihre Nähe liebte, machte ich mich mit meiner Stulle bewaffnet wieder auf den Weg zum Bootsanleger, an dem ich fröstelnd saß, den Frieden roch und die Liebe aß.

Die Grasflecken auf der Jeans, die ich wie eine Trophäe trug, gerieten nie in das Gepäck, das mich zurück in die Realität begleitete. Und keines der heimischen und keines der erwachsenen Leberwurstbrote schmeckte je annähernd so gut wie die von der Königin geschmierten. Den Campingplatz gibt es noch und auch das alte Bootshaus, vor allem aber die Erinnerung. Und wenn mich jemand fragt, was ich mir als letzte Mahlzeit wünsche, wird es darauf nur eine Antwort geben.

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Schlachten

Der Opa hatte die Sau schon geschossen. Der Bolzenschussapparat hinterließ auf der Stirn ein Pfennig großes Loch, aus dem ein Tropfen Blut wie an einem Bindfaden herunter lief.

Heute wird geschlachtet. Die vielen Münder auf dem Bauernhof mussten für ihre Arbeit auch ordentlich ernährt werden.

Schlachten wird auch manchmal als Schlachtfest bezeichnet. Ein Fest war das nie, für keinen Beteiligten. Zuerst war es einmal eine Entscheidung, wann und welches Schwein geschlachtet wurde und zweitens war es harte Arbeit, zu der sich nicht viele vordrängelten. Aber es ist einfach ehrlich, wenn man Fleisch oder Wurst essen will, dann muss man das irgendwie in die Speisekammer oder auf den Tisch bringen.

Wir Kinder mussten helfen und allerlei einfache Aufgaben erledigen.

Für die Wurst brauchte es eine große Anzahl von Zwiebeln. Die wurden üblicherweise von uns Kindern durch den Fleischwolf gedreht. Wir mussten uns abwechseln, wenn die Arme lahm wurden.

Die Zwiebelmasse kam in dünnen Nudeln aus dem Fleischwolf und ringelte sich in die großen weißen Emailschüsseln. Scharfe Zwiebeln brannten schonmal in den Augen, so dass wir versuchten, der Schüssel nicht zu nahe zu kommen.

Am Ende der Zwiebelprozedur konnten wir eine weiche Semmel durch den Fleischwolf drehen. Damit sollte der Rest der Zwiebeln durchgedrückt und der Fleischwolf für das Fleisch vorbereitet werden.

Da war mein höchster Moment.

Das Brötchen selber kam jetzt als dünne Nudeln aus dem Sieb, getränkt mit Zwiebelsaft und dem Rest der Zwiebelstückchen. Aber durch den Brötchenteig wurde die Schärfe der Zwiebeln weggenommen.

Diese Mischung aus gequetschtem Brötchen mit Zwiebelsaft war mein Favorit. Es schmeckt noch intensiver als ein Wurstbrötchen mit Zwiebel ohne Wurst. Ich erinnere mich heute noch an die teigige Konsistenz und den süßlichen Geschmack.

Schlachten zu Hause gibt es schon lange nicht mehr. Vielleicht gehe ich mal auf die Suche nach dem Fleischwolf.

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Zuckernudel
Nein, das ist kein bayerischer Kosename und es handelt sich auch nicht um die Verniedlichung einer korpulenten Dame.
Zuckernudeln waren das Geheimnis meiner Kindheit. Allerdings wusste ich das damals noch nicht.
Ich dachte, dass alle Menschen dieses Gericht kannten und liebten. Etwas, was so gut schmeckt kennt doch bestimmt ein jeder.
Erst als ich später, verliebt bis über beide Ohren, meinen Schatz damit beglücken wollte und dieser entsetzt reagierte, erkannte ich meinen Irrtum.
Bei Zuckernudeln handelte es sich um gekochte Nudeln, die zunächst in Butter gebraten und dann mit einem Ei übergossen werden. Das Ei mitbraten. Jetzt servieren und großzügig Zucker darüber streuen. Mit einem großen Glas frischer Milch servieren.

Ich esse seit Jahren kaum mehr Zucker. Auch Weißmehl versuche ich zu meiden. Aber heute Abend werde ich wohl mal eine Ausnahme machen.

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