Duane, Deinen Text mit den zig Markennamen fand ich klasse!
In diesem Zitat aber wäre meine Interpretation als Leserin:
so wie oben, ohne Markenname: Der Charakter ist alt oder altmodisch (oder beides) - an Starbucks noch nie zumindest vorbeigegangen zu sein, halte ich nur bei reinen Dorfmenschen oder Kleinstädtern für möglich; die Dinger sind in so ziemlich jeder Fußgängerzone einer halbwegs großen Stadt anzutreffen
mit Markenname: Der Charakter kritisiert zwar Starbucks, kennt es aber - er ist also nicht alt, wenngleich vielleicht altmodisch, zumindest in Bezug auf Kaffee
Von der gewünschten Art der Aussage würde ich dann abhängig machen, ob ich das Ding Starbucks nenne oder neumodisches Café.
Auf mich wirkt das oben genannte Zitat bemüht nonkonformistisch – kann man dann aber natürlich auch dem Protagonisten und nicht dem Autor zuschreiben …
Deutungshoheit, eure Durchlaucht? Will ich die? Weiß nicht, es kann sein, dass sich meine Meinung ab und zu so liest. Das gebe ich gerne zu. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich gerne argumentiere, schreibe und will, dass man meine Meinung versteht. Ich will sicher auch bekehren. Aber die Deutungshoheit klingt selbst für mich zu viel. Aber ich will dir an einem Beispiel deutlich machen, was ich denke und empfinde. Du willst also, dass dein Protagonist unbedingt ein iPhone hat.
Die Leser (Amis z.B.) finden das völlig normal.
Arme Leser glauben, er ist reich.
Reiche Leser glauben, er hats nötig.
Android-Besitzer halten ihn für einen Schnösel.
Anderen Lesern ist es egal.
Wenn du ihn damit charakterisieren willst, wüsste ich als Leser nicht, welchen Charakter er hat. Das iPhone als solches transportiert zu mir rein gar nichts. Es sagt mehr über den Autor aus als über den Protagonisten. Bekommt er von dir das iPhone, weil du willst, dass er als 1. 2. 3. oder 4. wahrgenommen wird? Ich finde, du darfst als Autor nicht in die Falle tappen, dass alle, die dein Buch lesen, auch so ticken wie du, dieselben Erfahrungen haben wie du, dasselbe wissen wie du. Wenn du willst, dass es schnöselig wird, solltest du sein Handy als eins beschreiben, dass dies aussendet.
Wenn du schreibst, einer würzt mit Maggi, ist das für einen Teil deiner Leser ekelhaft und den anderen Teil völlig normal. Aber du willst mit der Maggi-Würzung etwas ausdrücken! Nur was? Das erste? Das zweite? Du verstehst, weswegen ich es problematisch finde?
Da bin ich bei dir. Und ich gehe noch weiter und lasse den Satz auch ohne deine angehängte Einschränkung stehen. Denn ureigentlich geht es ja erst dann ans Eingemachte. Allerdings werde ich dabei auch regelmäßig zurückgepfiffen.
Entschuldige, Duane, aber das Risiko, dass ein Leser nicht oder etwas anderes versteht, als du beabsichtigt hast, bleibt immer. Nimm einen Satz wie *Jesus brach das Brot und verteilte es unter den Armen. *999 Leser würden das als soziale Tat verstehen, aber du hast auch garantiert einen dabei, der daraus schlußfolgert *Aha, Jesus sagt, man kann Kotze als Deodorant benutzen.
*
Wenn du die Assoziation Iphone=Schnösel benutzen willst, und sie ist nicht eindeutig, musst du halt noch ein paar mehr Hinweise geben, z. B. ein paar knackige Aussprüche deines Protagonisten wie “…sollen sie doch Kuchen essen” oder “Eure Armut kotzt mich an!”. Dann ist es schon ziemlich eindeutig.
Manche Firmen wären sicher froh, wenn sie bestimmte Markenrechte nie beantragt hätten. Heroin zum Beispiel ist oder war ein eingetragenes Warenzeichen von Bayer. Bei Heroin bin ich auch ziemlich entspannt und würde nicht finden, dass »harte Droge« besser klingt.
Markennamen zu verwenden oder nicht ist schlicht ein Stilmittel, und wie bei allen Stilmitteln gibt es kein kategorisches Ent- oder Weder, sondern nur ein “es kommt darauf an”. Aufs Genre zum Beispiel – in einem Spionagethriller wird man das anders handhaben (der Scharfschütze auf dem Dach hat nicht einfach nur “ein Gewehr”, sondern z.B. “ein Heckler & Koch PSG Kaliber 7,62 mm”, will der Autor vom Leser ernst genommen werden) als in einer Romanze auf dem Land. Auch kommt es auf die Figur an, aus deren Sicht man das Geschehen schildert; ob das jemand ist, der in Marken denkt oder eben nicht: ein Roman über jemand mit Kaufsucht müsste meines Erachtens überquellen vor Markennamen. (In meinen Studienzeiten kannte ich eine Frau, die jedem Pullover aus hundert Meter Entfernung angesehen hat, von welcher Marke er kam, und sie hat Leute auch so beschrieben – “das ist der blonde Typ, der nur Pullover von C&A trägt”.)
Eine Gefahr bei der Verwendung von Markennamen, insbesondere aus dem sich schnell wandelnden Bereich des Digitalen, ist, dass sie eine Geschichte ungewollt datieren können: Ein Roman, in dem jemand stolz auf seine MySpace-Seite ist, wirkt durch eine solche Nennung altbacken – genauso könnte die Erwähnung von Facebook eines Tages altmodisch wirken. (Bei Romanen, die bewusst in einer bestimmten Zeit angesiedelt sind, wäre das natürlich kein Problem, sondern eher eine clevere Methode, die Zeit zu charakterisieren; ähnlich, wie wenn man im Radio bestimmte Hits der Zeit spielen lässt o.dgl.)
Lego hat noch ein anderes Problem. Wenn dein Markenname zum Gattungsbegriff wird, kann es passieren,
dass du die Rechte an der Marke verlierst. Das wollen sie natürlich nicht zulassen.
Bei aller Kritik an dem Laden, den Punkt kann ich durchaus nachvollziehen.
Was mache ich mit einer meiner Figuren, die mit einer Reisegruppe nach Nordkorea fährt, süchtig nach Coca-Cola ist und Ángst hat, dass es die dort nicht gibt?
Mea culpa, ich habe neulich zwei Marken verwendet. Aber ich weiß, **warum **ich das gemacht habe. Im Gegensatz zum iPhone, was nur ein Statussymbol ist. Aber ich muss selbst zugeben, es gibt Marken, deren Erwähnung fast alternativlos ist. Falls es noch jemanden interessiert.
grübel
Ich habe ein iPhone (ein olles SE von 2016), dass die meiste Zeit damit verbringt in der Jacke seinen Akku leer zu jubeln, und sehe darin kein bisschen ein Statussymbol. Es läuft zuverlässig, ist in der Funktion und Bedienung meiner Meinung nach sehr gut, hat genau das Format das ich brauche, ist kein Google-Phone, der App-Store ist relativ gut gesichert und hat ein umfangreiches Softwareangebot.
Da ist für mich Papyrus eher ein Statussymbol ;-).
Erst das Verhalten und der Umgang des Besitzers damit kann es zum Statussysmbol machen. Wobei sicherlich ein iPhone eine größere Chance hat ein “Statussymbol” zu werden, als ein Galaxy 0815.
Liegt also immer im Auge des Betrachters.
Nutzt man Produkt- oder Markennamen in seiner Geschichte, dann sollte dies mit Bedacht und aus gutem Grund geschehen. Ansonsten fährt man halt mit dem Auto um die Ecke, telefoniert mit seinem Handy / Mobilephone oder nutzt einfach einen Onlinebezahldienst.
Ja, das interessiert und ich sehe das genauso.
Ich hatte auch versucht, alle Marken durch einen ähnlichen Begriff und Fantasiemarken zu erstezen.
Aber zu ‘googeln’, ‘PayPal’ oder ‘YouTube’ gibt es (zumindest aktuell) m. E. keine Alternative. Ansonsten müsste man das Wort im Roman (ich verwende manmal Endnoten dafür) erläutern.
Mit Coca-Cola hatte ich das selbe Problem. Ich verwende nur ‘Cola’, das ist m. E. nur das Produkt (gibt ja auch Vita-Cola, Pepsi-Cola, uva.) und die geschützte Marke ist ‘Coke(R)’ so stehts auf den roten Labeln.
Bei mir waren es **Tinder **und Tindern. Ist schwierig für mich, das zu ersetzen. Und IKEA. Wie gesagt, tut mir leid, wenn ich überheblich geklungen habe. Wobei ich zu meiner Meinung stehe. Ich ersetze, was sich ersetzen lässt. Es ist aber albern, von IEKA und einem blaugelben Möbelhaus zu sprechen, weiß eh jeder, dass man IKEA meint.
Genau das hatte ich ja mehrfach geschrieben. Es muss ein zwingender Grund sein. Nur weil man selbst das iPhone als Statussymbol sieht, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass jeder dasselbe damit verbindet.
Jeder Hartzer läuft mit 'nem iPhone rum – wer ernsthaft glaubt, damit im Jahr 2021 noch prollen zu können, hat die Kontrolle über sein Leben verloren …
Ich arbeite gerade mal wieder an meinem Roman weiter, und hänge auch bei dem Thema Markennamen.
Da ich nebenbei auch immer wieder viel lese, schaue ich natürlich auch, was bei anderen Autoren so genommen wird.
Schweres Thema, finde ich.
Ich unterscheide nun zwischen Wort- und Gattungsname. Das macht es einfacher.
Markennamen geben eine Stimmung wieder, können aber auch heikel sein, da diese Stimmung unterschiedlich ist und ein Produkt mit der Zeit anders wahrgenommen wird.
Lukianenkos Romane “Labyrinth der Spiegel” und “Der falsche Spiegel” wurden in den 90er Jahren geschrieben. Seine detaillierten Beschreibungen der Leistungsfähigkeit der damals hochmodernen Rechner sind aus heutiger Sicht eher peinlich. Diese Systeme hätte er besser neutral, ohne Markennamen und genaue Leistungsdaten beschrieben.