Schlechter Schreibstil

Ich kriege immer zuviel, wenn ein Ich-Erzähler im Präsens während eines Erlebnisses anfängt, Erklärungen abzugeben.
Die Kombination von Ich-Erzähler und Präsens ist meiner Meinung nach immer schlechter Stil (andere werden anderer Ansicht sein), aber Erklärungen sind dann nochmal eine zusätzliche Eskalation. Übertrieben geschildert, sowas wie: „Ich spüre, wie seine Faust meine Nase bricht. Jetzt setze ich instinktiv zu einem Abwehrschlag an, den ich vor Jahren in China vom Kung-Fu-Meister blablabla…“

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Das ist nicht nur schlechter Stil, sondern zudem schlechte Verteidigung. :joy:
(:martial_arts_uniform:1.Dan TKD).

Der unmittelbare Block mit dem Nasenflügel wäre effektiver gewesen.

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@michel,
absolut, wem bereits die Nase gebrochen wurde, der hat bis dahin schon alles falsch gemacht.
(Wing Chun 12.SG)
Nasenflügelblock…klingt gefährlich

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Ninjaturtle Geheimtechnik. Erst ab 3. Astralebene erlernbar.

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Ich würde es wahrscheinlich erstmal vorziehen, ohnmächtig zu werden.

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Nur tell, kein show.
Ich weiß nicht, warum dieser Schreibtipp so verrissen wird, denn gerade das ist es für mich, was eine Geschichte zum Leben erweckt. Leider lese ich immer wieder Storys, wo die Handlung interessant wäre, aber das reine Aufzählen des Geschehens bei mir überhaupt kein Kopfkino entfacht. Da schaff ich es auch nicht, etwas fertig zu lesen.

Infodump
Alles muss auf den ersten Seiten oder in den ersten paar Kapiteln erklärt und abgehandelt sein, danach findet nur mehr Story statt. Als würde ich nicht jeden Tag in meiner eigenen Welt nicht ständig etwas Neues erfahren? Infodump, da wo es gerade für das Verständnis notwendig ist. Den Rest kann man anteasern („Ja ja, da steckt noch mehr dahinter. Lies weiter, vielleicht zeig ich es dir ja?“), aber ich will nicht bereits bei der ersten Erwähnung der Tochter von Trollkönig Grimberg seinen ganzen Lebenslauf und seinen Stammbaum erfahren, wenn ich dazu Null Bezug habe.

Überladene Charaktere
Eindimensionale Protagonisten sind schlimm, aber der handwerklich begabte Alleskönner, der als dekorierter Kriegsheld zum Alkoholiker mit zerbrochener Familie wurde, der aber ein sanftes Gemüt und ein gutes Herz hat, hochintelligent, sarkastisch und humorvoll ist und zurückgezogen in einem kleinen Kaff lebt, aus seiner Vergangenheit aber zahlreiche Kontakte in hochrangigen Positionen hat und über Geheimwissen verfügt, das er eigentlich mit ins Grab nehmen sollte, aber sein Ehrgefühl zwingt ihn dann dazu, aus dem Schatten zu treten und 50 verkorkste Jahre auf einmal in Ordnung zu bringen - am besten innerhalb von wenigen Tagen -, die gehen gar nicht. Entsprechen im Thrillergenre leider gefühlt fast 50 %.

Unaussprechbare Namen
Gerade im Fantasy-Elben-Eck eine Pest. Als wären die gefühlt zusammengewürfelten Buchstaben nicht schon eine Qual, brauchen wir dann auch noch jede Menge Leerzeichen, Bindestriche, Apostrophen, Zirkumflexe und was sonst noch die Tastatur hergibt. Bei Romanen, die eine andere Kultur behandeln, gehört das natürlich zur Authentizität dazu, aber ich danke dem Autor jedes Mal, wenn er den Charakteren einen einprägsameren Kosenamen verpasst.

Ausgelutschtes Setting
Buzzword KI, jeder muss sogleich was dazu schreiben - aber was? Egal, Hauptsache irgendwas dystopisches. Und am Ende sind die Geschichten alle gleich. Die KI wird alles kontrollieren, sie wird uns überwachen, unser Leben bestimmen, alles wird technokratisch und steril abgearbeitet. Da war schon Ich, der Robot von Asimov in den 50ern kreativer.
Warum sind die Menschen in solchen Geschichten so homogen? Warum spielt ihre charakterliche Tiefe keine Rolle? Warum haben sie überhaupt keine Tiefe? Wo sind die feinfühligen Mädchen hingekommen, die lieber Blumen trocknen, statt auf Insta zu scrollen? Wo sind die Burschen, die ihre Welt mit der Faust begreifen?
Da bin ich wieder beim „Show, don’ tell“. Leider beschreiben die meisten dieser Hobbyautoren, die ich da in den letzten 15 Jahren gelesen habe, nur die KI, oder die Auswirkung von Technologie, zeigen es aber nicht am Menschen.

Kein echtes Ende
Bei den allermeisten Büchern kann ich mich an den Anfang erinnern und an den Mittelteil, aber das spannende Ende? Das packende Finale? Oft habe ich das Gefühl, dass dann alle losen Fäden nur noch irgendwie abgearbeitet werden, um ein Ende zusammen zu bekommen, weil der Autor von Anfang an nie ein Ende im Kopf hatte.

Gestelzte Sprache
Wenn es der Sprachstil des Autors ist, kann ich mich irgendwann damit abfinden. Wenn dann aber die Charaktere auch noch in demselben Stil sprechen, bei den Gesprächen auch noch den öden Infodump liefern „Du weißt doch Erich, dass wir das tun müssen. So verlangt es doch der Vertrag von 2223, als die terrestrische Allianz mit der Mond-Union das Abkommen schloss, das unserer Zivilisation für die nächsten 250 Jahre Frieden und Wohlstand brachte.“

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Ich habe gerade so übelst Kaffee durch die Nebenhöhlen gespült, verdammt… :joy::grimacing:

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@LazyBastard

Nun habe ich Lust von einen sanften Seele zu schreiben, die lieber Blumen trocknet, als mit ihren Freunden herumzuhängen. Ihr Smarthome ohne Sicherheitsupdates hilft ihr dabei :wink:

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Ich stimme Dir zu, ein Stück weit. Aber es gibt Autoren, die wirklich spannend und unterhaltsam erzählen können. In diesen Fällen wird Geschehen auch nicht einfach aufgezählt (dann wäre es schwacher Stil), es sind viel mehr einzelne, interessante Passagen, von einer starken Erzählerstimme begleitet.
In diesen Fällen mag zumindest ich nicht von schwachem Stil sprechen - im Gegenteil, man braucht dafür einen sehr guten Stil, finde ich. Deshalb gibt es da nicht allzu viele Beispiele, und ich nehme an, so ist dann der Tipp „Show don’t tell“ entstanden. Das ist oft leichter umzusetzen, wenn man unterhaltsam schreiben möchte und den Leser bei der Stange halten will.

Edit: gerade kürzlich habe ich so ein Buch gelesen, die Geschichte war so… ganz okay. Aber der Erzähler… Wow. Unglaublich stark. Ich stand gefühlt selbst frierend in der dunklen Gasse bis zu den Knien in Scheiße, wenn der Erzähler nur darüber berichtet hat.

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Ich bin noch nicht so tief eingetaucht, wie ihr. Daher halte ich mich mit Wertung zurück und äußere nur meine persönliche Meinung als Leserin.

Es törnt mich ab, wenn die Story hinter den wissenschaftlichen/ technischen „Kram“ zurückbleibt.
(Das wär dann besser ein Sachbuch.)

Ich habe keine „Hasswörter“/ Hass- Satzbau. Ich empfinde es passend oder nicht.

Stakkatosätze mit vielen Verben erzeugen zB. Tempo. Wenn gerade das Pferd durchgeht, ist das die richtige Wahl.

Ich liebe Schachtelsätze, verstiegene Sprache, wenn es zur Person/ Setting/ Ära passt.
Ich mag John Irvings Geschichten in der Geschichte…

Mit Sprache/ Dialekt/ Slang zu spielen, verleiht Dialogen Leben und Authentizität. Doch ich möchte zB. kein ganzes Buch in „Schnodderspache“ lesen.

Körperliche/ seelische/ sexuelle Gewalt, Verbrechen, Sexszenen empfinde ich nur dann lesenswert, wenn sie die Story voranbringen oder das Wesen einer Figur zeigen.

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Klar, und da stimme ich dir völlig zu - vor allem auch als Fan von Lovecraft, dessen Bücher ja fast nur Erzählungen waren (nach meinem Gefühl).

Ich meine da eher „Anna ging in den Keller. Sie hatte dabei Angst.“
Aber ich will den Keller sehen, die vergammelte Rattenkacke riechen und spüren, dass sie Angst hat, und eine Ahnung bekommen, warum. So war das von mir gemeint, und ich meine, der Tipp „Show, don’ tell“ handelt auch davon, Emotionen nicht aufzuzählen, sondern spüren zu lassen, und es nicht als allumfassendes Mantra zu begreifen.

Nur „show, gar kein tell“ wäre natürlich genauso schlechter Schreibstil, weil die Geschichte dann zu überladen wäre.
(Ich stell mir gerade einen Fanatsyroman vor, wo man in einem Infodump-Dialog die ganze Geschichte des Elfenstammes seit Anbruch des Zeitalters des Schwertes erzählt bekommt, und der Autor beherzigt den „Show, don’t tell“ Tipp wortwörtlich und macht eine epische Schlachtbeschreibung nach der anderen :sweat_smile:)

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Aber bitte nur, wenn der Autor nicht das Nennen einer Emotion bloß 1 zu 1 durch das Beschreiben von Körpersprache ersetzt.
„Anna ging in den Keller. Sie ballte dabei die Fäuste.“ empfinde ich als wesentlich schlechteren Stil als „Anna war wütend darüber, dass sie in den Keller geschickt wurde.“

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Ja, weil das erste immer noch tell, aber das Zweite nach meinem Dafürhalten schon eher show ist :see_no_evil:

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Der Infodump ist auch einfach nur eine Falle. :stuck_out_tongue:

Autoren recherchieren viel, oder bauen ganze Welten. Manchmal (gerne in Klassikern zu erkennen) wollen die Autoren „zeigen/beweisen, dass sie alles genau wissen“ und schweifen dann ab, um ihr Worldbuilding oder die Recherche zu erklären.

Es ist ein bisschen als wärst du Bruce Wayne bei einem Date, und müsstest dich zurückhalten zu erwähnen, dass du unendlich reich, oder ein maskierter Rächer bist. Vielleicht eine Andeutung machen, ohne die komplette Wahrheit direkt zu offenbaren.

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Wie witzig wäre das denn? Fünf Romane in einem einzigen, bis der Leser die Hintergründe kapiert hat und die eigentliche Geschichte losgehen kann :smile:

Das ist echt nicht so einfach, da ein Mittelmaß zu finden… Wie geht ihr da vor?

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Das hängt davon ab, welches Wissen zu offenbaren ist. Ich arbeite häufig mit Dialogen, bei denen die Schnippsel versteckt sind.

  1. Hintergrund zur Welt. Einfach beim Durchqueren der wilden Welt, wird sie Stück für Stück erklärt. Vielleicht erzählt ein Nebencharakter dem Protagonisten etwas. „Die Wanderer, die hier durchkommen, gehen immer den Hügel hinauf. Ehrlich gesagt, habe ich noch nie einen absteigen sehen. Vielleicht machen sie das auf der anderen Seite?“

  2. Spezialwissen. Z.b wenn du alles über Schmiedekunst gelesen und gelernt hast, dann könnte es in einer Szene eine Rolle spielen, bei die der Protagonist etwas geschmiedet bekommt.

  3. Hintergrund zum Charakter. Sagen wir er ist Berufsdieb, ohne es zu benennen. Er erzählt in einem vertrauensvollen Dialog, dass er als Kind mal beim Süßigkeiten stehlen erwischt wurde. Bei einem Konflikt weist er z.b darauf hin, wie gut man durch dieses Kellerfenster einsteigen könnte, als wäre es selbstverständlich, so etwas zu wissen. Er besitzt plötzlich etwas, dass ein paar Kapitel vorher, ein Nebencharakter besaß. So in etwa :slight_smile:

Das Ziel ist hier nicht „komplettes Verständnis“ sondern „Neugierde wecken und gerade so befriedigen, dass neue Fragen willkommen sind“

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Darum ist auch die buchstäbliche Heldenreise so beliebt - der Protagonist lernt die Welt dadurch genauso kennen, wie der Leser selbst. Ist aber ziemlich ausgelutscht.

Ich lasse gerne Charaktere aus verschiedenen Gesellschaftsschichten oder unterschiedlichen Alters aufeinandertreffen. Hier lässt sich in Dialogen dann das ein oder andere erklären. Es ist ja zB unsinnig, dass Gelehrter A dem Adeligen B über dessen Familiengeschichte einen Vortrag hält (außer es gäbe Kontroversen dazu :thinking:), aber zwei Stallburschen, die gegenseitig angeben, was sie nicht gehört oder erfahren haben? Oder der Stalljunge, der - um die unangenehme Stille zu überbrücken - seinen Herrn eine Frage stellt?

Ich versuche mir dann das Ganze in „echt“ vorzustellen. Also ich gehe weg von den geschriebenen Worten und stelle mir eine Szene vor, wo ich in die Rolle von A schlüpfe, und ein Bekannter von mir übernimmt die Rolle von B. Und dann stell ich mir das Gespräch vor und frag mich dann: Redet man so miteinander?
Da merkt man dann auch recht schnell, ob man mal wieder zu Wortakrobatie geneigt hat und man eine Stufe zurückgehen sollte.

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Ich glaube, es ist immer die Dosis, die das Gift macht. Schlechter Stil entsteht für mich nie durch einzelne Verwendung eines solchen Stilmittels. Ganz im Gegenteil - klug eingesetzt kann es die Geschichte perfekt bereichern. Aber wenn deutlich wird, dass die schreibende Person gar nicht anders kann, dann bekomme ich Probleme. Ein bewusst eingesetztes „Dies“ ist grandios. Ein „Dies“, das genutzt wird, weil jemand glaubt, damit fundierter, professioneller oder hochwertiger zu klingen, ist für mich schwer zu ertragen. Wie gesagt: Ganz viel ist Geschmackssache! Ich glaube, dass es Menschen gibt, die mit Show nicht klarkommen oder mit Tell nichts anfangen können. Die Schachtelsätze nervig und langweilig finden - und solche, denen es bei Sätzen mit unter fünf Worten so geht.

Für mich ist genau das der ganz große Spaß am Schreiben: so viel Vielfalt in Texte einbinden, dass beim Lesen keine Langeweile aufkommt und Worte ungebremst im Hirn wirken können. Ob mir das gelingt? Ich habe keine Ahnung! :smiley: Meine Güte… ich liebe das Schreiben. Und das Lesen. Beste Erfindung der Evolution ever. Vielleicht abgesehen von komplexen Lebenszyklen bei parasitären Lebensformen.

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Mir aus der Seele gesprochen, dafür von mir mindestens 3 Herzchen.

Was ich auch nicht leiden kann, sind Adjektiv-Adverb-Konstruktionen, am besten noch als Inquit verpackt (stöhnte er schmerzerfüllt, jammerte sie verzweifelt, …)

Und dann ist Gegendere in jeglicher Form in einem Roman (ok, nicht nur da, aber da störts mich am meisten) für mich ein absolut rotes Tuch. Wenn ich in der Leseprobe schon sowas wie ‚Die Zuschauer*innen spendeten höflichen Applaus‘ sehe, kaufe ich das Buch nicht, egal wie sehr es mich interessiert hätte. Ganz toll sind auch diese sog. Genderpronomen, also ‚Xier gingen zum Strand hinunter‘ oder ‚Sier war derselben Meinung‘, da kriege ich Mordgelüste!

8 „Gefällt mir“

Spielst du auf mich an? Ich frage nur, weil ich mir gerade nicht sicher bin.