Nachdem der Vater und ihr Bruder Haus, Hof und Familie über Nacht verlassen hatten war Charlotte mit der bald kränklichen Mutter auf sich alleine gestellt und sie fühlte sich hilflos, verlassen und nur Mozy Riddler und seine Frau Emma waren für sie da gewesen, Mozy Riddler, der Ex-Pirat, der einst in einem Orchester Geige spielte und über viele Irrwege und Umwege hier auf der Insel landete und seine große Liebe fand und Emma, die geheimnisvolle Frau an seiner Seite der nachgesagt wurde, das sie einst im engsten Kreis der britischen Königsfamilie hoch angesehen war.
Bei ihnen hatte sich Charlotte immer sicher gefühlt. Auch Francis schätzte beide sehr. Ob Emma bei ihrem gefährlichen Plan mitmachen und die entsprechenden Informationsstückchen an den Hof bringen würde?
Charlotte stand auf. “Ich spreche mit Emma. Es wird Zeit, dass wir von dieser verdammten Insel kommen”, sagte sie resolut. Francis sah lächelnd zu ihr hoch und sagte: “Du hast recht. Morgan?”
“Aye, Sir?”
“Ihr geht mit Warlock aufs Schiff und haltet die Fässer bereit. Und macht die Kanonen klar. Nur für den Fall. Ich kümmere mich um Antoine. Er hat lange genug geschlafen. Es ist an der Zeit, ihn in unseren Plan einzuweihen.” Er zog seine Taschenuhr aus der Weste. “Wir treffen uns in zwei Stunden an Bord.”
Der Wirt klopfte an die Mansardentür. “Oui?”, drang es dumpf durch die Tür. “Unten wartet ein Herr, der sie sprechen möchte”, sagte der Wirt. “Un moment. Isch komme gleich”, antwortete Antoine.
Antoine beugte sich über Geraldine, gab ihr einen Kuss, dann stand er auf, schlüpfte in seine Kleider und ging nach unten.
Francis erwartete ihn unten an der Treppe und bat ihn mit einem Kopfnicken raus auf den Hof. Er reichte ihm einen Schlauch mit Wein, anchdem er selber ausgiebig daraus getrunken hatte.“Sag einmal, was ist das zwischen dir und Geraldine? Ist das was ernstes? oder nur was warmes? inwieweit traust du ihr?” fragte er ihn jovial anlächelnd.
“Mais bien sur, isch vertraue ihr, solange isch sie greifen kann. Sie 'at einen Auftrag, und den will sie um jeden Preis ausführen”, antwortete Antoine, ohne lange nachzudenken.
Francis nickte, “Wir haben einen Plan”, sagte er mit leiser Stimme und klärte Antoine über ihr Vorhaben auf. “Ich schicke Dir einen Boten sobald die Vorbereitungen getroffen sind, dann kannst Du den Köder auswerfen”.
Kapitel 14
Vom Mastkorb schallte die Warnung herunter, “Fregatten auf achtern! Drei Fregatten auf achtern!” Don Pedro, der seinen Blick auf die Küste gerichtet hatte, fuhr herum. Sein Kapitän murmelte einen unverständlichen Fluch und rief zum Steuermann: “Hart Steuerbord, lasst den Wind in die Segel, wir brauchen Fahrt!”
“Was soll das,” wütete Don Pedro, “wir müssen anlanden. Dreht gefälligst wieder zur Küste!”
“Nicht jetzt und nicht hier, Jefe. Das sind scheinbar englische Fregatten, schwer bewaffnet. Wir werden vom Strand nicht mehr rechtzeitig wegkommen, wenn wir landen.”, der Kapitän ließ die Schiffe nicht aus den Augen. “Wir müssen es weiter südlich versuchen. Mit dem Wind im Rücken und der Strömung weiter draußen könnten wir es schaffen.”
“Verdammt,” Don Pedro schubste einen Matrosen beiseite, als er sich wutentbrannt den Weg zum Heck bahnte, “Findet einen Ankerplatz und das schnell, … … sonst lernt ihr mich kennen!”
“Ah. Trés bien”, sagte Antoine, als er die Mansardentür hinter sich schloss. Geraldine saß angekleidet am Tisch und ließ sich einen Schweinebraten schmecken. Antoine setzte sich zu ihr. Sie schenkte ihm ein Glas Wein ein und fragte: “Was wollte der Herr von dir?”
“Mein Bote berichtete mir, dass der König auf dem Weg ´ierher ist. Angeblich ´at er erfahren, wo sisch das Gold befindet.” Geraldine stellte die Weinflasche ab. “Der König selbst? Und er weiß, wo das Gold ist?”, frage sie zweifelnd. “So ´at man es mir berichtet, ma chérie”, sagte Antoine.
Geraldine beherrschte sich nur mühsam. Natürlich hatte sie versucht, dem Gespräch im Hof zu lauschen, aber die beiden hatten sehr leise gesprochen und sie hatte nur ein paar Buchstücke aufschnappen können. Allerdings hatte sie in dem anderen Mann Lord Francis Fulton erkannt. Ein Bote war der nicht! Welches Spiel wollte Antoine hier mit ihr spielen?
“Genug geredet, Trink, mein Liebster!”, erneut füllte sie Antoine´s Glas, gab sich wider dem köstlichen Braten hin und wartete geduldig auf die Wirkung des Laudanum.
“Holt die Ruder ein,” das Beiboot schob sich mit dem Schwung der letzten Wellenausläufer knirschend auf den Sandstrand. Abrubt kam es zum Stehen. Sogleich sprangen die Männer in das seichte Wasser, die Musketen und das Pulver hoch über den Kopf haltend, und wateten an Land.
Immer noch wütend stapfte Don Pedro den Männern voraus. Die englischen Fregatten hatten die Fahrt verlangsamt, als klar wurde, dass die Patache das Weite suchte. Das war ein Fehler, dachte er höhnisch grinsend. Allerdings hatte das unvorhersehbare Manöver das Überraschungsmoment seiner kleinen Strafaktion vereitelt, sie mussten sich neu formieren, überlegen wie sie möglichst ungesehen von Land aus an den Hafen kamen.
Hinter einer Anhöhe oberhalb des Strandes wurden sie fündig. Ein kleines Weingut erstreckte sich hier in das fruchtbare Land und mit etwas Glück fänden sich dort Reittiere.
Antoine fühlte sich schläfrig, die Wirkung der Droge war Dank der Belladonna Tinktur die Francis ihm zusätzlich mit dem Weinschlauch verabreichte abgeschwächt und er blieb Herr seiner Sinne, döste aber dennoch immer wieder ein.
Rasch schrieb Geraldine eine Nachricht an Don Pedro. -der König selbst ist auf dem Weg hierher - er weiß, wo das Gold ist - angeblich wurde es zu Kanonenkugeln eingeschmolzen - mehr konnte ich leider noch nicht herausfinden- Sie rollte die Nachricht zusammen und rannte hinunter in den Pferdestall, der sich hinter der Schenke befand. Dort weckte sie Juan, Don Pedros Spitzel. Er hatte den Auftrag auf Geraldine aufzupassen und sie wieder zu Don Pedro zu bringen, wenn sie ihren Auftrag erfüllt hatte. “Das muss sofort zu Don Pedro”, sagte sie ohne umschweife. Als Juan zögerte fügte sie hinzu: “Ich komme nach, sobald ich noch mehr herausgefunden habe.” Sie atmete erleichtert auf, als er verschwand und war froh, ihn los zu sein. “Hoffentlich gibt sich Don Pedro damit zufrieden. Soll er doch selbst sehen, wo er bleibt”, sagte sie zu sich selbst. Sie würde sich nie wieder in die Nähe von Don Pedro und Giacomo begeben, diesem hinterlistigen, alten Gauner. Geraldine lief ins Zimmer zurück, zog sich sich aus und legte sich ins Bett, damit Antoine keinen Verdacht schöpfte. Sie würde sich ihm und Francis anschließen und so ihr altes Leben zurücklassen. Liebevoll betrachtete sie Antoine und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.
Antoine tat so, als schliefe er tief und fest. Also hatte Geraldine ihre Nachricht bereits abgesetzt, gut so. Jetzt durften sie allerdings keine Zeit mehr verlieren. Aber ein paar Minuten wollte er noch mit ihr im Bett genießen.