„Ruf die Polizei an!“, Richard’s Stimme wurde lauter, als er sich wiederholte. Dorothea, die im Flur wie angewurzelt dastand, erwachte aus ihrer Schockstarre und suchte hektisch ihr Telefon in ihrer Handtasche. Vor Nervosität fielen ihr ein paar Gegenstände aus der Tasche und kullerten auf den Boden. Richard verbarrikadierte die Tür, blieb aber dort stehen, um durch den Spion die Lage im Blick zu behalten. Wer war der Mann, der draußen am Weg lag? Hatte der junge Typ ihn bedroht? Warum hatte er dann nicht auf diesen gezielt? Tausend Fragen schwirrten in seinem Kopf herum. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die Polizei endlich eintraf. Der Tatort wurde abgeriegelt und immer mehr Einsatzkräfte versammelten sich im Vorgarten der Familie Berger. Die Spurensicherung begann draußen mit der Arbeit und Richard und Dorothea wurden von zwei Beamten interviewt. Nachdem er ihnen die Situation geschildert hatte, schnaubte der ältere der beiden Polizisten. „Jetzt haben wir diese Spinner auch schon in unserer Stadt, die breiten sich aus wie eine Krankheit“, sagte er mürrisch und mehr zu sich selbst. „Sie meinen?“, fragte seine Frau verwundert, die sich aktuell aus der Konversation zurückgehalten hatte. Der jüngere Beamte versuchte, eine Erklärung abzugeben, doch der Andere fiel ihm ins Wort. „Wissen Sie wir haben in unserem Job mit vielen Irren zu tun, deshalb werden wir uns jetzt wieder an die Arbeit machen“, er stand energisch auf und brachte seinen Kollegen mit einem strengen Blick zum Schweigen. „Melden Sie sich, wenn Ihnen noch etwas auffallen sollte“. Mit diesen Worten verabschiedete er sich und sein Partner stapfte ihm folgsam hinterher.
Dorothea nahm die Hand ihres Mannes, sah ihn mit besorgtem Blick an und fragte: „Meinst du die haben es auf uns abgesehen?“ Richard schüttelte den Kopf und seine Stimme wurde leise: „Nein ich glaube nicht, sonst gäbe es nicht offensichtlich schon mehrere Fälle, aber die versuchen das zu vertuschen.“ Richard erhob sich vom Küchentisch und ließ Dorothea alleine dort sitzen. Er stürmte in den Vorgarten, an der Leiche und dem Trubel vorbei und auf die Straße hinaus. Er brauchte frische Luft, um klar denken zu können. Misstrauisch sah er sich an der Straße um und lehnte sich dann an eines der Fahrzeuge an. Jetzt brauchte er erstmal eine Zigarette, der Gottesdienst würde für sie heute ausfallen. Plötzlich vernahm er Stimmen vor dem Fahrzeug, während etwas eingeladen wurde. Er belauschte unfreiwillig das Gespräch. „Hast du gehört? Die Opfer in den anderen Städten waren allesamt Pfarrer, dieser hier wahrscheinlich auch“, sagte eine raue Stimme. „Wirklich? Aber nicht von unserer Kirche hier, den kenne ich nämlich“, flüsterte eine hellere Stimme, die zu einer Frau gehörte. „Ja ich hab da interne Infos von Kollegen aus Mannheim, meinst du, das ist so eine religiöse Sache?“, fragte er. „Mhm ich weiß nicht, aber in die Luft gesprengt hat sich zumindest keiner, aber wer weiß…“, sagte die Frau, bevor die Seitentür des Wagens zugeschlagen wurde. Richard zuckte zusammen und bis er jemand bemerkte, dass er das Gespräch belauscht hatte, lief er mit seiner brennenden Zigarette zurück zum Haus. Er stolperte vor Aufregung über die Türschwelle, um dann auf einem kleinen Gegenstand im Flur auszurutschen. Er fluchte, derweil rutschte ihm sein Glimmstängel aus dem Mund und er landete auf seinem Hintern. Er hob den Übeltäter, der wie ein Lippenstift seiner Frau aussah, doch die Kappe war abgefallen und er bemerkte, dass es sich um einen USB-Stick handelte. Verwundert starrte er das getarnte Teil an und schob es dann in seine Hosentasche. „Dorothea“, rief er und richtete sich stöhnend auf. Er humpelte zur Küche und öffnete die Tür. Seine Frau beendete sofort ihr Telefonat und fuhr erschrocken zu ihm um. „Mit wem hast du gesprochen“, fragte er. Sie antwortete zu schnell und er ahnte, dass sie ihn anlog, ließ sich aber vorerst nichts anmerken. Er griff in seine Tasche, behielt sein Fundstück jedoch bei sich. Was zum Teufel passierte hier nur?