Heute hatte ich im Badezimmer eine Idee für einen Roman und momentan sprudelt es nur so aus mir heraus, als wäre eine jahrelange Schreibblockade von mir gewichen
Jetzt will ich aber nicht kopflos drauflos schreiben und mache mir natürlich Gedanken über Plot usw., viel wichtiger ist aber noch, dass ich mich gerade nicht entscheiden kann, aus welcher Perspektive ich den Roman angehen soll.
Ich habe hier die Einleitung zu einem Kapitel ganz kurz und knapp, einmal als Ich-Erzähler, einmal in der 3. Person.
Was funktioniert eurer Meinung nach besser?
XY sass im Wartezimmer bei Dr. V., Facharzt für Rheumatologie. Er wusste nicht genau, was ein Rheumatologe macht, aber laut seiner Hausärztin sei er der richtige Spezialist für seine Beschwerden. Neben ihm sass eine junge Frau in ihren 20ern. Hatte die denn auch schon Rheuma?
Er beobachtete einen alten Mann, der sich mühsam am Rollator von der Anmeldung ins Wartezimmer bewegte.
»DER ist schon eher ein Rheumapatient!«, dachte er bei sich.
Aber er selbst? Mit seinen gut 50 Jahren hat er sich bisher nicht alt gefühlt, zumindest nicht bis vorletzte Woche.
Ich saß im Wartezimmer bei Dr. V., der ein Facharzt für Rheumatologie sein soll. Ich wusste nicht genau, was ein Rheumatologe so macht, aber laut meiner Hausärztin war er der richtige Spezialist für meine Gelenkprobleme. Neben mir sass eine junge Frau, vielleicht Anfang zwanzig. Hatte so jemand denn schon Rheuma? Der alte Opa, der sich dort mühsam am Rollator herein quälte, der schien mir schon eher ein Rheumafall zu sein. Aber ich? Mit Anfang 50 fühlte ich mich eigentlich auch noch nicht alt, zumindest bis vorletzte Woche noch nicht.
Also wenn die (vermeintliche) Erkrankung eine Rolle in der Story spielt, dann halte ich die Ich-Perspektive für reizvoller. Wenn nicht, dann eher die 3. Person. Ach ja: wenn jemand weiß, was ein Rollator ist, weiß er auch, wofür ein Rheumatologe gut ist. Zumindest ungefähr.
Liebe Grüsse!
Was ein Rollator ist, erschließt sich glaube ich jedem … Ich finde die Ich-Perspektive durchaus interessant. Ermöglicht andere Erzählräume und Überraschungen.
Ich bin für die dritte Person! Aber je mehr du fragst, desto mehr wirst du ein 50/50 Ergebnis bekommen. Wichtiger ist, wie du dich beim Schreiben wohl fühlst. Und wie du die Erlebnisse projezieren willst.
ich sehe es wie @KayGee: Mach es so, wie es für dich am besten läuft. Beide Formen haben ihre Vor- und Nachteile, letztendlich ist es Geschmackssache. Ich wäre auch für die dritte Person.
Und da sind wir wieder bei 50/50. Für mich sind Ich-Erzählungen ein Graus. Einzige Ausnahme: Autobiographische Texte.
Ich gebe @KayGee recht. Entscheidend ist, was sich beim schreiben für dich besser anfühlt.
Die zweite Version finde ich besser, aber nicht wegen der 1. Person, sondern weil sie schon besser ausformuliert ist. Das geht aber auch in der ersten Version:
– Die Anführungszeichen im Gedankenzitat können entfallen.
– „DER“ muss nicht in Majuskeln geschrieben werden.
– Im letzten Satz muss kein Perfekt stehen (sondern Plusquamperfekt).
Vielen Dank, Peterchen.
Es muss leider (auch unter uns Schreibenden) immer wieder mal drauf hingewiesen werden, dass die Lebensentwürfe und Meinungen von Protagonisten nicht zwingend auch die ihrer Schöpfer sind. Ich bin weder Kommunist noch depressiv und schon gar nicht lesbisch, nur weil meine drei wichtigsten Romanfiguren das sind. Aber ich kann so denken, fühlen und kommunizieren als ob. Und das macht den Unterschied zwischen Autobiographie und Fiction.
Ich hatte mal genau über diese Entscheidung einiges gelesen, was ich schlüssig fand. Für die meisten Texte macht es gar keinen so großen Unterschied, wofür du dich entscheidest.
Ich glaube, dass das richtig ist und vor allem von der weiteren Struktur des Textes abhängt, denn die Erzahlperspektive wird (in der Norm) ja beibehalten. Wenn du also Personenwechsel vornehmen willst, weil du erzählst, was parallel seine Frau zu Hause erlebt, ist der Ich-Erzähler unglücklich gewählt.
Genau. Abgesehen davon habe ich keine Lust, beim Schreiben ständig politisch korrekt zu bleiben, nur um ja niemanden auf die Füsse zu treten (was sich heutzutage sowieso nie vermeiden lässt, irgendwer ist immer beleidigt). Solche Texte möchte ich ja auch nicht lesen.
stimmt einerseits, andererseits kann das - in der Ich-Perspektive - zur Charakterisierung des Erzählers beitragen. Die Gedanken sind schließlich immer noch frei (aus dem gleichen Grund würde ich mich auch an dem „alten“ Opa nicht stören, ein Opa ist ja immer alt, aber trotzdem ist die Verstärkung umgangssprachlich sehr verbreitet).