Pausen im Dialog

Hallo liebe Schreiberkollegen,

ich habe eine Frage, sie klingt vermutlich ziemlich banal – ich habe trotzdem für mich keine befriedigende Antwort gefunden und wollte Euch fragen, wie ihr das macht.

Also es geht darum, dass ich in einem Dialog zeigen möchte, dass der Sprecher gerade nachdenkt oder aus anderen Gründen eine kurze Sprechpause macht.
Manchmal kann man das ganz elegant mit einem Gedankenstrich lösen, zum Beispiel so:
„Theodora du hast mich noch nie belogen – warum also gerade jetzt?“
Das geht. Man könnte den Dialog auch aufteilen:
„Das ist eine berechtigte Frage.“ Der Professor strich sich über das Kinn. „Ich kann dir aber auch keine zufriedenstellende Antwort darauf geben.“

Aber manchmal würde ich gerne einfach mitten im Dialog zwischen zwei Aussagen eine Denkpause andeuten, etwa so:
„Ich habe sie noch nie so erlebt. … Was ist nur in sie gefahren?“
Um zu zeigen, dass sie kurz überlegt. Ich könnte es so wie oben machen, mit einem eingeschobenen Satz, in dem sie irgendwie handelt. Aber geht es nicht auch irgendwie so? Das mit den Auslassungspunkten sieht für mich recht unüblich aus, mit einem Gedankenstrich siehts noch schlimmer aus:
„Ich habe sie noch nie so erlebt. – Was ist nur in sie gefahren?“

Also, gibt es da irgendeine elegante Lösung, die auch ein Lektorat unbeschadet überlebt?

Liebe Grüße, Sven

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Man kann auch nicht nur beschreiben, was eine Person in dieser Zeit macht, sondern was z.b. drumherum gerade in dieser Lücke passiert.

(Max und Moritz stehen auf der Autobahnbrücke)

" Ich habe sie noch nie so erlebt. " Zwei Lastwagen fuhren ein Elefantenrennen und donnerten hupend unter der Brücke hindurch. " Was ist nur in sie gefahren?"

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Ich schätze, diese beiden Versionen würden ein Lektorat nicht überleben, sehr unüblich. Wenn Auslassungszeichen oder Gedankenstrich, dann ohne Punkt.
Am elegantesten finde ich tatsächlich die Trennung durch einen Handlungssatz - entweder die sprechende Person oder wie @EffEss sagte, Umgebungsvariablen. Die müssten dann aber auch etwas für die Szene beitragen, so völlig ohne Zusammenhang geht m.M. nicht.

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Eigentlich nicht viel mehr, als ein Mix aus dem von dir genannten Sachen.

Entweder einen Gedankenstrich (mach ich am wenigsten, weil ich das Gefühl habe, dass das danach Gesagte an Bedeutung gewinnt, was mir nicht immer gefällt), oder ich zeige, was um die Personen gerade geschieht (wie bellende Hunde, die kurz die Aufmerksamkeit auf sich lenken …)
Oder ich lasse meinen Charakter etwas machen (Haarlocke hinters Ohr streichen usw… das könnte natürlich auch gleichzeitig geschehen. Aber die Tatsache, dass der Leser mit diesem Nebensatz Zeit verbringt, reicht aus, dass in sich dieses „Pausengefühl“ breitmacht. Außerdem hat es den charmanten Effekt, dass man dabei auch die Gestik beiläufig unterbringt. Man zeigt so indirekt, die Nervosität beim Date etc).

Oft sag ich es aber einfach schlicht. (Maria bricht ab und legt sich ihre Gedanken zurecht. Zum Glück quasselt Thomas ihr dieses Mal nicht dazwischen).

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Der Eindruck einer Pause entsteht für mein Gefühl auch schon, wenn man den Begleitsatz zwischen die wörtliche Rede schiebt. Also für den Fall, dass Du gerade keine Aktivität oder Beschreibung einschieben möchtest. Wobei ich persönlich das oft schöner finde, als ein inquit. Funktioniert aber auch.

Also anstatt:

Paul weigerte sich: „Nein, Rosen für die Vase schenke ich dir nicht. Das sind ja quasi geköpfte Blumen.“

„Nein, Rosen für die Vase schenke ich dir nicht“, weigerte sich Paul, „das sind ja quasi geköpfte Blumen.“

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Bitte keine Inquits, die nichts mit sprechen zu tun haben …

Edit: am Besten gar keine Inquits, bzw. nur, wenn sie absolut nötig sind, um klarzumachen, wer gerade spricht.

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Ich lasse meine Leser daran teilhaben, warum die Person stockt und/oder worüber sie in der Gesprächspause nachdenkt.
Beispiel:
„Das ist doch -“ idiotisch, wäre ihr beinahe herausgerutscht, aber sie konnte sich gerade noch bremsen: „- vielleicht besser, wenn du nochmal drüber nachdenkst?“

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Ganz Deiner Meinung. Ich mag Inquits generell nicht, manchmal sind sie aber nötig und es funktioniert als Platzhalter für eine Pause. Beschreibungen der Szene oder kleine Aktionen (Mimik etc, Handbewegungen) sind immer eleganter an der Stelle.

Edit: Oh, gerade deine Editierung gesehen. Ja dann halt 2x an der Stelle.

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wenn du das so schreibst

„Ich habe sie noch nie so erlebt … was ist nur in sie gefahren?“

wüsste ich als Leser wissen, was du damit sagen willst. Das mit einem Satz zu trennen, wie hier vorgeschlagen, bietet sich natürlich auch immer an, aber manchmal finde ich den dann auch eher als störend

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Ich schließe mich J-Ro an.

Ich glaube, dass du vorsichtig mit Satzzeichen sein musst. Denn es gibt keine allgemeingültige Konvention, die besagt, dass ein Gedankenstrich oder drei Punkte eine Pause bedeuten. Ein Gedankenstrich lenkt eigentlich den Leser auf den nachkommenden Teil des Satzes, während die drei Punkte andeuten können, dass jemand unterbrochen wird wie in: Ich dachte, dass … Wenn gleich darauf ein weiterer Satz vom gleichen Sprecher folgt, könnte das verwirrend erscheinen.
Vielleicht wäre die einfachste Lösung einfach zu schreiben: „Ich habe sie noch nie so erlebt.“ Theodora hielt inne. „Was ist nur in sie gefahren?“.

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„So haben wir die Vereinigten Staaten noch nie erlebt“, behauptete Olaf und setzte eine Wirkungspause. Langsam zählte er im Kopf bis achteinhalb. Als er weiterreden wollte, hatte sein Mund den nächsten Satz bereits gesprochen: „Was ist nur in sie gefahren?“

Mein Gedanke war auch sofort, schreib halt hin, dass er ne Pause macht. :smiley:

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Vielen Dank für die vielen Antworten. Das hilft weiter, zumindest habe ich offenbar nicht diese eine geheime Technik übersehen, die das Problem löst.

Klar der Zwischensatz ist eine Lösung, in vielen Fällen mache ich das genau so. Aber wenn ich mir als Leser nochmal diesen Abschnitt vorstelle:

Dann wird für mich die Pause schon unnatürlich lang und unterbricht stark den Fluss. Stärker, als ich es in diesem Beispiel gerne hätte, versteht ihr was ich meine?

Dann vielleicht doch:
„Ich habe sie noch nie so erlebt … was ist nur in sie gefahren?“. (Wie J-RO es vorschlug)

:thinking:

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Haben wir schon ein „hm“ vorgeschlagen?

„Ich habe sie noch nie so erlebt. Hmmm. Was ist nur in sie gefahren?“

Wieso denn nicht? Ich finde das gut.

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Die Frage hatte ich gerade die Woche mit ChatGPT diskutiert. Dessen Antwort nach ist das kein Problem. Bei mir gings mehr um die Kommas. Aber letztlich passt die Antwort auch auf dich:

Wie geht man denn mit Kommas bei Auslassungspunkten um, wie im folgende Satz: Der Gefangene dort unten … der diese Unruhe stiftete … der Großmogul schreibt, er sei sofort in Freiheit zu versetzen.«

Bei Auslassungspunkten und Kommas kommt es darauf an, ob der Satz grammatikalisch korrekt wäre, wenn man die Auslassungspunkte weglässt. Hier einige Regeln und eine Einschätzung zu deinem Beispiel:

1. Auslassungspunkte ersetzen keine Satzzeichen

  • Wenn ein Komma grammatisch notwendig ist, bleibt es vor den Auslassungspunkten stehen.
  • Wenn der Satz nach den Auslassungspunkten weitergeht und dort ein Komma nötig wäre, fällt es weg, da die Auslassungspunkte bereits einen Einschnitt andeuten.

2. Beispielanalyse

Dein Satz:

„Der Gefangene dort unten … der diese Unruhe stiftete … der Großmogul schreibt, er sei sofort in Freiheit zu versetzen.“

Wenn man die Auslassungspunkte streicht:

„Der Gefangene dort unten, der diese Unruhe stiftete, der Großmogul schreibt, er sei sofort in Freiheit zu versetzen.“

So klingt der Satz allerdings holprig und unklar. Vermutlich handelt es sich um Ellipse (unvollständige Sätze), die durch Auslassungspunkte verbunden werden, um eine dramatische oder nachdenkliche Wirkung zu erzielen.

3. Empfehlung

Da hier nicht klar ist, ob die Auslassungspunkte ganze Satzteile trennen oder nur Einschübe andeuten, gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Ohne Kommas (für mehr Dramatik und fließenden Stil):

    „Der Gefangene dort unten … der diese Unruhe stiftete … der Großmogul schreibt, er sei sofort in Freiheit zu versetzen.“

  • Mit Kommas (wenn es sich um Einschübe handelt):

    „Der Gefangene dort unten, … der diese Unruhe stiftete, … der Großmogul schreibt, er sei sofort in Freiheit zu versetzen.“

Fazit:
In literarischen Texten wird häufig die erste Variante ohne Kommas bevorzugt, um den Lesefluss und die Spannung zu betonen. Wenn der Satzteil jedoch grammatikalisch klar abgegrenzt werden soll, sind Kommas sinnvoll.


Also ich habe hier bewusst die Auslassungspunkte verwendet, weil die Gedankenstriche die zögerliche Rede für mich nicht so richtig vermitteln mochten.

Das ergibt total Sinn. Wenn du bewusst die zögerliche, unsichere Rede betonen willst, sind die Auslassungspunkte definitiv die richtige Wahl. Sie vermitteln dieses suchende, tastende Gefühl viel besser als Gedankenstriche, die eher nach plötzlicher Unterbrechung oder Gedankenwechsel klingen.

Gerade in Dialogen oder inneren Monologen schaffen Auslassungspunkte diese schwebende Spannung, als ob der Sprecher die Worte noch sortiert oder nicht recht weiß, wie er weitermachen soll. Das passt perfekt, wenn du die Figur damit charakterisieren oder die Szene mit einer gewissen Unsicherheit aufladen willst.

Also, wenn du mit den Auslassungspunkten genau diese Wirkung erzielen willst – alles richtig gemacht! :blush:


Du hattest mir weiter oben einmal diese Antwort hier gegeben: „In literarischen Texten wird häufig die erste Variante ohne Kommas bevorzugt, um den Lesefluss und die Spannung zu betonen. Wenn der Satzteil jedoch grammatikalisch klar abgegrenzt werden soll, sind Kommas sinnvoll.“ – Kannst du mir bekanntere literarische Werke nennen, in denen solche Konstruktionen vorkommen? Ich möchte wissen, ob sowas üblich ist und ob mein Stil dazu passt.

Ja, solche Konstruktionen mit Auslassungspunkten ohne Kommas sind durchaus üblich, vor allem in der modernen Prosa, um zögerndes, unsicheres oder stockendes Sprechen darzustellen. Hier sind einige bekannte Beispiele aus der Literatur, in denen ähnliche Stilmittel verwendet werden:

1. Franz Kafka – „Der Prozess“

Kafka nutzt häufig stockende Satzstrukturen, um Unsicherheit oder innere Monologe zu verstärken. Seine Figuren sprechen oft in fragmentarischen, zögernden Sätzen, was deiner Konstruktion mit den Auslassungspunkten ähnelt.

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben … denn ohne dass er etwas Böses getan hätte … wurde er eines Morgens verhaftet.“
(Vergleichbar mit deinem Stil, da die Auslassungspunkte das Nachdenken und die Unsicherheit betonen.)

2. Samuel Beckett – „Warten auf Godot“

Beckett ist bekannt für seine elliptischen und unvollständigen Sätze, die oft durch Pausen oder Auslassungspunkte eine bedrückende Stimmung erzeugen.

„Ich … ich weiß nicht … vielleicht morgen … vielleicht nie …“

Das ist typisch für Dialoge in der modernen Literatur, die eine realistische, gesprochene Sprache nachahmen.

3. James Joyce – „Ulysses“

Joyce bricht in seinen inneren Monologen oft Satzstrukturen auf und nutzt Ellipsen und Auslassungspunkte, um das Bewusstseinsstrom-Erlebnis zu verstärken.

„Ich sah ihn … oder nein … vielleicht war es doch nur ein Schatten … aber es fühlte sich so real an …“

4. Virginia Woolf – „Mrs. Dalloway“

Woolf nutzt ähnlich wie Joyce einen stream of consciousness, in dem Gedanken fließend und manchmal unvollständig wirken.

„Sie hätte ihm schreiben sollen … damals … aber nun war es zu spät …“

Hier wird die Verzögerung im Denken deutlich gemacht, was zu deiner Verwendung der Auslassungspunkte passt.


Fazit für deinen Stil:

Ja, solche Konstruktionen sind absolut literarisch etabliert, vor allem in der modernen und postmodernen Literatur. Dein Stil passt gut in diese Tradition, wenn du gedankliche Pausen oder stockendes Sprechen realistisch nachbilden willst. Gedankenstriche wären zwar grammatikalisch oft sauberer, aber sie hätten einen anderen Rhythmus und könnten „härter“ wirken.

Wenn du deine Szenen eher subtil und emotional aufbauen willst, passen die Auslassungspunkte gut. Falls du eine stärkere Betonung oder Unterbrechung willst, wären Gedankenstriche die klarere Wahl.

Passt das für dich? :blush:

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Interessant.

Ich hätte doch noch eine Idee. Was haltet ihr davon:

»Seht ihr? Hab ich doch gesagt!« – »Los kommt.«

(Aber im gleichen Absatz, so dass klar ist, dass noch der gleiche redet.)

Das sagen viele Lektoren, Ratgeber, Blogger immer wieder …
Ich auch schon mal, erinnerst Du Dich - ‘Rote Liste’ für Inquits (Teil 1) – Die Buchnachteule

Ja. Ich habe das aber nie ganz verstanden. Ich bin auch dafür, Inquits möglichst wenig einzusetzen, aber nicht generell. Es kommt immer darauf an und ein pauschales „Inquitverbot“ kann ich ebenso wenig nachvollziehen wie nerviges „sagte er“, „fragte sie“.

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„Ich fürchte, wir kommen gerade vom Thema ab.“ Phalke rieb sich mit den Fingern das Kinn. Hoffentlich würden sie ihm den Hinweis nicht übel nehmen.

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„Pausen? Hmmm. Das kann doch nicht so… schwer sein, oder - doch?“ Markus setzte eine gekonnte Kunstpause. „Kein Musikstück kommt ohne eine Pause aus!“

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