Seitenwind Woche 1: Brötchen mit Soße für 60 Pfennig

Aha, das ist aber ziemlich unintim, da hab ich das Gefühl, die gucken alle ab. :smiling_face: Also kann ich den Beitrag auch woanders schreiben und wenn er fertig ist hierhin kopieren? Und womit kennzeichne ich den Beitrag als zum Thema „Brötchen mit …“ gehörig? Denn ich stelle nur fest, dass die Beiträge nicht übertitelt sind.

Tofu mit Mayo

„Also, dann!“ Hilfloser Blick, ein Achselzucken, die Tür fällt zu.
„Endlich!“, Jana seufzt auf. Endlich ist er draußen.
Die Zwillinge Lilly und Konstantin schauen vorsichtig aus dem Kinderzimmer.
„Ist er weg, Mami!“
„Ja, er ist weg.“
„Gehen wir jetzt Burger essen?“

„Ja!“ sagt Jana trotzig zu den Kindern. „Jetzt gehen wir Burger essen mit Pommes und Mayo, und Cola gibt es auch, soviel wir drei wollen.“

Was bin ich froh, denkt sie sich, dass ich keinen Mann habe. Ich hab’s ja immer gewusst!

Aber Jens, der Ex ihrer kleinen Schwester war eigentlich so ein netter Kerl gewe-sen. Und so verzweifelt, wie er eines Freitags da vor ihrer Türe stand, den Rucksack über der Schulter und Unverständnis in den Augen. „Stell dir vor, Jana, Linda hat mich rausgeschmissen. Nur, weil ich sie gebeten habe, die Zahnpastatube nicht immer offen liegen zu lassen. Kannst du dir das vorstellen?“

Jana konnte. Sie kannte ihre impulsive Schwester nur zu gut. Und Jens tat ihr leid und so zog er in das Gästezimmer ein, bis er etwas Passendes gefunden haben würde. Sie dachte an ein paar Tage. Jens dachte, ja was dachte er eigentlich? Ans Wohnungssuchen jedenfalls nicht.
Dafür war am nächsten Tag, als sie mit den Kindern vom Baden zurückkam, der Gewürzschrank in der Küche umgeräumt. Sie hatte Wasser für die Spaghetti zuge-stellt und blind nach dem Salz gegriffen und erst reagiert, als sich das heiße Wasser gelb färbte weil sie das halbe Glas Curry mit einem raschen Schwung hineingeleert hatte. Fluchend schüttete sie das Wasser weg, stellte neues zu und reinigte die gelb verfärbte Spüle. Sie entdeckte das Salz in der untersten Leiste des Gewürzschran-kes. Suchte nach Oregano für das Sugo, den Pfeffer, das Basilikum – nichts war da, wo es sein sollte.

Als Jens hereinkam, meinte er beiläufig. Ach ja, du wirst bemerken, dass ich dir den Gewürzschrank neu organisiert habe. So hast du alles logisch in alphabetischer Reihenfolge auf einen Griff. Von „A“ wie Anis bis „Z“ wie Zimt. Du wirst feststellen, dass so eine rationelle Einordnung unglaublich viel Zeit spart. „Ja“, wollte Jana ihn wütend anzischen, „vor allem wenn man das Falsche nimmt und dann das Koch-wasser neu zustellen muss.“ Aber sie hielt sich zurück, er hatte es schließlich nur gut gemeint.

Sonntag früh, um halb sechs wurden sie durch ein schreckliches Getöse jäh aus ihren Träumen gerissen. Die Zwillinge hängten sich weinend an sie. Vorsichtig machte sie die Schlafzimmertüre auf und ging in Richtung Küche, von wo der Lärm herkam.
„Nur herein!“ rief Jens, und lachte geradezu unanständig munter in die verschlafe-nen Gesichter. Stolz zeigte er auf ein großes dröhnendes Gerät, das den Platz zwi-schen Janas Spüle und dem Kühlschrank besetzte. „Meine Getreidemühle, „brüllte er fröhlich in die unvermittelt einsetzende Stille.
„Ich habe schon das Getreide für das Frühstücksmüsli geschrotet, Nüsse und Äpfel klein geschnitten. Wir können gleich frühstücken.“
Ungekämmt und ungewaschen setzten sie sich erschöpft von soviel guter Laune an den Tisch. Lilly griff nach dem Glas mit einer milchigen Flüssigkeit, das Jens ihr hinstellte - und spuckte den Inhalt gleich auf das Tischtuch.
„Bäähh, ist das grauslich!“
„Das ist Kefir, das Gesündeste, was es überhaupt gibt, regt den Stoffwechsel an“, meinte Jens. „Wenn man davon jeden Morgen ein Gläschen trinkt, wird man nie krank“, und er hielt Konstantin ein Glas hin.
„Mag nicht!“
Jana trank aus Höflichkeit ihr Glas leer und dachte dabei mit Schaudern daran, was dieses Wundergetränk wohl mit ihrem noch schlafenden Stoffwechsel anstellen würde. Das Müsli war soweit nicht schlecht aber sie hätte doch eine weniger ge-waltsame Ernährungsumstellung vorgezogen.

Kaum hatten sie fertig gegessen, sprang ihr Untermieter schon energiegeladen auf und verkündete:
„So, zieht euch schnell an, jetzt laufen wir hinunter an die Au. Bewegung in frischer Luft wird euch gut tun!“
Schon, dachte Jana. Aber doch nicht zu so nachtschlafender Zeit und an einem Sonntag, wo sie mit den Kindern traditionell den halben Vormittag im Bett ku-schelnd mit Reden, Spielen und Vorlesen verbrachte. Aber Jens war unerbittlich.
Sie trabten hinunter zum Fluss, die Feuchtigkeit hing noch in allen Gräsern, ihre Hosen waren bald bis zu den Knien nass. Er lief den Kindern zu schnell – Jana war dankbar für ihre quengelnden Plagegeister, denn auch sie hatte überhaupt keine Lust sich im Morgengrauen zu verausgaben und so ließen sie ihn kurzerhand al-leine weiterlaufen und drehten um, um das übliche Sonntagsprogramm mit Ver-spätung nachzuholen.

Gegen Mittag panierte sie zusammen mit den Zwillingen gerade in fröhlicher Ein-tracht die Wiener Schnitzel, als Jens von seiner ausgedehnten Joggingrunde zu-rückkam. Er kam in die Küche, erfasste die Lage mit einem Blick und schaltete als erstes die Friteuse ab.
„Hör’ mal Jana, du wirst doch deinen Kindern nicht so ein fettes, ungesundes Es-sen zumuten! Ich schätze dich als verantwortungsvolle Mutter ein. Das hier ist doch nicht dein Ernst, oder?“
Mit ganz wenig Butter abgebratener Tofu und Gemüse auf Biss gekocht, ist doch viel besser.

Die Kinder sahen ihn verständnislos an, bis es ihnen dämmerte, dass er ihre gelieb-ten Schnitzel zu verhindern gedachte. Lilly verzog als erste das Gesicht und heulte los. Dann stampfte sie mit dem Fuß auf und brüllte: „Ich will aber heute Schnitzel haben!“ Konstantin beschloss sofort, sich dem Protest anzuschließen. Er blickte Jens mit weit aufgerissenen Augen an, aus denen urplötzlich die Tränen, wie aus Springbrunnen hervorspritzten. Bei der nächsten Brüllrunde von „Ich will aber heu-te Schnitzel haben!“ war er dabei.

Jana verstand ihre Schwester immer besser, sie bereute die schwache Minute in der sie deren Ex in ihre Wohnung gelassen hatte. Höflich aber bestimmt gab sie ihm zu verstehen, dass am geplanten Sonntagsmenü nicht gerüttelt würde. Kopfschüttelnd zog Jens sich zurück und der Familienfrieden war gerettet.

Bis zum Abend wenigstens, als Jana eine Vorlesung über ihre – wie er es nannte – absurd hohe Energiebilanz über sich ergehen lassen musste, die ihren Ursprung, nach Jens Diagnose, unter anderem in der Existenz ihres Tiefkühlschrankes hatte, in dem sich lauter vitalstoffarme Nahrung stapelte, die jeder frisch gekochten voll-kommen unterlegen war. Vom Wäschetrockner wolle er gar nicht reden.

Jens war offensichtlich fest entschlossen, diesen chaotischen, planlosen und un-gesunden Haushalt von Grund auf neu zu organisieren und zu verbessern und Jana, brachte es in ihrer Gutmütigkeit einfach nicht fertig, ihn zu verletzen, wo er es doch so gut meinte.

Bis, ja bis Jens sich an ihren sündteuren Manolos vergriff. Die knallroten Lu-xuspumps, die wie Ausstellungsstücke ganz oben auf dem Schuhregal standen und deren Anblick alleine ihre gute Laune an schlechten Tagen wieder herstellen konnte, fanden sich eines Tages in eines der untersten Fächer gepfercht wieder. Logischerweise, fand Jens, denn da er der Größte im Haushalt war, erforderte es die Logik, dass seine Birkenstocks das oberste Fach besiedelten.

Da warf sie ihn raus!

Sie fegte seine Schlapfen vom Regal, rannte in die Küche, packte die Getreidemüh-le, stellte sie zu den Schuhen, riss die Türe des Gästezimmers auf und brüllte: „Raus!“
Und er sah sie an mit dem gleichen Unverständnis in den Augen, das ihr Herz er-weicht hatte, als er vor vier Wochen bei ihr geläutet hatte, packte seine Sachen, zuckte mit den Achseln und ging.

„Los“, sagte Jana zu den Zwillingen, schlüpfte in ihre heißgeliebten Manolos, streckte die Hände nach den Kindern aus.

„Auf zum Burgerladen“.

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Das Abendmahl

Wie immer zu dieser Jahreszeit neigt sich der Tag rasch dem Ende und macht Platz für den Abend, der seinerseits wiederum von der Nacht zu Bette getragen wird. Nun mochte es irgendetwas zwischen siebzehn und achtzehn Uhr gewesen sein, als ein mir bekannter Duft durch die Räume unserer kleinen zweieinhalb Zimmerwohnung direkt in meine Nase kroch und mir ein lautes knurren im Magen bescherte. Im Fernseher lief wieder eine von diesen typischen Frühabend-Serien die ich als Kind bereits sehen durfte. Tom und Jerry, das typische Spiel zwischen einer Katze und einer Maus wie man sie den kleinen Kindern im Kindergarten immer wieder erzählt, war bereits vorbei und machte Platz für eine nicht weniger brutale jedoch eher real anmutende Sendung. Den Soundtrack habe ich noch heute im Ohr. Ich erinnere mich an all dies als wäre es gerade gestern gewesen und doch ist es bereits viele, sehr viele Jahre her.

Ich lag wie jeden Abend, nachdem ich von der Schule kam, meine Hausaufgaben zwar widerwillig und dennoch erledigt hatte auf dem Bauch mit nach oben ausgestreckten Beinen, meinen Kopf auf meine vor dem Gesicht verschränkten Handflächen gestützt und starrte interessiert in einen viereckigen mit roter Plastikverschalung ausgestatten Kasten der nicht viel Größer war als mein Schulranzen. Wir hatten halt nicht viel Geld und konnten uns daher weder Luxusgüter geschweige denn einen größeren Fernseher leisten. Das Bild welches mir entgegen flimmerte war noch nicht einmal in Farbe. Selbst dafür hat es einfach nicht gereicht. In den unterschiedlichsten Grautönen dargestellt und quäkend aus dem einzigen Lautsprecher tönend vernahm ich die mir allseits bekannten Worte die sich in fast jeder Folge wiederholten oder zumindest einmal vorkamen: „Harry. Ja Stephan. Hol doch schonmal den Wagen vor. Ja Stephan.“. Ich sprach diese Worte bereits mit einem Grinsen im Gesicht mit.

Die Stube war schummerig und spärlich beleuchtet. Die einzige Lichtquelle war der kleine Flimmerkasten. Einzig vom Flur her drang ein wenig warmes fast schon dunkelgelb schimmerndes Licht. Auch wenn es draußen bereits bitter kalt war, der Winter hatte bereits Einzug gehalten und ließ große weise Flocken ganz sanft zur Erde rieseln. Man konnte ihnen dabei zuschauen so langsame viel das weiße Zeug vom Himmel. Und es war so dicht, dass man sich vor dem anmutenden Nebel auf der anderen Seite der Fensterscheibe gruseln konnte. Schatten huschten herüber, Figuren von Schnee zeigten ihre Gesichter auf der Fensterscheibe für einen kurzen Augenblick bevor sie sich wieder im Nichts auflösten. Es war fast so als wären sie nie dagewesen.

Aus der Küche erklang gelegentlich ein Geklapper von auf einander schlagenden Tellern. Besteck wurde lauthals der Schublade entnommen und schepperte ganz fürchterlich. Gott sei dank war es eben in der Küche die etwas weiter weg war. So wurde ich beim Fernsehen also nicht gestört und ließ meine Beine weiterhin in der Luft hin und her tänzeln.

Inzwischen füllte der wohltuende Duft alle Räume. Die Zeichen für ein anstehendes Abendmahl waren mehr als deutlich. Alles sprach dafür das es in kürze losgehen müsste. Mein Magen wurde bereits ganz flau vor lauter Hunger. Es duftete nach Tomatensauce mit Käse und etwas was man darin einlegen konnte. Etwas, was gerade Kinder in meinem Alter zum einen besonders gern gegessen haben und zum anderen recht preisgünstig war. Denn man bekam eine große Dose davon schon für ganze neunundvierzig Pfennige. Doch es war mehr als nur diese Tomatensauce mit reichlich Käse und das was mein hineinlegte. Es duftete nach frischen Kräutern.

Klopf-Klopf machte es und eine Tür schob sich auf. „Essen ist fertig. Stellst Du die Teller bitte schon einmal auf den Esstisch. Danke“ rief mir meine Mutter aus der Durchreiche entgegen, die in einer verwinkelten Ecke der Stube an der Wand angebracht war und in der sich unsere kleine Essecke befand. „Ja, mache ich. Die Sendung ist gleich zu Ende.“ Antwortete ich ihr. Meine Mutter stellte zwei Teller in die Durchreiche. Dazu das benötigte Besteck. Den gefüllten Topf sowie eine Kelle zum Auffüllen.

Nachdem der Abspann mit der Titelmelodie nun lief, die ich versuchte mit zu pfeifen, was mir nach meinem Empfinden durchaus gelang, begab ich mich teils hüpfend, teils gehend in die Essecke. Knipste dort das Licht an als ich auf den dicken großen viereckigen Schalter mit meiner kleinen Hand drückte. Von der Decke scheint ein Licht welches aussah wie das der Abendsonne. Es war nicht weiß sondern tief gelb. Fast so als würde die Sonne selbst gerade zu Bett gehen wollen. Schatten zeigten und tanzten sich an den Wänden von Gegenständen, die in der näheren Umgebung lagen, standen oder hingen. Eine gespenstische wenn auch gemütliche Atmosphäre. Ohne einen Stuhl zu Hilfe zu nehmen kam ich nicht an die Durchreiche heran. Also zog ich mir einen Stuhl dahin, kletterte hinauf und holte einen Teller nach dem anderen aus der Durchrauche um ihn auf den tisch zu stellen. Besteck, Kelle als auch der dampfende Topf folgten. Es duftete köstlich. Ich schloss man die Augen, so verleitete der Duft von riesigen Tomatenplantagen, einem Meer von geschmolzenem Käse und reichhaltigen Kräutertöpfen unterschiedlichster Art zu träumen. Nun, der Topf war heiß. Also stellte ich ihn langsam und behutsam doch zugig auf die Topfunterlage in mitten des Tisches. Meine Mutter kam um die Ecke löschte hinter sich in den Räumen aus denen sie kam das Licht. Denn wir mussten sparen, an allem. Wir hatten nicht viel, doch es war uns genug. Als meine Mutter sich setzte, nahm ich ebenfalls Platz. Sie hob den Deckel des Topfes und ein eigenes Universum kindlicher Herrlichkeiten stieg in die Luft, der Sonne entgegen und versprach verheißungsvolles. Neugierig schaute ich über den Rand des Topfes. Ein rotes grobes Meer war darin von kleinen grünen flecken bedeckt wie kleine Inseln. Dann waren da noch lange weiße Nudeln die ab und an die Oberfläche durchbrachen wie Würmer. Das Licht war so schummerig, dass selbst die Nudeln gespenstische Schatten im Inneren des Topfes warfen. Heißer Dampf stieg auf. Ich griff zur Kelle und schickte mich an mir eine große Portion dieser Köstlichkeit auf meinen Teller zu füllen, als meine Augen über den Topf zu meiner Mutter hochsahen.

Der heiße Damp schien mir einen Streich zu spielen denn aus dem wunderschönen Gesicht meiner Mutter formte sich eine gehässige widerlich grinsende Fratze mit zwei Reihen scharfer Zähne und so großen wie weit geöffneten Augen, das sie aussahen wie Fußbälle. Der Gestank von Schwefel, Schimmel und Verwesung stieg mir in die Nase. Langsam sank ich auf meinem Stuhl zusammen und begann zu zittern. Ich wandte mich ab blickte verstohlen wieder in den Topf, während meine Hand mit der Kelle langsam gen Tischplatte niederging. Das Innere des Topfes brodelte und es wühlten weiße Würmer darin, schlangen sich um einander. Durchwühlten die dunkelrote fast schon matschige Flüssigkeit als wäre es zähes Blut. Kleine Blasen traten an die Oberfläche und zuklatschen laut hörbar. „Na hast Du denn gar keinen Hunger, Junge!“ schmetterte mir eine hämische und dunkle Stimme entgegen. „Was hast Du denn, sieht es nicht appetitlich genug für Dich aus?!“ donnerte die zweite Anrede wie Hammerschläge auf mich hernieder. Sie riss mir die Kelle aus der Hand, tauchte Sie tief in den Topf hinein, schöpfte großzügig daraus und wie ein Wasservoll ergoss sich Ihr Inhalt über meinen Teller. Sich noch immer um einander windend, schlingend wühlten sich die Würmer durch den Matsch. Dann tauchten aus den Untiefen meines Tellers Kugeln wie Tischtennisbälle auf, drehten sich so lange bis sie mich anstarrten. Es waren Augen, Augen die tief kalt, erschreckend umringt von einer wabernden Oberfläche auf der sich madenartiges Gewürm zum Tanz anstarrten. Dann wurde es dunkel …

„Huch was ist denn nun passiert.?“ Fragte meine Mutter mit sanfter Stimme in die Dunkelheit hinein. Das Licht war ausgegangen und auch der Fernseher. In unserer Wohnung war es stockdunkel. Allein der rieselnde Schnee vor den Fenstern bewegte sich. Ich saß ganz still, regungslos und in mich versunken auf meinem Stuhl konnte und wollte mich nicht bewegen. Ich hörte das ein Stuhl zurück gerückt wurde. Schritte tapsten über den Fußboden, schienen sich zu entfernen. Dann, das Klappern eines Metallkastens. Zweimal knallte es ganz fürchterlich laut und das Licht ging wieder an. Auch der Fernseher zeigt sich wieder in gewohntem Schwarz-Weiß Geflimmer mit quäkender Stimme.

„So das wäre erledigt.“ hörte ich meine Mutter sagen die gerade wieder um die Ecke kam. „Nun wollen wir essen nicht wahr.“. Ich schaffte es nur meinen Kopf langsam bestätigend zu nicken und schaute auf meinen Teller. Alles war, wie es sein sollte. Es gab Nudeln in Tomatensause mit aus der Dose, zusätzlich garniert mit reichlich Käse der sich inzwischen verflüssigte und seine gelben Spuren im roten Meer hinterließ. Es duftete noch immer ganz ausgezeichnet. Und Hunger verspürte ich ebenfalls. Also tauchte ich meinen Löffel in meinen Teller, schöpfte daraus und steckte mir den Löffel in den Mund. Es schmeckte herrlich. Doch dann versiegte das Fernsehprogramm. Die Sendung, die gerade noch lief verzerrte sich in weiß-schwarze zitternde streifen und leuchtete auffällig. Aus dem kleinen piepsigen Lautsprecher vernahm ich nur noch einen Ruf hellen und suchenden Ruf:„Carol-Ann … Carol-Ann wo bist du ?“…

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Das Salz des Lebens

„Komm, wir suchen dir das Essen für nächste Woche aus.“
Mama steht im Türrahmen, betrachtet mich mit wohlwollender Sorge. Ich liege auf meinem Bett, in den Händen den neusten Pferderoman. Überall an den Zimmerwänden hängen Pferdeposter, meine größten Schätze neben den Pferdefiguren von Schleich und den den Pferdezeitschriften. Hier fühle ich mich wohl. Zumindest, wenn ich allein bin.
Ich weiß, dass ich trotz meiner beachtlichen Größe blass und unscheinbar wirke, wie ich da so liege. Ich weiß, dass ich viel zu dünn bin. Aber was soll ich machen?
„Stampfkartoffeln mit Fisch oder Schnitzel mit Spinat. Stampfkartoffeln, richtig? Spinat isst du ja nicht.“
Um ehrlich zu sein, ich esse gar nichts, egal was wir aussuchen, liegt mir auf der Zunge. Aber wie immer schlucke ich den Kommentar hinunter und nicke einfach nur.
Mein Blick driftet zu einem der Pferdeposter an meiner Zimmertür. Ein schönes weißes Tier, umgeben von einem Feld aus roten, kräftigen Blumen. Ich kann sie förmlich riechen und sie sind wunderschön. Da wäre ich gerade so gern.

In der Schulkantine gibt es auch Blumen. Zumindest manchmal, verteilt in Vasen auf den Tischen. Sie sind weder hochgewachsen noch sind sie rot. Schön erst recht nicht. Die meisten lassen ihre Köpfe hängen. So wie ich, als ich mich bedächtig in den Raum begebe. Nicht auffallen. Nur nicht auffallen.
Gelächter, überall andere Kinder um mich herum, die auf unberechenbare Art und Weise durch den Raum laufen. Mein Magen macht eine 90-Grad-Drehung. Es stresst mich. Alles stresst mich. Wie soll ich bei diesem Lärm essen? Wie soll ich essen, wenn jemand anders als Mama und Papa dabei ist? Ich fühle mich beobachtet, die ganze Zeit.
Meine Hand ergreift die Essensmarke fester. Fast zerknülle ich sie in meiner Faust, wie ich da so stehe, in die Ausgabeschlange eingereiht.
Eine Stimme ertönt hinter mir. „Hey, Pferdefreak, du isst aber hoffentlich nicht an unserem Tisch, oder?“ Es ist eine Klassenkameradin. Ich kenne sie kaum, aber sie mich anscheinend gut genug, um bei der Vorstellung entsetzt zu klingen. Mein Blick schweift erneut zu den Tischen. Sie sind ziemlich voll, einen leeren Tisch werde ich nicht bekommen. Ich gehöre einfach nicht dazu. Das weiß ich. Ich würde es gern, aber mir fehlt die Energie.
Wortlos schüttele ich den Kopf und verlasse die Schlange.

An jeder Schule gibt es einen Ort, an dem du eine Zeitlang ungestört sein kannst. Bei uns ist das der Keller. Zwar wird man in den Pausen regelmäßig hinausgescheucht, aber zumindest ein paar Minuten lang kann man die relative Ruhe genießen.
Meine Pausenbrotbox gibt ein leises Klicken von sich, als ich sie öffne. Wie immer meine Lieblingskekse, Kakao-Heidesand-Kekse, und Gurkenscheiben.
Es ist still und dunkel hier unten, jedoch hell genug, um zu lesen. Mit einer Hand ziehe ich den Pferderoman aus meinem Rucksack, mit der anderen nehme ich mir den ersten Keks. Er ist süß, so angenehm süß, dass ich kurz glaube doch wieder richtigen Appetit zu entwickeln. Aber nein, leider gar nicht. Mama meint, das liegt wahrscheinlich am Ritalin. Mir ist es egal, woran es liegt. Ich will einfach nur, dass mir die Kekse wieder so gut schmecken wie beim ersten Mal.
Der zerkaute Keks beginnt, sich auf meiner Zunge aufzulösen, während ich zur nächsten Seite blättere und weiterlese. Und genau wie dieser Keks lösen sich meine negativen Gedanken auf, wie ich so da sitze und dem nachgehe, was ich liebe.
Nur dem Buch ist es zu verdanken, dass ich die Kekspackung leer mache. Ich brauche die Ablenkung.

Die Gurkenstücke, das ist wieder etwas anderes. Ich nehme eine der kleinen grünen Scheiben und tunke sie in das Salz, das Mama in ein separates Fach getan hat. Zu viel Salz, das gibt es nicht. Zumindest nicht bei Gurken.
Der erste Moment ist immer der schönste. Die Scheibe fühlt sich trocken an, durch das stundenlange Warten seit des Zuschneidens hat sie einiges an Feuchtigkeit verloren. Erst denke ich, es ist auch gar kein Salz daran. Aber dann beiße ich zu und spüre plötzlich doch die Wässrigkeit der Gurke. Sie war die ganze Zeit verborgen. Wie meine Gefühle. Niemand scheint sie wahrzunehmen. Wenn ich sie doch nur Anderen gegenüber aussprechen könnte…
Ein Salzkorn gibt ein Knirschen von sich, als ich draufbeiße und es in zwei Hälften teile. Das nächste nehme ich mir gezielt vor, fast schon auf aggressive Art und Weise. Ich bin wütend auf mich selbst und auf die Anderen.

Ein Lehrer kommt.
Hastig werfe ich das Buch in den Rucksack und packe meine Brotbox, die nie Brot enthält, weil ich das nicht mag, hinterher.
„Na, geh mal raus in die Pause“, sagt der Mann freundlich, aber bestimmt.
Ich weiß ich sollte ihn kennen, er unterrichtet mich. Aber ich bin nicht gut im Gesichter erkennen. Ich gucke Menschen auch nie in die Augen. Es gibt mir gar nichts. Ich weiß trotzdem nicht, was sie denken oder wie sie fühlen. Wie machen das andere bloß?
Ich nicke nur und werfe einen letzten Blick in meinen Rucksack. Die Essensmarken starren mich anklagend an. Fast bilde ich mir ein, Mamas enttäuschte Stimme zu hören. Du warst nicht essen?
Nein, ich kann nicht. Wie immer werde ich die Marken verstecken.
Das letzte Gurkenstück liegt schwer auf meiner Zunge, fast wie der Kloß in meinem Hals. Es ist feucht und salzig, wie die Tränen es wären, die ich gerade gerne weinen würde. Doch es gelingt mir nie, und so schultere ich einfach meinen Rucksack und gehe.

Was ich zu diesem Zeitpunkt weiß:
Ich bin irgendwie anders, ich fühle mich gar nicht wie ein ADHS-Kind. Davon gibt es hier doch viele, aber ich bin ganz anders.
Was zu diesem Zeitpunkt niemand weiß:
Ich bin Autistin. Und das wird man erst im Erwachsenenalter feststellen. Nach dem Mobbing. Der Schulangst. Den Depressionen. Dem Klinikaufenthalt.

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Wirsing scheint halt bei gleich mehreren eine bleibende Kindheitserinnerung hinterlassen zu haben (ich würde mich da nicht ausschließen, wobei meine Mutter das gnädig selten gemacht hat). :slight_smile:

Sicher! Papyrus Autor bietet sich an :slight_smile:

Indem er hier in genau diesem Thread landet. Einen Titel kannst Du doch nach Deinem gusto vergeben - wir freuen uns drauf!

Fisch in Essig

Donnerstags macht Omma Fisch. Immer. Wieso eigentlich nicht freitags? Egal. Ich bin noch voll klein. Kindergarten oder so. Mama hat eine Fischallergie. Das heißt, eigentlich ekelt sie sich nur vor Fisch. Krank wird sie davon nicht. Aber sie findet schon den Geruch so widerlich, dass uns kein Vieh aus dem Wasser ins Haus kommt. Wenn wir Fisch wollen, müssen wir zu Omma fahren. Und zwar donnerstags.

Die Fisch-Omma ist Papas Mutter. Da sind wir gerne. Nicht weil sie so nett ist – ist sie nicht. Sie jammert dauernd, nörgelt ununterbrochen am Oppa rum und findet Rex Gildo toll. Aber bei Omma gibt es sonntags Bobbes (das sind knallharte Teilchen von dem Bäcker unten im Haus mit gigantischen Streuseln obendrauf), einmal im Monat ein Fünfmarkstück für jeden, manchmal Sauerbraten, der immer angebrannt ist, aber wahrscheinlich deshalb so gut schmeckt - und eben donnerstags Fisch.

Anscheinend muss man für Fisch groß genug sein, denn Omma fragt mich jeden Donnerstag, ob ich was anderes will. Besonders wenn der Fisch in Essig ist – Rollmops oder eingelegter Brathering. Bei Essigfisch bekomme ich Eier im Glas. Auch wenn ich die Omma eigentlich nicht leiden kann, macht sie die allerallerbesten gekochten Eier. Das Weiße hart, das Gelbe flüssig und dann im Glas verrührt mit Salz. Ich liebe diese Eier so sehr, dass ich auch manchmal Fisch ohne Essig dafür stehen lasse.

Eigentlich esse ich nur Backfisch gerne. Oder gebratene Scholle mit Mayonnaise. Also alles mit Paniermehl drumrum und ohne Gräten.

Bei Omma ist es auch nie langweilig. Sie bewahrt mir immer die Papptabletts vom Kuchen auf, damit ich drauf malen kann. Dann haben meine Bilder direkt so einen schönen Rahmen. Ich male dann um die Fettflecken herum. Omma hat auch so einen spannenden Tischkorb aus goldenem Draht. Der sieht aus wie eine Königskrone, weshalb ich ihn immer aufsetzen will, was ich aber nicht darf. Denn das ist so ein Trick-Korb. Wenn man ihn leer macht und die Griff-Bügel zur Seite klappt, dann fällt der ganze Korb zu einer flachen Drahtschicht zusammen. Mein Bruder und ich klappen die Bügel besonders gerne auseinander, wenn der Korb voll ist. Klapp und alles fällt raus: Streichholzschachtel, Kopierstift (Was zur Hölle ist ein Kopierstift? Weiß ich bis heute nicht.), Riechstift (sieht aus wie ein Lippenstift aus Plastik mit einem Loch oben drin. Daraus riecht es doll nach Hustenbonbon. Mein Bruder und ich schieben uns das Ding immer fast bis ins Gehirn), Lesebrille, Gummibänder, Kupfermünzen und aller möglicher anderer Krempel.

Wenn wir den vollen Korb zusammenklappen, ist Omma immer total genervt und jammert mit ihrer weinerlichen Stimme „och neeeeeee!“
Ich verziehe mich dann unter dem Vorwand, Pipi zu müssen, ins Badezimmer. Da hat die Omma so breite Metallklammern für die Wellen in ihren grauen Haaren, mit denen man super Krokodil spielen kann. Die haben richtige spitze Zähne. Ich klemme mir die Klammern in die Haut am Arm und im Gesicht. Das prickelt eine Weile, bis es weh tut und dann sind lustige rote Punkte in der Haut. Wie Seeräubernarben.

Dann schnuppere ich an Oppas Speick-Seife. Die rieche ich gerne. Auch die kostbare runde Seife von Omma in der schönen schwarzen Schachtel duftet toll. Wir dürfen sie nicht aus dem Seidenpapier nehmen, denn die ist ganz teuer. Die hat Tante Uschi mal aus Spanien mitgebracht.

Vor dem Spiegel stehen lauter Fläschchen. Auch welche vom Oppa. Auf einem steht – ich kann schon ein bisschen lesen – Aftershave. Was ist das denn? After ist doch das Po-Loch! Wahrscheinlich Medizin für hinten unten. Alte Leute haben ja lauter eklige Krankheiten an fiesen Stellen. Omma hat zum Beispiel viele dünne, lilafarbene Adern an den Beinen und Oppa so ganz dicke gelbe Zehennägel. Sie haben künstliche Gebisse und tragen Brillen. Wobei ich nie verstehe, warum sie zum Essen die Zähne rausnehmen und zum Fernsehen die Brille absetzen. Jedenfalls lasse ich die After-Flasche stehen und rieche lieber nicht daran.

Das Badezimmer wird langweilig. Ich ziehe pro forma an der Klospülung mit der Kette. Wusch! Ich hätte zuhause auch gerne so eine Kette zum Abziehen, aber wir haben eine moderne Taste in der Wand.

Vom Bad gehe ich in die Küche. Die anderen sitzen im Wohnzimmer um den Esstisch. Ich habe die Küche für mich alleine. Da steht die dunkelgrüne Kanne. In der ist immer kalter Kaffee vom Frühstück, weil Oppa den gerne trinkt. Er trinkt ihn immer so, dass er die Tülle in den Mund nimmt und sich den Kaffee direkt aus der Kanne reinschüttet. Wenn Omma das sieht, dann schimpft sie mit ihrer hohen Jammerstimme „Och Kurt!!!“. Kurt lacht dann. Und wenn er schlechte Laune hat, dann sagt er: „Ach sei doch still!“.

Ich nehme die grüne Kanne und trinke kalten Kaffee direkt aus der Tülle. Schmeckt bitter, macht aber total Spaß. Die Küche ist ansonsten langweilig. Ich schlendere zurück ins warme Wohnzimmer. Zentralheizung gibt es hier nicht, aber einen Kohleofen. Der komische und konische Blecheimer, der daneben steht, heißt „Schütte“ und ich darf ihn nicht anfassen, weil ich mich dann mit Kohlenstaub einferkele. Einmal am Tag muss Oppa mit der Schütte in den Keller und Kohlen raufholen.

Oppa ist viel netter als Omma. Wenn wir mit ihm am Büdchen sind, dürfen wir uns immer ein teures Eis aussuchen. Nogger oder Cornetto. Aber nur, wenn wir der Omma nicht sagen, dass Oppa sich einen Flachmann gekauft hat. Die Omma schickt uns nämlich immer extra mit dem Oppa los zum Büdchen und fragt hinterher, was er gekauft hat. „Tabak und Eis für uns“ sagen wir dann scheinheilig und der Oppa zwinkert uns zu.

Oppa raucht selbstgedrehte und hat ein Zigarettenetui, das ist innen golden mit Gummibändern. Er breitet eine Zeitung als Unterlage vor sich aus und dreht sich zwölf Kippen, die er in das Etui steckt. Wenn er raucht, dann spuckt er immer die Tabakfäden aus, die dabei am Mund hängenbleiben. Dieses leise, trockene Spucken ist ein typisches Oppa-Geräusch.

Er spielt mit meinem Bruder Poker und lacht sich kaputt vor Freude, wenn er gegen den Achtjährigen gewinnt. Wenn im Fernsehen die Lottozahlen kommen, dann flucht und schimpft er, das wäre doch alles Betrug, solche Zahlen könnten doch kein Zufall sein. Er spielt jede Woche Lotto und schwärmt uns immer wieder davon vor, was er uns alles kaufen wird, wenn er gewinnt. Ein Haus und ein Fahrrad „mit allen Schikanen“.

Manchmal geht Oppa sonntags mit mir spazieren. Er hat schwarze Schuhe, die auf Hochglanz poliert sind. Sonntags müssen Schuhe immer ganz sauber sein. Er nimmt mich an seine große, warme Hand und wir spazieren zum Friedhof. Da zeigt er mir, welche seiner Kumpels alle schon tot sind. Wenn er einen kennt, der frisch gestorben ist, dann nimmt er mich mit in die Leichenhalle und zeigt mir den bleichen Erwin oder den dicken alten Bäcker und erzählt mir was aus deren Leben. Danach spazieren wir wieder nach Hause. Mit einem Zwischenstopp am Büdchen für Eis und Flachmann. Und mir ist natürlich vollkommen klar, dass ich der Omma auch nichts von der Leichenhalle erzählen darf.

Ich brauchte lange, um einzusehen, dass man Oma und Opa nicht mit Doppelkonsonanten schreibt. Und ich liebe immer noch Eier im Glas.

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Ich verspreche, die gucken nicht ab. Können die gar nicht. Aber du schreibst natürlich, wo und wie es für dich persönlich am besten ist.

Alle Beiträge, die in diesen Thread gepostet werden, gehören automatisch zu diesem Thema. Das nächste Thema bekommt einen eigenen Thread.

3 „Gefällt mir“

Ich vermisse meine Oma. Sie ist schon einige Jahre tot, aber noch immer denke ich an sie. Und nicht nur an sie als Mensch, sondern auch an das Essen, das sie zubereitet hat. Bouletten, Hackbraten, Roulade mit Gemüse und Kartoffeln. Unheimlich lecker, wenn auch das Gemüse immer etwas verkocht war. Wenn wir zum Essen in ihre Wohnung kamen, wehte uns stets der Geruch nach Omas Leibrezepten entgegen. Nie werde ich den Geschmack von gebuttertem Gemüse vergessen, der uns bei Oma erwartete. Zart und schmelzend und ein bisschen süßlich. Aber was Oma ganz besonders gut konnte, war backen. Ihr Käsekuchen hatte eine knusprige Kruste, aber der Kern war weich und süß, ihr Pflaumenkuchen wunderbar frisch. Das Allerbeste waren ihre Erdbeertörtchen. Ich liebe Erdbeeren und Erdbeeren auf knusprigem Törtchenboden mit einer dünnen Schicht Vanilepudding sind durch nichts zu toppen. Ach, Oma, du fehlst mir! Du und deine Erdbeertörtchen!

13 „Gefällt mir“

Dies ist ein Kapitel aus einem Thriller, an dem ich gerade arbeite.

„Ich hoffe, es gefällt dir hier.“ Der junge Mann sah seine Freundin erwartungsvoll an. „Um diesen Flecken Erde zu finden, habe ich lange gesucht!“
„Ja, es ist schön hier. Richtig idyllisch!“ Ohne zu wissen, wohin die Reise genau geht, war sie mit ihm auf dem Radweg an der Naab geradelt, hatte sie ihr Fahrrad zusammen mit seinem an einen Baum gekettet und war ihm auf einem schmalen Weg Richtung Fluss zu diesem schwer einsehbaren Flecken Erde gefolgt. Immerhin hatte er ihr empfohlen, wegen der Zeckengefahr eine lange Hosen anzuziehen, wobei ein Bikini darunter bei dem tollen Wetter nicht schaden könne. Auch um den Inhalt des Korbes, den er auf den Gepäckträger geschnallt hatte, und den des Rucksacks hatte er ein großes Geheimnis gemacht. Er sei durchaus allein in der Lage, ein feudales Picknick für Zwei zu organisieren.
„Diese Mulde ist ideal, um den Schampus zu kühlen.“ Er zog die Flasche aus dem Rucksack und legte sie ins Wasser, während sie die Decke, das einzige Teil, das sie zu diesem Event beisteuern durfte, auf dem Boden ausbreitete.
„Hast du Sonnencreme dabei?“, erkundigte sie sich, während sie sich Hose und Bluse entledigte, weil die Sonne hoch am Himmel stand.
„Selbstverständlich“, erwiderte er, „wenn ich dich eincremen soll, musst du es nur sagen.“
„Gerne. Und was hast du sonst alles eingepackt?“, wollte sie wissen, während er zärtlich die Lotion auf ihrem Rücken verteilte.
„Wie wär’s mit etwas Geduld?“, fragte er keck zurück. „Oder hast du etwa schon Hunger?“
„Ein wenig.“, erhielt er zur Antwort. „Ich hab mich beim Frühstück extra zurückgehalten, weil du sagtest, du wollest groß aufkochen.“
„Sagte ich das?“ Er grinste. „Dann können wir nur hoffen, dass du dich nicht verhört hast.“ Er öffnete den Deckel des Picknickkorbes. „Also hier sehe ich zwei Sektgläser, Pappteller, Servietten, Messer, Gabeln und ein paar Tupperdosen.“ Grinste seine Freundin frech an.
„Ja und? Mach sie auf!“
„Oder willst du am Klang erraten, was drin ist?“ Er nahm eine Dose und schüttelte sie. „Das klingt nach Trauben, Käse, Nüssen und Apfelsinenstücken. Mundgerecht zerkleinert und mit viel Liebe geschält.“
„Woher weißt du das?“, wollte sie daraufhin wissen.
„Der Fachmann hört das. Und hier …“ Er schnüffelte an einer Aludose. „das riecht nach Ente mit Reis.“
„Wow!“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Backe. „Nicht für deine Nase, sondern weil du dich richtig angestrengt hast!“
„Spielschulden sind nun mal Ehrenschulden“, antwortete er, bevor er aufsprang, um den Champagner zu holen. Die Gläser klirrten aneinander, anschließend fütterten sie sich gegenseitig, genossen sie die Ente und die Sonne. „Turnt es dich eigentlich an, beim Nachtisch erwischt zu werden?“, erkundigte er sich, nachdem sie eine Zeitlang händchenhaltend nebeneinander gelegen hatten. Er richtete sich auf, gab ihr erst einen Kuss auf den Mund, dann auf den Hals und zu guter Letzt auf die linke Brustwarze, wofür er das Oberteil ihres Bikinis für einen Moment nach unten zog.
„Sag mal?“, erwiderte sie mit gespielter Empörung. „Wer hat denn hier seine Wette verloren? Du oder ich? Streng dich beim nächsten Mal mehr an, dann darfst du dir was wünschen!“ Sie richtete sich auf, umklammerte ihre Knie und wandte ihren Kopf nach rechts. „Wobei euch Männern ja eh immer nur eines einfällt.“
„Das werden wir dann sehen“, erwiderte er. „Außerdem war es nur eine Frage. Ob es dich reizt, mal was Neues, Exotisches auszuprobieren.“ Liebevoll strich er ihr durch die Haare, küsste er ihre linke Schulter. „Der Kick liegt darin, dass unser Gehirn glaubt, erwischt zu werden. Obwohl wir hier garantiert nicht gestört werden.“
„Davon will ich mich erst überzeugen.“ Sie stand auf. „Nicht, dass auf einmal ein Kajakfahrer vorbeikommt. Oder ein Angler, weil hier die Fische gut beißen.“ Sie ging zum Fluss, sah nach links und rechts. Dann zu dem Trampelpfad, auf dem sie hergekommen waren. „Und auf Vogelkundler mit einem Fernglas kann ich ebenfalls verzichten, wenn du mir an die Wäsche gehst!“ Also ging sie noch auf die gegenüberliegende Seite.
Sah sich um.
Und schrie!
„Was ist los, Schatz?“ Ihr Freund rannte sofort zu ihr. „Bist du auf etwas getreten? Oder hat dich etwas gebissen?“ Doch auch sein Gesicht wurde aschfahl, als er sah, was sie entdeckt hatte. „Das Beste ist, wenn wir die Polizei rufen“, schlug er mit brüchiger Stimme vor. „Aber jetzt komm. Wir müssen uns das nicht ansehen.“ Immerhin war er noch in der Lage, sie in den Arm zu nehmen und zurück zu ihrer Decke zu führen.

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Ich stehe vor der Kerze zwischen den Blumen und schaue den Stein an, auf dem dein Name steht, als ich wieder fünf oder sechs Jahre alt bin.
Du kommst vom Feld, aus dem Arbeitsschuppen oder vom Kaninchenausmisten. Gekrümmt und leicht schlurfend.
„Junge, dein Schuh ist offen“, sagst du.
Deine Hand geht zu den Stufen herunter. Du stützt dich ab, lässt dich auf die Stufe neben mir sacken und legst deine großen Hände um meine Taille, um mich auf deinen Schoß zu setzen. Als du nach den Schnürsenkeln greifst, kratzt dein Bart über meine Wangen und dein Atem streift mein Gesicht. Er riecht nach Anstrengung, Erschöpfung und Kälte.
Als du aufstehst, sitzt mein Schuh so stramm, dass es schmerzt. Aber ich sage nichts.
Du schließt die Tür auf. Drinnen steht die Pfanne mitten auf dem Tisch. Ich kann es nicht sehen, aber ich weiß es, weil Bratkartoffeln und Speck den Flur erfüllen.
In der Küche schiebst du mich auf die Bank und setzt dich neben mich. Du nimmst ein Stück Brot, reißt es durch und drückst mir eine Hälfte in die Hand. Als du die Kartoffeln und den Speck in der Pfanne zur Seite schiebst, das Brot eintunkst und es sich vollsaugt, bis es glänzt, mache ich es dir nach.
Ich knie mich zwischen die Blumen und zünde die Kerze an.
„Danke, Opa.“

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Ich stehe mit roten Wangen vor der Haustüre. Meine Mutter schimpft mich von hinten, ich soll endlich den Finger von der Klingel nehmen, aber ich denke nicht daran. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt eine Gestalt durch den langen Flur entlang und öffnet lachend: „Du kannst jetzt aufhören, ich bin ja da.“

Meine Großmutter ist eine große Frau und mit ihren langen Armen umschlingt sie mich und herzt mich ganz doll. „Du wirst auch immer größer“, meint sie und lässt mich durch den Flur in die Wohnstube laufen.

Dort verziehe ich das Gesicht, der eklige Geruch vom Rosenkohl zieht durch die ganze Wohnung. Mein Opa sieht meinen Gesichtsausdruck und als ich ihm erzähle, was ich gerochen hatte, sagte er streng mir, dass die Oma schon seit 2 Tagen in der Küche gestanden hatte und ich mich nicht so anstellen soll.

Die Begrüßungen gehen weiter. Es ist ein Feiertag, an dem sich die Familie bei den älteren Herrschaften einfindet. Meine Tante meinte, die 2 Rosenköhlchen, die sie mir auf den Teller legen wird, soll ich einfach herunterschlucken, Bratensoße hinterher und dann wäre der Geschmack schon wieder weg. Ich ekelte mich noch mehr. Sie nahm mich an die Hand, führte mich in die kleine Küche, hob ein frisches Trockentuch von einer Schüssel hoch und ließ mich hineinschauen. Karamelpudding mit Sahnetupfen! Ich schmolz dahin.

Natürlich haben wir alle üppig gespeist, am allerbesten hat natürlich der selbstgemachte Pudding schmeckt…

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Hey, Larissa, Du schreibst Oma auch mit zwei „m“! :smiley: Ruhrgebiet?

Viele Grüße
Claudia

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Also sprach Sophie

Ein ewig währender weiß-goldener Strahl war die Quelle der unendlichen weisen Einheit, die später von den Menschen Weisheit genannt werden sollte. Im unendlichen Anfang lag alles verborgen, wonach sich der Mensch zugleich sehnte, aber was er andererseits bereits in sich trug.

Das Wesen des Anfangs sprach, nach einem Kuss auf die Stirn, mit Sophie.

„Liebe Sophie. Wir beide sind im Anfang unendlich geboren. Uns gab es schon immer und uns wird es immer geben. Ich möchte Dir meine Sehnsucht anvertrauen. Ich habe das Bedürfnis, meine, ja unsere Geschichte zu erzählen. Wir, die wir aus Liebe, Licht und dem Stoff unendlicher weißer Einheit sind. Ich liebe es, mit Wörtern umzugehen und zu spielen. Ich liebe, es Geschichten aus Liebe zu erzählen. Ich würde mir wünschen eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Ich möchte deshalb von Dir wissen, was Deine ganz eigene Sehnsucht ist.“

„Wonach sehnst Du Dich, Sophie?“

„Ich möchte Dir ein treuer und verlässlicher Partner sein. Ich möchte Dich nie verlassen. Und will immer bei Dir bleiben. Aber eines würde ich gerne tun. Ich würde gerne wahrnehmen, was es heißt zu lieben, und wie das Gefühl ist, die weiße Einheit nicht nur zu spüren, sondern auch zu entdecken. Ich will auch wissen, was die Bedeutung von Licht ist. Und ja, ich würde es auch gerne wissen, wie es ist dir zu begegnen, dich zu erkunden und zu lieben. All dies würde ich gerne tun.“

Das Wesen des Anfangs hörte aufmerksam zu. Es dauerte keinen Moment, bis er eine Idee hatte:

„Sophie, lass uns einen Raum aus schwarzen Wänden mit Lichtpunkten gestalten, in welchen sich Geschöpfe, die uns ähneln, erfahren und eine Melodie schreiben können. Ja, und lass uns selbst darin einen Platz finden. Wir werden selbst Teil des Schauspiels. Wir werden uns dort, in diesem Raum, den die Menschen einmal später das Universum nennen werden, finden dürfen. Wir verwahren unser offenes Geheimnis sicher in den Herzen der Menschen und wir beide werden stets Wache halten über unser Projekt. Gemeinsam mit den geschaffenen Wesen wollen wir uns daran erinnern, wer wir wirklich sind und uns auf eine Reise mit Hindernissen machen, die es erlaubt sich zu erfahren, und zugleich als ein Wesen des ganz eigenen Anfangs zu begreifen. Jeder wird gestalten können und seinen Teil dazu beitragen können, unser Herzensprojekt mitzugestalten. Das Projekt, welches darin besteht sich als Teil eines großen Ganzen zu erfahren. Die Wesen werden selbst lernen müssen, worauf es ankommt und was der Sinn hinter dem ganzen Plan ist. Dazu geben wir ihnen die Zeit.“

Das Wesen des Anfangs fuhr fort:

„Wir beide halten Wache im ewigen Anfang über das Projekt. Zugleich werden wir aber auch selbst Teil des Spiels. Wir werden uns finden dürfen im Projekt, das wir fortan Leben nennen.“

Sophie nickte bestätigend. Die beiden gaben sich einen bestimmten Kuss.

Es ging los.

Die Suche nach dem Urgericht begann.

Das Gericht, von dem die Menschen anfingen, besonders in ihrer Kindheit zu kosten. Und zu welchem der Schlüssel bereits in Ihnen lag.

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Ich mag besonders, wie die Erinnerung an den „ekligen Geruch“ durch zwei positive Erinnerungen („Großmutter herzt mich“ und „Karamelpudding“) eingerahmt wird.

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Ein perfekter Herbstabend

Mit einem Seufzer schließe ich die Wohnungstür hinter mir. Endlich Feierabend! Wie ein nasser Hund schüttel ich mich und hinterlasse mit meinem durchnässten Mantel eine Pfütze auf dem Holzboden. Draußen gießt es in Strömen. Ein typischer norddeutscher Herbstabend eben. Zeit für den gemütlichen Teil des Tages, auf den ich mich seit dem Aufstehen freue. Die Freitagabende im Oktober stehen bei uns unter einem ganz besonderen Motto. Halloween! Aber nicht in der spooky Art und Weise, wie man denken könnte. Nein wir probieren neue Köstlichkeiten aus. Diese werden dann bei Kerzenschein und einem Harry-Potter-Film zelebriert. Wie jedes Jahr beginnen wir heute mit „Harry Potter und der Stein der Weisen“. Unser absoluter Lieblingsfilm.
„Schatz, ich bin zu Hause“ rufe ich ausgelassen durch den Flur und sogleich schießt mir eine Filmszene aus Pleasantville durch den Kopf. Ein Grinsen legt sich auf mein vorher angespanntes Gesicht. Ich hätte nie gedacht, diesen Satz einmal genauso zu rufen. Meine Füße schlagen den Weg in die Küche ein, in der ich meine Frau in einem Topf rührend vorfinde. Gespannt sauge ich die Luft ein, wonach wird es wohl duften? Dunkel und doch süß zugleich schleicht sich mir das Aroma in die Nase. Heiße Schokolade! Und nicht irgendeine. Ich schließe die Augen und nehme die Gerüche weiter in mich auf. Mein Liebling hat weihnachtliche Gewürze hinzugefügt. So mischt sich der würzige Duft von Nelke und Kardamom mit dem schweren Aroma des Kakaos. Ich kann die dunkle Intensität bereits verführerisch auf der Zunge schmecken.
„Da bist du ja endlich“ strahlt mich meine Liebste an. „Unsere heiße Schokolade ist gleich fertig, schlägst du noch die Schlagsahne auf?“ bittet sie im nächsten Augenblick und ich nicke freudig. Gibt es etwas Leckereres als dampfenden, würzigen Kakao mit einem Berg von Sahne und Zimt obendrauf?
So bewaffnet schlendern wir kurz darauf in unser Wohnzimmer. Unermüdlich trommelt der Regen an die Fensterscheibe und ab und an ist das Pfeifen des Windes zu hören. Hier drinnen empfinde ich es jetzt als ungeheuer behaglich. Schnell noch die Kerzen angezündet und schon kuscheln wir uns mit den bauchigen Bechern gemütlich zwischen die Kissen des breiten Sofas.
Wie ich die Filmmelodie von Harry Potter liebe! Dazu nippe ich das erste Mal an der heißen Schokolade. Die cremige Zimtsahne verbindet sich auf meinen Lippen mit der schweren Würzigkeit des Kakaos. Weder zu süß, noch zu herb und dabei eine leicht scharfe Note. Für mich der Himmel auf Erden!

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Wie ein Schiff in weißen Nebelschwaden schwimmt das knackige Frankfurter im feinen Porzellanteller. Neben verkochten Brokkoliröschen, Karottenscheibchen, giftgrünen Erbsen und weißem Blumenkohl. Heißer Dampf und ein dezenter Geruch von Suppenwürze strömen in die Nase. Der Speichelfluss wird angeregt. Die Vorfreude steigt. Großvater streut Suppenwürze in seinen Teller, bevor er probiert. Bruder meckert, dass das Gemüse nicht gleich groß geschnitten ist, dennoch isst er brav. Großmutter bläst auf den Löffel, damit die Suppe nicht zu heiß ist. Mutter streckt die edle Brühe mit Milch, sodass sie schneller essen kann. Ja, die Gemüsesuppe mit Frankfurtern, die schmeckt uns allen gut.

:smiling_face_with_three_hearts: :two_hearts:

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Erinnerungen an ein Schweinetier

Eingeprägt hat sich das Verwerten und Verkochen der Bestandteile von der eigenen Sau vom ehemals mütterlichen Bauernhof, die zu seinen Lebzeiten natürlich extra gefüttert wurde mit allerlei Koch- und Essensresten der verwandten Bauernfamilie.
Mama war dann meist den ganzen Vormittag weg, erst später habe ich erfahren, dass es viel Arbeit ist, so ein Schwein zu zerlegen und auszunehmen. Wahrscheinlich auch kein netter Anblick für ein kleines Mädchen, wie ich es damals war, daher musste ich daheimbleiben.

Dann kam sie, die Mama, mit zwei oder drei Wäschekörben voll an zerlegtem, totem Schweinetier. Ein großer, hoher brauner Topf mit langen Henkeln an der Seite wurde auf den Herd gestellt. Ich, noch klein, durfte auf einem Schemel stehend zuschauen. Es wurden österreichische Köstlichkeiten, wie Grammeln, Leberknödel, Beuschel, Blunz´n, Hirn mit Ei – das gab es gleich zum Mittagessen, geröstete Leber zum Abendessen - und ein paar andere Innviertler Schmankerl gezaubert. Als Jausenfleisch gab es für längere Zeit gebackene Schweinsohren, die Haxerl vom Schweinderl und restliche, für mich als Kind undefinierbare Teile von der Sau. Papa hat das am meisten gemocht, mit frisch geriebenem Kren dazu. Meine Brüder und ich waren nicht so begeistert. Diese Brotzeit hielt sich aber sehr ausdauernd in der Speisekammer und jedes Mal, wenn ich dort etwas holte, lugten mir die Schweinshaxen und -Ohren entgegen.

Mama hat diese zeitaufreibende Arbeit immer mit Freude gemacht, Lieder summend und mir von früher erzählend, als sie noch auf dem großen Bauernhof lebte. Von der harten Zeit am Hof mit Erdäpfel klauben, Stallarbeit, heißen Sommern bei der Heuernte in langen Röcken – es hat sich ja damals nicht gehört, in kurzen Hosen und Trägershirts herum zu laufen. Von den harten Wintern, wo sie durch hohen Schnee zu Fuß in die Schule marschiert ist, ganz allein, über eine Stunde lang zur Schule hin und wieder eine Stunde lang von der Schule heim. Vorbei am bellenden Hofhund des Nachbarn, den sie so gefürchtet hat. Beschwert hat sie sich bis heute nie, ganz im Gegenteil, sie meint, sie hat dort viel gelernt. Zum Beispiel, wie man leckere Köstlichkeiten aus einer Sau zubereitet.

Ich habe einige Erinnerungen an meine Mama und das Kochen, vom Keksbacken mit Weihnachtsliedern im Hintergrund und Kerzenduft. Sie war stets gut gelaunt, hat gesungen dabei, jeder Handgriff passte, sie brauchte nie ein Kochbuch – was mich im Nachhinein betrachtet am meisten fasziniert. Alle Rezepte hatte sie im Kopf, würzen und abschmecken ging ihr leicht von der Hand und die Gerichte waren immer perfekt.

Es war Kochen mit Liebe, Freude und Geduld! Und diese Liebe geht bis heute durch den Magen, wenn sie an den Feiertagen für die ganze Familie kocht. Da fällt mir ein, heuer gibt es an Weihnachten Ente mit Reibeknödel, braunen Semmelknödeln aus dem Backrohr, herzhafter Soße und zahlreichen Gemüse- und Salatvariationen! Aber das wäre dann vielleicht eine nette Weihnachtsgeschichte.

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Mir ging das fast genauso. Ich durfte erst aufstehen, wenn ich fertig gegessen hatte. Das hat oft sehr lange gedauert und meine Mutter war sehr verärgert.

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Ich wollte auch ein Gedicht posten und dachte, ne, eine Geschichte ist gefragt. Da las ich deins und freu mich… Danke. Ist dir gut gelungen, und, ja: „morgen fängts von Neuem an“ :slight_smile:

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Ich muss nur die Augen schließen, dann sehe ich sie vor mir: Meine Oma, wie sie in ihrer geblümten Kittelschürze am alten Gasherd steht, und Grießbrei macht oder Arme Ritter. Oder Apfelmus mit viel Zimt und Zucker.
Ich schmecke das Quittengelee auf dem mit dick Butter bestrichenen Schwarzbrot.
Ich erinnere mich an die ersten Erdbeeren im Garten, die in der Sonne süß dufteten.
Und ich sehe die riesigen Blechkuchen vor mir, mit Pflaumen oder Äpfeln belegt. Und der Rhabarberkuchen erst, sehr lecker mit dem Eischnee oben drauf, das ich immer als erstes aufgegessen hatte.
Nicht zu vergessen die Wurstsuppe, die an einem Schlachttag in einem großen Kessel vor sich hinblubberte und ich die Hütchennudeln herausfischte die darin schwommen.
Kind müsste man wieder sein …

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