Sich zusammenfügende Puzzleteile
„Sie… kennen Marlene?“, hakte Berger verwirrt nach.
Pfeiffer brummte. In seinem Kopf ratterten die Zahnräder. Oh ja. Er kannte Marlene. Ziemlich gut sogar. Erinnerungen an besondere Momente flammten in ihm auf. In einer Zeit, in der noch alles möglich schien und welcher er selbst noch Träume gehabt hatte, statt einfach nur einen Job aus zu üben, um selbst über die Runden und seinen Alltag zu kommen. Als das Feuer der Leidenschaft und Jugend noch in ihm gebrannt hatte. Bevor er zu viele Schicksale, zu viele Unglücke miterlebt hatte.
„Ja“, sagte er schließlich betont langsam, als er sich selbst aus seinen Erinnerungen zerrte. „Wir haben dieselbe Uni besucht“, starrte er auf den Bildschirm, der noch immer die Frau zeigte, mit der er einst zusammen geträumt hatte.
Bis das Leben und ihre Wege sie auseinander getrieben hatte und jeder seiner eigenen Wege gegangen war. Wie das Leben eben so war. Man knüpfte Kontakte, pflegte Freundschaften und dann bog sich der gemeinsame Weg auseinander und gabelte sich immer weiter, bis man einander aus den Augen verlor.
In Pfeiffer entstand ein Gefühl von Bedauern, wenn er an damals zurück dachte. Gleichsam jedoch auch erstaunter Schock über ihren Anblick. Es tat weh. Ließ sein Herz sich zusammen ziehen und verbitterte Gedanken in sich aufsteigen. Wut flammte auf. Kalter Zorn, der sich in seiner Magenwand fest biss und schwer wog. Sich selbst ein Versprechen gab.
Doch um seine aufkeimenden Rachegelüste zu füttern, musste er weiter kommen. Blinde Wut half dabei nicht. Das war einer seiner Vorteile, die ihn seinen Job eingebracht hatte. Emotionen beherrschen und unterdrücken um weiter zu gehen. Weiter zu wühlen und die Dinge mit anderem Blick zu betrachten. Hinter die Wahrheit kommen.
…
Seine Augen weiteten sich. Für einen kurzen Moment. Dann zuckten seine Mundwinkel. Stimmt. Er war Journalist und er war es geworden, weil er nach der Wahrheit hinter den Dingen hatte suchen, sie finden und dann teilen wollen.
Es war wie damals bei seiner Tante, wenn sie mit ihm Rätsel-Schnitzeljagd gespielt hatte. Die einzige Zeit in der er sich stets Lebendig in seiner Kindheit gefühlt hatte. In ihm den Trieb geweckt hatte, Dinge zu ordnen und nach und nach zusammen zu fügen. Der Wahrheit Schritt für Schritt näher zu kommen.
Also schloss er die Augen und zog alles heran, was er wusste. Wobei er etwas Seltsames feststellte.
Er war mit Maria ein festes Paar gewesen und auch Marlene hatte in seinem Werdegang zum Journalismus eine feste und große Rolle in seinem Leben gespielt. Allerdings kannte er den Mann nicht, der sich als erstes erschossen hatte.
Wobei er sich immer noch die Frage stellte, wie man einen anderen Menschen dazu bewegen konnte, sich selbst zu erschießen? Erpressung? Irgendeine seltsame Technologie? Ein Trick den er nicht erkannte und durchschaut hatte? Die Frage musste noch geklärt werden, wenn er hinter all das kommen wollte. Vielleicht konnte er darüber eine Verbindung ziehen.
Dann gab es noch die Bergers. In welchem Zusammenhang standen sie zu alle dem?
„Woher kennen Sie Marlene?“, wandte er sich schließlich an den rundlicheren Mann neben sich, der blass und zittrig neben ihm saß. Erst jetzt fiel Pfeiffer auf, dass Bergers Hände sich so fest ineinander verkrallt hatten, dass dessen Knöchel weiß hervor traten. Überrascht schossen Pfeiffers Brauen empor, als der Mann ihm nicht antwortete, dafür sich jedoch die schwache, brüchige Stimme seiner Frau meldete. Sie klang dünn, als würde sie jeden Moment brechen, „Sie ist unsere Tochter.“
Für einen langen Moment vergaß Pfeiffer das Atmen, als sich seine Augen langsam vor Überraschung weiteten. Dann schossen seine Brauen in die Höhe und er versuchte sich an Marlenes Nachnamen zu erinnern.
„Aber, sie hieß mit Nachnamen Blum, als ich sie kennenlernte“, fand er nach einem Moment des Wühlens in seinem Kopf den Namen wieder.
Frau Berger schluckte und nickte, „Das ist mein Mädchenname, müssen sie wissen. Richard und ich haben uns erst vor zwei Jahren das Ja Wort gegeben und sie trug die ganze Zeit meinen Mädchennamen, weil wir uns so darauf geeinigt hatten. Sie heißt auch immer noch Blum mit Nachnamen.“
„Oh“, machte der Journalist, „Das erklärt es.“
Doch dann stockte er.
Da.
Da ist die Verbindung zwischen ihm und allen Opfern dieses perfiden Spiels. Bis auf den älteren Herren, der zuerst starb.
Zu ihm gab es keine Verbindung. Pfeiffer kannte ihn nicht. Er war sich sicher. Genauso wenig wie er glaubte, den Täter zu kennen. Aber offenbar kannte er ihn.
Woher?
Nun. Vielleicht war das auch nicht so schwer. Immerhin arbeitete er als Journalist.
Just in dem Moment klingelte Pfeiffers Privat- Handy in seiner Hosentasche und ließ ihn hart zusammen zucken, genauso wie seine Gastgeber, bei denen Dorothea sogar kurz spitz aufschrie und sich dann eine Hand erschrocken vor den Mund schlug.
Mit großen Augen und wild schlagendem Herzen starrte Pfeiffer auf seine Hosentasche. Seine Hand schwebte, einen kurzen Augenblick über seiner Tasche, ehe er sich dazu durchrang, es heraus zu ziehen. Seine Gedanken rasten. War es der Täter? Dieses Schwein, das ihm die Frau genommen hatte, die er für sein Leben ausgewählt hatte? Ihm dieses Bodenlose Loch ins Herz gestanzt hatte, dass niemals jemand wieder auffüllen konnte?
Das Berger Paar sah einander genauso blass und erschrocken an, wie sich Pfeiffer in diesem Moment fühlte.
Als er sein Tastentelefon, sein privates, hervor zog und auf den kleinen, rechteckigen Rahmen schaute, konnte er eine Nummer erkennen und einen eingespeicherten Namen, bei welchem er die Augen etwas weitete, doch gleichzeitig erleichtert auf atmete. Seine Schultern sanken etwas herab und er erlaubte sich, zwei Sekunden lang die Erleichterung zu fühlen, dass es kein neuer, verrückter Anruf werden würde. Doch dann schnellte sein Puls wieder in die Höhe und sofort ging er ran.
Wenn sie ihn anrief und das zu so einem Zeitpunkt, dann musste das etwas Gutes sein!
„Pfeiffer am Apparat?“, hielt er sich das schwere Telefon an sein Ohr.
„Copper hier“, kam es etwas dünn und mit leicht rauchigem Timbre von der anderen Seite, „Lange nichts mehr gehört, Chris.“
Sofort schoss dem Journalist das Bild der jungen Frau in den Kopf, die er vor einiger Zeit kennengelernt hatte und es fiel ihm leicht, sich ihr etwas zurückhaltendes Lächeln vor zu stellen.
„Schön von dir zu hören, Ash, aber warum rufst du an? Es ist etwas ungünstig im Moment und ich-“
„Ich habe das Video gesehen und weiß, dass du es online gestellt hast. Du gehörst nicht gerade in die Online-Redaktion.“
Pfeiffer lachte bitter und rau auf, „Wem sagst du das?“
Es war immer noch unfassbar, dass er Strafversetzt worden war, doch diese Tatsache war soweit in den Hintergrund gerutscht, dass dieser Ärger genauso schnell auch wieder verflog.
„Jedenfalls, ich weiß, warum die Opfer sich erschossen haben.“
Für einen Moment vergaß Pfeiffer das Atmen und es war so still im Wohnzimmer der Bergers, dass er deren Wanduhr ticken hören konnte.
„Warum?“, hauchte er schließlich atemlos.
„Triff mich gleich im Sunny’s, ich will dir jemanden vorstellen“, sagte die Frau am anderen Ende des Telefons nonchalant.
Kurz zögerte Pfeiffer. Hatte er die Zeit dafür?
Nein. Anders. Er brauchte Informationen bevor er in die Höhle des Löwen stolperte, ohne auch nur darauf vorbereitet zu sein. Also traf er eine Entscheidung.
„Okay“, machte er bestimmt und nickte entschlossen, „Ich fahr gleich los“, hob Pfeiffer seinen linken Arm und schaute auf seine silbern glänzende Rolex. Ein etwas hochwertigeres Imitat, das er in seiner Studenten Zeit aus dem Urlaub im Ausland mitgebracht hatte. Das Ding hatte ihn einen etwas längeren Aufenthalt beim Zoll beschert, als er damit zurückgekommen war. Sie zeigte ihm 15:43 Uhr an. „Bin in fünfzehn Minuten bei dir.“
„Bis gleich“, legte die Frau am anderen Telefon auf, womit er es vom Ohr nahm und das Handy nachdenklich anstarrte.
„Wer war das?“, hakte Herr Berger sorgenvoll und auch sichtbar kritisch nach.
Pfeiffer schenkte ihm ein trockenes Lächeln und er spürte, dass er dem Täter des ganzen nun näher kam. Was auch immer Ashley Copper für ihn hatte, könnte vielleicht einen signifikanten Hinweis auf das geben, was hier eigentlich vor ging und ihn damit einen Schritt näher an Marlenes Rettung bringen. Denn und das schwörte er sich, er würde wenigstens sie retten!
„Eine alte Bekannte, die selbst Journalistin auf einem anderen Gebiet ist, aber sie meinte, sie hätte vielleicht einen entscheidenden Hinweis. Ich bedanke mich für ihre Gastfreundschaft, aber ich werde Sie nun verlassen müssen, Herr und Frau Berger.“
Herr Berger zog die Brauen empor, „Meinen Sie nicht, wir sollten zusammen zu dieser Adresse fahren? Unser beider Namen stand darauf.“
Pfeiffer nickte, „Ich werde sie abholen kommen, wenn ich das hier erledigt habe. Es ist wichtig und wird helfen.“
Herr Berger dachte kurz darüber nach, ehe er nickte, „Ich werde mich selbst vorbereiten, tun Sie, was Sie tun können.“
„Das werde ich“, erwiderte Pfeiffer voller Entschlossenheit. Er würde die Puzzleteile zusammen fügen, herausfinden was hier vor sich ging und diesen Bastard dran kriegen und als Kirsche oben auf, würde er Marlene irgendwie retten. Ganz sicher!
~ * ~ * ~ * ~
Etwa zwanzig Minuten später saß Christian Pfeiffer einer kleinen Frau mit wilden, kupferfarbenen Locken auf dem Kopf gegenüber, die ihr bis zu ihrem rundlichen Kinn reichten und ihr Sommersprossiges Gesicht einrahmten. Sie kaute sich etwas nervös auf ihren vollen Lippen herum und hielt sich an einer Tasse Kaffee fest, der genauso schwarz war wie Pfeiffers Seele und so, wie er es selbst auch am liebsten mochte.
Neben ihr saß ein junger Mann, der genauso nervös mit seinen langen, schlanken Fingern spielte, dessen Nägel eingerissen und zerkaut waren. Silber gefärbtes Haar lag in einem dieser neumodischen, stylischen Sidecuts auf seinem Kopf und ein langes, schlankes, zimtfarbenes Gesicht mit leicht eingefallenen Wangen, tiefen Augenringen und spröden Lippen, blickte ihm unverwandt mit wachen, silbergrauen Augen entgegen. Wenn man Pfeiffer fragte, sah der Junge nicht besonders gesund aus, was ihn sich fragen ließ, was der Knabe mit alledem zu tun hatte.
„Das ist Said Hawkins“, verwies Ash auf den Mann neben ihr am einfachen Holztisch im Sunny‘s, als eine Kellnerin Christian den bestellten Kaffee brachte, den er gerade mehr als nur nötig hatte.
Das alles war eindeutig schlecht für seine Nerven und da kam ihm der Kaffee sehr zu gute. Vor allem da er in letzter Zeit einfach miserabel schlief. Immer wieder und wieder erlebte er die letzten Sekunden, in denen er um Maria’s Leben mit diesem Verrückten spielte und seinen Forderungen nach kam, nur um dann doch zu versagen.
Das Gefühl, sie vielleicht hätte retten zu können, nagte stark an seinem Herzen, doch er konnte es sich nicht leisten, daran zu zerbrechen. Noch nicht. Erst musste er zu Ende bringen, was ihm aufgezwungen worden war.
„Pfeiffer“, nickte Christian dem Mann zu, nachdem er wieder im hier und jetzt ankam und zog dann, an Ash gewandt, eine Braue empor, als seine Finger sich um den warmen Becher schlangen, „Also. Was hast du herausgefunden?“
Ashley Copper. Sie war eine freiberufliche Journalistin die sich besonders dadurch einen Namen gemacht hatte, dass sie maßgeblich dabei geholfen hatte, Beweise gegen die Drogenproduktion von Sparks innerhalb von Frankfurt und Umgebung beigesteuert zu haben. Pfeiffer hatte sie davor schon kennengelernt und dadurch die Möglichkeit gehabt, sie besser kennen zu lernen. Sie war eine seltsame Person, mit eigenartigen Eigenheiten und einem erstaunlichen Blick auf die Welt. Denn sie hielt ihre Umgebung mit ihrer Polaroid Kamera fest, die sie auch jetzt um ihren Hals trug. So wie sie es ihm einst erklärt hatte, besäße sie dadurch einen anderen Blick auf die Menschen um sich herum und fand Dinge, die vorher nicht aufgefallen wären. Wobei das Fotografieren sowohl ein Hobby, als auch ein Teil ihrer Berufung war. Pfeiffer verstand es nicht so ganz, aber er achtete ihre Arbeit und wusste, dass er sich auf ihre Recherchen würde verlassen können und genau darauf kam es an.
Ash schenkte ihm ein vages Lächeln, „Ich fand deinen Clip wie schon gesagt und sah es mir eher zufällig zusammen mit Said im Netz an. Dabei fiel ihm etwas in dem Video auf, dass mir ohne ihn wahrscheinlich entgangen wäre.“
„Was wäre das?“, hakte Pfeiffer mit einem kritischen Blick auf den Silberhaarigen nach, der ihn nur milde anlächelte. Eine leise Stimme in Pfeiffer stellte sich die Frage, in welcher Beziehung die beiden eigentlich zueinander standen? Ash schien sich bei ihm wohl zu fühlen, denn sie saßen recht dicht beieinander.
„Der Mann im Video war Drogen abhängig“, erklärte Hawkins ernst.
Pfeiffer blinzelte und starrte den jungen Mann irritiert an, bevor er vorsichtig fragte, „Wie kommst du darauf?“, vergaß er tatsächlich die höfliche Distanz.
„Das ist leider ziemlich einfach für mich zu erklären“, griff der Mann sich an seinen linken Ärmel und zog diesen zurück um Pfeiffer seine zerstochene Armbeuge zu zeigen, die einige Punktähnliche Narben aufwies. Einige Einstiche waren noch recht frisch.
„Ich bin selbst abhängig. Von einer recht neuartigen Droge, die mir gegen meinen Willen verabreicht wurde. Ihr Name ist Asche. Ich erkenne die Symptome auf fünf Meilen gegen den Wind und weiß, wie stark sie einen Beeinflusst. Sie macht bereits nach dem ersten Schuss sofort abhängig und knallt so hart, dass es jeden Entzug unmöglich macht. Dieser Typ, der sich erschossen hat… wenn ich meine Dosis nicht bekomme“, Said erschauderte sichtbar und schüttelte sich dann, als er unglücklich lächelte, „Sagen wir, ich würde alles dafür tun, nur um den nächsten Schuss zu bekommen. Das Zeug ist wirklich irre und Brand gefährlich.“
Ashley nickte und wirkte zu gleichen Teilen geknickt, betroffen als auch traurig, doch dann wandte sie sich wieder Pfeiffer zu, der langsam verstand, wie der Täter es geschafft hatte, dass der Mann und Maria sich selbst erschossen haben, obwohl sie gezittert und ganz offensichtlich Angst gehabt hatten. Ob er es wollte oder nicht, es würde tatsächlich Sinn ergeben, wenn es eine Droge gab, die einen so sehr verzweifeln ließ, dass man sich lieber selbst erschoss als die Entzugserscheinungen in Kauf zu nehmen.
Innerlich war er regelrecht erschüttert über diese neue Offenbarung. Was für ein krankes Schwein musste man sein, um andere Menschen Drogen abhängig zu machen und sie dann dazu zu zwingen, sich selbst zu erschießen? Für 10.000 Euro von denen Pfeiffer immer noch keine Ahnung hatte, warum ausgerechnet diese Summe oder wozu. Diese Summe war seltsam. Sie war nicht als zu hoch, aber immer noch zu viel Geld, als dass man diese als normal Verdiener einfach mal ebenso locker hatte. Was zum Teufel dachte sich der Täter dabei?
Er schüttelte den Kopf. Das brachte nichts und ließ ihn sich bloß im Kreis drehen. Konzentration. Damit hätte er ein Puzzleteil mehr aber… es passte nicht.
Nichts davon schien zu passen. Lediglich dass Pfeiffer zu jedem Opfer eine Verbindung trug. Maria als seine Frau. Marlene als seine Ex-Freundin und dadurch ebenfalls eine Verbindung zu den Bergers, wenngleich auch keine Direkte oder Persönliche.
Das waren vier der fünf Opfer und zwei davon waren tot. Abgesehen von ihm selbst. Irgendetwas fehlte ihm noch.
Den älteren Herren hatte er nicht gekannt und auch den Täter kannte er nicht. Oder?
„Schicke Rolex, ein Imitat?“, riss es Pfeiffer aus seinen Gedanken und er sah auf und in das neugierige Gesicht des Silberhaarigen. Als er nachgedacht hatte, hatte er sich die Nasenwurzel gerieben, wodurch sein Ärmel hoch gerutscht war und nun seine Uhr deutlich zeigte.
Er sah darauf und nickte, „Ich hab sie aus Thailand, als ich 2005 dort Urlaub gemacht habe. Damals war ich noch Student und es war mein erster richtiger Urlaub. Ich war mit meiner Ex-Freundin und einigen Mitstudenten dort.“
Mit Marlene um genau zu sein, die damals diese Reise für sie alle organisiert hatte.
„Oh“, machte Ash und nahm einen Schluck aus ihrem Becher, „Gab es in dem Sommer nicht diesen furchtbaren Unfall, der in den Medien eine knappe Woche solche Wellen geschlagen hat?“
Pfeiffer runzelte die Stirn, „Ein Unfall? Welchen Unfa-“, doch dann unterbrach er sich selbst.
Vage Erinnerungen an etwas stiegen in ihm empor.
Sie hatten eine Urlaubsreise nach Thailand gemacht. Mit einer Reise, die Marlene für sie organisiert hatte. Ein Roadtripp mit fünf weiteren Studenten ihres Jahrgangs um genau zu sein. Er musste es verdrängt haben aber es stimmte. Es hatte einen Unfall gegeben. Mit einem der Studenten. Er hatte die Reise abbrechen müssen, als er mit einem Motorrad einen Unfall gehabt hatte. Soweit Pfeiffer sich erinnerte und wusste, hatte sein Mitstudent zurück nach Deutschland überflogen werden müssen, da die Umstände eine Spezialklinik erfordert hatten. Tragisch, aber Pfeiffer hatte sich nicht weiter damit beschäftigt. Für ihn und die anderen war die Reise weiter gegangen. Wie hieß der Student noch gleich?
Michal irgendetwas… Ach verdammt! Wie war der Name noch?
„Chris?“, riss Ash ihn aus seinen Gedanken, die ihn besorgt ansah, „Alles in Ordnung? Du siehst blass aus.“
„Hm?“, machte er abgelenkt, ehe er leicht lächelte, „Ich hab mich nur eben daran erinnert. Du hast Recht, es gab einen Unfall als ich dort im Urlaub war. Einer unserer Mitstudenten hatte einen Motorrad Unfall und musste nach Deutschland überflogen werden. War wohl aufwendig. Jetzt versuche ich mich an seinen Namen zu erinnern. Michal irgendwas“, murmelte er und starrte in seinen dampfenden Kaffee, als könne dieser ihm die Antwort geben.
„Michal Wandermann. Er verstarb, weil er nicht überflogen werden konnte“, zog Ash eine Braue empor. Pfeiffers Brauen schossen in die Höhe.
„Wie bitte?“
Ashley nickte und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. Said sah aufmerksam zwischen den beiden hin und her, als würde er einem Ballspiel folgen. „Das Reisebüro hat bei der Überführung mit der Krankenkasse des Patienten keine Einigung gefunden, wer nun die Kosten dafür tragen muss. Deswegen schlug es ja solche Wellen und bevor etwas passieren konnte, verstarb der Patient. Es gab große Kritik deswegen, aber die wurde nach knapp einer Woche schon wieder unter den Teppich gekehrt und es interessierte sich niemand mehr dafür. Tragisch. Das hätte verhindert werden können. Das ganze wegen rund 10.000 Euro.“
Pfeiffer stockte und riss quasi die Augen auf.
10.000 Euro. Die Krankenkasse des Patienten und das Reisebüro konnten sich nicht einigen, wer das Geld zahlen sollte und deshalb konnte niemand helfen?
Sein Herz setzte aus, als ihm etwas anderes in den Sinn schoss.
2005. Das Jahr in welchem sie in Thailand gewesen waren.
20:05 Uhr. Er hatte sich schon gewundert, warum die Uhrzeit so seltsam war, doch wenn er aus der Uhrzeit eine Jahreszahl machte dann… Konnte es sein?
„Ash“, sagte er mit bebender Stimme, „H-hatte Michal Familie?“
Die Rothaarige musterte ihn einen Augenblick lang, ehe sie langsam nickte, „Ein großen Bruder.“