Schlechter Schreibstil

Guten Abend,
was versteht ihr unter einem schlechten Schreibstil?
Ich mag keine zu vielen Stakkato-Sätze, außer vielleicht in hektischen Actionszenen. Ich finde es auch nicht gut, wenn zu passiv geschrieben wird. Wie sieht ihr das?

Ich weiß nicht, ob es allgemin gültige Regeln für guten oder schlechten Stil gibt.
[Schachtelsatz]
Ich glaube aber, dass, wenn jemand mit Gewalt versucht, seinen Schreibstil, den er sich in Jahren angeeignet hat und siet langer Zeit pflegt, ändern will, nichts gutes dabei herauskommt.

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Es gibt schon so ein paar Gedanken, die den Schreibstil besser machen können: Das passende Wort für eine Beschreibung finden und nicht das Erstbeste (Der Garten war gefüllt mit Blumen) (Der Garten bestand aus weiß blühenden Rosensträuchern) . Häufig benutzte Vergleiche und Attribute überdenken (Die Polizei sucht fieberhaft) (hat offenbar immer Schweiß auf der Stirn, geht gar nicht nicht anders.)
Das berüchtigte „Show don’t tell“, womit gemeint ist, dass der Schreiber nicht Dinge bloß benennt. (Jimmy hatte große Sorge, deswegen rannte er die Stufen zur Schule hoch) hier würde der geneigte Schreiber versuchen Jimmys Sorge durch Ausdruck oder Innenleben darzustellen. Genauso wie seine Hatz.
Aktiv statt passiv Konstruktion. (Das Schiff war wegen dem Riff gesunken.) (Der Schiff zerschellte am Riff.)
Hilfsverbkonstrukte vermeiden. (Bzw. Schreibe dein Text würde-los)

Sich mit Metaphern und Sprachbildern beschäftigen. (Diese Schafe am Hang waren stämmige, kleine Biester, die ihn mit unerwartet klugen Augen anssahen. Es war beinahe, als beobachteten sie gemeinsam seinen Weg ins Unglück. Sollte er den schmalen Bergweg besser nicht weiter klettern?)

Und andere …

Sich nicht an diese Tipps zu halten, macht einen Schreibstil tendenziell schlechter. Trotzdem muss natürlich eine interessante Geschichte erzählt werden, und Tipps sind keine Regeln. D.h es gibt Schachtelsatzfreunde, die allen Tipps zum Trotz, trotzdem ihre Leser finden.

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Kleines extra: Dialoge ohne „Spannung“.

Das kann man sehr gut im Fernsehen beobachten. Schaut man eine auf deutsch synchronisierte Krimi Serie wie z.b „Castle“ „The Rookie“ „The Mentalist“ und vergleicht die Dialoge mit Polizeiserien des „Deutsches Fernsehens“ erkennt man Unterschiede.
In US Serien sind die Dialoge offenbar gescripted. Es gibt immer mal wieder Witze, oder Andeutungen. Die Dialoge sind nicht unbedingt natürlich, aber sie wirken spannend beim Zuhören.
Sieht man „Deutsches Fernsehen“ wirken die Dialoge oft improvisiert, als ob jemand ne Kamera draufhält und genauso langweilig sind sie dann auch. Die Dialoge sind durchaus natürlich, aber spannend wie ein Big Brother Überwachungsvideo :wink:

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Ich kenne mich mit den allgemeingültigen Regeln über guten oder schlechten Stil nicht so aus und kann daher nur für mich selbst sprechen.
Zum Beispiel lese ich Wiederholungen nicht gern, außer, wenn sie gezielt als Stilmittel eingesetzt werden. Dabei ist es mir egal, ob es einzelne Wörter sind, die sich oft wiederholen, ob die Satzstruktur wiederholt ähnlich ist, oder ob der Autor innerhalb eines Buches immer wieder die selben Beschreibungen nutzt (z. B. wenn die Protagonisten im Roman ständig die Lippen aufeinanderpressen oder die Augenbrauen heben. Das ist natürlich eine häufige Mimikbeschreibung die an sich für mich in Ordnung ist. Aber das muss nicht in jedem Kapitel so beschrieben werden, nur weil Menschen eben oft so gucken.)
Außerdem lese ich das Wort „gingen“ wirklich nicht gern, wenn es dabei um Fortbewegung geht. „Sie gingen nach XY.“ Liest sich für mich immer schlechter, als nahezu jede andere Formulierung. Bei anderen häufigen Verben, deren Verwendung wahrscheinlich auch nicht als guter Stil gehandelt wird, fällt mir das nicht so auf.

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Allerdings nur tendenziell. Denn, wenn jemand gut erzählen kann, hat er Show, don’t tell überhaupt nicht nötig. (siehe unser @a-i-brecht). Wenn ein Buch auf 1000 Seiten anschwillt, nur weil tell vermieden werden soll, wirkt es ebenfalls gekünstelt oder ist sogar vollkommen überflüssig. Beschreibendes kann auch Spannung erzeugen.

Ich finde, auf die Eingangsfrage gibt es keine eindeutige Antwort.
Wenn jemand schreibt und dann … und dann … und dann passierte dieses oder jenes, dann :grinning: ist das zunächst einmal ganz furchtbar. Möchte ich durch die sich wiederholende Satzkonstruktion die Langweiligkeit einer Figur betonen, wird der eigentlich schlechte Stil zum Stilmittel.

Ich mag es nicht, wenn in einem Roman allzu häufig zwei Hauptsätze mit und verbunden sind. Das treibt mich fast in den Wahnsinn. Meinen Mann stört das nicht im Geringsten, will sagen, auch persönlicher Geschmack hat damit zu tun, ob etwas schlechter Stil ist oder nicht.

Zurück zum und: Ich habe ein aktuelles Beispiel, bei dem ich es selbst übertrieben oft einsetze, zur Betonung, weil sich Lebensumstände geändert haben. 2 Figuren, die am Existenzminimum leben, bestellen in einem Restaurant etwas zu essen. Denn ihre Lebenssituation hat sich schlagartig geändert. Um das zu verdeutlichen, habe ich zum und gegriffen.

Sie bestellten sich ein Menü - eher langweilig.

Sie bestellten sich eine Vorspeise und eine Hauptspeise und noch eine Hauptspeise und ein Dessert und Wein - wirkt doch ganz anders. Es kommt deutlich heraus, dass sie nun die nötigen Mittel dazu haben.

Wenn ich, diesem Beispiel folgend, die nächste Szene auch so schreibe und das nächste Kapitel wieder auf dieselbe Art und … Dann wird der Leser das Buch spätestens an diesen Stellen zur Seite legen.

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Was ich als Lektorin oft lese, sind Texte, die an einen Schüleraufsatz erinnern.
Ich werde das nicht schlechten Schreibstil nennen, aber da gebe ich sehr präzise Überarbeitungshinweise, bevor ich überhaupt ein Lektorat beginne. Ich möchte, dass die Texte sprachlich zum Autor passen, aber dennoch lebendig und vor allem variabel sind.
Kaum jemand findet einen Text gut lesbar, bei dem jeder Satz mit dem Subjekt beginnt, in dem es von wars und hattes wimmelt und Adjektive und Attribute sich gegenseitig übertreffen.
Die Dosis macht das Gift. In unserem Fall heißt das: einen abwechslungsreichen Text oder Eintönigkeit in Worten.

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Ich lese derzeit Das andere Kind. In manchen Szenen kommt in jedem Satz hatte vor. Das ist einfach furchtbar. Bei Autoren wie Charlotte Link verstehe ich nicht, warum das durchs Lektorat gegangen ist.
Wenn sie es unbedingt so haben wollte, ist das umso schlimmer.

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Eine gute Frage: wenn man im Präteritum schreibt, und in eine Rückblende erfolgt, müsste man grammatikalisch ins Plusquamperfekt wechseln. Ist die Rückblende länger, folgen dann ganze Abschnitte voller Sätze mit „hatte, ware, gewesen“. Gibt es da eine elegante Lösung?

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Ja. Man leitet diese Stellen ein, sodass die Rückblende klar ist und schreibt weiter im Präteritum.
Außerdem kann man erstaunlich viele Stellen umformulieren. Wenn dann zwischendurch hatte und wäre gewesen auftaucht, stört es nicht weiter.

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Danke für den Tipp!

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Hallo zusammen,
ich verfolge diese Diskussion und bin gerade etwas unentschlossen, ob ich persönlich weiß, was ‚guten‘ und ‚schlechten‘ Stil wirklich ausmacht. (Vielen Dank für die freundliche Erwähnung @Suse )
Für mich sind Wortwiederholungen genauso stilbildend wie stakkatohafte Sätze. Ich benutze viele Varianten und da sind ‚hattes‘, ‚wars‘ und ‚unds‘ auch dabei. Es kommt immer auf den Zweck an.

Da meine Busfahrergeschichten im Präsens geschrieben sind, entsteht das Problem mit Vergangenheitsformen nicht (höchstens, wenn ich gedankliche Rückblenden einbaue).
Bei meinem ‚Der Magier‘ muss ich permanent daran arbeiten, eine undifferenzierte Schreibweise zu vermeiden, obwohl ich auch immer wieder kleine Ausfälle habe :sunglasses:
Quintessenz für mich:
Gut und schlecht, falsch und richtig liegen im Auge des Lesers.
Das Gesamtkonzept muss ‚floaty‘ sein und man muss eigentlich schon umblättern wollen, auch wenn man erst die Seite angefangen hat zu lesen.

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