Wenn ich die Figuren einer Geschichte anhand des Dramadreiecks positioniere, kommt es im Laufe der Handlung unvermeidlich zum Rollentausch.
Ich meine mich zu erinnern, im Rahmen eines Seminars gehört zu haben, dass am Ende einer Geschichte Verfolger, Opfer und Retter wieder in ihre ursprünglichen Rollenbilder zurückkehren müssen. Andernfalls würde die Erwartungshaltung der Leser:innen enttäuscht, was die sehr übel nehmen.
Ich finde meine damaligen Aufzeichnungen nicht mehr (lange her) und auch google liefert wenig Brauchbares.
Wie verfahrt ihr dabei?
Rollenerwartung:
Achtet ihr darauf, dass eure Figuren am Ende wieder ihre Ausgangsrolle innehaben oder brecht ihr auch mal ganz bewusst mit der Rollenerwartung?
Rollentausch:
Plant und strukturiert ihr den Rollentausch innerhalb der Handlung, z. B. kapitelbezogen?
Völlig richtig, @Milar … aber diese Wandlung ist sicher auch innerhalb der zugewiesenen Rolle möglich. Die Wandlung durch Entwicklung wirkt sich ja meist auf Verhaltensweisen, Gewohnheiten oder veränderte Wertemuster aus. Wenn der anfängliche Retter am Ende jeodch der Täter ist, wäre das ein ziemlicher Bruch … wenn auch nicht undenkbar.
Nicht ganz. Einige Figuren entwickeln sich und andere nicht. Die sich nicht entwickeln sind quasi so eine Art Halteschnur, damit die Entwicklung der anderen kein Wirrwarr beim Leser erzeugen. Quasi der Fels in der Brandung.
Klar. Aus einem diebischen Buchhalter wird ein ehrlicher Buchhalter. Anderseits wird in der Heldenreise aus dem Bauernsohn ein Krieger. Beides ist möglich.
Das Dramadreieck fasziniert mich schon lange. Ich sehe es allerdings nicht als Alternative zum Plot, wie es in manchen Schreib-Blogs dargestellt wird, sondern vielmehr als zentrales Element innerhalb eines jeden Dramas.
Für mich ist das Drama-Dreieck Bestandteil des Plots. Ob es unbedingt ein zentrales Element ist? Weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist es eine Wissenschaft für sich und sehr interessant.
Jein … nimm z. b. “Harry Potter”. Der ist schon als Baby in der Rolle des Retters … bis zum Schluss. Zwischenzeitlich wird er zwar unzählige Male zum Opfer, am Ende ist er aber wieder der Retter. Während der gesamten Handlung erlangt er eigentlich nur die Fähigkeiten, die ihm vom “Kind im Schrank” zum Gegner Voldemorts auf Augenhöhe machen.
Ja, eben. Bei Harry Potter ist es so. Es könnte aber auch anders funktionieren. Wobei ich dir Recht geben muss, dass nur wenige von diesem Prinzip abweichen.
Probier es doch einfach aus. Es muss doch nicht alles nach 08/15 gestrickt werden. Wie gesagt, ich mag es sehr, wenn von der Typologie abgewichen wird.
Hintergrund:
Ich hadere seit Wochen schon mit einem Problem bei einer Krimihandlung. Anfangs sind die Rollen klar: Killer jagt als VERFOLGER die OPFER, die Hauptfigur „Kommissar“ jagt als RETTER den Killer. Das Problem ist: Gegen Ende des zweiten Drittels wird der Kommissar vom RETTER zum OPFER und vom Killer getötet. Damit kann er logischerweise nicht in seine alte Rolle zurückkehren.
@Neri,
ich glaube, mit dem Dramadreieck verkopfst du deine Geschichten. Schreib einfach drauflos. In deinem Beispiel könnten die Opfer sich jetzt wehren und den Killer alle machen.
Für meine Art zu schreiben, gehört das zwangsläufig dazu. Je mehr Hirnschmalz ich in die Geschichte stecke, desto verständlicher ließt es sich für andere - hoffe ich zumindest.
Das habe ich zu lange gemacht. Deshalb habe ich um die hundert angefangene Geschichten auf dem Rechner. Erst seit ich einige davon mit einem strukturierten Unterbau versehen habe, gehts es mit denen weiter voran. Inzwischen investiere ich ebenso viel Zeit in die Planung, wie in das Schreiben. Zugegeben: Anders war’s schöner. Aber so wird’s besser