Schreiben to go

Alle wussten, dass der Abschied nahte, doch niemand wollte den Anfang machen. Kurz nach Mitternacht stand Morgan auf.
“Wir sollten schlafen gehen. Morgen wird ein langer Tag. Und nicht, dass Antoine und Geraldine ihr Schiff verpassen.” Alle nickten und erhoben sich. Morgan blickte in die Gesichter seiner Lieben und wieder einmal wurde ihm ganz warm ums Herz.

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Sie standen noch einige Zeit vorm Riddler´s, fielen sich gegenseitig in die Arme, versprachen sich ein baldiges Wiedersehen und wünschten den beiden Reisenden alles Liebe und Gute und viel Erfolg.

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Kurz nach Sonnenaufgang ging die Endeavour für einige Stunden am Hafen vor Anker. Reisende verließen das Schiff. Fracht wurde ent- und beladen und an Bord wurden die Kabinen für die neuen Passagiere hergerichtet. Das namensgleiche Schiff des Entdeckers James Cook war unter den gut betuchten Reisenden sehr beliebt. Antoine´s und Geraldine´s Gepäck befand sich bereits in ihrer Kabine. Sie hatten es am Vortag im Hafen aufgegeben. Sie standen an der Reling und schauten hinüber zum Kai. Die ganze Familie war versammelt und winkten sich zum Abschied noch einmal zu. Als die Endeavour ablegte erklangen von Bord der Lale Andersen und der Aurelia die Schiffsglocken.

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Kapitel 60

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Früh am Morgen saß Timothy Northwny mit seinem Zirkel über der Seekarte und maß die eingezeichnete Route. Sie hatten bereits ein Zehntel der Strecke zum ersten Reiseziel Kap Verde hinter sich gebracht. Salvatore hatte das Schiff vor seiner Abreise sehr genau beäugt und noch einige Mängel behoben. Für eine mehr als zehntausend Meilen lange Seereise empfand er das Schiff für absolut tauglich. Das hatte Northwny sehr beruhigt und er hatte wieder neuen Mut gefasst, die Kokosinseln in wenigen Monaten zu erreichen. Er legte den Zirkel beiseite und machte sich auf den Weg zu Murtagh´s Kajüte. Sein Freund hatte sich mit drei Flaschen Rum verkrochen und weinte seiner vergeblichen Liebesmühe nach. Northwny ließ ihn gewähren. Er klopfte an und trat ein. “Zum Teufel”, rief er, als er die Kajüte betrat und musste einen Würgereiz unterdrücken “Hier stinkt es wie in einem Kerker”. Murtagh hob die Hand “So fühle ich mich, mein Freund, in einem Kerker, in Ketten gelegt”. “Lass endlich ab von deinem Groll” sagte Northwny, nahm sich einen Stuhl und setzte sich neben Murtagh.

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Er deutete in der Kajüte umher, die mehr einem Schweinestall ähnelte. „Und das alles nur, weil du sie einmal geküsst hast.“ „Fast zweimal“, widersprach Murtagh. Tim fuhr ungerührt fort. „Unerwiderte Liebe ist die schlimmste von allen. Ich werde dich davon befreien.“ Murtagh starrte ihn aus blutunterlaufenen Augen an. „Was faselst du da?“ Tim stand auf und rief: „Männer, ergreift ihn und bringt ihn an Deck.“ Vier der stärksten Matrosen traten ein. Das war auch nötig, denn mit besoffenen Schotten war nicht zu spaßen. Sie ergriffen Murtagh, der sich fluchend wehrte, und schleppten ihn nach oben.

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Die Männer legten Murtagh an Deck ab und Tim kippte seinem Freund einen Eimer Wasser ins Gesicht. Murtagh sprang nach Luft schnappend auf. Er wischte sich die tiefenden Locken aus dem Gesicht und bedachte Tim mit ein paar gälischen Flüchen, die dieser Gott sei Dank nicht verstand. “Ich bin doch schon fast nüchtern”, rief Murtagh, als Tim drohte, ihm noch einen Eimer Wasser überzukippen. Über das Bild, das Murtagh bot, lachte die ganze Mannschaft. Selbst Tim konnte sich vor lachen kaum einkriegen. “Lacht ihr nur”, brummte Murtagh verdrießlich.

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Die anderen hatten ja auch gut lachen. Sie wussten nicht wie es in ihm aussah. Was er fühlte und was er durchmachte. Er wünschte sich das sie fühlen könnten was er fühlte. Dann würde keine der Wasserratten mehr lachen. Auch Tim würde dieses selbstgefällige Grinsen vergehen.

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Er schüttelte sich heftig, die Wassertropfen flogen nach allen Seiten. Triefend stand er da, mit mürrischem Gesicht, und knurrte leise vor sich hin.

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Timothy hörte auf zu lachen und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
“Nun komm, mein Freund, jetzt bist du schon halb gewaschen, erledige die andere Hälfte auch noch und zieh dir etwas Frisches an. Ich brauche dich für die Navigation und die weitere Planung unserer Expedition.”

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Murtagh knurrte nochmal unwillig, aber dann brachen die alten Gewohnheiten als britischer Offizier zur See in ihm durch. Sauberkeit und ordentliche Uniform, oder es setzte etwas vom ranghöheren Offizier. Fast hätte er vor Tim salutiert, statt dessen strich er sich nochmals die Haare aus dem Gesicht. Die waren auch zu lang geworden.

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Timothy gab dem Schiffsjungen den Auftrag, Murtaghs Kajüte zu lüften und gründlich zu säubern. Murtagh folgte ihm, um sich frische Kleidung zu holen. Die paar Minuten an der Luft hatten gut getan. In der Kajüte angekommen wäre er fast rückwärts wieder raus gegangen und musste einen Würgereiz unterdrücken. Er hielt die Luft an, so gut er konnte, griff sich irgendein Hemd und eine Hose und ergriff die Flucht.

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Danny musste ebenfalls die Luft anhalten, aber er konnte nicht einfach wieder verschwinden. Also zerrte er am Fenster und an der Luke davor, bis endlich etwas frischere Luft hereinströmte. Trotzdem hielt er lieber die Atmung flach, bis er sich daran gewöhnt hatte. Er klaubte die Flaschen zusammen, zog das Bettzeug ab und brachte alles zur Wäschekammer neben dem Niedergang. Dort schnappte er sich Eimer, Feudel und Leuwagen und machte sich ans Werk.

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Einige Stunden später erwachte Murtagh aus seinem Rausch. Er quälte sich aus der frisch gemachten Koje, setzte sich auf und sah sich um. Dann erinnerte er sich. Was war nur mit ihm geschehen?, fragte er sich, wie konnte er sich nur wieder so gehen lassen, die Kontrolle verlieren. Er war ein Hitzkopf, das wusste er. Sein Vater hatte ihn mehr oder weniger zur Marine befohlen. “Junge, du musst endlich lernen dich zu beherrschen”, klang es in seiner Erinnerung nach. Seine Ausbildung bei der königlichen Flotte war hart und es fiel ihm Anfangs sehr schwer, Befehle entgegen zu nehmen, zu gehorchen, diese aufkommende Wut zu unterdrücken, die wie ein Vulkan in ihm brodelte. Irgendwann empfand er in den strengen Regeln und alltäglichen Aufgaben so etwas wie eine innere Ruhe in sich aufkommen. Er fühlte sich oft wie ein wildes Tier, das eigefangen und gezähmt wurde, doch tat ihm das auf eine gewisse Weise auch gut. Nach der Entlassung aus der königlichen Marine waren die Zäune um ihn herum eingerissen und er war ausgebrochen, hatte jeglichen Halt verloren und war, ohne das es ihm bewusst wurde, in uralte Gewohnheiten verfallen. Er musste sich zusammen reißen, Selbstdisziplin üben und sich auf die Mission konzentrieren. So wie er sich in den vergangenen Wochen hatte gehen lassen, konnte er für Tim keine große Unterstützung sein. Northwny hätte ihn in diesem Zustand mit gutem Grund auf der Insel zurück lassen können. Stattdessen hielt er an ihm fest und Murtagh erinnerte sich an seine Worte “Ich brauche dich für die Navigation und die weitere Planung unserer Expedition.”
Murtagh stand auf, ging sich waschen und rasierte sich die Stoppeln aus dem Gesicht. Dann ließ er sich von Robby die Haare schneiden. Robby war an Bord einer der ältesten und erfahrensten Seeleute und er erzählte Murtagh, während er mit der Schere geschickt durch sein Haar fuhr seine Geschichte. Als junger Lehrbub eines angesehenen Barbiers wurde er damals auf der Foudroyant angeheuert und nach einem Missgeschick wenige Wochen später zum niedrigsten Schiffsjungen an Bord degradiert. Robby legte eine kurze Pause ein, nahm aus seinem Holzkoffer, der allerhand Bürsten, Scheren und Klingen beinhaltete einen kleinen Lederbeutel heraus, öffnete ihn und zeigte Murtagh den Inhalt “Das hier”, sagte er “war mein Schicksal”. Murtagh warf einen Blick auf die blonde lockige Strähne. Robby schloss den Beutel und verstaute ihn wieder behutsam in seinem Koffer. “Mein Lehrmeister war oft geplagt von Seekrankheit und lag mit Schwindel und Übelkeit in seiner Koje”, Robby lachte und setzte fort “Bis eines Morgens Horatio Nelson höchstpersönlich nach dem Meister verlangte, der wieder einmal mit Übelkeit an der Reling stand und in der Not nahm ich die Stelle meines Meisters ein”, er setzte die Schere wieder an, fuhr Murtagh durch´s Haar und deutete auf den Koffer. “Anstatt lediglich die Spitzen zu schneiden, setzte ich für einen kurzen Haarschnitt an und damit war mein Schicksal besiegelt”. Robby erinnerte sich noch an den Gesichtsausdruck des Admirals und die Folgen seines Scherenschnitts und noch während er die abgeschnittene Strähne in den Händen hielt wurde er von den Wachen hinaus befördert. Robby legte eine Hand auf Murtagh´s Schulter “Wir alle begehen Fehler. Und manchmal verändert sich dadurch unser Leben. Es ist wichtig, die neuen Chancen zu nutzen”. Er legte die Schere beiseite “Schauen sie voraus und lassen sie alles andere hinter sich”. Er packte seinen Koffer und verließ Murtgah´s Kajüte.

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Murtagh nahm seine Uniform heraus, trennte die Abzeichen ab und zog sie sich über. Er war nicht mehr in der königlichen Flotte, doch fühlte er sich immer noch als Offizier. Dann ging er zur Kapitänskajüte, klopfte an und trat einen kurzen Augenblick später ein “Tim, Käpt´n, ich melde mich zurück”. Northwny sah auf. Er ging auf Murtagh zu und sie nahmen sich freundschaftlich in die Arme. “Ich bin froh, das du wieder zurück bist”, sagte Tim. Murtagh ging an den Tisch und beugte sich über die Karten. “Du musst das Zirkelmaß hier ansetzen”, sagte Murtagh und sah Northwny an “Wir werden das schaffen, oder?” fragte Murtagh. Tim legte seinen Arm um Murtagh´s Schultern und verpasste ihm mit der rechten eine leichte Kopfnuss “Und ob wir das schaffen werden, mein Freund, wir werden diesen Schatz finden und als reiche Männer zurück kehren”. Murtaugh lächelte “ja, das werden wir”.

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Kapitel 61

Während Francis sich um die Pferde kümmerte war Charlotte im Haus damit beschäftigt, die Räume umzugestalten. “Männerwirtschaft”, murmelte sie zum wiederholten Male vor sich hin, während sie allerhand Werkzeuge und Kram einsammelte und vor die Tür stellte. Neben dem Schlafzimmer befand sich ein geräumiges Zimmer, das in der Vergangenheit zur Umkleide genutzt wurde. Charlotte hatte die Idee, hier das Kinderzimmer einzurichten. Ihre Gedanken bei dieser Arbeit schweiften immer wieder ab. Der Abschied von Geraldine und Antoine erfüllte sie mit ein wenig Wehmut und sie dachte an den bevorstehenden Abschied ihres Bruders, der sich mit Aliena auf den Weg nach El Golfo machen würde, um dort alles wieder neu aufzubauen. Morgan würde zeitgleich die Insel verlassen um auf Madeira die Formalitäten für sein Unternehmen zu klären. Doch waren sie alle weniger als ein paar Tagesreisen entfernt und nicht aus der Welt. Das beruhigte sie.

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Francis kam wieder herein und beobachtete seine Frau einen Moment lang. Wie glücklich sie aussah.
“Weißt du, Liebes, es gibt oben ein paar Räume, die sind bereits als Kinderzimmer ausgestattet. Diesen Raum hier möchte ich wirklich gerne weiterhin als Ankleidezimmer nutzen, und du brauchst ja auch Platz für deine Kleider und alles”, fing er vorsichtig an. “Sieh mal, der nächste Raum hier ist für die Frau des Hauses vorgesehen.” Er öffnete eine weitere Tür im Ankleidezimmer.

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„Die Frau des Hauses?“
„Ja, die Hausherrin,also du mein Schatz, du musst das nicht mehr machen, weißt du?“
Er lächelte sie liebevoll an.
„Aber wenn ich es machen möchte?“ Es war nur ein Quentchen in ihrem Tonfall zu hören, aber wußte das es keine Frage gewesen war.[FONT=-apple-system]

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“Dann kannst du das natürlich tun. Bitte pass aber auf, dass du dich nicht übernimmst in den nächsten Monaten, ja?”, erwiderte er in einem Tonfall, der ihr klar zu verstehen gab, dass er zwar auf ihre Wünsche eingehen würde, aber nur bis zu einem gewissen Punkt.
Charlotte überlegte einen Moment. Ihr ganzes Leben lang hatte sie für sich selbst sorgen, vieles allein organisieren und stemmen müssen. So war sie zu der starken und selbstständigen Frau geworden, in die Francis sich schließlich verliebt hatte. Aber ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr auch, dass jetzt durchaus andere Gegebenheiten herrschten. Sie war die Frau eines Lords geworden, und sie war schwanger.

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