“Ich möchte schon mithelfen …”, fing sie an. Eine Augenbraue wanderte nach oben. Sie lächelte nachsichtig, Männer waren so leicht zu durchschauen. “Aber den ganzen Haushalt zu organisieren und vorzubereiten auf die Ankunft unseres Kindes, das ist auch eine ganze Menge Arbeit”, fuhr sie mit einem spitzbübischen Lächeln fort. Die Augenbraue kam wieder herunter. “Ich werde mit Señora Miranda beratschlagen. Wir finden sicherlich einen modus vivendi.”
Francis nickte zufrieden. Natürlich würde ihr die erste Zeit nicht so leicht fallen, aber er hatte großes Vertrauen in Charlotte, seine Haushälterin und die anderen Bediensteten.
“Dann schau doch mal diesen charmanten Raum, ist er nicht wunderbar? Hier hat meine Mutter früher gerne gesessen und sich mit ihren Freundinnen getroffen. Oder gelesen, oder Handarbeiten gemacht. Vor allem am Vormittag scheint hier die Sonne herein, Nachmittags ist es schattig, so dass er nicht so furchtbar aufheizt. Und da an der Schmalseite hat mein Vater vor Jahren einen riesigen Punkah-Fächer installieren lassen, der mit dem Schaukelstuhl bewegt wird.”
Charlotte trat ein paar Schritte in den hellen, freundlichen Raum hinein und war sofort verliebt. Zierliche Sitzmöbel und Tische standen in offener Formation, helle Musselin-Vorhänge an den riesigen Fenstern filterten das grelle Licht der Vormittagssonne. Die Möbel waren mit weißen Leintüchern abgedeckt, offenbar war der Raum länger nicht mehr benutzt worden. Francis zog einen der Überzüge von einem Sofa und ein Gestell aus gebleichtem Rattan mit hellblauen Satinkissen kam zum Vorschein.
An der anderen Seite des Raumes entdeckte sie eine weitere Tür. “Wohin führt diese Tür dort?”, fragte sie neugierig.
“Da geht es zum Schlafzimmer der Hausherrin.” Diesmal wanderten Charlottes Augenbrauen in die Höhe. Francis’ Anwesen hielt immer noch eine Überraschung mehr bereit. Ein eigenes Zimmer für die Hausherrin?
“So kann ich dich, oder du mich, immer besuchen, ohne dass wir den großen Flur benutzen müssten.” Francis zwinkerte, er hatte offenbar ihre Gedanken genau gelesen.
“Jetzt müssen wir uns aber sputen”, sagte Charlotte. Morgan und mein Vater werden bald hier sein. Charlotte gab Francis einen Kuss “Ich muss der Haushälterin noch sagen, das wir Gäste erwarten”, sie lachte und ging hinaus.
Francis legte den Überzug beiseite. Er freute sich darauf, das dieser Raum, dieses Haus bald wieder lebendig werden würde.
Kapitel 62
“Papa”, Charlotte umarmte ihren Vater “Hallo Morgan, Opa”, sie lächelte und drückte den alten Seebären. Sie wusste, das Morgan es nicht mochte, wenn sie Opa zu ihm sagte. Bei Warlock war das was anderes.
Thomas trat ein und sah sich um “Ich war schon seit Ewigkeiten nicht mehr in diesem Haus”, sagte er “Es hat sich nichts verändert”.
Francis begrüßte seinen Schwiegervater und Morgan ebenso herzlich.
“Ich sah bisher keine Veranlassung dazu. Aber jetzt wird Charlotte sicherlich das eine oder andere erneuern wollen.”
Señora Miranda hatte eines der Mädchen mit Tee und Gebäck auf die Terrasse geschickt. Charlotte ging voran und die drei Männer folgten ihr, schon in ein lebhaftes Gespräch vertieft.
Thomas berichtete, das er Jakobson bereits die Vollmacht erteilt hatte, sein restliches Vermögen zu Baring Brothers nach Funchal überbringen zu lassen. Das wenige Hab und Gut, das Warlock und er besaßen, passte in ein paar wenige Koffer und würde mit einem Frachtschiff in den nächsten Monaten nachgeschickt werden.
“Und was ist mit deinem Schiff”, fragte Francis. “Das habe ich heute früh an einen Fischer verpachtet”. Thomas erzählte von Roberto, der immer wieder am Hafen auftauchte und sein Schiff beäugte, bis Thomas ihn ansprach und die beiden ins Geschäft kamen.
Während sie tranken und aßen feilten sie an ihren Zukunftsplänen. Morgans Idee war es, mit einer Auswahl der erlesensten Weine der Inseln Handel zu betreiben. “Die besten Sorten aus Teneriffa und Madeira, von Europa bis nach Übersee” sagte Morgan und erhob sein Glas" auf ein gutes Gelingen" prosteten sie sich zu.
“Ich denke, Feinkost könnte ein lohnendes Zusatzgeschäft werden. Oliven, getocknete Tomaten, Kapern, Citrusmarmelade und solche Sachen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit”, ergänzte Thomas.
“Eine wunderbare Idee”, sagte Morgan “wir bringen die erlesensten Güter unserer Inseln hinaus in die Welt”.
“Lord Francis, Charlotte?” Magdalena trat auf die Terrasse hinaus “Sie haben Besuch”. Francis war aus Gewohnheit im Begriff sich zu erheben, doch Charlotte stand bereits auf “Ich gehe schon”, sagte sie und folgte Magdalena. An der Tür standen Warlock und Aliena.
“Was für eine Überraschung”, Charlotte umarmte die beiden “kommt herein, Morgan und Thomas sind auch da”.
Nachdem sich alle herzlich begrüßt hatten, eröffnete Morgan noch einmal das Thema und bot Warlock und Aliena an, in das Geschäft mit einzusteigen. “Mit eurer Unterstützung”, er sah dabei auf Aliena “können wir unser Geschäft über eine weitere Insel erweitern” Morgan geriet ins Schwärmen “Teneriffa, Lanzarote, Madeira”.
“Und was ist mit mir?” rief Warlock beinahe ein wenig empört. “Du kümmerst dich dann um die Kinder”, sagte Aliena lachend und strich Warlock liebevoll über die Schultern.
“Zuerst einmal müssen wir unser Haus wieder aufbauen”, sinnierte Aliena. Warlock nickte und fügte hinzu, “Ja, aber wir wollen auch Don Pedros ehrenwerte Geschäfte weiterführen. Er hatte sehr gute Kontakte nach Nordafrika.”
Morgan dachte an die unzähligen Gewürze aus den afrikanischen Regionen.