Eine Antwort blieb Francis ihr schuldig, denn lautes Gezeter kam hinter ihnen auf, weshalb er sich umdrehte, einen jammernden Bediensteten, mit wedelnden Händen durch den Torbogen kommen sah – scheinbar mit dringender Nachricht, der jeh von Kapitän Morgan mit einem verächtlichen Blick zur Seite gestoßen wurde, dieser Lakai war ihm sichtlich zu wider: „Lord Fulton, wir müssen reden. Es gibt Neuigkeiten, die keinen Aufschub dulden!“
“Großvater”, keuchte Charlotte mit aufgerissenem Augen. “Wie siehst du denn aus!”
“Cut!”, dröhnte Alan Smithee, “Maske: Charlottes Stirn pudern. Francis: Armbanduhr ablegen. ‘Monate der Sehnsucht’, Staffel 34, Folge 19, Szene 12, Aufnahme 2: Action!”
Die besorgte Miene auf dem Gesicht ihres Großvaters gefiel ihr gar nicht. “Euer Diener Antoine macht gemeinsame Sache mit Don Pedro. Und diese Hure. Wie hieß sie doch gleich?” Er legte sie Stirn in Falten. “Geraldine”, sagte Warlock, der hinter seinem Großvater auftauchte.
Charlotte krallte sich in Francis Arm. “Warlock, du solltest nicht hier sein!”
„Und schmeiß’ mal einer den Regisseur raus. Diese Telenovela lassen wir uns nicht vermiesen.“ :D:p:ROFL:
“Doch, Schwesterchen. Wenn du unserem Großvater nur einen Augenblick Zeit geben würdest zu erklären, wirst du dich vielleicht sogar freuen mich zu sehen.”, erwiderte Warlock und bedeutete Francis, der Anstalten machte wütend auf ihn loszugehen, mit einer beschwichtigenden Geste innezuhalten.
“Ich weiß, man hat bei mir das blutige Messer gefunden”, begann er stockend zu erzählen. “Aber ich habe unseren Onkel nicht auf dem Gewissen. Ich hatte zuviel Rum getrunken in dieser Nacht, bin auf dem Heimweg in die Gosse gefallen. Als mich die Wachen fanden, hatte ich dieses verfluchte Messer in der Hand.” Er brüllte verzweifelt: “Warum glaubt mir denn niemand! Vater hat mich nach Grönland verschleppen lassen. Nicht einmal er hat an meine Unschuld geglaubt. Nur Morgan, ja, Morgan steht zu mir. Großvater weiß, dass ich niemals einen Mord begehen würde, schon gar nicht aus Habsucht!” Er brach in Tränen aus.
Morgan wurde sichtlich nervös, denn er wusste damals schon, das dem jungen Warlock der Mord an seinem Onkel zur Last gelegt werden sollte um ihn aus dem Weg zu schaffen, denn Warlock war bei dem damaligen Goldraub der kindliche Lockvogel.
“Wenn ich nur wüsste, wer dieses verdammte Gold versteckt hat”, brummte Morgan. “Denn dieser stinkende Aal hat nicht nur Warlock ins Unglück gestürzt, sondern auch mich über’s Ohr gehauen.”
“Damals waren wir auf Lanzarote, weil unser Onkel von einem geheimen königlich-britischen Goldtransport gehört hatte, der über diese Insel die Schiffe wechseln sollte. Ich war erst fünfzehn, verdammt noch mal!”, redete Warlock weiter.
„Die Kutsche, die das Gold von einem Hafen zum anderen transportierte, wurde damals von uns ausgeraubt. Der Transport zog sich über eine Woche hin, jede Nacht kam ein Vierspänner. Der Fehler lag in der Route, sie blieb immer gleich - sie waren so arglos, dachten, sie wären sicher. Wir hatten eine geeignete Wegbiegung mit guter Deckung gefunden und uns am siebten Tag auf die Lauer gelegt und zugeschlagen. Warlock lag auf dem Weg und tat als wäre er verletzt. Die Kutsche hielt an und den Rest könnt ihr euch ja denken.“, erklärte Morgan und warf einen misstrauischen Blick auf Francis, „Leider wurden wir kurze Zeit später von Spaniern aus der Gegend überfallen. Euer Onkel wurde erstochen, mich haben sie niedergeschlagen und der arme Junge konnte sich noch rechtzeitig verstecken. Aber das Gold, ja das Gold war weg und mein Sohn ist umsonst verreckt.“
Charlotte klammerte sich immer noch an Francis Arm und schaute abwechselnd von ihrem Großvater, zu ihrem Bruder dann wieder zu Francis.
Francis traute seinen Ohren nicht, der Raub war ein Familienunternehmen der Herolds gewesen? Zu erklären, warum das Gold jetzt in seinem Keller vergraben war …
Charlotte hatte nicht die Absicht, irgendjemandem etwas über den Verbleib des Goldes zu verraten und auf Francis konnte sie sich absolut und bedingungslos verlassen.
… würde sicher zu wüsten Verdächtigungen führen.
Die beiden sahen sich an und wussten über ihre gemeinsamen Gedanken. Das Gold war verflucht und es würde weiterhin Unglück über die Familie bringen wenn sie es nicht bald wegschaffen, vielleicht als wohltätige Spende vor einem Kloster ablegen würden.
Kapitel 11
Antoine wurde von Francis vor ungefähr zwei Jahren als Diener mit einem sehr großzügigen Gehalt eingestellt, wobei er als Diener mehr oder weniger tauglich erschien, lagen seine Geschicke doch mehr in seinem wie man im modernen London zu sagen pflegte, kriminalistischen Gespür und so bestand seine Aufgabe hauptsächlich darin, Nachforschungen über Don Pedro anzustellen.
Nun streichelte er in seiner kleinen Wohnung über Geraldines erhitzte Wangen und überlegte sich, wie er sie am besten über Don Pedro befragen konnte, ohne dass sie es merkte.
Sie war vor Erschöpfung eingeschlafen und während er sie so anschaute fühlte er sich von dieser so wundervollen Erscheinung tief im Herzen berührt und er beschloss, ihr gegenüber mit offenen Karten zu spielen.