Religion

Disclaimer:
Ich will hier keine Grundsatzdiskussion zu Religion und Glaube generell anstoßen. Es ist eine spezifische Frage, wo ich ein wenig im Dunklen herumtaste. Mir würde es um einen kleinen Denkanstoß für mich gehen.

Es ist mir klar, dass Religion für alle Kulturen ein elementarer Bestandteil ist. Für Fantasy ohnehin, ganz egal ob es Highfantasy, Lowfantasy, Darkfantasy und das ganze andere Zeugs ist. Selbst in einer völlig technokratischen Gesellschaft, würde vielleicht die Technik an sich, oder die „Elekrizität“ als Basis des Ganzen verehrt werden.

In meiner Fantasywelt gibt es - Mittelalterklischee - die Heilige Mutter Kirche, die an den Erbauer glaubt. Die Kirche selbst hat machtgierige, faschistische Züge, bestimmt das Leben der einfachen Menschen und ihr Manifest gibt ihr als einzige Macht des Kontinents das Recht, Waffengewalt auszuüben.

Im orientalisch angehauchten Sonnenreich gibt es dann noch den Sonnenkaiser als Reinkarnation des kraftspendenden Gestirns. Und in den Weiten des unendlichen riesigen, dunklen Waldes glauben die Menschen noch im Geheimen an die alten, urtümlichen Götter, die in den Bächen, Steinen und Bäumen beheimatet sind. Tagsüber murmeln sie die Gebete an den Erbauer, am Abend bringen sie den furchtbaren Götter ihrer Vorfahren Opfer dar und verkriechen sich in ihren Hütten.

Alles soweit klischeehaft.

Ein Gedanke beschäftigt mich aber seit Längerem. Unabhängig von Gesellschaft und Kultur - was bringt einen Einzelnen dazu, daran zu glauben? Außer, dass man es ihm beigebracht, eingetrichtert hat?

Daran scheitere ich und ich würde 2-3 Charaktere hier gerne etwas mitgeben, was ihnen vielleicht etwas mehr Tiefe verleihen würde. Aber da hab ich ein völliges Brett vorm Kopf.

Als erstes kleine Wunder, die ihnen wiederfahren sind Glücksfälle, die suggerieren das ein Engel Schutz bot oder ein Gott ihre Gebete erhört hätte. Es muss nicht immer ein grosses Wunder geschehen. Die kleinen Zufälle sind auch okay. Sogar alltägliches gelingen verstärkt Glauben

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Du meinst also ein „Zeichen“, die einen im Glauben festigen? Vielleicht auch den Sieg über eine Krankheit?

Die Neugier und der Drang der meisten Menschen, auf ihre Fragen bzgl. ihres Daseins, des Sinns etc. Antworten zu finden. Je nach Charakter, Erziehung, Bildung und eigener Biografie sind wir somit grundsätzlich offen für Glaubensansätze aller Art.

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Die Hilfe eines Gebetes zur Genesung
Aber ja kleine Wunder passieren ob mit oder ohne Götter. Die Zuordnung macht den Unterschied.
Ohne den Beistand von Tintus, dem. Gott der Schreibfeder, hätte ich nie den Mut gefunden, über religiöses gedöns zu salpetern.:wink:

  1. Soweit ich mich erinnere kommt der Begriff „Glauben“ vom mittelhochdeutschen geloben, was so viel wie „Vertrauen“ bedeutet. Hat also mit einem unhinterfragten Annehmen von anderer Leuts Fantasien nur wenig zu tun und ist daher
  2. Immer individuelle Privatsache.
  3. Insofern dieser Glaube nun eine (personifizierte) Gottheit betrifft, ist auch das an die höchst subjektive Vorstellungskraft des einzelnen Individuums gekoppelt.
  4. Alle Missionierungen sind daher - mehr oder weniger gewalttätige - Machtkämpfe
  5. Ein nettes Bonmot dazu: Der Wiener jüdische Kabarettist Oscar Bronner, ein hervorragender klassischer Komponist, wurde nach seiner Rückkehr aus dem amerikanischen Exil vom damaligen Wiener Oberrabbiner gebeten, ein Pessach-Oratorium zu schreiben. Bronner lehnte ab mit dem Argument, dass er nach Auschwitz nicht mehr an Gott glauben könne. Der Oberrabbiner erwiderte ihm: „Wissen Sie Herr Bronner, Gott ist es ziemlich wurscht, ob Sie an ihn glauben oder nicht. Er möchte nur, dass Sie dieses Oratorium schreiben.“

PS: Ich persönlich mag die Definition der Anomymen Alkoholiker von Gott: „eine Macht, grösser als wir selbst“, weil sie mir die Freiheit gibt, darunter das zu verstehen was ich will und nicht was andere meinen, dass ich zu verstehen hätte. Und überhaupt - wie sagte schon der Dalai Lama: „Ethik ist wichtiger als Religion.“ Halleluja!

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Erlebtes. Beispiel: Prota kommt in eine Gruppe von Menschen die alle gläubig sind. Er ist es nicht. Aber er ist neugierig und beginnt zu fragen. Die Leute antworten ihm, so gut sie es eben können. Irgendwann kommt Prota an den Punkt, dass er sich entscheiden muss, weil er begriffen hat, dass die Gläubigen entweder Recht haben oder nicht. Er sagt sich vielleicht: „Hm, wenn es stimmt, und der Erbauer real ist, dann kann er mir das auf die eine oder andere Art bestätigen.“ Er fordert kein „Zeichen“, sondern eine Antwort auf die Frage, die ihn inzwischen quält: „Gibt es dich und gehöre ich dazu?“ Er geht sogar soweit, dass er dem Erbauer eine Frist setzt, bis zu der er eine Antwort haben will/muss. Schliesslich ist die Frage wichtig geworden für ihn. Vielleicht gibt es Schriften über den Erbauer von anderen Gläubigen, in denen sie ihre Erfahrungen festhielten. Er kommt irgendwie in den Besitz solcher Dokumente, weiss aber nichts oder nur wenig damit anzufangen. Was macht er? Er schlägt sie irgendwo auf, hält seinen Finger auf die Seite und beginnt zu lesen. Und da steht dann sowas wie „Der Böse verlasse seinen Weg und kehre um. Er folge künftig dem Weg des Erbauers, auf dass er Weisheit, Friede und Erlösung finde.“

Meintest du sowas in der Art?

Speziell dann, wenn sie als unheilbar gilt, oder die Heilung viel schneller und nachhaltiger als gewöhnlich eintrat.

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Das find ich wirklich herzhaft :sweat_smile:

Das ist eine top Idee, diesen Charakterzug über einen fragenden Dialog zu beantworten! Vielleicht weil eine Person durch ein traumatisches Ereignis in eine Sinnkrise stürzt? Und er wendet sich an seinen gläubigen Vater? An den Abt des Dorfes … Hier tun sich grad mächtig viele Ideen auf!!

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Mir fallen zwei Dinge ein: Liebe und Angst.

Die Liebe bezieht sich auf das Gefühl, das jemand gegenüber einer höheren Macht verspüren könnte. Irgendwo gibt es etwas/jemanden, der auf mich aufpasst, dem ich wichtig bin. Das irdische Leben ist hart und ungerecht. Doch am Ende, wenn ich alles überstanden und gekämpft habe, gibt es jemanden, der mich mit seiner bedingungslosen Liebe empfängt.

Dann wäre da die Angst. Angst vor diesem mächtigen Wesen, das mich mit einem Fingerschnippen auslöschen, und für immer leiden lassen könnte. Besser ich glaube daran, richte mein Leben danach aus und bin auf der sicheren Seite denn: Was sind 70 Jahre Lebenszeit verglichen mit der Ewigkeit?

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:wink: So kann auch nur ein (Wiener) Rabbi antworten. :wink: Ich liebe jüdischen Humor, wenn ich ihn auch nicht immer verstehe.

Und was die Punkte 1+2 deiner Ausführungen betrifft, denen kann ich nur zustimmen.

Kunst imitiert das Leben. :wink:

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Kann ich das mit einer Furcht vor dem Unbekannten zusammenfassen?
Der Versuch, die Kontrolle hinaus zu behalten, auch über den Tod hinaus? Die Angst davor, dass da dann vielleicht „Nichts“ ist? Dass alles hier im Leben geschaffene „für die Hunde ist“?

Vielleicht wäre das eine Chance, einen meiner Protagonisten vor eine Wahl zu stellen? Tut er das Eine hier im „Jetzt“, was im Vorteile verschafft. Aber es ist aus religiöser Sicht das Falsche? Er steht vor der Wahl und hadert mit sich. Tut er das Falsche und es gibt dort da dann diesen Gott, fällt mir das dann auf den Kopf? Andererseits lebe ich im Hier und Jetzt …

Das ist ein schöner Konflikt. Wie gläubig ist diese Person? Glaubt sie selbst aus voller Überzeugung, oder glaubt sie aufgrund der gesellschaftlichen Erziehung und des Drucks? Ersteres ist tricky aber auch nicht so weit hergeholt: Es gab und gibt ja unzählige verstrahlte, die unter dem Deckmantel des Glaubens absolut fragwürdige Dinge tun und am Ende vollkommen überzeugt davon sind, mit ihrem Handeln dem Gott/der Religion damit zu dienen.
(Aktuell eine Doku auf Netflix, die ich empfehlen kann: Tanzen für den Teufel - die TikTok Sekte von 7M)

Wenn aber ein Grundzweifel da ist, ist es am Ende relativ leicht sich für das Hier und Jetzt zu entscheiden. Und hat man sich erst einmal für das „Falsche“ entschieden und keine irdischen Konsequenzen erfahren, ist der Weg für weitere Verstöße geebnet.

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Ein weiterer Grund ist sicher auch, nicht allein sein zu wollen. Ob in einer Gemeinschaft der Gläubigen oder alleine verbunden mit einem höheren Wesen. Der Mensch will ja irgendwo dazugehören.

Was mir in dem Zusammenhang noch fehlt ist die Weigerung selbst zu denken. Ob man nun zu viel zu tun hat, was im Mittelalter sicher oft der Fall war, oder ob man sich einfach damit abfindet, dass es ist, wie es ist. Diese Einstellung ist ja bis heute weit verbreitet.

Nicht so schöne Gründe, aber durchaus existent und je nach darzustellendem Charakter auch interessant.

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Ich war in den Neunzigern 8 Jahre lang bei den bibeltreuen Christen. Die nehmen die Bibel als quasi papiernen Past. Ich war 2 Jahre lang auf einer Bibelschule, was im normalen Deutsch theologisches Seminar heißt. Dort bekam ich Befög. Es war also keine völlig abgehobene Sekte, obwohl der dort gelebte Glaube nach meinem heutigen Verständnis sektiererische Züge hat.

Warum kommt man dazu?
Wegen anderer Menschen. Mich hatte damals eine Bekannte neugierig gemacht. Die Bibel selbst ist ja für Ungläubige einem Fantasybuch nicht unähnlich. Und dieses Buch bietet unendlich viel Raum, eine fremde Welt zu entdecken.

Nun hatte ich mir aus meiner Kindheit immer ein Stück Gläubigkeit bewahrt und hatte auch immer mal gebetet. Da lag die Frage: Ist dies der gleiche Gott, an den ich schon immer gebetet hatte, nicht fern.

Was sind die positiven Dinge des Glaubens?

  1. Dein Leben - so unspektakulär es sein mag - hat plötzlich einen Sinn. Du stehst mit dem in Kontakt, der hier alles verbrochen hat.
  2. Dieser neue Sinn hat bei vielen sehr positive Auswirkungen - ähnlich einem Placebo (aus Sicht eines Ungläubigen). Du lernst Leute kennen, die durch den Glauben z. B. von Drogen losgekommen sind. Das ist schon krass.
  3. Es gibt eine sehr große Nähe. Die Hauskreise funktionieren ähnlich wie Selbsthilfegruppen. Man sitzt zusammen, erzählt sich von der letzten Woche. Man hat Leute, die sich dafür interessieren, wie es dir geht und dich auch anrufen. Während meiner Scheidungsphase gab es genau einen Freund, der sich regelmäßig bei mir nach meinem Befinden erkundigt hat: ein Freund aus dieser Zeit, der immer noch Christ ist, obwohl ich es seit 1998 nicht mehr bin.
  4. Man hilft sich gegenseitig. Als ich 1995 zurück nach Wiesbaden gezogen bin, genügte ein Besuch in einer Gemeinde und ich hatte Leute, die sich quasi aufgezwungen haben, um mir beim Umzug zu helfen.
  5. Man gehört einer gefühlten Elite an.
  6. Weil man etwas mit seinem Gott erleben will, erlebt man auch etwas mit ihm. Man fühlt sich geführt und interpretiert Zufälle als Gottes Wirken.

Wundersame Verhaltensweisen:
Meine Bibelschulzeit kam mir irgendwie wie Harry Pottery Hogwards vor. Wir diskutierten und lebten übernatürliche Dinge. Leider nicht zu krass wie im Roman - aber wir lebten auch irgendwie in einer Traumwelt.

Dies war auch spürbar. Ich hab ja schon geschrieben: Ich bekam Befög. Die erste sonderbare Situation hatte ich bei der ersten Klausur in NTBK (neutestamentliche Bibelkunde). Nachdem der Lehrer die Arbeitsblätter ausgeteilt hatte, deutete er belanglos auf das Telefon im Saal und sagte: „Wenn Sie Fragen haben, ich bin auf der 33.“ Dann verließ er den Raum und kam auch erst nach zum Ablauf der Zeit wieder.

Wir sahen kurz verwundert auf, aber keiner spickte. Die Botschaft war klar: Wir glauben an einem lebnendigen Gott. Wer hier abschreibt, hat nicht verstanden, worum es geht.

Wenn sich doch jemand nicht zurückhalten konnte, bekam er ein schlechtes Gewissen. Daraufhin ging man zu dem entsprechenden Lehrer und erhielt eine 6. Sonst kein böses Wort, kein Misstrauen in der Zukunft. Einfach eine 6 und weiter.

In ATBK diktierte uns der Lehrer sogar die Fragen, ließ uns den Test schreiben. Und danach verlas er die richtigen Antworten. Daraufhin korrigierte jeder seinen EIGENEN Test, schrieb die Punkte drunter und gab ihn ab.

Wenn du sowas erlebst, und es funktioniert, gehörst du tatsächlich einer Elite an. Es fühlt sich so an und es ist auch so. Bis heute vermisse ich das.

Wir mussten im 1. Jahre die Bibel komplett durchlesen. Der ATBK-Lehrer (ein humorvoller Engländer) hatte uns dazu alles in Monatsabschnitte unterteilt. Kurz vor Ablauf des Monats sagte er immer: „Denkt bitte daran, nächste Woche werde ich fragen. Ich werde fragen.“ Wer dann nicht sagen konnte, dass er bis dahin gelesen hatte, bekam eine schlechte Note.

Leider hat der Glaube aber auch Auswirkungen, die negativ sind. Dazu zählen einige moralische Werte und natürlich auch, dass jeder viel mehr über den anderen weiß, als das bei normalen Freundschaften der Fall ist. Ich will darauf jetzt nicht weiter eingehen. Aber die von mir nicht nachvollziehbaren Unstimmigkeiten der Bibel, mit den meiner Ansicht nach selbstbetrügerischen Interpretationen von Glaubenserfahrungen mit problematischen Lehren wie der Hölle und absolut nicht mehr in die Zeit passenden moralischen Lehren wie der Beschimpfung von Homosexuellen (Römer 1,26-27) , haben mich letztlich dazu gebracht, von diesem Glauben wieder Abstand zu nehmen. Ich kann dir aber sagen, dass es mich mitunter bis heute schmerzt, nicht mehr dazuzugehören. Wenn ich mir allerdings nur diesen Abschnitt nocheinmal durchlese, sehe ich sofort, dass es für mich kein Zurück mehr gibt.

Ich hoffe, dass dir diese Aussagen etwas helfen.

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Ja, danke für den schönen Text. Vor allem die Anekdote mit der Prüfung … das ist sicher etwas, das man in einem Roman in einer kleinen Nebenszene einbauen kann. Das gibt dem Ganzen sicherlich einen authentischen, ehrlichen Touch.

Wenn ich dich richtig verstanden haben, kann ich das hier so zusammenfassen, dass es um die Gemeinschaft geht. Man will einfach dazugehören und hinterfragt zuerst einmal nicht. Und diese „Haltung“, wenn man es denn so nennen will, färbt ab.

Danke einmal für den hilfreichen Input! Ihr habt mir sehr viele Ideen gegeben, ich hab das wohl aus religiös-theologischer Sicht zu eng gedacht. Darum tat ich mir dann aus der Sichtweise meiner Protagonisten so schwer.

Ich geb hier mal ein wenig Kontext, warum sich für mich die Frage stellt und würde mich um ein wenig Feedback freuen.

Daria ist ein junges Mädchen, sagen wir vielleicht 15 Jahre. Sie ist Klosterschülerin im größten Kloster des Reiches, quasi im Herz der Kirche. Ihre Aufgaben sind Küchenarbeiten, das Waschen der Wäsche etc … Sie hat eine problematische Vergangenheit, was leider zu ein paar Verwerfungen führt. In der Stadt hat sie einen Lover (sie nützt seine Gunst aus, er vielleicht ihren jungen Körper), im Kloster leider auch (verbotene Liebe) und zuletzt mit ihrer Zimmerkollegin noch ein romantisches Verhältnis (nochmal eine verbotene Liebe, gesteigert). Leider kennt sie keine Grenzen und hat da und dort auch noch angetandelt. Man mag ihr das alles nicht nachweisen können, aber sie hat ihren Ruf.

Als etwas Schlimmes geschieht, ist man natürlich schnell damit, mit den Fingern auf Daria zu zeigen und sie wird gleich als Schuldige ausgemacht. Im finsteren Bergkerker fristet sie ihr Dasein und wartet auf das kommende Tribunal, das über sie richten wird. Ist sie besessen? Oder einfach nur völlig verdorben? Sie kann kaum schlafen, weil in der Nacht die Ratten ihre Zehen anknabbern, und tagsüber muss sie sich mit ihnen um ihr kärgliches Mahl streiten. Manchmal rühren aber selbst die Nager das nicht an.

Der Hauptmann der Klosterwache (das ist der POV) kommt sie am Vorabend des Tribunals besuchen. Er ist pflichtbewusst und loyal, gläubig, aufrecht und standhaft. Aber der Anblick dieses Mädchens, das ihn immer freundlich gegrüßt hat, bringt ihn ins Wanken. Er fragt sie, ob sie sich fürchtet? Und nein, sie hat keine Angst. Er versteht das nicht, der Zorn des Erbauers ist unerbittlich. Aber sie entgegnet nur, dass sie jeden Glauben an den Erbauer verloren hat. Hunderte Gebete hat sie ins Finstere gemurmelt, nicht ein einziges Mal hat er sie erhört. Unser Hauptmann ist davon noch nicht beeindruckt, dieses Verhalten kennt er von anderen.

Doch dann, als er bereits am Gehen ist, stellt Daria ihm eine Gegenfrage. Ob er sich denn nicht fürchtet? Die Ehre ist doch das höchste Gut, das der Erbauer dem Menschen gegeben hat. Liegt in seinem Nichtstun Ehre? Er sieht nur dem Unrecht zu und legt die Hände in den Schoß. Fürchtet er sich denn nicht? Vor seiner Ehrlosigkeit?
Und da, als er sie zurücklässt, beginnt er zum ersten Mal am späten Abend, seine Gebete flüsternd, seine Ansichten tiefer zu hinterfragen.

Was haltet ihr davon?

Erinnert mich irgendwie an meine Jugend bei den Kommunisten. Ich genoss die Genossenschaft sehr (vor allem die mit den Genossinnen. :upside_down_face:) Doch das Studium der Bibel, sprich MEW, die Borniertheit der braven Parteisoldaten gegenüber den Arbeitern, die sie ja von ihrem kleinbürgerlichen Elend erlösen wollten und vor allem die Bildungsreisen in den real existierenden Sozialismus der DDR heilten mich alsbald. Wie heisst es so schön: „Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch immer einer ist, hat kein Hirn.“ Aber alle waren wirklich tiefgläubig dort. Zumindest am Anfang.

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Das ist die Frage. Ich selbst war Jahre in einer Sekte, die sich selbst als allein seligmachend bezeichnet hat. Alle anderen außerhalb seien ohnehin dem Verderben verfallen. Mir ist ist es überraschend einfach gelungen, diese Gemeinschaft zu verlassen. Daraus schließe ich, dass ich nie wo wirklich an den Sermon geglaubt habe.
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Es ist Angst, die einen guten Teil der Menschen an irgendeine Religion bindet. Angst, und da wird kaum einer widersprechen, ist einer der stärksten Treibstoffe, die die Menschheit kennt. Angst vor dem was kommt, Angst, was geschieht, wenn man sich nicht religiöse Regeln hält usw. usw.
Ich meine, jeder darf glauben, was er will. Keinem anderen steht es zu, das zu kritisieren. Glaube ist individuell.

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Menschen glauben, weil und was sie glauben wollen. Das gilt nicht nur für Religion.

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