Schreiben to go

Thomas Cooper sah nicht sonderlich glücklich aus, als er eintrat. Er schaute auf die Portflasche und machte den Eindruck einen Schluck nötig zu haben.
Northwny bemerkte das, stand auf und holte ein frisches Glas aus dem Schrank an der Längsseite der Kajüte.
„Setzen sie sich, Cooper. Wie steht es um die Mannschaft? Gibt es irgendwelche Auffälligkeiten?“
„Nein, Sir. Soweit ich das überblicke, verhalten sich alle ruhig. Die Jungs sind gespannt auf unser nächstes Vorgehen, fragen sich wo es hingeht. Das ist alles. Ihre Arbeit erledigen sie gewissenhaft wie immer.“
„Und warum machen sie dann so ein Gesicht?“, Timothy gab Cooper ein gefülltes Glas. Der war sichtlich erstaunt, ob der freundschaftlichen Geste und nahm es dankend an.
„Nun setzen sie sich schon. Erzählen sie, was sie eigentlich stört.“, sagte Northwny und nahm selbst wieder Platz.
„Es ist Brian Steward, ich werde das Gefühl nicht los, dass er was ausheckt. Ich trau dem Kerl nicht.“
„Haben sie was Konkretes? Konnten sie bei Ihrer Beobachtung erkennen, ob er was plant?“
„Nein, nicht wirklich. Immer wenn ich bei einer Unterhaltung, die er führt, nur in die Nähe komme verstummt er oder redet von belanglosem Zeug sobald ich nahe genug bin.“
„Wie wäre es, wenn ich sie in den Rang des Deckoffiziers erhebe? Sie hätten die Aufsicht über den gesamten Ablauf an Deck. Erfahrungen in Nautik haben sie, das weiß ich. Der Steuermann würde Unterstützung bekommen und sie würden im Rang auf Augenhöhe mit Ensign Steward stehen. Was halten sie davon?“

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Cooper stellte das Glas beiseite und beugte sich vor.
„Das würde mir schon gefallen, Mister Northwny. Aber ist das denn überhaupt möglich?“, fragte er.
„Ich werde es möglich machen.“, Timothy grinste. „Und zwar ab sofort!“
Northwny reichte Cooper die Hand und dieser schlug ein.
„Einverstanden, Sir.“
„Mein Gespräch mit Mister McKinnley war äußerst vielversprechend. Und deshalb brauche ich einen Mann wie euch.“
Timothy klärte Cooper über die Absprache mit McKinnley auf. Thomas Cooper staunte nicht schlecht. Und so ging er nach dieser Unterredung mit stolzer Brust zurück an Deck. Er freute sich schon auf sein nächstes Zusammentreffen mit Brian Stewart.

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Kapitel 36

Das Treffen mit Ramirez verlief so, wie Aliena es erwartet hatte. “Ich verhandle nicht mit Weibern”, sagte er stets, wenn sie sich gegenüber saßen. Aliena war seine Macken bereits gewohnt. Er verhandelte grundsätzlich nicht mit Weibern, Schurken, Piraten und allem was sein spärlicher Wortschatz hervor zu bringen vermochte. Aliena tat das, was sie immer tat, sie warf dem alten Raffzahn den prall gefüllten ledernen Beutel auf den Tisch “Ich auch nicht. Dann kommen wir jetzt zum Geschäft”. Kopfschüttelnd, wohlwollend bejahend und dann widerum seufzend setzte Ramirez ein Schriftstück auf und versah es mit seinem persönlichen Siegel. Der Empfänger war Enrico Ramirez, Funchal - Madeira. Dort würde sie ihre Ware in Empfang nehmen können.

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Wenige Stunden später legte die Aurelia wieder am Hafen von Arrecife an um Don Pedro an Bord zu holen. Die Ordensschwestern warteten bereits am Hafen. Als Don Pedro das Schiff einlaufen sah und den Namen las überkam ihn eine tiefe Traurigkeit. “Aurelia”. Mit der Erinnerung entbrannte seine Wut. Er riß sich von den Schwestern los. “Aurelia”. Seine geliebte Tochter. Er hatte sie im Stich gelassen, er hatte sie sterben sehen, er hatte seit diesem Tag Gott und diese ganze Welt verflucht.

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“Aliena?”, Don Pedro konnte sich seiner Gefühle kaum erwehren als er seine jüngste Tochter erkannte, die gerade das Schiff verließ. Er war sichtlich beeindruckt von dieser jungen Frau. Sie schien plötzlich so erwachsen, so stark. Aliena nahm ihren Vater kurz in die Arme und geleitete ihn an Bord.

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Aliena war entsetzt, beim Anblick ihres Vaters. Der einst stolze und starke Mann war eingefallen und schwach. An Deck musste er kurz anhalten, um Atem zu bekommen. „Warum Aurelia?“, fragte er mit einem schmerzlichen Ausdruck auf seinen Gesicht. „Ganz einfach, Vater. Niemand kennt dieses Schiff. Wir können uns unbehelligt bewegen. Zuerst laufen wir den Hafen von Funchal an. Dort erhalten wir Waffen und Vorräte. Und wir horchen uns unauffällig unter den Seeleuten um. Vielleicht finden wir heraus, wo dieser Morgan steckt und was die Engländer vorhaben“, erklärte seine Tochter.

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Die Erwähnung Morgans ließ die ohnmächtige Wut wieder in ihm aufflackern. “Der und Lord Fulton! Das sind die beiden, die wir kriegen und umlegen müssen! Die sind Schuld an allem!”, geiferte er und bekam hochrote Flecken im Gesicht. Schwer atmend stütze er sich an der Reling ab.
Aliena gab Leon einen Wink. “Komm, Vater, ruh dich etwas aus. Leon zeigt dir deine Kajüte.”

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Dass ihr Vater so verbissen auf der Verfolgung und anschließenden Ermordung von Morgan und Fulton beharrte, gefiel ihr gar nicht. Hoffentlich konnte sie sich auf Ramon, Leon und die Mannschaft verlassen, nichts Unüberlegtes zu unternehmen. Sie kannte ihren Vater nur zu gut. Immer wieder hatte er es geschafft, sich aus den unmöglichsten Situationen herauszuwinden, und immer wieder war er bei der Wahl seiner Mittel alles andere als zimperlich gewesen.

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Sie gab Befehl zum Ablegen. “Kurs Süd-Südost bis zur Südspitze von Lanzarote, dann nehmen wir Kurs auf Funchal!”, rief sie dem Steuermann zu.
“Aye, Ma’am”, rollte dessen tiefer Bass über das Schiff. Das Segelsetzen ging noch etwas langsam vonstatten, die Mannschaft musste teilweise noch angelernt werden, aber dann nahm die Aurelia Fahrt auf.

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Kapitel 37

Timothy begrüßte Murtagh wie einen alten Freund, als dieser erneut an Bord der Beagle kam. Murtagh schlug Tim ebenfalls auf die Schulter. “Meine Mannschaft steht geschlossen hinter mir”, versicherte er. “Und ich habe bereits Nachricht an John Black gegeben. Er macht sich mit der Trafalgar auf nach England, um sie König George zu überbringen”, fügte er hinzu.
“Was habt ihr ihm mitgeteilt?”, fragte Tim erstaunt.
Murtagh grinste schlemisch. “Nur, dass wir weitere Erkundigungen bezüglich des Goldes einziehen und Madeira ansteuern, um eine Ladung vorzüglichen Madeirawein aufzunehmen. Das dürfte George zufrieden stellen.” Tim lachte. “Sehr gut, mein Freund”, war er erfreut.
“Um den Schein zu wahren, werden wir uns nach Madeira aufmachen. Wir nehmen eine Ladung Wein auf und besuchen den Konsul. Wer weiß, vielleicht ergibt sich ja das ein oder andere”, erklärte Murtagh. “Einverstanden”, stimmte Timothy zu. Insgeheim bewunderte er McKinnley für seinen Plan.

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Nachdem McKinnley an Bord der H.M.S. Victorious zurückgekehrt war, rief er seinen Steuermann und den Decksoffizier zu sich.
“Lasst alle Segel setzen, Mister Henry, und setzen Sie Kurs Nordwest, auf Funchal, Mister Peters!”, befahl er. Beide Männer antworteten gleichzeitig, “Aye, Sir!”, und beeilten sich, ihre Befehle auszuführen. Innerhalb einer halben Stunde nahm die Victorious Fahrt auf.

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Natürlich hatte auch Timothy Northnwy die entsprechenden Befehle gegeben und die H.M.S. Beagle nahm ebenfalls ihren Kurs nach Madeira auf.
Er hoffte inständig, dort noch etwas über den Verbleib der Lale, ihrer Besatzung und des Goldes in Erfahrung zu bringen. Der Verrat von Lord Fulton nagte immer noch an ihm.

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Es war bereits weit über Mitternacht und Brian Steward lag hellwach in seiner Koje. Ihm waren die freundschaftlichen Gesten zwischen McKinnley und Northwny nicht entgangen. Brian konnte einige wenige Worte des Gesprächs der beiden Männer gut verstehen. Die Victorius und die Beagle sollten sich gemeinsam auf den Weg nach Madeira machen, während die Trafalgar unter John Black den englischen Heimathafen anlaufen sollte. Was sich in seinen Gedanken jedoch fortwährend wiederholte waren die in leiserem Tonfall gesprochenen Worte “…Gold…” und “…George…”.

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Brian überlegte, wie er weiter vorgehen sollte, kam aber zu keinem Ergebnis. Kurz dachte er darüber nach, sich Mr. Black anzuschließen, verwarf diesen Gedanken jedoch sofort wieder. Er war zwar schon immer königstreu, aber George war ihm verhasst. Es fiel ihm schwer, einem König treu zu sein, der nur damit beschäftigt war, seine eigene Gier zu befriedigen.
Am Besten, ich verhalte mich ruhig und sperre Augen und Ohren auf,sagte er sich. Er würde abwarten, was Northwny und McKinnley geplant hatten. Vielleicht konnte er daraus einen Vorteil ziehen.

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Kapitel 38

Im Morgengrauen erwachte Warlock aus einem unruhigen Schlaf. Missmutig stieg er aus dem Bett und zog sich an. Er verließ die Kajüte und begab sich an Deck der Lale. Das Schiff, das offenbar in der Nacht eingelaufen war, fiel ihm sofort auf. Aurelia. Das klingt schön, dachte er. Dann stand er wie erstarrt. An Deck der Aurelia tauchte eine hübsche, junge Frau mit schwarzen Locken auf. Sie verließ eilig das Schiff und war kurz darauf in den engen Gassen von Funchal verschwunden.

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Was für eine Augenweide, diese geschmeidigen Bewegungen. Von nahem wäre diese Erscheinung bestimmt nochmal so schön. Er blickte über die Hafenanlage ob es in der Nähe einen Platz gab der ihm genug Überblick und vielleicht ein vernünftiges Frühstück verschaffen könnte.

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Einige Meter entfernt vom Anlegeplatz der Lale und der Aurelia entfernt entdeckte er ein Café, das schon geöffnet hatte und machte eiligst Anstalten, ebenfalls an Land zu gehen. Er belegte eines der winzigen Tischchen, die an der Wand neben dem schmalen Eingang aufgestellt waren, mit Beschlag und ließ sich einen starken Tee bringen. Ein großes Stück Bolo de mel verjagte die Hungergefühle.

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Eine halbe Stunde später wurde seine Geduld belohnt: die schöne Frau von der Aurelia tauchte wieder auf, allerdings mit finsterem Blick und verhärteten Gesichtszügen. Sie ließ ihren Blick schweifen und blieb mit ihren dunklen Augen kurz an seinem Gesicht hängen. Nur ein winziges Stocken, dann schritt sie an ihm vorbei und begab sich wieder an Bord der Aurelia.

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