Ich auch. Das mit der Umerziehung ist vielleicht ein wenig hart formuliert, aber wenn ich auf dem Klappentext schon so etwas in diese Richtung lese, dann war das auch alles, was ich von dem Buch gelesen habe (genauso geht es mir jedoch mit veganen Kochbüchern). Wenn auf dem Klappentext ein Gendersternchen oder sonst was in dieser Richtung erscheint, gilt das Gleiche. Ansonsten @anon37238882 1000 Punkte von mir für deine Ausführungen.
Liebe @Vanessa
… also ich als alter weißer Cis-Mann versuche sehr aufgeschlossen an das Thema queer heranzugehen.
Allerdings erinnert mich die künstliche Generierung einer Ausgangssituation zu einem Thema was gerade en vogue ist, irgendwie an Jonathan Littel’s Roman „Die Wohlgesinnten“ von 2006.
Sollte man diese geschlechterkulturelle Revolution in zukünftigen Romanen beachten und abbilden? Ja natürlich!
Aber ich fände es seltsam, wenn Romane die zwar noch in der Entstehung sind, aber nicht im Jetzt spielen, nachträglich diese Änderung/Verbesserung erfahren. Es käme mir heuchlerisch vor, wenn Stefan Aust bei einer Neuauflage vom Baader-Meinhof-Komplex einen non-binären Nebencharakter einbauen würde. Ohne abstreiten zu wollen, dass es diese Menschen zu der Zeit wohl auch gab, waren sie medial nicht präsent und daher nicht so bedeutungsvoll wie zur heutigen Zeit.
Ich merke, dass es schon zu spät ist, um hinreichend adäquat argumentieren zu können, weil mir gerade die Augen zufallen.
Mein Fazit wäre also vermutlich:
*Es kommt darauf an!
*
In diesem Sinne
My 2 cents
Es kommt (sogar mir) schon ein wenig auf die Zusammenhänge und die Geschichte an, die erzählt wird.
Vanessas Intention, so wie sie es beschreibt, klingt für mich sehr nach politischer Umerziehung ihrer Leser.
Auf einen Roman mit diesem Anliegen hätte ich absolut keine Lust, ich lese Romane zu meinem Vergnügen und zu meiner Unterhaltung.
Aber genau das machst du dann: Wenn dein Roman nicht explizit um diese Thematik geht und du nur einen solchen Charakter als ‘Quotenqueerie’ einbaust, zeigst du mit dem Finger darauf und wirst politisch.
Warum willst du deinen Lesern unbedingt vermitteln, dass Nebenfigur XYZ ein wie-auch-immer-Gender ist, wenn es thematisch nichts zur Sache tut?
Ich denke nicht, dass es dem besseren Verständnis dient und zur Akzeptanz beiträgt, wenn man in einer Story um einen entführten Bernhardiner den ermittelnden Hauptkommissar Meier als nicht-binären Transmann vorstellt.
Nur weil es wichtig ist, ist auch kein Argument. Wichtig sind genügend andere Dinge ebenfalls, man müsste dann auch den Weltfrieden, die Überbevölkerung, die zerstörte Umwelt, das Artensterben etc. mit einbringen. Und verdammt aufpassen, dass man bei all der political correctness nicht zu belehrend und moralinsauer rüberkommt.
Sehr gut auf den Punkt gebracht, so sehe ich das auch.
Man muss bei aller Lieber aber auch die Kirche im Dorf lassen. Selbst wenn man seinen Fokus auf queere Charaktere legt und vielleicht sogar damit für sein Buch werben möchte, bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass die Geschichte blöd ist oder man umerzogen werden soll. Wir sind da alle zu sehr gepolt von den Medien, in fiktiven Geschichten funktioniert das nochmal anders. Queer als Marketing ist für einen Verlag sicherlich ein dankbares Mittel. Queere Charaktere können genauso gut sein wie veganes Essen. Die Leute regen sich nämlich lieber darüber auf, dass die Themen überall aufploppen, dass sie nicht gewillt sind, über ihren eigenen Schatten zu springen, um festzustellen, dass veganes Essen nämlich ziemlich lecker sein kann und weit mehr ist, als einem dieser eine militante Veganer aus dem Freundeskreis madig machen kann.
Ich glaube ich verstehe Dein Ansinnen. Aber liegt es nicht in der Definition eines jeden einzelnen? Naturschutz ist auch wichtig. Ohne Bienen und Bäume sind wir am Arsch. Was ist mit Trinkwasser? Auch das ist verdammt wichtig und wird in Zukunft ein ernstes Thema. Auch das sollte erwähnt werden. Ich finde es toll das Du es wichtig findest und machen willst. Jeder sollte das einbringen was er für richtig wichtig hält. Ich glaube dann wird die Geschichte auch besser, weil man es als Leser merkt.
Moin und Gruß und so
Du machst, was eines der größten Pröbleme in sozialen Medien ist: Du verwendest Whataboutism. Freilich kann jeder den Fokus auf ein Thema legen, das ihn bewegt, aber das Queer-Thema steht in keinem Zusammenhang mit Naturschutz, Luftverschmutzung, hungernden Kindern in Afrika, Autokratie in China, Drogenopfer in Südamerika, Kartelle oder was ich nachher einkaufe. Es geht jetzt und hier nur um dieses Thema und das sollte besprochen und nicht in einen Kontext mit anderen Problemen gesetzt werden.
Auch wenn ich mich wiederhole.
Moin.
Schau mal auf die Uhr, Kontext kommt erst 09:30
Hehe, den Witz hab ich gecheckt.
Was ich sagen will, ist, dass wenn man Problem der Sichtbarkeit der queeren Personen in Geschichten (worum es in diesem Thread geht) in einen Kontext setzt mit anderen Problemen, nimmt man dem Thema den Punch, anstatt über den Kern der Sache zu sprechen, denn hungernde Kinder in Afrika sind auch problematisch, aber nicht im Zusammenhang mit dem Thema “queer”.
Ja schon klar, ich hatte mich an wichtig gekrallt. Schulz van Thun und so. Aber es ist ja auch wichtig, Beiträge richtig zu interpretieren.
Danke!
Das allermeiste Diesbezügliche ist, bei genauer Betrachtung, schlicht Propaganda. Mir missfällt schon die mediale Zusammenfassung abweichenden Sexualverhaltens als “Queer-Community.” Es gibt keine LGBTQ+ Community mit gleichgeschalteten Interessen. Das sind alles Individuen mit unterschiedlichsten Interessen. Darunter gar nicht wenige, die mit sturer Genderei, Toiletten fürs dritte, vierte, fünfte Geschlecht, WC-Abfallkübel für menstruierende Männer (wie neulich von einer Landespartei der SPD beschlossen) oder wokem Linksgrün überhaupt nichts am Hut haben.
Just my ten cent!
Danke. @Maxe spricht hier das aus, was ich oben etwas hüstel rustikaler formuliert, sagen wollte. Manche Beiträge lasen sich so, als würden die Kommentatoren eine Geschichte zur Seite pfeffern, sobald irgendwo ein z. B. schwuler Charakter auftaucht. Das halte ich, mit Verlaub gesagt, für dummes Zeug (abgesehen davon dass einem durch Vorurteile dann vielleicht eine tolle Geschichte entgeht). Ähnlich, wie wenn jemand sagt “Näh, da spielt ja eine dunkelblonde Person mit, geht ja gar nicht!”
Wenn es um eine coming to age-Geschichte eines Teenagers geht, der seine Sexualität entdeckt und die Kämpfe mit sich selbst und seiner Umwelt beschreibt oder eine explizite Erotiknovelle mit grafischen Beschreibungen geht, kann ich das nachvollziehen, wenn einen das Thema nicht interessiert. Ich lese auch keine Gartenratgeber. Aber das es grundsätzlich solche Geschichten gibt, für die, die es interessiert, halte ich ich für richtig und wichtig.
Aber grundsätzlich Bücher wegzulegen, weil ein Charakter als queer beschrieben ist? Wäre der Herr der Ringe eine schlechte Geschichte, wenn Frodo schwul gewesen wäre und mit seinem Kumpel Samwise Gamgee in Moria mal eine Nacht in einer Besenkammer der Zwerge verschwunden wäre, aber sonst unverändert geblieben wäre? Ich denke nein.
Die Analogie zu veganem Essen finde ich sehr gelungen, weil dort nicht so viele Themen im Hintergrund mitschwingen wie bei Homosexualität, aber die Mechanismen im 'Hintergrund sind ähnlich. Manches lässt sich daran pointierter und plakativer darstellen. Fleisch konnten sich früher die Leute nicht oft leisten, Redewendungen wie Sonntagsbraten deuten heute noch darauf hin. Das nun aber sich täglich leisten zu können, ist für viele ein Ausdruck von Wohlstand und Sicherheit. Jetzt kommen welche an, die ihnen das “wegnehmen” wollen - und schon geht es los. Ein elementares Gesetz der Physik gilt auch für Menschen: (Gefühlter) Druck erzeugt Gegendruck. Dazu kommen dann die Dogmatiker und Fanatiker beider Seiten. Die einen verstehen unter veganem Essen den Rasenschnitt der letzten Woche auf einem Silberteller serviert, die Gegenseite hält “Fleischfresser” für primitive Höhlenmenschen. Dann wird das ganze Thema noch moralisch überladen (“Tiermörder! Umweltsau!”, etc.) und schon haben wir eine neue Abkürzung zum dritten Weltkrieg entdeckt.
Dass das Thema Queerness momentan etwas stark betont wird in den Medien, etc., ist für mich die Gegenbewegung eines Pendels, das fast 2000 Jahre bei “widernatürlich”, sündhaft, Ketzerei, krank, etc. gestanden hat. Es wird sich irgendwann ausgleichen und dann wird die Information, wie andere sich im Schlafzimmer (oder sonstwo) amüsieren, in etwa so interessant sein, wie die Frage, ob jemand Links- oder Rechtshänder ist. Und ich glaube, mehr wollen die Betroffenen in Mehrheit auch nicht.
Bitte gebt @RalfG für diesen Post einen Preis, denn das beschreibt die gegenwärtige Situation perfekt.
Falls du mich mit damit einschließen wolltest, möchte ich meinen Post noch mal etwas differenzieren. Ich pfeffer das Buch zur Seite oder lass es gleich liegen, wenn jemand damit wirbt / darauf fokussiert, dass in dem Buch ein Schwuler eine Rolle spielt (stark gerafft) formuliert. Mein Liebesroman “Denk an die Pralinen” beinhaltet auch “besondere” Menschen. Hier und da drücke ich mich manchmal etwas zu knapp aus, ich gebe es zu.
Eben.
Richtig. Wenn aber hinten drauf gestanden hätte: “Hey Leute, das Buch müsst ihr lesen, **weil **mein Frodo anders ist als ein herkömmlicher Frodo. Er ist nämlich divers sexuell gestrickt, hat eine Freundin und sucht einen Ring.” Dann wäre das für mich ein No-Go.
Ich bin übrigens sehr aufgeschlossen, was Essen angeht und probiere alles, was nicht giftig ist. Veganes Essen schmeckt mir einfach nicht. Wir haben ein paar Veganer in der Familie, die darauf schwören. “Das musst du unbedingt probieren!” Ich probiere und es schmeckt wieder nicht. Meine Erfahrung. Du liest keine Gartenratgeber, ich lese keine veganen Kochbücher.
Ganz genau!
Wir müssen unbedingt einen Thread aufmachen hinsichtlich veganem Essen, damit Suse schimpfen und ich sie eines Besseren belehren kann.
Gerne. Ich bin sehr experimentierfreudig, was Essen angeht. Schickst du mir dann mal was Leckeres? Den letzten Kuchen meiner Schwägerin habe ich tatsächlich in die Mülltonne geschmissen, weil er nicht genießbar war. Schmeckte wie Füllstoff, hat mir den Hals fast zugeklebt.
Wir sollten diesen Thread aber tatsächlich nicht weiter damit aufpumpen.
Ja. Weil’s nicht passt.
Sexualität ist im ganzen HdR kein Thema, der Tenor verfolgt eine andere Linie. Es hätte genauso den Charakter der Geschichte verändert und damit nicht gepasst, wenn Gimli eine Nacht mit diversen Zwerginnen (oder Zwergen) in fröhlicher Orgie verbracht hätte.
Das sind die Dinge, egal, ob es um LGBT+, um Religion, Politik oder ein anderes “aufgepfropftes” Thema geht, die ich oft meinen Kunden anrate bleiben zu lassen.
Wenn man den Drang hat, über ein bestimmtes Thema zu schreiben, dann sollte man das auch zum Thema des Buches machen.
Sendungsbewusstsein tut Büchern selten gut, wenn es “unterschwellig von der Seite” mit eingearbeitet werden soll.
Ich widerspreche teilweise. Ja, Sexualität ist bei HdR kein Thema, aber genau deswegen würde es nichts von der Geschichte wegnehmen, wenn Frodo und Sam off-screen ein Schäferstündchen hätten. Im Gegenteil, es könnte die Freundschaft der beiden sogar noch ausbauen. Das Problem ist, dass Leute sich im Nachhinein nicht eine Meinung oder Sichtweise aufpropfen lassen, weil Sam und Frodo sind nun mal nur Freunde. Hätte der Herr Tolkien das von Anfang an als homosexuelle Beziehung etabliert, würde heute kein Hahn danach krähen (und Sam und Frodo sind dafür ja prädestiniert!).
Das ist ja auch der Punkt: Sexualität sollte in solch einer Geschichte keine Rolle spielen, aber wenn sie subversiv vorkommt, stört sich im besten Fall keiner dran und Leute des entsprechenden Schlages fühlen sich repräsentiert. Alle gewinnen.
Da muss ich erneut nachfragen. Muss denn jeder überall repräsentiert sein?
Das ist genau der Punkt, der ja auch zum Thread passt. Und was ich meinte. Subversiv stört natürlich sehr häufig, da es - so wie zu lange Sätze, zu viele Füllwörter oder Fremdwörter - aus der Geschichte reißt. “Häh …? Was soll das denn jetzt …?”.
Genauso, wenn ein Protagonist ohne passenden Kontext gen Mekka oder einen Rosenkranz oder zu Buddha betet. Das schafft einen neuen Rahmen, der passen muss. Oder nicht ins Buch gehört.
Wenn es eine moderne, humorvoll angelegte Geschichte ist, kann man mit derlei spielen. Legt man die Story episch an, ist so ein “Verbiegen” im Regelfall störend.
Ich sehe nicht, wie man im HdR ein “off-screen Schäferstündchen” einbauen könnte, ohne dass es den Fluss der Geschichte stören würde.