Der Assistent des Kommissars, der nach dessen Ermordung nun eine persönliche Rechnung mit dem Killer offen hat.
Insofern ist es vielleicht gar kein so großer Rollenbruch, weil der Assistent schon zuvor die Rolle des Retters innerhatte.
Dann bleibst du ja in deinem Muster.
Ich finde es nur wichtig, dass der Assistent auch vorher schon sichtbar ist. Für mich ist es immer ein Bruch, wenn plötzlich eine Figur auftaucht und zum Protagonisten wird. Das wirkt dann, als hätte der Autor an dieser Stelle keinen anderen Rat gewusst und auf das weiße Kaninchen zurückgegriffen. Macht mich als Leser unzufrieden.
absolut korrekt! Isser auch! Er wird nach dem Dahinscheiden der Hauptfigur quasi aus der zweiten Reihe in die erste befördert.
Genau das will ich verhindern, indem ich mich an die Funktionsregeln des Dramadreiecks halte. Biegen darf man die Handlung bis zu einem gewissen Grad, aber brechen tut weh
Stelle ich mir spannend vor. Der Assitent, der eigentlich aus dem Hintergrund den Kommissar und damit die Ermittlungen leitet, weil cleverer und weitsichtiger. Ja, würde mir gefallen.
Aber vorsichtig, wenn Fred Vargas Kommissar Adamsberg töten würde, wäre ich echt sauer und würde nie wieder ein Buch von ihr lesen.
Glaub mir @Sumsa … ich habe mich wirklich wochenlang mit der Frage herumgequält, ob ich den Kommissar kille oder nicht. Ich hab mir sogar ne Strichliste gemacht mit allem was dafür und dagegen spricht. Am Ende waren zwei Gründe entscheidend:
- Ich wollte nicht in die Versuchung geraten, eine Fortsetzung schreiben zu wollen
- Ich will einer späteren Leserschaft des Spannungsbogens wegen ein Stück Sicherheit nehmen ohne sie am Ende zu verunsichern. Ich hoffe die vermissen den Kommissar dann ebenso wie ich und dessen Assistent. War’n netter Typ.
Nein, dann darf er nicht sterben. Eine sympathische Hauptfigur, mit der man sich als Leser identifiziert, darf nicht plötzlich ermordet werden.
Wenn du vorhast, ihn sterben zu lassen, dann muss von Anfang an der Assistent der nette Typ sein und der Kommissar unsympathisch.
Schließlich willst du deine Leser unterhalten, nicht ärgern, oder?
hm … ich bin mir inzwischen sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Der Killer ist wie Seife, einfach nicht zu fassen. Er schlägt völlig unerwartet zu und spielt mit Opfern wie Ermittlern “Katz und Maus”. Mittendrin “räumt” er schon eine andere Person ab, die der Leser als Opfer sicher nicht auf dem Schirm hat. Wenn ich den Killer als unberechenbar und kaltblütig glaubhaft darstellen will, muss er auch so sein und so handeln.
ärgern gewiss nicht! … deshalb wird der Kommissar auch früh mitten aus dem Leben (der Geschichte) gerissen. So können Leser:innen entscheiden, - wie der Assistent übrigens auch - ob sie aufgeben oder trotz des herben Verlustes bis zum (nicht mehr ganz so bitterem) Ende durchhalten. Ich denke nicht, dass sie den Assistenten im Stich lassen werden. Der ist auch ganz nett.
[Psst! Mal ganz unter uns: Es ist noch viel tragischer, als es so schon erscheint … aber das wird langsam off topic]
Gewagt.
Mag aufgehen oder auch nicht. Aber da du keine Reihe willst (Warum eigentlich nicht?) sind verärgerte Leser ja auch kein Problem.
Es sei denn, du willst noch andere Werke verkaufen. Ich würde dann allerdings vor jedem deiner Bücher sehr lange überlegen: Der Neri schreibt ja eigentlich ganz gut, mit Humor und überraschenden Wendungen, oft abseits der ausgetretenen Genrepfade, ABER die Netten sterben bei ihm zuerst… Will ich mir das noch mal antun???
Es ist schon eine Reihe (bislang 5 Storys) … aber die soll nicht durch die Figuren, sondern durch einen anderen Rahmen zusammengehalten werden. Ähnlich wie ein Theater, dessen Bühne Raum für ganz unterschiedliche Aufführungen bietet. Bloß nicht den 1458. “Derrick”
Genaus das will ich nicht: Berechenbar sein. Die Leute sollen das Theater mögen, egal was für ein Stück läuft. Mal Thriller, mal pure comedy mal mit Vampiren und notfalls sogar mit Einhörnern
Das kann funktionieren, wenn Du es als Thriller anbietest. Krimi-Leser würden versuchen,
Deinen Killer auf den Autor zu hetzen. Die haben andere Erwartungen.
da könntest du Recht haben. Ich erinnere mich an einen frühen “Tatort”, in dem ein Schutzpolizist die Hauptrolle spielte. Der fiel am Ende des Films ebenfalls dem Täter zum Opfer. Möglicherweise hat es einen Aufstand gegeben, denn bald darauf gab es eine Fortsetzung, in welcher der Schupo wieder quicklebendig ermittelte.
Dein Hinweis auf “Thriller” ist insofern richtig. Thriller mit Humor sind wohl ein verdammt schmales Brett – aber bei Pulp Fiction funktioniert es ja auch.
Solche Leser bzw. Theaterbesucher gibt es nicht.
Wer Comedy erwartet, ärgert sich über einen Thriller, und wer blutrünstige Vampire möchte, ärgert sich über kitschige Regenbogen-Einhorn-Fantasy.
Wenn du die Erwartungen der Leser nicht erfüllst (vielleicht sogar absichtlich mit ihren Erwartungen spielst und sie verprellst), bist du am Ende der Einzige, dem dein Buch gefällt.
… Versuch macht kluch!
Das bestärkt mich darin, nur Bücher zu lesen, die ein renommierter Verlag in größerer Auflage gedruckt hat. So werde ich als Leser nicht unfreiwillig zum “Versuchskaninchen” experimenteller Autoren.
Es gibt auch Leute, denen jeden Mittag die gleiche aufgewärmte Erbsensuppe schmeckt. Ich lasse mich gerne auch mal überraschen und von einem Autor entführen. Ob das immer gut gemacht ist, steht auf einem anderen Blatt, aber die Einheitskost entlang ausgetretener Pfade finde ich größtenteils ermüdend. Krimi: Man nehme einen Ermittler (natürlich einen gebrochenen Charakter), einen “lustigen” Sidekick als Kollege/Assistenten, eine Angeklagte/Zeugin, die irgendwie zwielichtig wirkt, aber selbstverständlich unschuldig ist. Im Laufe der Story landet der Ermittler mit der Zeugin/Angeklagten im Bett, ein paar mehr oder weniger dramatische Verwicklungen, Showdown, gemeinsamer Ritt in den Sonnenuntergang. Gähn. Da sind mir och überraschende Wendungen, wie sie @Neri hier skizziert tausendmal lieber: Der liebgewonnene Protagonist springt überraschend über die Klinge, der bisher leicht überforderte Assistent muss übernehmen und gleichzeitig in seine neue Rolle hineinwachsen, der Täter entpuppt sich als Täterin, welche der lesbische One-Night-Stand der Angeklagten war, solche Sachen. Ich verzeihe dem Autor jeden Mord, jede Wendung, jeden Bruch genretypischer Stereotype - nur nicht, wenn er mich langweilt.
Na ja. Also ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass einen Verlage ganz bewusst aufs Glatteis führen. Im Urlaub habe ich eine gebrauchte Ausgabe von “Abbingdon Hall. Der letzte Sommer” erstanden. Dachte, so ein bisschen Downton Abbey Schnulz ist ja vielleicht mal ganz nett. Auf dem Cover eine junge Dame mit Hut, im Hintergrund ein englisches Gut. Der Klappentext war dementsprechend: Neues Dienstmädchen auf dem Landsitz, amerikanischer Cousin zu Besuch etc etc.
Nur, dass der Roman eigentlich ein Kriegsroman über den ersten Weltkrieg war und im Original “The Passing Bells” heißt und es nach ca. drei Kapiteln nur noch um Kriegsberichterstattung ging. Sicher auch sehr spannend - aber nicht das, was mir Cover und Titel versprochen haben. Und da kann mir keiner erzählen, dass Blanvalet das nicht mit Absicht gemacht hat. Ich bin nur froh, dass ich dafür nicht den normalen Preis bezahlt habe.
Lange Rede, kurzer Sinn: Auch bei Verlagen und etablierten Autoren kann man sich nicht drauf verlassen, dass das, was einem da verkauft wird, auch wirklich das ist, was dann zwischen den Buchdeckeln steckt. Leider.
Eigentlich ist es eine Trilogie über eine Familie. Der erste Teil beginnt vor dem ersten Weltkrieg. Die folgenden Bände spielen nach dem Krieg. So gesehen passen die Cover schon.
Für mich haben Klappentext, Cover und Buchinhalt nicht zusammen gepasst.:(Da hätten sie auf Teil 1 lieber Schützengräben packen sollen. Denn das war ganz klar der Fokus. Ich hab das Buch zwar durchgelesen, aber nur, weil ich bis zur letzten Seite gehofft habe, dass doch noch das kommt, was ich erwartet habe. Kam aber nicht.
Will hier aber gar nicht den Thread kapern.
Ich finde die Idee, den Kommissar zu ermorden und den Assistenten in die erste Reihe zu holen super. Seit GRRM darf man seine Protagonisten töten. Kenne auch einen Film, in dem das sehr unerwartet passiert und den ich gerade deswegen in guter Erinnerung behalten habe. Nur den Titel verrät ich nicht, das wäre fies gespoilert.
Wenn man das gut vorbereitet, kann man als Autor auch damit durchkommen.
Gegen überraschende Wendungen ist nicht das geringste einzuwenden, das Genre über den Haufen zu schmeißen, ist aber schon eine andere Hausnummer.
Die Leser (ok, viele jedenfalls) machen auch ganz gerne mal was Neues mit, aber wie schon richtig gesagt wurde, wer einen Krimi möchte (und dafür Geld ausgibt), will keine Comedy , wer gerne Liebesschnulzen liest, keinen Spionagethriller u.s.w.
Innerhalb eines Genres kann man problemlos auch mal was völlig Neues ausprobieren, nur darüber hinaus kann es kritisch werden. Mit der genremäßigen Erwartungshaltung der Leser - und deren Erfüllung - würde ich nicht zu sehr herumexperimentieren, zumindest nicht, wenn das Buch verkauft werden soll.
Ganz richtig: Das MUSS vorbereitet werden. Mit Hilfe der Fokalisierung versuche ich, die Hauptfigur bis zu deren Ende zwar sehr präsent und dennoch distanziert zu halten. Die Rolle “Everybodies Darling” fällt von Anfang an stärker dem Assistenten zu.