Derzeit gehe ich mit einer Userin mein Manuskript durch (danke an dieser Stelle für die hervorragende Arbeit! ). Ich habe meine Geschichte allerdings als Trilogie konzipiert und auch das Grundgerüst weitestgehend bis zum bitteren Ende aufgestellt. Allerdings bin ich mir unschlüssig, wie viel der Geschichte, der Figuren und der Welt ich für den Leser im zweiten Teil wiederholen muss. Schreibe ich eine direkte Fortsetzung nur für Leser des ersten Teils? Oder muss ich auch Neulinge damit abholen können? Und: Brauche ich einen „Gleich-auf-der-ersten-Seite-muss-es-richtig-scheppern“-Prolog?
Wie seht ihr das? Vielen Dank schon mal für eure Hilfe.
Ich meine, irgendwo gehört zu haben, dass auch ein zweiter Teil für sich stehen können muss. Das zumindest erwartet ein Verlag, der das Buch wie jedes andere auch an jeden potenziellen Leser verkaufen möchte.
Ich persönlich finde die Antwort schwieriger. Kenne ich den ersten Teil gut, stört mich diese “Einführung” sehr. Erinnere ich mich nicht mehr so gut daran, lese ich eh den ersten Teil noch mal, um wieder reinzukommen, bevor ich mir den zweiten vornehme.
Würde ich den ersten Teil nicht kennen, wäre ich von vielen Details, die nicht erklärt werden, sicher verwirrt, im schlimmsten Fall würde ich das Buch genervt weglegen und nicht weiterlesen.
Der klassische Fall von “Wie man’s macht, macht man’s falsch”.
Der mittlere Teil einer Trilogie ist immer so ein ungeliebtes Kind, weil er keinen richtigen Anfang hat und kein richtiges Ende.
Ich meine, einen ewigen Prolog mit “was geschah” werde ich nicht schreiben, aber hier und da werde ich vereinzelte Ereignisse nochmal einfließen lassen. Meine Idee (und der Wunsch einiger Betaleser) war, eine Art Figuren-Verzeichnis an den Anfang zu stellen, wo jede wichtigere Figur in 2-3 Sätzten umrissen wird, was sie gerade tut und wo sie ist. Einfach nur, damit der Leser ggf. nachschlagen kann.
Ich persönlich bin jemand, der keinen zweiten Teil liest, wenn er nicht den ersten gelesen hat. Vermutlich sind nicht alle so, aber der Mainstream hat sich ja Gott sei Dank mehr als genug an ewige Fortsetzungen gewöhnt (danke Hollywood!).
Ich denke, unabhängig davon, ob jemand den zweiten Teil läse ohne den ersten Teil gelesen zu haben, solltest du nicht komplett alles voraussetzen. Denn du musst davon ausgehen, dass möglicherweise Monate oder gar Jahre dazwischen liegen werden. Nicht jeder Leser wird den ersten Teil noch einmal lesen, unmittelbar bevor er die Fortsetzung in Angriff nimmt. Und in dieser Zeit wird er fast zwangsläufig auch viele Sachen vergessen.
Um nun ein klassisches “Was bisher geschah” als Infodump an den Anfang zu stellen - was du natürlich tun kannst, meiner Meinung nach aber etwas plump ist -, kannst du versuchen, clevere Wege zu finden, um die Leser wieder abzuholen. Du könntest hier und da Erinnerungen der Protagonisten einfließen lassen, die auch den Leser nochmal kurz das Zurückliegende rekapitulieren lassen. Nicht so viel, dass du die Geschichte nochmal neu erzählen musst, sondern mit Fingerspitzengefühl, wichtige kleine Happen, die dem Leser eher dabei helfen, sich an den ersten Band zu erinnern.
Ich musste gerade lange überlegen, ob ich überhaupt schon mal ein Buch gelesen habe, das der Mittelteil einer Trilogie war. Tatsächlich in meiner Jugend, als ich meinen Fantasy-Lesestoff noch vorrangig aus den 3,99 DM-Mängelexemplar-Kisten im Supermarkt kramte, glaube ich.
Da bin ich in mehrere Reihen gestolpert, wo ich die vorherigen Bände nicht kannte. Was soll ich sagen, mich hat es damals nicht gestört. Klar, ich hätte gern gewusst, was vorher passiert, aber die Bücher standen (zumindest für mein damaliges Empfinden) für sich. Ab und zu wurden frühere Ereignisse erwähnt, aber das tat der Geschichte keinen Abbruch und verlieh ihr eher noch mehr Tiefe. Und da die Figuren gut waren und die Handlung spannend, hätte es eine Einführung für mich gar nicht gebraucht. Lediglich einmal ist es mir so gar nicht gelungen, mit dem Buch warm zu werden trotz mehrerer Versuche. Ich glaube, es war mir einfach zu langweilig.
Sprich, vielleicht solltest du deine handelnden Figuren einfach “machen lassen”. Wenn die gut ausgearbeitet sind, funktionieren die auch ohne große Erklärungen. Da ist “Show don’t tell” sicherlich eine große Hilfe. Und im Idealfall ist der Beginn so spannend, dass man als Leser gar keine Zeit hat, sich groß Gedanken zu machen, ob man die jetzt gerade bis in die letzte Gefühlsregung ausloten kann oder nicht, sondern sofort in die Geschichte abtaucht.
Also ja, vielleicht ist ein Prolog, der ordentlich “scheppert”, in so einem Fall genau das richtige.
Davon abgesehen glaube ich aber, dass heutzutage die meisten trotzdem eher mit dem Beginn einer Serie anfangen… Seit ich nicht mehr auf Mängelexemplare angewiesen bin, mache ich das jedenfalls so.
Exakt das war mein Plan! Das bestätigt mich, vielen Dank!
@SchereSteinPapier: ich wollte auf einen Prolog, der sofort scheppert verzichten. Also, der Prolog ist fertig und ich finde, er ist mir gut gelungen, aber es ist nicht so einer, wo man sofort in die Action geworfen wird. Ich denke aber auch, dass man heute wesentlich aufgeklärter ist, wenn es um Reihen geht.
eine meiner Reihen besteht auch aus einer Fortsetzung.
Allerdings habe ich auch auf Rückblicke im Prolog verzichtet.
Wie skjald schon sagte, hole ich die Leser mit kleinen Happen ab. Wie sie in die Situation gerutscht sind oder ähnliches. Oder wem man den ganzen Mist zu verdanken hat, mit dem man sich gerade rumschlagen muss.
So unterbrichst du den Storyverlauf nicht in dem Sinn, sondern bereicherst den Moment.
Es gibt aber noch einige Autoren, die lieber Rückblicke schreiben. Am Ende musst du das selbst wissen. Ich glaube nicht, dass es da eine wirkliche Regelung zu gibt. Aber wissen, tue ich das nicht.
Kurze Rückfrage, Maxe:
Sind die einzelnen Teile deiner Trilogie in sich abgeschlossen und könnten auch alleine stehen? Also gibt es jeweils einen „Buchplot“ und einen übergreifenden „Trilogie-Plot“? Oder ist es nur ein großer Plot, der sich über drei Bände streckt und nach Band 1 und 2 eigentlich noch nicht abgeschlossen ist?
Dies. Also kein „Neuer Fall der Woche“, sondern eine Geschichte, die sich über drei Bücher erstreckt. Freilich gibt es Subplots, die ein oder zwei Bücher überdauern, aber der große rote Faden geht über alle drei Bücher.
Dann wird die „Häppchen-Lösung“ m. E. schlicht von der Menge der notwendigen Informationen her nicht funktionieren. „Alte“ Leser reisst du damit immer wieder aus der Geschichte und für die ist es langweilig, neue werden damit eher verwirrt.
Dann bleibt entweder nur die Lösung, schon im Klappentext darauf hinzuweisen, dass es bspw. der zweite Band der Serie ist und nur einen lapidaren Satz als Inhalt des ersten Bandes zu spendieren („Nach der verlorene Schlacht um Haus Oberbrüll macht sich Felshilde, die Trollin, auf die Suche nach dem verschollenen Ozmog und stößt auf unerwarteten Widerstand und Hilfe“) oder du setzt die „Was bisher geschah“-Lösung um und klatschst dort die Synopsis der vorherigen Bände rein. Das ist aber Infodump pur und manch einer wird sich fragen, wozu er dann die vorherigen Bände überhaupt kaufen soll. Beides nicht prickelnd.
Ich würde mich dann eher für die offene Variante entscheiden und dem Leser per Klappenfext mitteilen, dass die vorherigen Bände zum Verständnis notwendig sind, als sie mit einer Neuauflage von Loriot zu quälen („Auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue befinden sich außer dem jüngsten Sohn Meredith auch die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth aus den benachbarten Ortschaften Middle Fritham und Nether Addlethorpe, ferner …“).
Diese Meinung kann ich nicht ganz teilen.
Zumal es immer darauf ankommt, WIE du das Ganze umsetzt.
Natürlich darfst du in gewissen Situationen nicht erst weit ausholen, um das Vergangene kurz anzureißen.
Aber meistens reichen ein bis zwei Sätze hier und da. Das stört niemanden im Lesefluss. Zumal die meisten Leser die vorigen Teile vermutlich einige Jahre zuvor gelesen haben und sich nicht einmal richtig daran erinnern können.
Solche “Häppchen” helfen den Lesern wieder, die sich dann denken: Oh, stimmt. Da war was.
Schließlich bringst du die ganzen Bände nicht direkt hintereinander raus, sondern innerhalb einiger Jahre.
Die Wenigsten lesen erst noch einmal die vorigen Bände, wenn ein neuer erscheint.
Ich finde es interessant zu beobachten, dass ihr da auch hin und her gerissen seid.
Am besten wäre ja fast eine Mischlösung von @Tessley und @RalfG. Im Klappentext erwähnen, dass es der zweite Teil eine Trilogie ist, einfach, weils nix kostet und dann immer wieder solche Hinweise streuen, die Bezug nehmen, ohne sich in irgendwelchen Pseudo-Rückblenden zu verzetteln. Das schafft ja auch Charaktertiefe und ist realistisch, wenn Figuren über Vergangenes sinnieren. Was ich nicht machen will, ist der Erklärbär, dann lieber ein Glossar oder etwas ähnliches, wo man zur Not mal geschwind nachgucken kann. So sehr ich bei neuen Serienstaffeln einen Rückblick schätze, so sehr nervt es mich in Büchern, vor allem, wenn’s plump gemacht ist.
Ich habe mich bisher aus der Diskussion herausgehalten, weil ich Mehrteiler gar nicht mag. Aber eine Mischform, wie von dir @Maxe angestrebt scheint mir auch für einen Mehrteilhasser vorteilhaft zu sein.
Woher? Das weiß ich nicht genau. Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Vielleicht, weil ich enttäuscht bin, wenn mir das vermeintliche Ende gefällt und es dann eben doch wieder weitergeht, im schlimmsten Fall das Ende ad absurdum geführt wird.
Mir fällt soeben eine Bemerkung meines Bruders von letzter Woche ein. Früher hat er immer gern Perry Rhodan gelesen, irgendwann hatte er etwas verpasst und kam in die Geschichte nicht mehr rein. Möglicherweise liegt es daran, wobei ich noch nie einen Perry Rhodan gelesen habe, ist eventuell so was wie ein Kindheitstrauma (mein Bruder ist 7 Jahre älter als ich).
Bin ich komplett bei dir. Das hat man meistens, wenn ein Buch als Einteiler konzipiert ist, dann Erfolg hat und der Autor versucht ist, auf Krampf ne Fortsetzung zu schreiben. Mag ich auch nicht, weils sich konstruiert anfühlt.
Geil ist aber, wenn eine Story wirklich über einen längeren Zeitraum geplant ist und man quasi in Teil eins schon Vorarbeit für Teil drei leisten kann.
Mach das! Da kann man echte Aha-Erlebnisse haben, wenn der Autor seine Geschichte im Griff hat. Ich kann dir spontan kein Beispiel eines klassischen Romans nennen, aber es gibt den Manga One Piece, der seit 1997 läuft und mittlerweile über 1000 Kapitel fast (und auch der erfolgreichste der Welt ist). Dort erzählt der Autor eine kleine Geschichte rund um Kapitel 100. Du liest sie, hakst sie ab und gehst weiter. 400 Kapitel später (!) greift der Autor genau diese Geschichte wieder auf, verknüpft sie mit den aktuellen Ereignissen und schafft es so, die Hauptfiguren mit einer für den Plot essenziellen Figur zusammenzubringen, weil die wiederum durch diesen vergangenen Subplot eine Gemeinsamkeit haben, plus, als Leser hat man einen absoluten Aha-Moment. Zudem hat man das Gefühl, dass alles miteinander zusammenhängt und es sowas wie Ursache und Reaktion gibt. Das funktioniert aber nur, weil die Geschichte schon so lange läuft und der Autor, wie eben erwähnt, all seine Werkezuge im Griff hat. Sowas findet sich sicher auch in klassischen Mehrteilern ohne Bildchen.
Im Grunde mag ich den Gedanken einer großen, epischen Geschichte über mehrere Bände hinweg. Viele in sich verdrahtete Handlungsstränge, interessante Charaktere, halt ein echtes Monster von einem Buch, wo du am Ende eine Träne verdrücken möchtest, weil die lange Reise dann doch zu Ende ist.
Leider hatte ich zuletzt viele Rohrkrepierer auf meinem E-reader. Die ach so epische Geschichte, war langatmig konstruiert, über drei Bände ausgerollt und der ganze Bumms, hätte locker in einem Buch Platz gefunden.
Das allerschlimmste sind jedoch die vermeintlich spanenden Cliffhanger. Bist auf der letzten Seite und alle Handlungsstränge liegen immer noch offen auf dem OP-Tisch und dann aus heiterem Himmel: Ende!
Unfassbar frustrierend.