Papyrus unter Linux in einer Virtuellen Maschine (VM)

Mitte Oktober 2025 stellt Microsoft den Support für Windows 10 ein. Für jeden, der dieses Betriebssystem nutzt, stellt sich daher die Frage: Soll ich meinen noch gut funktionierenden Rechner verschrotten, nur weil er die übertriebenen Hardwareanforderungen für Windows 11 nicht erfüllt? Oder soll ich Windows 10 einfach weiter nutzen und darauf hoffen, dass trotz fehlenden Supports schon alles gut gehen wird und keine bösen Menschen durch neu entdeckte, aber jetzt nicht mehr durch ein Update geschlossene Sicherheitslücken ihr Unwesen auf meinem Computer treiben werden?

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: den Umstieg auf das kostenlose Betriebssystem Linux. Der alte Computer kommt damit hervorragend zurecht, nur leider die Windows-Software nicht. Glücklicherweise gibt es zu fast allen wichtigen Windows-Programmen (auch zu Papyrus) Linux-Alternativen. Doch weil Papyrus ein sehr gutes und umfassendes Programm ist, in das man sich lange hineingearbeitet hat, möchte man es sicher weiter nutzen.

Wie einige Beiträge in diesem Forum zeigen, kann man Papyrus wie viele Windows-Programme auch mit Hilfsmitteln wie „Wine“ oder „Bottles“ laufen lassen, doch das klappt nicht immer fehlerfrei und in vollem Umfang. Warum? Wine ist nur ein Übersetzer: Der Computer spricht nur Linux, Papyrus spricht nur Windows. Weil der Dolmetscher aber nicht jede Redewendung in den beiden Sprachen kennt, läuft nicht jedes Windows-Programm immer fehlerfrei - auch nicht Papyrus. Die fehlerfreie Funktion ist eben nur in der Muttersprache Windows gegeben.

Dafür gibt es die Möglichkeit, auf seinem Computer eine sogenannte Virtuelle Maschine einzurichten (der Faulheit halber ab jetzt VM genannt). Eine VM ist eine Software, die die Hardware eines Computers nachbildet – eine geniale Sache. In dieser VM wird dann Windows 10 installiert und in diesem wiederum Papyrus – Software in einer Software in einer Software. Verwehrt man diesem Windows dann noch den Zugang zum Internet, hat man eine vollständig gekapselte Lösung – die bösen Buben müssen draußen bleiben.

Im Nachhinein gesehen ist die Installation gar nicht so schwer, aber ich musste mich währenddessen schon intensiv von ChatGPT unterstützen lassen. Mit der folgenden Anleitung möchte ich den Lesern dieses Beitrags die Installation von Papyrus in einer VM etwas leichter machen. Aber: Dies ist ein Erfahrungsbericht und keine vollständige Installationsanweisung. Wenn Ihr nicht weiterkommt, fragt bitte ChatGPT oder eine andere KI - ich bin kein Linux-Experte, sondern ganz frisch umgestiegen.

Genug der Vorrede. Alles, was jetzt kommt, passierte auf einem PC unter Linux Mint auf der einen, Windows 10 samt Papyrus auf der anderen Festplatte. Papyrus legte bei mir alle Daten und Projekte unter „Dieser PC/Dokumente/Papyrus Autor Dokumente“ ab; die Backups unter „Dieser PC/Dokumente/Papyrus Backups“ ab, diese Pfade notierte ich mir und kopierte alle Dateien und Ordner auf einen USB-Stick.

Zurück in Linux. Zunächst braucht man ein Installationsmedium für Windows 10. Dafür sucht man im Internet nach „ISO Windows 10“ und folgt dem Suchergebnis zur offiziellen Microsoft-Seite. Hier ist der Download der ISO-Datei im Angebot: „Windows 10 (multi-edition ISO)“ wählen, Sprache deutsch, Architektur 64-Bit – und nach ein paar Minuten findet sich die ISO-Datei im Download-Ordner. Da kann sie auch bleiben.

Nun lädt man das Programm VirtualBox, indem man ins Linux-Terminal eingibt: sudo apt install virtualbox.

Man startet das Programm VirtualBox, wählt anschließend „Maschine“ und dann Neu“. Jetzt hangelt man sich durch einige Punkte:

Konfiguration

Name: zum Beispiel „Windows10-offline“

Ordner: auf den Pfeil rechts klicken, den Download-Ordner öffnen und die ISO-Datei auswählen (bei mir war’s „Win10_22H2_German_x64v1.iso“).

In den Experten-Modus wechseln. Unter dem etwas unglücklich formulierten Punkt „Unbeaufsichtigte Installation“ ein Passwort vergeben und den Produktschlüssel (die Lizenznummer) der vorhandenen Windows-Installation eintippen. Ohne Produktschlüssel geht’s nicht.

Unter „Hardware“ die Größe des Arbeitsspeichers des virtuellen Rechners festlegen. Man empfiehlt mindestens 4 MB - ich habe 16 eingestellt, da mein echter Rechner 32 davon hat. Auch die Anzahl der Prozessoren des virtuellen Rechners kann man hier festlegen: Mein echter Rechner hat davon vier und braucht, wenn die VM läuft, ja auch etwas davon für sein Linux – zwei Prozessoren sind für Papyrus mehr als genug. Unter „Festplatte“ sind die Punkte „Jetzt eine virtuelle Festplatte erzeugen“, die Größe von 50 GB und „VDI (VirtualBox Disk Image)“ voreingestellt. Bei meiner fertigen Installation belegen Windows und Papyrus zirka 25 GB, der Speicherplatz des Papyrus-Programms ist vernachlässigbar, passt also prinzipiell. Braucht man voraussichtlich mehr Platz, sollte man das gleich jetzt berücksichtigen; eine spätere Änderung ist möglich, aber kompliziert. „Fertig stellen“ anklicken, kurz danach erneut den Produktschlüssel eingeben - und man kann fasziniert zusehen, wie Windows installiert wird: „Hallo. Wir bereiten alles für Sie vor.“

Kurz danach erscheint Windows in einem Fenster und kann nun ganz normal bedient werden. Fährt die Maus aus dem Fenster, ist sie in der Linux-Umgebung, fährt sie wieder wieder zurück, ist sie in der Windows-Welt – ein mächtiger Zauber.

Anschließend kann man eigentlich sämtliche Zusatzprogramme in Windows deinstallieren, da es ja lediglich ein schmuckloses Arbeitspferd für Papyrus und vielleicht noch einige andere Programme sein soll. Dann Windows herunterfahren (Maschine / Ausschalten per ACPI).

In der VM unter „Massenspeicher“ die ISO wieder entfernen, weil sonst bei jedem Start erneut der Installationsvorgang beginnen würde. Das geht mit Rechtsklick auf das CD/DVD-Laufwerk und „Anschluss entfernen“ – bei Bedarf kann später wieder problemlos ein neues Laufwerk hinzugefügt werden.

Gemeinsamen Ordner einrichten

Irgendwann sollen die genialen Geschichten, die im Windows-/Papyrus-Hochsicherheitstrakt geschrieben wurden, in die Freiheit gelangen – dafür braucht es einen gemeinsamen Ordner, in dem Dateien zwischen Windows und Linux ausgetauscht werden können. Also in der Anwendungsverwaltung von Linux die dafür nötige „VboxGuestAdditions.iso“ suchen und installieren.

VM starten, Windows starten (Maschine / Starten / Normal starten),

Windows Explorer öffnen; bei mir lag diese ISO-Datei schon griffbereit bei „Dieser PC“ im virtuellen CD-Laufwerk – Doppelklick, Windows herunterfahren.

Im Terminal unter Linux den gemeinsamen Ordner anlegen:

sudo mkdir ~/zum Beispiel „PapyrusAustausch“ (erstellt den Ordner „PapyrusAustausch“ im home-Ordner

sudo chmod 700 ~/PapyrusAustausch (beschränkt die Zugriffsrechte auf diesen Ordner auf den Linux-Passwortbesitzer)

Zurück in die Bedienoberfäche der VM. Menü oben: Geräte/Gasterweiterungen ein- oder anlegen

In VirtualBox VM nur auswählen (nicht starten), Ändern, bei „Gemeinsame Ordner“ auf das „+“-Symbol klicken

Pfad am Host: zum Beispiel ~/PapyrusAustausch

Name: Papyrus

Häkchen setzen bei „Automatisch einbinden“, aber „nur lesbar“ nicht anhaken (sonst wäre der Austausch nur in eine Richtung möglich).

Nach dem nächsten Start der VM findet man diesen Ordner mit seinem Namen in Windows unter „Netzwerk“ oder als neues Laufwerk „Z“

Papyrus installieren

In diesen gemeinsamen Ordner kann man jetzt die Installationsdatei und den Schlüssel legen und dort wie gewohnt unter Windows installieren. Sucht (jetzt unter Windows), in welchen Verzeichnissen Papyrus die Daten vorhandener Projekte gespeichert hat. Kopiert diese Daten in den gemeinsamen Ordner und von dort in die entsprechenden Pfade in das VM-Windows. Nach Start von Papyrus müsstet Ihr jetzt darauf Zugriff haben.

Netzwerkzugriff verbieten

in Virtualbox VM auswählen, „Ändern“.

Unter „Netzwerk“ Häkchen entfernen bei „Netzwerkadapter aktivieren“; dieses Windows hat jetzt keine Verbindung zur Außenwelt mehr. Die bösen Buben müssen draußen bleiben.

Datensicherung

Anschließend den kompletten Ordner „VirtualBox VMS“ auf einen externe Festplatte sichern. Falls irgendwann einmal etwas schiefgehen sollte, kann man dieses saubere Komplettpaket, bestehend aus VM, Papyrus und seinen Daten (bei mir zirka 40 GB groß) zurückspielen – und alles ist wieder gut. Diese Sicherung sollte man natürlich später öfter machen.

Durchhalten: Mit etwas Geduld wird die Installation schon klappen. Das Ergebnis lohnt die Mühe.

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Es gibt auch noch andere Optionen.
Guck mal hier

Es gibt jedoch noch eine Hürde zu klären: Papyrus verlangt in einigen Zeitabständen die Verbindung zum Hersteller. Dazu müsste man dann die Verbindung zum Internet wieder herstellen, was auf die Dauer recht nervig sein dürfte. Anders ist das mit Windows-Programmen, die nicht dieses Ansinnen haben. Dann besteht auch wieder die Möglichkeit, dass die bösen Buben zuschlagen.

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Das sollte lösbar sein: Der Container bekommt nur Zugriff auf die IP Adressen, die Papyrus braucht.

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Und warum kann ich nicht einfach gleich dem W10 Rechner den Internetzugang verwehren und mir dadurch die VM sparen?

Das ist auch eine Möglichkeit, so Du einen Rechner zum Schreiben und einen für die Internet-Kommunikation hast.

Zumindest bei Papyrus 11 habe ich noch keine Einschränkungen unter Linux Mint und Wine (neuste Version) feststellen können. Höchstens welche, die ich nicht benötige.

Ich sehe mich ebenfalls genötigt, auf Linux (Mint/Ubuntu) zu wechseln, wobei ich nicht einzuschätzen weiß, worin diese ‹Distributionen› sich unterscheiden und wie wichtig das wäre. Du erwähnst Einschränkungen: welche sind das? Eine VM einzurichten erscheint mir als ein großer Aufwand; als wollte ich einen Koffer zum Bahnhof fahren lassen und bestelle dafür einen Zehntonner.

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Schritt für Schritt habe ich den Wechsel von Windows nach Linux vollzogen. Das hat fast zwei Jahre in Anspruch genommen. Zuerst eine Parallelinstallation. Eigentlich komme ich aus der Amiga-Ecke. Ausprobiert habe ich Ubuntu, das aus meiner Sicht eine eigenartige Logik bezüglich der Dokumente und Programme hat. Xubuntu ist der nächste Versuch gewesen. Da gibt es ausreichend Einstellmöglichkeiten, die auch dem Amiga ähnelten. Endlich konnte ich die Schnellstartleiste wieder oben anordnen.
Bei Linux Mint gefielen mir zunächst die Farben nicht, aber die Logik der Programmstarts konnte ich folgen.
Seit LINUX-USER: Papyrus unter Wine 8.0.2 (stabile Version) bin ich mit Papyrus auf Linux zufrieden. Seitdem wird auch die Wine-Version und Play on Linux automatisch auf dem Laufenden gehalten.
Ein Wechsel des Systems ist immer mit Umstellungen verbunden. Es lohnt sich aber aus meiner Sicht. Das gute an Linux ist, dass man ein Update des Systems oder der Apps/Programmen dann machen kann, wenn es zeitlich passt und nicht, bevor man anfangen kann zu arbeiten oder dann wenn man eigentlich andere Aufgaben erledigen muss. Außerdem muss der PC nur neu gestartet werden, wenn das Betriebssystem auf den neusten Stand gebracht wird. Und nicht zuletzt: Der PC fährt viel schneller herunter.
Ein Problem bei mir ist lediglich: Wenn Papyrus eine Datei laden soll, deren Fonts nicht in Linux vorhanden sind, will er seine Arbeit nicht verrichten. Dieses Problem muss aber nicht generell zutreffen.

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Danke für Deine Antwort. :slight_smile:
Ja, so alte Dateien habe ich auch noch, die nicht mehr vorhandene Schriften verwenden. Eigentlich lebende Tote, die erlöst werden sollten …

Ist schon klar. Ich wollte aber dann sowieso von Windows weg, da ich keine auf Lust auf solche Sachen hatte:

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Wird doch in DE gar nicht ausgerollt und wenn doch eines Tages, kann man es leicht deaktivieren.

@Bolte Ist das Einrichten deiner VM schon so lange her, dass du Erfahrungen mit der Internet-„Freischaltung“ von Papyrus gemacht hast, die etwa alle 2 Wochen nötig ist? Klappte das reibungslos?

Hallo Corinna,

nein, gerade einmal eine Woche.

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Bitte berichte uns doch später von deinen Erfahrungen.


Ich habe meinen Windows-10-PC offline genommen und bin für das Internet auf einen Linux-Laptop umgestiegen, habe Papyrus aber bisher auf meinem PC gelassen. Meine Erfahrung mit Papyrus offline war bis jetzt nicht so gut. Es ist auf jeden Fall Aufwand (und ab Oktober dann ein Sicherheitsrisiko), den PC alle 2 Wochen einmal kurz mit dem Internet verbinden zu müssen, aber die Sache wurde noch komplizierter, als ich Papyrus einmal länger ohne Internet genutzt hatte, bis es tatsächlich abgelaufen war. Da hatte es ungefähr 20 Versuche gebraucht, bis sich das abgelaufene Papyrus endlich verbunden und wieder freigeschaltet hatte.

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… wenigstens etwas Wissen über Windows an sich vorausgesetzt. Manche haben schon Schwierigkeiten, eine neue Schrift zu installieren, obwohl man denen das schon mehrfach vorgeführt hat. Und ausgerechnet jene haben am meisten Angst vorm Ausspionieren …

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Ich sage - man möge mich dafür steinigen oder was auch immer - dass dieses Gedöns in punkto Sicherheit / Ausspionieren usw. vollkommen überzogen ist. Man muss nur dafür sorgen, dass keine sensiblen Daten auf dem Rechenknecht sind und schon sind 90% erledigt. Normale Dokumente sind nicht geheim und wenn man regelmäßig Backups macht sind die restlichen 10% auch abgedeckt.

Möglicherweise bin ich etwas paranoid, ja. Ich denke generell, dass die EU unabhängiger von den USA werden sollte, und dazu gehört eben auch, dass in den USA lieber niemand die „Karten in der Hand haben“ soll, theoretisch durch genug Druck auf die Firmen Microsoft und Apple die Computer und Smartphones von Millionen Menschen in der EU lahmlegen zu können. Die Hardware meines PCs wäre Win-11-tauglich, aber ich möchte eben komplett unabhängig von Microsoft werden und steige deshalb nicht auf Windows 11 um, sondern auf Linux.

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Etwas ketzerisch formuliert - niemand sollte glauben, dass Big Brother nicht auch an den deutschen Leitungen lauscht.

Hm, vielleicht sind wir ja beide „überzogen in punkto Ausspionieren“?
:handshake: