Schreiben to go

Don Pedro hörte dies alles still mit an. Er schaute zu El Torso, der in Habachtstellung vor seinem Herrn stand und seinen Blick erwiderte.
Den Löffel vom morgendlichen Haferschleim brach er entzwei. Mit dem abgebrochenen Stiel erhob er sich langsam und gab dem Hünen das Zeichen. Der verstand sofort und machte sich unauffällig auf den Weg durch die Zelle.
Leon und James wanderten derweil in jeweils entgegengesetzter Richtung zu dem weiterhin lautstark wütenden Ramirez.
„Macht mit diesem Enkel von Morgan gemeinsame Sache, diese Metze. Ich werde sie mir packen und gefügig machen, bis sie um Gnade heult und dann …“, Ramirez wurde von hinten eisern gepackt. Erschrocken schaute zu dem Riesen empor, der ihn hielt.
„Und dann was?“, fragte Don Pedro gefährlich leise.

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Ramirez wich die Farbe aus dem Gesicht. Er versuchte sich loszureißen, scheiterte jedoch kläglich. El Torso ließ ihm gerade noch die Möglichkeit zu atmen. Der Riese schob Ramirez langsam auf Don Pedro zu.
„Don Pedro, du hier?“, stammelte Ramirez. „Hör mich an, das ist alles nur ein Missverständnis, wir können das regeln, da bin ich sicher.“
„Oh ja, das können wir, mein Lieber.“, säuselte Don Pedro ihm ins Ohr. Er hielt den Kopf dieses Gecken mit der Linken im Nacken fest.
„Und zwar auf meine ganz persönliche Art und Weise!“, flüsterte er ihm weiter zu, während er mit Rechten den Löffelstiel langsam in Ramirez‘ rechtes Auge bohrte.

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Der schrie wie am Spieß, wollte instinktiv den Kopf wegreißen. Doch der Stiel bohrte sich weiter in die Augenhöhle. Blut und wässrige Flüssigkeit liefen an seiner Wange herab. Als der abgebrochene Löffel tief genug steckte, sah Don Pedro zufrieden zu seinen Männern. Leon und James schauten gebannt auf des Spektakel, El Torso grinste hinter den sich vor Schmerz windenden Ramirez.
„Fast wie in alten Zeiten …“, flötete Don Pedro und haute mit Wucht den Stiel in Ramirez‘ Hirn.
In der ganzen Zelle hörte man kein Geräusch, als der leblose Körper an El Torso herunterrutschte.
Don Pedro und seine Männer gingen zurück in ihre Ecke. Als sie saßen und ihren Haferschleim weiter aßen, fingen die anderen Insassen an zu brüllen. Die Menge tobte.

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Das spärliche Gefängnismobiliar, die Holzpritschen, die Hocker und die Tische wurden im Wutrausch innerhalb kürzester Zeit zerschlagen, zu Kleinholz zertrümmert. Die Gefangenen schrien bei jedem weiteren zerstörten Möbel auf und wüteten sich so in Rage.
Als die ersten Wächter ankamen, war das Chaos groß. Ein paar Häftlinge zeigten auf die Ramirez’ Leiche und taten so, als ob sie Hilfe für den vermeintlich Schwerverletzten benötigen.

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Es dauerte nicht lang, als der erste Wächter zu nahe an die Gitter trat. Schon wurde er von Händen an die Eisenstäbe gefesselt, konnte sich nicht erwehren. In der nächsten Sekunde wurden ihm die Schlüssel vom Gürtel gerissen. Er schrie vor Panik auf. Ein Schuss aus seiner Muskete ging los, ohne Schaden anzurichten. Jedoch brüllte die Menge erneut auf und brach ihm das Genick.

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Der Schlüssel wanderte von Hand zu Hand, die restlichen Wachen waren zu wenige, konnten nichts dagegen tun, als die Gittertür der Zelle aufgerissen wurde. Der Mob drängte hinaus.
Und mit ihm Don Pedro und seine Männer.

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El Torso bahnte den Weg durch die rasende Menge. Jeder der im Weg war, wurde von ihm beiseite gerissen. Don Pedro, Leon und James folgten der Schneise. Den überrumpelten Wachen nahmen sie die Waffen und nutzten sie, um sich den Weg frei zuhalten.

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Die ersten, die den Hof der Bastion erreichten, erwartete eine krachende Salve aus den Musketen der Wachmannschaften, die mittlerweile draußen Aufstellung bezogen hatten. Schreiend fielen sie nieder. Wer noch nicht durch eine Kugel gestorben war, wurde von der nachfolgenden Menge totgetrampelt.
El Torso hatte dies kommen sehen und seinen Herrn und die Freunde aufgehalten. Sie ließen die Gefangenen vorbei und warteten die nächsten Schüsse ab. Die Pause, die die Wachen benötigten, um nachzuladen nutzen sie, um zum Torhaus zu rennen.

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Inzwischen hatten die Soldaten des Torhauses versucht, der wütenden Menge zu entkommen. Ein eklatanter Fehler. Sie wurden überrannt, die Schlüssel zum Tor fanden ihr Schloss, der Mob ergoss sich auf die Straße vor dem Gefängnis.
Passanten und Anwohner liefen erschrocken davon, versuchten, sich und ihre Lieben zu retten. Doch das interessierte die Gefängnisinsassen wenig. So schnell der Aufstand sich zur lautstarken Massenflucht entwickelte, so schnell verlief er sich auch wieder in den Gassen und Straßen Funchals.

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Die Überlebenden der Wachmannschaft des Forts sammelten sich noch ganz benommen im Hof. Alle hatten etwas abbekommen, keiner war unverletzt davongekommen. Zum Glück waren es überwiegend Schürfwunden, Prellungen, Knochenbrüche. Aber es waren auch einige Tote und Schwerverletzte zu beklagen, darunter der Kommandant.
Der stellvertretende Kommandant schüttelte sich. Heilige Maria. So etwas hatte er noch nie erlebt.
“Los, Männer, schließt das Tor! Helft den schwerer Verwundeten und legt unsere Gefallenen im Hof nieder.” Er bekreuzigte sich.
“Bringt die überlebenden Gefangenen sofort wieder in die Zellen! Die Ersatzschlüssel hole ich gleich aus dem Kontor des Kommandanten. Die verhören wir nachdrücklich, was da zum Teufen los war! Die Leichen der Verbrecher bringt in die Ecke da drüben! Die müssen wir nachher alle identifizieren.”

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Das würde noch ein Nachspiel haben. Die Engländer, die gestern Don Pedro und seine Männer abgeliefert hatten, wollten am Nachmittag wiederkommen. Er musste sofort den Konsul in Kenntnis setzen, und sie brauchten Verstärkung,
Die Briten wollten Don Pedro verhören, zu einer sehr undurchsichtigen Angelegenheit, soviel hatte er verstanden, als er das Gespräch mit dem Kommandanten belauscht hatte. Genau diese vier hatte er gerade noch als Letzte davonstürmen sehen.
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Don Pedro, Leon, El Torso und James MacLeod rannten so schnell sie konnten durch die engen Gassen der Altstadt, rempelten dabei rücksichtslos alle aus dem Weg. Noch immer geschwächt durch seine Krankheit ging Don Pedro als erstem die Puste aus. Keuchend hielt er inne und sah sich um. Hier kannte er sich nicht aus. Die anderen hatten nicht bemerkt, dass er angehalten hatte und waren schon nicht mehr zu sehen.

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Nach Atem ringend stolperte er weiter. Mit einer Hand stützte er sich an den Häuserwänden ab, seine Beine wollten ihm nicht mehr gehorchen. Das unebene Pflaster der alten Gassen wurde ihm zum Verhängnis. Er schlug lang hin, als er eine Kreuzung überqueren musste und sich nirgends festhalten konnte. Seine Arme waren zu schwer, als dass er sich noch hätte abstützen können. Er knallte mit dem Kinn auf einen hervorstehenden Pflasterstein. Es wurde dunkel.
In diesem Teil der Altstadt wollten die ehrbaren Bewohner nichts mit Betrunkenen und sonstigem Gesindel zu tun haben, niemand kümmerte sich um ihn.

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Da war wieder dieser Geruch. Direkt an der Häuserwand verlief die Spur. Er tappte hinterher. Vorbei an allerlei stinkenden Unrat führte es ihn an einem Hauseingang entlang auf die nächste Straßenecke zu. Er blieb stehen, schaute sich um. Ein Fenster über ihm wurde aufgerissen. Brackiges Waschwasser ergoss sich unmittelbar hinter ihm auf die Straße. Ein kräftiger Satz und er war außer Reichweite des stinkenden Nass. Wo war die Spur? Ein Schnüffeln hier, noch mal zurück. Da! Da war sie. Führte über die Straße zu einem verdreckten Kleiderbündel. Ein Schatten bewegte sich dort. Er sprintete hinterher, hechelte aufgeregt.
Da saß sie, die Ratte. Knabberte an dem Bündel herum, immer wieder aufmerksam die Umgebung beobachtend.

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Er stürmte los, der Hunger fegte jede Vorsicht beiseite. Mit einem letzten großen Satz kam er neben dem Bündel zu stehen. Die Ratte hatte es bemerkt und floh. Der nächste Kellereingang brachte ihr Schutz.
Vor Enttäuschung jaulte der Hund auf. Um sich abzuregen, schnüffelte er hektisch an dem Kleiderbündel. Es gab kaum einen Unterschied zum Geruch der Ratte.
Langsam beruhigte er sich. Er sah sich um, kein Artgenosse in der Nähe. Dann hob er das Bein, um seinen Besitzanspruch geltend zu machen.

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Das Bündel regte sich, ein Stöhnen, dann das Begreifen.
„Du verdammtes Mistvieh, verzieh dich! Dreckiger Köter!“, schrie Don Pedro und rappelte sich auf.
Der Hund sprang erschrocken auf und rannte davon. Weiter auf der Suche nach etwas Fressbaren, vielleicht eine kleine Ratte?

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Don Pedro stand wackelig auf seinen Beinen. Sein Kiefer schmerzte, das Gesicht blutig und geschwollen. Schlechter hatte er sich selten gefühlt. Die Hundepisse lief nun warm an seiner Hüfte hinunter zum rechten Bein. Sein Gestank waberte um ihn herum, wie eine unsichtbare Blase. Er hatte das ständige Gefühl sich übergeben zu müssen, aber es kam nur ein schmerzvoller Würgereiz.

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Er schaute sich um. Alles war still, es war Nacht. Ärgerlich dachte er daran, dass er hier schon seit dem Ausbruch am Morgen gelegen hat. Niemanden interessiert es, wenn hier einer auf der Straße verreckt. Die üblichen Rachegedanken bahnten sich ihren Weg in seinen Kopf, ganz Funchal soll doch verrecken.

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Möwengeschrei. Ja, genau. Er musste zurück zum Hafen. Er musste herausfinden, was mit Aliena wirklich los war. Langsam humpelte er los. Auf dem Weg zum Hafen begegnete ihm niemand. Seine Wut kochte wieder hoch. El Torso. Leon. James. – Diese Verräter. Haben ihn einfach liegen lassen. Ärgerlich vor sich hin brabbelnd bahnte er sich so seinen Weg durch die nächtlichen Gassen Funchals.

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Kapitel 40