Hallo liebes Forum,
ich habe mit relativ großem Interesse die Forumsbeiträge zu „Die Kabane“ gelesen. Mir ist Folgendes aufgefallen: Ich habe den Text beim Überfliegen als interessanter empfunden als alle anderen Leser. Und ich glaube, wie Walta schon feststellte, dass das möglicherweise etwas mit dem österreichischen Deutsch zu tun hat (ich bin Österreicherin).
Wir Österreicher scheinen - vielleicht nur wir Schreibanfänger - einen anderen Zugang zur Sprache zu haben, als andere Sprecher des Deutschen. Dieser Zugang wird anscheinend als nicht ganz so harmonisch empfunden. Aber ich bin mir nicht sicher, ob diese Schlussfolgerung richtig ist. Vielleicht hat es weniger mit einem Nord-Süd-Gefälle zu tun, als dass die Sätze wirklich zu holprig sind. Schließlich gibt es viele erfolgreiche österreichische Autoren im deutschen Sprachraum (Marc Elsberg, Wolf Haas etc.)
Jedenfalls dachte ich mir, ich stelle das erste Kapitel meiner Komödie Sadistin sucht hier herein. Das Buch ist bereits veröffentlicht. Es geht um eine biedere Frau, die in einem kleinen Dorf mit ihrem erzkonservativen Mann lebt und eines Tages draufkommt, dass sie sadistische Gelüste hat (sexuelle Gelüsten, nicht mörderische). Das Buch läuft überhaupt nicht (ungleich meines ersten Buches). Auch mein zweites Buch (Die tragische Leidensgeschichte des Herrn Humbelding) funktioniert nicht. Ich bin nicht sicher: Ist es die Sprache oder sind die Geschichten einfach nicht interessant genug?
Ich bin gerne bereit, meinen Schreibstil zu ändern. Denn es gibt nichts Frustrierenderes, als mehrere Monate an einem Buch zu arbeiten, das niemand liest.
Für eure Kritik danke ich schon mal im voraus, denn noch Frustierender als keine Leser zu haben, ist nicht genau zu wissen, woran es hapert.
LG
Hanna
Pandoras Box
Dank der regelmäßig wiederkehrenden Albträume kam es nicht vollkommen unerwartet, als ich eines Nachts aufwachte und auch im wachen Zustand den starken, beinahe unkontrollierbaren Drang verspürte, Bernds Hintern zu versohlen. Entsetzt und gleichermaßen angezogen, aber mehr entsetzt als angezogen, biss ich mir in meinen rechten Arm. Danach tat ich, was jede nette Frau und gute Katholikin in Anbetracht unerwünschter sexueller Begierden tun würde: Ich unterdrückte, was das Zeug hielt.
Und bis zu diesem verdammten Urlaub in München lief das auch ganz hervorragend.
Bernd und ich feierten unseren vierten Hochzeitstag; wir besuchten die BMW Welt, schlenderten verliebt durch die Altstadt und probierten für uns exotische Speisen – also thailändisch und vietnamesisch, nicht Schnecken in Weinsauce. Bernd hatte es mir zwar versprochen, aber natürlich läutete sein Telefon und natürlich nahm er den Anruf an. Um ihm beim Arbeiten nicht auch noch zuhören zu müssen, schlenderte ich schon einmal in eine dieser schmalen, gepflasterten Seitenstraßen voraus, in denen der Lärm der modernen Welt immer eine Spur leiser ist.
Wie üblich bei entzückenden Gassen in modernen Stadtzentren, reihte sich auch in dieser ein exklusives Geschäft nach dem anderen; Schulter an Schulter, mit offenen Armen für jeden, der bereit war, ein halbes Vermögen zurückzulassen. Ich war froh, weder untragbare Stöckelschuhe noch hässlich großen Diamantschmuck für meine innere Glückseligkeit zu brauchen. Und dann blieb ich stehen.
Vielleicht hatte der Teufel seine Hand im Spiel, vielleicht lag es an der Kraft meiner Gedanken oder vielleicht war es auch nur ein wirklich dummer Zufall, genau hier, im biederen München, meiner bisher so erfolgreich unterdrückten Begierde im Ambiente eines hochklassigen Erotikladens zu begegnen. Ich hätte natürlich weitergehen können, aber mein Wille zerbrach – wie so oft bei uns Frauen – an einem gutaussehenden Mann.
Dieser stand an der Seite seiner Frau und hörte mit einem Ausdruck vollkommener Ergebenheit und kaum unterdrückter Begeisterung der Verkäuferin zu. Verständlich, es wurde ja auch keine Handtasche, sondern eine Peitsche von der Dame angepriesen und von seiner Frau wohlwollend befühlt.
Die einsträngige und unendlich lange Peitsche war ein Meisterwerk. Kraftvoll, geschmeidig, fähig sich anmutig zu biegen; schnallend würde sie ihre Ankunft kundtun und niemals ignoriert werden können.
Als sich Bernd wieder zu mir gesellte, nahm ich seinen Arm und deutete auf den Laden.
Bei anderen Männern wäre der Besuch eines Erotikladens kein Problem, aber Bernd ist beinahe schon lächerlich spießbürgerlich. Wenn ich also zu zaghaft agierte, würde er nicht reagieren, zu intensiv und er würde aufmerksam werden, besser, es wäre seine Idee, aber dafür hatte ich nicht genügend Zeit, deshalb musste er mir einen Gefallen tun.
Ich versuchte, verführerisch zu klingen, was mir nur bedingt gelang, denn auch das Verführerischklingen will gelernt sein.
„Ich sehe da drinnen ganz interessante Bücher.“
„Ein Sexladen?“, fragte Bernd.
„Ich könnte dir am Abend etwas vorlesen“, erwiderte ich. „Was hilft besser gegen verspannte Muskeln als eine Gutenachtgeschichte?“
„Ein heißes Bad.“
„Ach, komm schon. Nur einmal, nur um zu sehen, was es so alles gibt. Es fasziniert mich.“ Ich schmiegte mich noch näher an ihn heran. „Alleine würde ich mich das nie trauen.“
Ich wartete, bis er zustimmend nickte, dann öffnete ich die Tür.
„Sehen Sie sich in aller Ruhe um“, sagte die Verkäuferin zu mir. Und zwar nur zu mir. Bernd ignorierte sie. Ich drehte mich schnell wieder zu Bernd.
„Verrückt, nicht wahr“, sagte ich leise zu ihm und deutete um mich.
„Du hast es gesehen. Gehen wir.“
Ich ignorierte seine ausgestreckte Hand und blickte mich im Raum um.
Zu meiner Rechten wurden kunstvoll Verkaufsobjekte angepriesen und dank der Preisschilder lernte ich endlich ihre Namen: Riemenpeitsche, Geißel, Bullwhip, Paddel und Reitgerte; gefertigt aus Leder, Samt, Holz, Latex und Gummi, in unterschiedlichen Größen und für jeden Geschmack. Einige fühlten sich warm, sanft und biegsam an, andere hart, kalt und unbeugsam. Und immer wieder, zwischen den Regalen, leere weiße Wand, die nur mit Schwarz-Weiß-Fotografien geschmückt war, auf denen nackte Körper wie einzigartige Geschenke angepriesen wurden. Unterhalb eines jeden Bildes, auf einem kleinen Glasregal, lag das Objekt, das im Bild von zentraler Bedeutung war: ein Strick, ein Seil, ein Springstock, ein Tuch.
Auch Bernd betrachtete die Bilder, aber sie erzeugten in ihm nur Verachtung für alles hier so offen dargestellte.
Im hinteren Teil, hinter einem roten Samtvorhang, stand für alle, die sie sehen wollten, eine mittelalterliche Streckbank zu bestaunen. Bernd und ich standen Seite an Seite und verloren beide zur gleichen Zeit die Kontrolle bei ihrem Anblick; nur blieb mein Kontrollverlust unter meinem Wollkleid verborgen – seiner nicht.
„Jahrhunderte haben wir gebraucht, um uns menschlich zu verhalten“, sagte Bernd viel zu laut. „Und für die hier ist Folter nur ein Spiel, das man spielt, weil einem langweilig ist.“
„Du hast recht“, sagte ich schnell. „Wir sollten gehen.“
Bernd ging voraus und ich, wie ein gescholtenes Kind, hinterher. Die Verkäuferin ignorierte ich, auch das Pärchen, dessen Peitsche gerade liebevoll verpackt wurde.
Aus München brachte ich natürlich Andenken mit; darunter auch die Unfähigkeit, den Sadismus zurück in den verstaubten Kerker meines Unterbewusstseins zu zwingen. Während ich alten Damen den immer gleichen Kurzhaarschnitt verpasste, dachte ich daran, was man mit Haarbürsten sonst noch tun konnte, während ich neben Michi und Aurora saß, träumte ich davon, die beiden zu knebeln und zu fesseln – aber um ehrlich zu sein, wollte ich das auch schon vor meinem sexuellen Erwachen. Und Bernd? Nachts, während er schlief, betrachtete ich ihn stundenlang – und keiner meiner Gedanken war züchtig.