Ich schließe mich vielen der Meinungen an - Show don’t tell ist ein nettes Werkzeug, um die Texte lebendiger wirken zu lassen, kann einem aber auch ein Bein stellen, wenn man zu verkrampft versucht, es überall umzusetzen. Eine Zeit lang erging es mir so und irgendwann war ich einfach nur genervt davon. Manchmal will ich auch einfach etwas erzählen, weil es besser in den Kontext passt.
Ähnlich erging es mir, nachdem ich einen Ratgeber zum Thema Inquits las. Ich denke, ihr alle wisst, wovon ich spreche. Natürlich ist es schöner, möglichst wenige davon zu nutzen, aber ich habe teilweise so krampfhaft versucht, sie zu umgehen, dass meine Dialoge seltsam wurden. Vor allem, wenn mehr als zwei Personen miteinander sprechen. Wie oft sollen die Figuren denn ihre Stirnen runzeln, Gesichter verziehen, Achseln zucken und sich Blicke zuwerfen? Inquits sparsam einzusetzen mag der richtige Weg sein, sie komplett auszuradieren schränkt mich persönlich jedoch zu sehr ein.
„Ah, Inquits, gutes Stichwort“, prustete sie laut lachend los.
Das ist auch so ein Thema zum Köpfe-Einschlagen. Irgendwo habe ich mal gelesen, das mit dem Handwerk laufe so ab, dass man erst schreibt wie man will, dann vom Handwerk erfährt und sich daran hält und irgendwann der Punkt kommt, an dem man das hinter sich lässt und auf eigene Art tut (wobei die Grundwerkzeuge natürlich bleiben).
Es ist so etwas, wie das richtige Maß finden plus das individuelle Maß.
Aus gutem Grund gibt es diese Hinweise, denn mir fallen immer wieder Texte und Bücher auf, wo, trotz (von mir angenommenen) besseren Wissens, sich die Inquits in den Vordergrund drängeln und den Inhalt verderben.
Inquits sind wie Gewürze, die man richtig dosieren muss. Ich finde es verständlicherweise sinnvoll, in Ratgebern zu sagen, dass man bitte verzichten soll, überhaupt zu viele zu nehmen und nur bestimmte. Das vereinfacht die Anwendung auf simple Rezepte mit der richtigen Menge Salz. Ein gut gesalzener Text schmeckt schon mal wunderbar. Jedenfalls besser, als einer, der das ganze Gewürzzregal noch dazukippt.
Hier finde ich, die „Regel“ kann gar nicht dogmatisch genug sein, zum eigenen Besten der Autoren. Wenn man irgendwann das sparsame Salzen gelernt hat, merkt man, dass es nicht reicht und dann kann man nachlegen.
Damit mal zur Grundrichtung bestimmter Ratgeber: Anstatt mit unklaren Angaben zu verwirren, wird einfach eine Regel postuliert. Eine, die man ganz einfach nachmachen kann. Es wäre nicht hilfreich, würde man dort anmerken, dass man es vielleicht hier und da doch anders machen kann. Denn das würde die Leute davon abhalten, erst einmal das richtige Gespür dafür zu entwickeln. Die klare Linie würde wegfallen und das Ergebnis würde vielleicht nicht so viel besser aussehen.
Ich kann mir auch nicht erklären, wie man überhaupt auf die Anwendung vieler alternativer Inquits kommt (vor allem nicht, weil ich die früher auch im Übermaß genutzt habe). Das zeigt zumindest aber, dass man vom Bücherlesen schon mal kein Gespür für Inquits entwickelt, den meisten Kollegen geht es ja nicht anders.
Wenn man den Dreh heraus hat (bedeutet ja auch, mit der Zeit, dem Weiterschreiben, ein besseres Gefühl entwickelt zu haben), dann bekommt man es auch hin, an der einen oder anderen Stelle das passende alternative Wörtchen zu verwenden, die die Dialoge noch viel besser machen. Wahrscheinlich ist es auch so einfach, weil man weiß, dass die sich weiterentwickelnden Autoren automatisch über die Regel hinauswachsen werden, weswegen Relativierungen wenig Sinn machen.
Und genauso ist es mit dem Show don’t tell. Es ist doch hilfreicher, jemanden nicht zu verwirren und in die Komplexität und Wirkung von Erzählen, Erzählstimme, Zeigen einzuführen am Anfang, sondern mit gewissen, als dogmatisch gesehenen Schlagwörtern und einfacher Anwendung zu helfen, erst einmal grundlegend einen guten Text schreiben zu lernen.
Ich meine, vergleichen kann man ja immer oder austesten, was wie wo ankommt. Eine gewisse Distanz zu eigenen Texten muss so oder so irgendwann her, damit man etwas lernt.
Deswegen sollte man Ratgeber aber nicht verdammen, wie manche es hier tun, oder sie als Irreleitung betrachten.
Weil es möglicherweise eine Hauptfigur ist oder gerade etwas Wichtiges stattfindet. Oder weil es sich anders einfach besser liest und man (Leser) sich mehr drunter vorstellen kann.
‚Mike wirkte wütend, als er sich beim Koch über das Essen beschwerte.‘
eine Möglichkeit. Oder aber: „Verdammt noch mal, das sollte ein Steak werden und keine Schuhsohle. Wann lernst du endlich, wie mans richtig macht?“
Was ist jetzt richtig? Beides. Es kommt drauf an, wie wichtig es ist, das muss man (Autor) immer aus dem Kontext entscheiden.
Wichtig ist, dass man beides braucht, nur show ist genauso tödlich wie nur tell.
Das gilt nicht nur hier sondern für alle Regeln.
Die Kunst ist, dass man eben nicht verkrampft versucht, irgendwas hinzubiegen, sondern dass man fühlt, wie es am passendsten ist, welche Form, welches Inquit wie viele Adjektive sich an genau dieser Stelle am besten lesen.
Dieses Gefühl ist ganz wenigen Menschen von Haus aus gegeben (die können sich die Ratgeber sparen), viele haben es bereits zum Teil (die müssen üben und dazulernen, also wir alle hier) und einige haben es gar nicht (die werden in den meisten Fällen keine Geschichten schreiben, sondern lieber irgendwas anderes machen).
Das Problem gerade beim Schreiben könnte darin bestehen, dass der Kurs nicht voll wird, wenn der Dozent die Maßstäbe anlegt, die es bräuchte, um einen Roman z.B. bei einem Verlag zu veröffentlichen. Ich war schon in mehreren Schreibkursen und wäre oft am liebsten rückwärts wieder rausgegangen. Kritik war nicht erwünscht. Aber ohne Kritik kann man sich nicht weiterentwickeln.
Ich bin froh, dass es Schreibratgeber gibt. Ich habe sehr viel aus ihnen gelernt. Irgendwann kommt der Punkt, an dem ich meine, die Ratschläge verinnerlicht zu haben. Ich meine, wenn ich eine Sprache fleißig und ausdauernd lerne, brauche ich irgendwann auch keine Lehrbücher mehr. Aber ganz ohne Lehrbücher hätte ich die Sprache auch nicht lernen können oder mögen.
Bei dem ersten Beispiel würde ich das trotzdem noch etwas ausschmücken. Vielleicht beschreibt ihn ein Ich-Erzähler, der sich außer Hörweite befindet: Mike wirkte wütend, als er auf den Koch einredete und mit den Armen in der Luft herumfuchtelte. Leider konnte ich durch die Glasscheibe kein Wort verstehen.
Aus meiner Sicht ist diese Miniszene durch die unvollständige Wahrnehmung des Erzählers noch etwas spannender geworden.
Inflationär, da stimme ich voll zu. Ansonsten stammt kreativ ja von kreieren, also erschaffen. Wenn ich einen Text schreibe, erschaffe ich etwas, bin also kreativ (insofern ich nicht nur journalistisch oder wissenschaftlich herangehe)
Literarisches eher nicht. Aber jemand kann lernen, gute Bilder zu malen, die gefallen, wird aber deswegen noch kein Rubens, Picasso oder Kandinsky. Trotzdem hängen nicht in jeder Wohnung Bilder von den genannten. Vielmehr Wandtattoos, Katzenfotos oder heimelige Dorflandschaften.
Das ist dann halt Geschmack und Vorliebe, und da ist jeder anders. Wäre doch schade, wenn wir nur literarische Bücher hätten. Viele würden nicht mehr lesen, weil das nicht jeden abholt. Ich lese übrigens gern verschiedenes: Weltliteratur/Klassiker, Unterhaltungsromane, Spannung, Gegenwartsliteratur. Je nachdem …
Schon deswegen würde ich diese beiden Welten nicht so gegeneinander aufwiegen. Und einen packenden, gut lesbaren Roman mit tollen Bildern und dreidimensionalen Figuren sowie Wendungen und super Ende … das ist auch Kunst! Das schreibe erst einmal.
Talent, Intuition, Handwerk, Übung inkl. Blut, Schweiß und Tränen
Diese Bücher gibt es, ja. Ich unterstelle dir mal, dass du damit nicht alle gemeint hast, ansonsten lies dir meinen Post noch einmal durch.
Aber mit Talent allein kann noch keiner schreiben.
Da hast du gestern diese … schwerblütige Frage gestellt, was denn nun eigentlich „wirkliche Kunst“ sei - und dann sagst du es hier so schön selbst, dass ich ganz entzückt bin …
Ja! Verkrampft - oder hysterisch - ob vermeintlicher „Regel“-Verletzungen darf niemand aufs Eigene schauen, dann sollte sie oder er lieber Briefmarken zu sammeln anfangen, statt sich literarischen Ambitionen zu weihen!
Du sagst es sehr präzise: Wer nicht fühlt, was hier oder da passt oder eher nicht, dem kann niemand und nichts helfen im Schreibprozess: Meine Wenigkeit hatte das gestern mit dem Begriff der Intuition auf den Punkt zu bringen versucht - samt entsprechernder ÜBUNGEN (was nicht heißt: „Lernen“). Die Übung sehe ich hier als etwas fast schon Meditatives, verschwistert mit mimetischen Vorgängen, die immer auch Unsagbares an sich tragen, also nie und nimmer „auf den Punkt gebracht“ werden könnten, sondern einfach … sind wie sie sind …
Weshalb ich auch dafür plädiere, viel zu lesen in den Werken der großen Meister/innen: Denn die o.g. Mimesis lässt dabei, soweit dafür ein Sensorium existiert, ihr stilles, magisches Walten sinnfällig werden. Der Begriff kann ja u.a. mit ‚Anschmiegen‘, ‚sich in etwas einfühlen‘, auch ‚im erspürten Rhythmus mitgehen/schwingen‘ usw. usf. übersetzt werden. Was dabei vorgeht, nenne ich gern ‚Intuition‘. Letztlich ist das etwas „plötzlich und unvermittelt Hervorbrechendes“, das sich eben nicht aus analytischen Praktiken ergibt (also KEINEM Ratgeber je abdestilliert werden könnte), sondern einem sich „Anschmiegen“ entspringt, das auch mit „Sich-gehenlassen“, „Loslassen“ verbunden ist.
Übrigens ist Intuition keine allein ästhstische Weise des „etwas Kreierens“: Knallharte Logiker und Naturwissenschaftler wie Kurt Gödel und Einstein (es ließen sich mehr nennen) hielten hohe Stücke auf sie. Der Erstere etwa glaubte, dass seine fatalen Unvollständigkeitssätze, die Hilberts großes Programm zerschmetterten, irgendwann womöglich noch von einer mathematischen Intuition würden konterkariert werden können …
Letztlich kulminiert für meine Wenigkeit, diese Dinge betreffend, alles in dem zauberischen Satz über Kunst von Adorno (aus den Minima Moralia):
Kunst ist Magie, befreit von der Lüge Wahrheit zu sein.
Eine zutreffendere Definition von Kunst ist mir nicht geläufig! Und für mich kulminiert sie in der Verabschiedung von Geltungsansprüchen auf Wahrheit, die ja auch tatsächlich rein gar nichts im ästhstischen Prozess verloren haben. Weil dort, wo ein Nichtidentisches das Wesen mitbestimmt, kann ja nicht im Ernst von ‚Wahrheit‘ oder ‚Richtigkeit‘ die Rede sein, weil davon rein intellektuell konfigurierte Zustände betroffen sind.
Wenn aber das GEFÜHL (Gefühle sind per se und per definitionem nicht wahrheitsfähig) irreduzibel ist in der Kunst, dann kann, was sich unter ihrem signum ZEIGT, auch nicht auf Wahrheit getrimmt werden, dann jedoch genauswenig auf Analyzität. - And that’s the point!
Ich verwende eine Menge Inquits und Adjektive, ist mir aber vollkommen egal, weil die Rezensionen auf zB Amazon was den Stil angeht, durchweg positiv sind. Das ist halt meine Autorenstimme. Und solange ich und die lieben Kunden damit zufrieden sind, seh ich keinen Grund, etwas zu ändern.
Für mich ist der Lesefluss am Wichtigsten. Ich bau auch manchmal extra Füllwörter rein, wenn ich der Meinung bin, dass sich die jeweilige Passage dadurch flüssiger oder besser lesen lässt.
Um mal auf die Überschrift des Threads „Schreibratgeber und Regeln - hilfreich oder dogmatisch?“ konkret zurückzukommen:
Beides. Es kommt darauf an, wie du damit umgehst. Siehst du es als neues Wissen, das dir bisher unbekannt war oder worauf du nicht geachtet hast oder als Offenbarung, die du jetzt sklavisch umzusetzen versuchst?
Spontan fiel mir dazu der Roman „Der Renner“ von Tom Sharpe ein. Darin geht es u. a. um einen Literaturagenten, der jedes Jahr regelmäßig von einem Autor die gleiche Geschichte bekommt. Nur jedes Mal hat er versucht einen anderen großen Autor zu kopieren und jeweils den Stil seines Vorbilds eins zu eins übernommen. Die langweilige Kindheit in einem englischen Vorort in einer Imitation von Thomas Mann, dann James Joyce, etc. Mit erwartbarem Ergebnis.
Ich denke, mit Schreibratgebern verhält es sich ähnlich wie beim Kochen. Als Anfänger und bei einem neuen Gericht ist es sicher sinnvoll, sich genau an das Rezept zu halten, aber mit zunehmender Sicherheit wiegt man auch nicht mehr jedes Gramm Salz ab. Als ich Oma damals ein paar meiner Lieblingsrezepte entlocken wollte, hat sie mich bei Rückfragen immer wieder verständnislos angeschaut und gesagt: „Das hat man im Gefühl“. Hat mich damals wahnsinnig gemacht, aber heute (nach einigen kulinarischen Enttäuschungen) mach ich es genauso.
Zu der Frage: Kann lit. Schreiben erlernt werden (meine Antwort ist ja klarerweise: nein!):
Reines Gefallen-Wollen ist natürlich ein durchaus respektables Motiv, sich ans Schreiben zu machen; allerdings ergibt sich daraus höchstens die „halbe Miete“ für „richtige Kunst“. Das kann schon der KdU Immanuel Kants sehr nachvollziehbar entnommen werden. Er macht dort u.a. geltend, dass ästhetischen Prozessen ein sog. „interesseloses Wohlgefallen“ anhafte, das nun aber freilich bei genauerer Betrachtung nicht in „bloßem Wohlgefallen“ aufgeht i.S. einer „Gemütsregung“ aufgeht, die sich an etwas Wohlgefälligen weidet. Denken wir dazu etwa an die berüchtigten „Röhrenden Hirsche“ vom Ende des 19. Jhd. und ähnliche Elaborate samt ihren aktuellen Pendants aus den Fabrikhallen des kuturindustriellen Komplexes, der natürlich gerade auch im Bereich von Lesestoff auf reinem Unterhaltungsniveau in Kombination mit „Kohlemachen“ operiert: Ergo absolut nichts mit „richtiger Kunst/Literatur“ zu schaffen hat.
Ich oute mich mal als Vertreterin einer Rezeptionsästhetik. Das heißt mal sehr verkürzend gesagt: Für RezÄsth gibt es nicht DAS Kunstwerk als vorfindliches Objekt, welches sich z.B. in Form eines Gemäldes im Museum fände oder als Roman in einer Buchhandlung oder Bib. - Vielmehr gegen RezÄsth davon aus, dass sich ein Kunstwerk nur im Prozess einer Rezeption durch entsprechende SUBJEKTE konstituiert, wobei freilich dem materialen Stoff, der dabei rezipiert wird, ein paar strukturelle Merkmale eignen, die über bloße Materieansammlung hinausgehen (sonst würde eine jegliche ästh. motivierte Rezeptionsanstrengung ins Leere fallen).
Die andere Seite dieser Medaille wird davon graviert, dass demzufolge in einem Haufen Papier mit druckerscharze auf den Seiten NICHT schon der Zauberberg von Thomas Mann … „anwest“, sondern DiESER Roman - also das diesen Namen tragende Kunstwerk - konstituiert sich erst dann, WENN eine Rezipientin TATSÄCHLICH darin liest!
Heißt im Klartext: Der Autor eines Romans oder die Malerin eines Bilds kreieren das je inkriminierte Werk (i.S. eines ÄSTHETISCHEN Gegenstands) nicht allein, sondern es entsteht immer erst im Moment einer akut erfolgenden Rezeption; und zwar JE EINZIGARTIG, da es per se keine miteinander identischen zwei, geschweige noch mehr, IDENTISCHE Rezeptionen geben kann. Denn die Rezeption entfaltet STETS irreduzibel ein gänglich subjektives Moment, also etwas streng nicht Verallgemeinerbares.
Du kannst dir daran u.a. klarmachen, was oben mit Kant kurz angedeutet wurde und etwa bei Adorno im Wort vom Rätselcharakter der Kunst und ihrer Magie ganz zu sich selbst kommt. - Mit Umberto dazu noch ausgedrückt: Ein Kunstwerk ist UNERSCHÖPFLICH, also OFFEN. Es fügt sich keiner Interpretation, Sondern dabei „geht es immer weiter“ bis ins Unendliche. Das ist dem Nichtidentischen daran geschuldet. Weshalb Kunst sich von „bloß gefallenwollender Unterhaltung“ FUNDAMENTAL unterscheidet: Nämlich darin, nicht lediglich gefallen zu wollen (manche Kunstwerke stinken ja sogar explizit dagegen an!), sondern das inhärente RÄTSEL daran zu perpetuieren. Weshalb „wirkliche Kunst“ im Ggs. zu Unterhaltung (die sich manchmal als Kunst oder Literatur zu tarnen versucht) und Kitsch NIE vergeht. Authentische Kunst ist mithin ZEITLOS …
Du schreibst nun, ich solle diese beiden Welten, die der authentischen Literatur/Kunst hier und jene, welche von der Kulturindustrie (KuI) zuzwecken von Unterhaltung und Geldmacherei fabriziert wird, dort, „nicht so gegeneinander aufwiegen“. Das geht aus meinem gerade ein klein wenig explizierten Blickwinkel auf diese Belange allerdings nicht, weil diese KATEGORIALE Differenz eben existiert!
Nichts, was KuI fabriziert, ist zeitlos oder ästhetische Erfahrungen evozierend, Nichtidentisches SICH ZEIGEN lassend. Sondern es handelt sich dabei um OBJEKTE für BESTIMMTE INGEBRAUCHNAHMEN. Wenn ich bspw. einen Krimi (der Durchscnittsklasse, wie sie die Welt überschwemmt; auch im sog. Bestseller-Status) lesen möchte, so greife ich mir einen, etwa von Reginald Hill, den ich mag; und schmökere ihn durch, ohne danach je wieder zu berühren. Und so gehen alle mit den Fabrikaten der KuI um: Letztlich ist es „Wegwerfware“, halt überhaupt Ware und damit eben gerade NICHT Kunst!
Zwar gibt es auch einige Krimis, die über diese Niveau hinauskommen - aber das sind wenige. Das Krimiformat ist ein TYPISCHES Format der KuI und deshalb bestens für Unterhaltung geeignet, genauso wie bstimmte Arten von Liebesromanen und ähnlichen Elaboraten. Niemand, der sie in die Hand nimmt, erwartet „hohen Anspruch“, stilistische Brillanz und die Aussicht auf ÄSTHETISCHE ERFAHRUNG dabei. Es sind Gebrauchsgegenstände - keine ästhstischen!
Womöglich gibt es Ratgeber, die jemanden, der sich aufs Schreiben von solchen Produkten verlegt, optimal aif diesen … JOB vorbereiten. DAS läßt sich jedenfalls meinem Dafürhalten nach durchaus erlernen.
Aber nicht das „ANDERE“ Paradigma. Bei dem ist eben auch Intuition, feines Stilgefühl, fiktionale Kompetenz usw. gefragt, kurz alles, was für ästhetische Erfahrung, in Kreation und Rezeption gleichermaßen, erforderlich ist
Ich hoffe, damit den Unterschied, der mir sehr beträchtlich scheint, etwas verdeutlicht zu haben.
Ja OK, ich verstehe deinen Kunstbegriff.
Kitsch scheint aber auch nie zu vergehen, oder?
Aber ab wann kann das „festlegen“? Könnte nicht auch etwas 1000 Jahres altes irgendwann in einem Loch versinken?
Oder meinst du, dass dem Kunstwerk eine Zeitlosigkeit innewohnt, bspw. durch eine unbestechliche Wahrheit und Ästhetik, die keinen braucht, der das irgendwie „bestätigt“? Würde das nicht dem nötigen Rezipenten widersprechen?
Hier möchte ich aber noch einmal auf den Zweck von Unterhaltung kommen: Gefühle erleben. Mal braucht man Adrenalin, mal Romantik oder einfach ganz abschalten und den Alltag vergessen oder in fremde Welten reisen. Das klingt für dich jetzt vielleicht alles primitiv, aber die Autorin muss ja Fähigkeiten mitbringen, mit dem sie diese Effekte erreichen kann, da sie sich ja an jemanden wendet und nicht nur für sich ist.
Gleichzeitig übersetzt sie ihre Bilder und Gefühle in Worte, die wiederum Bilder und Gefühle bei den Lesern auslösen. Zudem sage ich mal, dass ich keine so strikte Trennung zwischen Unterhaltungsroman und Literatur sehe, schließlich gibt es die Werke dazwischen. Ansonsten müsste man Kunst ja per se als völlig unzugänglich definieren. Ich sehe das mehr als ein Spektrum, wobei natürlich die Massenware überwiegt, sonst hieße sie nicht so.
Sonst würden mich die Kriterien interessieren, mit denen man ein Buch ganz deutlich von Literatur nach Unterhaltung katapultieren könnte.
Ach doch, ich suche danach! Wirklich. Manchmal finde etwas. Ich bin halt langsam „verwöhnt“. Trotzdem mag ich es, wenn die Sätze so aufgebaut sind (selbst wenn sie 100 Wörter haben), dass ich nicht 5 mal anfangen muss, um den Inhalt zu erfassen.
Deswegen glaube ich an das Spektrum, weniger an die strikten Kategorien.
Aber so oder so: wirklich vielen Dank für deine Einblicke und Erklärungen, ich finde sie sehr anregend!
Dazu ergänzend: Allerdings nur, wenn man den guten Text ebenfalls liest. Und wer am Anfang steht und nicht weiß, was (für ihn) gut oder schlecht ist, muss eben entsprechend viel lesen.
Der Überlegung, man könne keinerlei Handwerk des literarischen Schreibens lernen, möchte ich ein wenig widersprechen.
So findet man in Fritz Gessings Kreativ schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens eine Reihe von klassischen Werken, die er erwähnt, wenn er über - ja über was? - eigentlich alles Mögliche rund ums Schreiben spricht, dicht zusammenpresst auf ca. 450 Seiten.
Shakespeare, Meville, Thomas Mann (ja besonders der) tauchen da auf.
Speziell beim Thema Charakterexposition analysiert er auf andere Art als die Ratgeber, die wir kennen (Bitte keine Spiegelszene, zeigt die Person in Aktion o.ä.).
Er unterscheidet wie der Charakter direkt vorgestellt werden kann, durch Haltung und die Umgebung, durch Milieu, Schauplatz, Verhalten und Fremdkommentar, durch szenische Darstellung, durch Doppelcharakterisierung und einiges mehr.
Dabei analysiert er in einer Variante bspw. kurz den Einstieg in einem Thomas-Mann-Roman und erklärt, wie das dort gemacht worden ist. Woanders habe ich solche Vergleiche noch nicht gesehen, vor allem nicht so viele verschiedene Varianten auf komprimierten Raum.
Er sagt auch nicht, wie ich das machen soll oder dass ich das überhaupt so tun soll, sondern zeigt nur, wie andere das gemacht haben. Damit kann man einen neuen Blick darauf bekommen, wie man selbst solche Werke untersuchen könnte.
(Im Gegensatz zum Deutschunterricht, wo bei mir eigentlich nur Kafka und das schwierige Verhältnis zu seinem Vater hängengeblieben ist).
Trotzdem bleibt er nicht ausschließlich dort, sondern hat auch Tolkien, Rowling und 50 Shades of Grey genauso parat wie Verweise auf Filme und Serien.
Finde ich gut, dass ein Germanist mal so einen Spagat gemacht hat und einen mittelleicht zu konsumierenden Schreibratgeber schuf.
Ich habe gerade mal etwas recherchiert zu diesem Buch und bin geneigt, es anzuschaffen. Mich interessiert, wie Gessing mit bestimmten Themen umgeht und was er am Ende als Handwerk, also erlernbar am lit. Schreiben, ansieht … und was nicht.
Nach dem, was ich dazu auf die Schnelle gefunden habe, hebt sich Gessings Buch wohl sehr angenehm von vielerlei Ratgebern ab, in die ich hin und wieder geguckt und stets von Neuem für „wenig hilfreich“ gehalten habe.
Ich danke dir sehr für diesen Tip. Ich werde das Buch anschaffen. Womöglich bringt es mich ja als „Erstes Exepmlar der Gattung“ von meiner bisher gepflegten Reserve gegen solche „Ratgeber“ ab. Es gibt m.E. sowieso (beinahe) nichts Besseres, als von eines Vorurteil durch Gegenteilserweis geheilt zu werden. Dadurch wird man ja schlauer … ggf. auch kreativer …
Vom Prinzip her ist das richtig. Die Differenz beim Lesen von schlechten und guten Büchern liegt für mich darin, dass der Deckel bei den Ersteren halt schnell wieder zufällt; denn ich sehe keinen Grund, warum es sinnvoll sein könnte, so 'ne Schwarte durchzupauken.
Das ist ja bei den qualitätsvollen Büchern ganz anders: Bspw. lese ich auch sog. „Große Autor/innen“, die mir persönlich nicht so „gefallen“, sei’s nun vom Thema her, sei’s den Stil betreffend usw. - Was damit zu tun hat, dass es ja auch ohne „Gefallen“ so manches an ihnen zu studieren gibt …
Wird vielleicht viel drin sein, was dich erst mal nicht so anspricht, aber einen Gesamtüberblick über die Fülle des Themas gibt es ganz gut. Finde ich auch lohnenswert, weil bei mir es komischerweise manchmal so, dass wenn ich etwas über eine Technik lese, habe ich plötzlich Ideen.
Manchmal kann auch so eingeballter Block an Info kleine Puzzleteilchen und Erkenntnisse liefern.
Nichts davon klingt für mich da primitiv. Ich sehe es nichts anders.
Im Übrigen gibt’s schon Autoren, die zuvörderst v.a. einmal „für sich“ schreiben. Nicht zu wenig sogar. Denn eines leuchtet mir ein: Der allzusehr fixierte Blick auf die Anerkenntnis der Anderen, egal ob aus finanziellen oder "Ruhmes"gründen etc., korrumpiert ihn zugleich. Das zeigen ja unzählige Trittbrettfahrer-Stories und ähnlich Phänomene - das ist halt eine jener bitteren Pillen der Dominanz des kulturindustriellen Sektors! Noch der zehnte Aufguß von der hundertsten Wiederholung wird auf die Märkte geschwemmt … immer die gleiche Sülze in der immer gleich stupiden tonality.
Das Fatale daran ist ja: So wird schon im Keim erstickt (also durch die bloße Masse dieser abstumpfenden Elaborate), nämlich bereits in Kindertagen durch entsprechende Bwerieselung und Zuschüttung mit miesem Stoff, dass sich überhaupt ein Vermögen zu ästhetischer Erfahrung ausbilden kann. Die Folgen sind verheerend! Und deshalb reüssiert auch das Mediokre bis stark Unterdurchschnittliche mehr und mehr. - Wenn immer weniger Menschen überhaupt nich imstande sind, etwa einen Roman von Thomas Mann oder Ingeborg Bachmanns Gedichte oder 'ne Erzählung von Peter Handke zu rezipieren, so geht das Bedürfnis nach solcher Literatur irgendwenn gänzlich in den Keller … und dann wird es immer weniger Nachfolger dieser Autor/inn/en geben.
Wobei es niemals aufhören wird: Nur ist’s dann halt wieder ein Privileg der Intellektuellen, so etwas zu rezipieren, während sich die (sozusagen "ästhetisch regredierte) Meute mit BallaBalla zudröhnt. - Bis dann irgendwann ein neuerliche Umschlag eintritt und ein neuer Kreislauf beginnt. Das ist in der Geschichte schließlich alles schon passiert …
Ich habe ja meine Meinung zur allzu dogmatischen Schreibtipps in einem, oder dem Thread auf den du anspielst schon durchsickern lassen.
Meines Erachtens ist das wichtigste, zu verstehen, was diese Tipps eigentlich meinen, bzw. im Fall von show & tell, was man damit jeweils bewirkt.
Beispiel anhand show & tell:
Ich glaube, hier sehe ich es ähnlich wie du. Bei diesen beiden muss man als Autor vor allen Dingen wissen, was sie bewirken, bzw. wie man sie einsetzt.
Die Schreibtechnikerin, auf die ich in einem der Threads verwiesen hatte, erklärt das anhand eines Baums. Aber wenn wir dein Beispiel nehmen.
Bei „Svens Herz schlug schneller, seine Hände wurden feucht.“ weiß man genau, wie es aussieht, dass er Angst hat. Das Kopfkino, wie Yoros (und Co.), gerade von mir gebookmark-ter, Blog es nennt, im Kopf des Lesers läuft (in etwa) so ab, wie das des Autors.
Bei „Sven hatte Angst.“ setzt der Leser stattdessen seine Vorstellung davon ein, wie es aussieht, wenn jemand Angst hat.
Das ist eigentlich das, was man meines Erachtens als Autor wissen bzw. verstehen muss (leichter getan als gesagt ). Dann kommt man nicht auf den Gedanken, jeden Mist zu beschreiben, aber denkt (hoffentlich) daran, das zu beschreiben worauf es ankommt.
Während des ersten Entwurfs verdränge ich Schreibregeln/tipps so weit wie ich kann. Ich versuche immer, der Perspektive einer Figur zu folgen. Daher sollte es in der Theorie eigentlich nicht passieren, dass ich zum Beispiel die Emotionen einer Nebenfigur mit tell beschreibe, weil meine Perspektivfigur das ja gar nicht wissen kann. Vermutlich mach ich da auch massenhaft Fehler.
Beim Überarbeiten schaue ich mir die Schreibregeln/tipps aber an, ebenso wie die Papyrus Stil- und die Lesbarkeitsanalyse. Ich versuche da etwas herauszuziehen, vor allem, wenn der Text irgendwie hakt.
Adjektivitis: Um das Problem wissend, versuche ich eigentlich stets wachsam, überflüssige Adjektive und nervige Adverbien bestmöglich und zugleich gründlich zu vermeiden.
Klappt nur nicht immer.
Was ist eigentlich mit Erklärbär-Syndrom konkret gemeint?