Habe ich versucht, sogar mehrfach. Bin immer wieder zum ersten Anfang zurückgekommen. Den habe ich natürlich zigfach überarbeitet. Aber es wird dieser Anfang bleiben …
Sehe ich ganz anders. Ich „mache seit ca. 10 Jahren an meiner Romanidee herum“ und sie wird immer besser. Natürlich ist es nicht nur ein Roman, sondern es wird ein Mehrteiler. Habe am 1. Januar mit der Planung zu Band 3 angefangen. Und ich bin soooo froh, dass ich nicht eine der ersten Versionen veröffentlicht habe. Ich müsste für den Rest meines Lebens vor Scham mit einer Papiertüte über dem Kopf herumlaufen. Mein Buch ist definitiv besser geworden, denn am Anfang war es scheußlich mit ein paar niedlichen Passagen zwischendrin. (Oh Gott, wie konnte ich so was nur schreiben!!)
Man macht nie alles richtig. Weder beim Schreiben noch bei anderen Dingen. Menschen machen Fehler. Dafür sind sie Menschen. Und das Überarbeiten eignet sich ja sehr gut dafür, zumindest einige Fehler aufzuspüren und zu berichtigen.
Oh ja, „Was wäre wenn-Sätze“ mag ich auch gerne! Manchmal habe ich aber auch einfach so eine Idee, in der der Was wäre wenn-Satz so versteckt ist, dass ich ihn nicht sofort sehe.
Aus dem Grund halte ich auch den ersten Band noch zurück, bis ich alle Bände zumindest geplant habe. Denn in den letzten Wochen habe ich in Band 1 noch die eine oder andere wichtige Info eingefügt, die dann später eine Auswirkung haben wird.
Mache ich auch und nenne es Brainstorming. Momentan nutze ich einen College-Block und einen Füller für Band 3. Meine Challenge: Ich muss in diesem Monat einen Collegeblock mit 160 Seiten handschriftlich mit Ideen für Band 3 füllen. Später werden die dann gesiebt (wie Sand, in dem Goldkörnchen enthalten sind) und nur die guten Passagen schaffen es in den Computer in mein Projekt.
Ich bin der absolute Planer. Was mich aber nicht daran hindert, am Anfang draufloszuschreiben. Meistens aber mit der Hand und noch nicht szenisch sondern mehr so wie „Also, wenn die Prinzessin den Prinzen aus den Fängen des Drachen befreien soll, braucht sie eine starke Motivation. Es wäre natürlich witzig, wenn die beiden sich am Anfang schon mal getroffen hätten und überhaupt nicht mögen würden, obwohl sie einander seit Kindesbeinen versprochen sind. Und beim nächsten Treffen taucht der Prinz nicht auf und die Prinzessin (wie soll ich sie eigentlich nennen?) sieht sich in ihrem Urteil bestätigt, dass er nur ein blöder Angeber ist, der nicht mal pünktlich zu einer Verabredung erscheinen kann. Sie steht total auf Pünktlichkeit und ihr Hobby ist es, Uhren zu sammeln. (Was für eine irre Idee ist das denn? Passt das überhaupt in so eine Prinzessinnen-Prinzen-Ritter-Welt mit Drachen? Ich hab da so was wie Shrecks Welt vor Augen …), egal, sie findet Uhren klasse. Am liebsten würde sie Uhrmechanikerin werden, aber das schickt sich nicht für eine junge Frau ihrer Klasse. Wo war ich? Ach ja, da kommt ein Lakai aus dem Schloss zu ihr in den Garten und meldet, Leute hätten behauptet beobachtet zu haben, dass der Prinz von einem Drachen entführt worden sei. Man wisse noch nicht, ob das stimme, aber wahrscheinlich sei nicht mehr damit zu rechnen, dass er die Verabredung mit Ihrer Hoheit einhalten werde. Verflixt, jetzt habe ich immer noch keine Ahnung, warum die Prinzessin ihn retten sollte, wo sie ihn doch zum Kotzen findet …“
Und so schreibe ich Seite um Seite voll. Einen College-Block, dann noch einen und noch einen. Zwischendrin kann es auch mal passieren, dass ich mir notiere, dass ich noch Eier kaufen muss, damit mein Kopf wieder für die Geschichte frei wird.
Bei meinem aktuellen Projekt habe ich zu Anfang handschriftlich einen Leitzordner mit 500 Seiten gefüllt, bevor ich eine erste Szene geschrieben habe. Die meisten Notizen betrafen den Weltenbau, aber es gibt darin auch Ideen zur Handlung und zum Plot.
Weiteres zu meinem Vorgehen findest du hier.
Ich schreibe erst richtig los, wenn der ganze Szenenplan steht, denn wenn die Sache nicht logisch ist, komme ich eh nicht weiter. Und da mein Projekt ziemlich komplex ist mit sechs verschiedenen Perspektivträgern ab Band 2, kann ich nicht einfach losschreiben. Ich muss sicher sein, dass ich mich beim Schreiben nur auf die Formulierungen etc. konzentrieren darf und nicht plötzlich feststellen muss, dass das so gar nicht geht, weil ich in einer vorigen Szene schon genau das Gegenteil behauptet habe.
Bevor ich zu Beginn richtig ins Brainstorming abtauche, fülle ich das Workbook „Outlining your novel“ von Katie Weiland aus. Das beginnt auch mit „What if“-Fragen. Es gibt dafür zwar keine deutsche Übersetzung, aber das macht nichts. Die Fragen sind auf Englisch, ich antworte Deutsch. Erst wenn ich an die Stelle komme, an der es um Szenenideen geht, weiche ich auf College-Blöcke aus, denn meine Ideen sprengen den vorgegebenen Platz bei Weitem.
Perfektionistin bin ich auch. Aber in der Brainstorming-Phase gelingt es mir ziemlich gut, meinen Perfektionismus aus dem Zimmer zu schicken. Da ist erst mal alles erlaubt. Beim Plotten bin ich dann sehr perfektionistisch, weil ein Logikfehler den ganzen Plot gefährden kann. Beim Erstentwurf darf sich mein innerer Kritiker dann wieder etwas ausruhen und Kräfte sammeln für die späteren Überarbeitungen. So spielen wir abwechselnd, mein Kritiker und ich. Wie im Theater. Da ist auch nicht jeder Schauspieler die ganze Zeit über auf der Bühne. Man wechselt sich ab. Klappt bei uns gut.
Es ist überhaupt kein Problem, wenn du Schwierigkeiten hast anzufangen. Beim Anfang gibt es keine Regeln und keine Fehler außer einem: gar nicht anfangen.
Was hast du zu verlieren, wenn du erstmal einfach drauflosschreibst? Solange du das alles als Vorarbeit oder erste Fassung betrachtest, gibt es keine Probleme. Es werden noch so viele Überarbeitungen folgen …
Vielleicht kannst du dich ja auch ein bisschen mit dem Brainstorming anfreunden. Du darfst den größten Blödsinn schreiben (so wie ich, weiter oben). Niemand wird es lesen. Niemand wird es beurteilen. Aber es wird dir viele neue Ideen liefern, von denen du nicht mal wusstest, dass sie in dir schlummern.