Neue Technik || Handy, GPS, DNA, etc.

@Palinurus Du bist schon zwei Schritte weiter als ich. Als ich schrieb, ich würde auf Kritik nicht mehr anspringen, weil … ich objektiv gesehen schreiben könnte, meinte ich einen anderen Kenntnisstand als du interpretiert hast. Ich will damit von mir nur sagen, dass ich die groben Fehler vieler Anfänger und Hobbyautoren nicht mehr mache. Im einzelnen Punkte wie: Ich benutze Satzzeichen, Punkte, Kommas und Fragezeichen, ist heute nicht selbstverständlich. Ich vermeide Deppenleerzeichen und -apostrophe. Ich benutze keine schiefen Bilder und ausgelutschten Floskeln, ich benutze keine hohen Generäle und seltenen Raritäten, … diese Fehler, du verstehst.

Was ich damit **nicht **sagen will, dass ich mich für einen zweiten C.B. halte oder einen besseren S.K. oder noch abwegigere Vergleiche wie P.H. Ich schreibe auch nicht, weil ich muss, weil es ein Drang ist, ich schreibe, weil ich meine Muttersprache über alles liebe. Was ich sagen wollte: Ausgehend von einem Status als absoluter Amateur ohne Matura kann ich mich trotz allem klar und präzise ausdrücken. Mehr nicht. Ich kann so schreiben, dass man laut lachen muss oder dass einem das Lachen im Hals steckenbleibt. Ob aus mir irgendwann Schriftsteller wird, da wage ich keine Prognose. Aber, und jetzt zum Punkt, warum ich es überhaupt erwähnte (und damit lasse ich es dann auch bewenden, du hast natürlich recht in dem Punkt) ich hatte keine Lust, mir von irgendwelchen Möchtegernlektoren für mich völlig irrelevante Kritikpunkte anhören zu müssen, weil sie mein Genre nicht mögen. Und selbstredend wollte ich auch nicht lesen müssen, dass ich, um eine gute Geschichte zu schreiben, erst einmal das und das machen muss, der Protagonist so und so etwas erleben muss, diesen und jenen Konflikt benötigt. Eben. Ich hatte keine Lust auf nachgeplappertes Schreibratgebergesülze. Deswegen habe ich geschrieben, dass man mich nicht zu kritisieren braucht, da ich beratungsresistent bin. Du siehst, es ist weniger die Arroganz desjenigen, der sich für was besseres hält, als vielmehr Selbstschutz vor wohlmeinnenden Amateuren, die glauben, jedes neue Forumsmitglied ist jemand, der unbedingt auf einen (ihren) Rat gewartet hat.

Wer nicht wenigstens **gerne **Romane wie Josephine Mutzenbacher gelesen hat, muss sich gar nicht erst bemüßigt fühlen, meine Geschichten oder Bücher zu kritisieren. Früher hätte man zu denen gesagt: »Keine Haare am Sack, aber im Puff drängeln.« Klar ist das vielleicht arrogant, aber es ist Selbstschutz, weil das Genre so speziell ist. Man muss es nur erwähnen und gleich weiß jeder was dazu zu sagen. Der Klassiker ist natürlich, »Also Sex ohne Liebe? Das könnte ich nicht!« Bevor man noch irgendwas weiß, erstmal so ein Statement raushauen. Und irgendwas von mir okay zu finden, ist sowieso schwierig, weil man sich in den Augen anderer damit als moralisch untragbar oder mindestens fragwürdig entpuppt hat. Ich schreibe Bückware. Und damit ist nicht das Bücken der Protagonisten gemeint.

3 „Gefällt mir“

Hallo Duane,

danke für diese Klarstellung … ich hatte deine Äußerung tatsächlich aus einem etwas weiteren Rahmen heraus interpretiert. Da kann man wieder wunderbar sehen, welche Macht – oder auch signifikative Wucht – Wörter zu entfalten vermögen und daß niemand davor gefeit ist, sie anders als intendiert auszulegen (letztlich nicht mal immer der Autor selbst … :see_no_evil:)

Übrigens ein gar lehrreiches Beispiel dafür, was gestern an anderer Stelle im Thread über das Nicht-Berechenbare an signifikanter Wirkung zur Sprache gebracht wurde.
Ich bin im Übrigen der Ansicht, daß dein spezifischer Schreibgegenstand alles andere als literarisch fragwürdig ist. Wittgenstein hatte ja schon festgestellt, daß letztlich Ästhetik und Ethik eins seien (einer der 6.4er-Sätze des Tractatus). Mein philosophisches Nachdenken darüber hat mich zu der Einsicht genötigt, daß aus dieser Dualität eigentlich eine Trias gemacht gehört, weil mich dünkt, die Erotik könne aus diesem Transzendenz-Zusammenhang unmöglich herausgehalten werden. Gebildet hat sich diese Ansicht bei mir einerseits aus anthropologischen Erwägungen heraus, denn wenn man die frühe Kunst des Menschen betrachtet, geht da ohne Erotik rein gar nix; und andererseits hat mich dazu auch die (philosophische und ästhetische) Auseinandersetzung mit der Traditionslinie von De Sade bis Georges Bataille und Pierre Klossowski e.a. genötigt, ganz abgesehen natürlich von Michel Foucault & Co.

Der letztere sei als Zeuge dafür angeführt, warum ich dich zu verstehen meine: In der letzten Phase seines Denkens hat Foucault dafür plädiert, auf eine „Ästhetisierung der Subjektivität und der Existenz“ hinzuwirken: Also gewissermaßemn als Lebensaufgabe des modernen Menschen i.S. eines Überlebensimperativs gegenüber den ungeheuerlichen Zumutungen der zunehmend schablonisierten und total verwalteten Welt.
Dein Gestus scheint mir dafür ein Ausdruck zu sein (übrigens der z.B. vom @narratöör auch, wenngleich ein ganz anderer [aber Foucault hat ja ausdrücklich die Variation in sein Konzept eingeschrieben!]), weswegen ich möglicherweise weniger Berührungsängste als andere mit deiner Selbstpräsentation habe.
Und ich halte es auch nicht für Zufall, daß solche Leute u.a. eben auch gerade ästhetik-affine Zugänge zur Lebensbewältigung stark machen (Musik, Literatur, Philosophie usw.) und sich dabei nicht zu sehr von außen oder gar von vorgestanzten Klischeeformen irritieren lassen wollen. Denn eben das hat ja Foucault gemeint: Es ist die subjektive Ästhetisierung, die zählt, weil nur dadurch die *Macht der (allgemeinen) Diskurse *samt ihrem ent-individualisierenden Potential gebrochen, jedenfalls für selbstbewußte Individuen unwirksam gemacht werden kann.

Einen schönen Tag wünscht Palinurus

1 „Gefällt mir“

Es gibt (möglicherweise) Chemiker, die ziemlich genau wissen und erklären können, was beim Braten eines Spiegeleis so alles zwischen den Molekülen abläuft, aber tatsächlich muss man das nicht wissen, um ein gutes Spiegelei zubereiten zu können, ja, die Frage wäre sogar, ob besagte Chemiker überhaupt ein essbares Spiegelei hinbekämen. Im Zweifelsfall wendet man sich doch lieber an einen Koch, der vielleicht nicht so viel weiß, der es aber kann.

So ähnlich geht es mir bei akademischen Diskussionen über Literatur. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, dass es so etwas gibt, aber ich habe doch den Eindruck, dass es eine Art der Beschäftigung mit Literatur ist, die in eine ganz andere Richtung geht als in die, in die ein Schriftsteller will. Kann man denn selber noch schreiben, wenn man all das im Kopf hat? Oder geht es einem wie dem Tausendfüßler, der plötzlich nicht mehr laufen kann, seit ihn jemand gefragt hat, “wie machst du das eigentlich, dass du mit deinen tausend Füßen nicht durcheinanderkommst?”

Das, was man in Sachen “besser schreiben” lernen kann, sind gewisse handwerkliche Dinge, die aber in ihrer “Daumregelhaftigkeit” eher den Faustformeln der Rhetorik verwandt sein dürften als literaturtheoretischen Abhandlungen. Alles, was darüber hinausgeht – der Bereich, in dem man (möglicherweise) von Kunst sprechen kann –, ist ein tiefes Rätsel. Meine Sicht ist, dass die Literaturwissenschaft zwar versucht, dieses Rätsel zu lösen … und dabei (womöglich) auch die eine oder andere Erkenntnis gewinnt … es letztendlich aber auch nicht schafft.

7 „Gefällt mir“

Hallo Andreas,

dem ist nichts hinzuzufügen!

Hier nun wäre eigentlich eine Menge zu sagen – und zu entgegnen. Zum einen die lebensweltliche Weisheit, daß es Vergleiche gibt, die auch dadurch nicht besser werden, daß sie hinken. Da du aber dazugeschrieben hast, daß es dir „so geht“, also deinen subjektiven Eindruck schilderst, mag es damit sein Bewenden haben, daß ich – ebenso subjektiv – entgegne, die z.B. lit.wiss. oder phil. Reflexion über Literatur sei inhaltlich wohl eher nicht mit dem Procedere in den NW zu vergleichen.
Fakt ist jedenfalls eines: Die Frage, ob „man denn selber noch schreiben [kann], wenn man all das im Kopf hat?“ ist eindeutig und objektiv mit ‚ja‘ zu beantworten, denn es gibt ja nun wirklich Schriftsteller/innen zuhauf, die sowohl literarisch als auch literaturtheoretisch Glänzendes zuwege gebracht haben. Ich mache mal den Anfang einer Liste auf, die gern auch noch erweitert werden kann, falls dafür Bedarf sein sollte: J.L. Borges, J.-P. Sartre, A. Camus, I. Bachmann, Octavio Paz, P. Handke, E. Canetti, I. Murdoch, Dante, Petrarca …

Du meinst, die haben alle literarisch nichts zuwege gebracht, weil sie soviel theoretischen Schmus im Kopf hatten? Uiiiiiii!

Stimmt! Hab ich hier im Thread auch schon so anklingen lassen. – Ich habe übrigens noch nie eine (ernstzunehmende) lit.wiss. Abhandlung gelesen, die sich darauf kaprizieren würde, „was man in Sachen ‚besser schreiben‘ lernen kann“. Das Geschäft der LitWiss ist eigentlich eher die formale Analyse und natürlich die Kritik, wobei letztere i.d.R. eher darauf geht, was irgendwo oder auch bei irgendwem vielleicht verfehlt worden ist, von irgendeinem theor. oder ästh. Standort aus betrachtet. Und dabei steht außer Zweifel, daß die LitWiss wie auch die Philosophie und verwandte Wiss. selbst in die Irre gehen können, und zwar mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit, als das in Analogie zum naturwiss. Procedere (vgl. Spiegelei-Bsp.) je möglich wäre. Ich schweige besser ganz von der Literaturkritik …

Ja! D’accord.

Daß die Rätsellösung versucht wird, liegt in der Natur der Sache und ist auch vollkommen legitim, weil man ja sonst irgendein wiss. Geschäft gar nicht erst anfangen bräuchte. Auch am Anfang jeder nw-lichen Beschäftigung steht immer ein Rätsel! Ohne Rätsel gäbe es gar keine Wissenschaft.

Daß es die Wiss. samt der Philosophie nicht schafft, das Rätsel zu lösen, hat schon Kant notiert und das ist seitdem aus der Reflexion dieses Phänomens nicht mehr wegzudenken, auch wenn es Leute gibt und gab, die wähn(t)en (was von ‚Wahn‘ kommt), es trotzdem geschafft zu haben oder schaffen zu können. Aber natürlich ist das insgesamt kaum frustrierend, weil die Wissenschaften in ästh. Belangen sich ja ausufernd der Analyse und der Kritik befleißigen können, was gelegentlich zu äußerst fruchtbaren Ergebnissen führt, wenn auch nicht immer (für mich ist z.B. Peter von Matt so ein Glücksfall, von dem auch Autoren sehr profitieren können [daneben auch von Ludker Lütkehaus, vor Kurzem leider verstorben; oder in etwas Abstand zum Jetzt: von Erich Auerbach mit seinem grandiosen Werk [I]Mimesis]).

Ich notiere hier nochmal, was Adorno zu Rätsel und Kunst zu sagen hatte in den Minima Moralia, weil das eigentlich das Prägnanteste ist, was ich dazu kennen: Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein. – Daß davon maßgebend auch die ästhetische Erfahrung zehrt, in Produktion und Rezeption gleichermaßen, dürfte einleuchten; weil die Kunst ja schließlich (noch) der einzige Bereich in der menschlichen Lebenswelt ist, der vom Terrordiktat des vorgeblichen Wahrseinmüssens*** ausgenommen ist …

***Das Schlimmste daran ist ja nicht das „Streben nach Wahrheit“, sondern der wahnwitzige Irrtum, etwas „für wahr Gehaltenes“ immerzu für wahr nehmen zu wollen. Viele Dinge, die diesem Wahn unterworfen werden, sind überhaupt nicht wahrheitsfähig. Aber das juckt (fast) niemanden. Schade … und gefährlich …

Sehr instruktiv handelt übrigens Markus Gabriel über diese Materie, also den Unterschied von ‚Für-wahr-halten‘ und ‚wahr sein‘ in seinem letzthin erschienenen Werk Fiktionen, das aber auch noch aus anderen Gründen sehr interessant ist (vielleicht sogar für den einen oder anderen Schriftsteller, wenn halt noch irgendwo in seinem Köpfchen ein bißchen Platz dafür wäre :see_no_evil:)

Gruß von Palinurus

2 „Gefällt mir“

Selbstverständlich darf jeder etwas als Müll oder Kitsch bezeichnen, arrogant wird es dann bei solchen Aussagen:

Eine Menge Leute lesen das, was bei dir wahrscheinlich unter ‘Müll’ rangiert, ich würde mir trotzdem nicht anmaßen zu bestimmen, wer davon wieviele ‘Latten am Zaun’ hat. Für mich geht das in die Richtung, als würde man sich selbst als das Maß aller Dinge betrachten.
Wenn es nur noch solche Werke zu lesen gäbe, die du als ‘gute Literatur’ bezeichnest, ich fürchte, da würden wir ziemlich arm dastehen.

Gut, ich denke, ich hab einigermaßen verstanden, wie du das siehst. Du betrachtest Ästhetik vom Philosophischen Gesichtspunkt aus, ich nehme es etwas pragmatischer (jetzt doch mal Wiki zitiert):
Ästhetik bedeutet wörtlich: Lehre von der Wahrnehmung bzw. vom sinnlichen Anschauen. Ästhetisch ist demnach alles, was unsere Sinne bewegt, wenn wir es betrachten: Schönes, Hässliches, Angenehmes und Unangenehmes.
Wenn Kunst unsere Sinne bewegt, in welche Richtung auch immer, ist es demnach ein ästhetisches Erlebnis. Was ist dann mit dem Schrott und Müll, der unsere Sinne genauso bewegen kann, wenn auch wohl in eine andere Richtung? Da Ästhetik per se nicht zwischen schön und hässlich unterscheidet, wäre das ebenfalls ein derartiges Erlebnis.

3 „Gefällt mir“

Liebe Yoro,

ich habe nicht im Geringsten die Absicht gehabt, das, was ich die “Hochliteratur” nenne, als einzigen Lesestoff ausweisen zu wollen. Und ich dachte eigentlich, das mit meiner – als beispielgebende Instanz angeführten – Charakteristik von S. Kings Werk auch deutlich gemacht zu haben. Aber offenbar habe ich schlecht formuliert, vielleicht auch zu wirr dahergeredet, weshalb ich es mir selbst ankreide, falsch verstanden worden zu sein. Daß ich’s so nicht intendiert hatte – wie käme ich dazu, die Unterhaltungsliteratur abschaffen zu wollen? – kann ich halt nur glaubhaft machen, aber natürlich nicht “beweisen”.

Was meine Haltung zum Müll oder Kitsch angeht. so glaube ich, da nichts zurücknehmen zu müssen. Es gibt z.B. üble pornographische, misanthropische und auch misogyne Machwerke oder unsäglich dummes Gesumms aus den untersten Schubladen primitiver Gefühlsduselei etc. samt Pendants in anderen Lebensbereichen als nur der Literatur. – Warum sollte das goutiert werden? Menschen, die darauf abfahren, geht doch ersichtlich ein Gefühl für Ästhetisches ab. – Was denen wieder ein Gefühl dafür vermitteln könnte, müßte nach dieser Logik also aus anderen Bereichen als dem Mistigen und Kitschigen kommen. UInd daher finde ich, daß dieser Bereich nichts Schützenswertes an sich trägt.

Das – vom Gr. her “eingedeutschte” – Wort ‘Ästhetik’ kommt von aisthesis, was im altgr. etwas die (sinnliche) Wahrnehmung bezeichnet. Aber seit dem Aufkommen der Ästhetik als philosophischer Teildisziplin, genauer seit Baumgartens dazu veröffentlichter großer Untersuchung mit diesem Titel, hat sich der Begriff ‘Ästhetik’ als Bezeichnung der philosophischen Lehre vom Schönen etabliert. Man verwendet deshalb in Fachdiskursen auch oft extra den Begriff aisthesis, wenn man eher auf das menschliche sinnliche Vermögen rekurrieren möchte als auf die Spezialdisziplin ‘Ästhetik’. So ist das inzwischen auch in den pragmatischen Sprachgebrauch übergegangen. Wer heutzutage z.B. einen Term wie ‘ästhetischer Maßstab’ oder ‘ästhetische Anmutung’ gebraucht, meint i.d.R. nicht die allgemeine sinnliche Anschauung, sondern tatsächlich vom Kunstbegriff Abgeleitetes.
Allerdings gibt es auch ein Naturschönes. Und das evoziert auch Ästhetisches! Es wäre also unvollständig, die ästhetische Erfahrung nur an Kunst (also Menschengemachtem, einer Kulturleistung) kondensieren zu lassen. Aber das nur nebenbei, denn die Literatur ist davon natürlich nicht berührt, weil alle ästhetische Erfahrung dabei “rein” kulturell vermittelt auftritt. Guckst du aber bspw. einen Barockgarten an – oder einen englischen Park – so ist deren ästhetische Pointe gerade ein Ineinander von Natur- und Kunstschönem. Überhaupt ist dabei die aisthesis im ursprünglichen Sinn (Sinnlichkeit) viel stärker involviert als etwa bei Musik oder Literatur. Denn die letzteren sind ja beinahe vollkommen semiotisiert.

Viele Grüße von Palinurus

Wem sagst du das! Gerade in meinem Metier gibt es fast nur unsäglich schlechte Machwerke. Wird man nach Klassikern gefragt, kommen immer drei Antworten. Das allermeiste jedoch ist schlichtweg unerträglich. Und so erntet man (ausgerechnet als Mann auch noch) ungläubiges, belustigtes Staunen, wenn man sagt, man möchte literarische, wertvolle, ansprechende und anspruchsvolle Pornografie schreiben. Was soll das denn sein, wie soll das denn gehen? Sex ohne Liebe? Das funktioniert nicht. Aber Thriller mit aufgeschlitzten Leichen, das können komischweise alle lesen. Nur wenn es an das Gegenteil geht, dann werden sie komisch, die Leute.

Mord ohne Motiv? Klar doch, her damit!
Sex ohne Liebe? Pfui, du Schwein!

Manchmal frage ich mich, ob die Leute sich selbst überhaupt einmal richtig zuhören können. Versteht mich nicht falsch, ich will niemanden bekehren, aber ich werde für mein Metier kämpfen bis zum letzten Blutstropfen. Auch oder gerade wo ich weiß, dass ich mit dem Rücken zur Wand stehe, weil durch Facebook, Instagram, (kauft nicht bei) Amazon und Konsorten Nacktheit und Sexualität (auch die natürliche) zum Untergang verdammt ist. Klar werdet ihr jetzt lachen und zu Recht sagen, die Sexualität hat es immer schon gegeben und sie wird es immer geben. Aber ich meine, die Sexualität in der öffentlichen Wahrnehmung, wenn es gerade dabei mal nicht um Promiklatsch oder Kindesmissbrauch geht.
In den Medien sind Nacktheit und Sexualität zum Untergang verdammt, zur belanglosen Randnotiz verkommen und ich meine, das ist ein höchst fatales Signal an junge Leute. Die Moralmauern werden wieder hochgezogen. Es gibt No-Faper, es gibt die, die jungfräulich in die Ehe gehen und es gibt die, die harte Pornos schon in der Grundschule schauen.
Wir merken gar nicht, dass das eine das andere bedingt und wir mit jedem verdecken Nippel auf Instagram genau das fördern! Die Sexualität sucht sich dann andere Wege und wenn es derbste Gewaltpornos sind. Je mehr wir uns auf der einen Seite reglementieren und reglementieren lassen (Ordnungshüter am Baggersee, kaum noch FKK, angezogen in der Sauna, etc.) also Nacktheit ins Private verdammt wird, desto größer der Wunsch hinter das »Geheimnis« zu kommen und dann kommen die Auswüchse, dass Vierzehnjährige es normal finden, als zweites gleich mal Analverkehr ausprobieren zu wollen.

Aber der Zusammenhang wird nicht hergestellt, klingt ja auch abwegig. Nacktheit und Sexualität, wir rennen in die falsche Richtung. Wenn heute eine Frau ohne BH rausgeht, …
… ist sie eine pfandflaschensammelnde Pennerin.
… ist sie ein notgeiles Flittchen.
… ist sie eine politische Aktivistin.

Je nach Alter und Sauberkeit ihrer Kleidung. Dass eine Fünfzigjährige Nackte politische Aktivistin ist, kommt nicht vor. Ist nicht opportun. Politische Aktivistinnen, die ihre Brüste zeigen, sind **immer **jung! Macht sie es mit fünzig ist sie eine Exhibitionistin. Macht sie es mit siebzig, ist sie eine Pennerin oder hat Alzheimer.
Was hat das noch mit pornografischer Literatur zu tun? Nichts, ich steigere mich manchmal einfach nur rein. Trotzdem, ich werde nicht aufgeben und versuchen, der Sexualität den Platz in der Gesellschaft, in der Literatur zu geben, der ihr gebührt. Auch wenn man mir Steine in den Weg legt noch und noch. Kann man sich als Fantasy-Schreiber gar nicht vorstellen.

Lieber Palinurus, kein Mensch verlangt, dass man es goutiert, allerdings sollte man akzeptieren, dass viele Menschen sentimentale Schnulzen & Co heiß und innig lieben. Und wer verlangt denn, dass das Konsumieren eines geschriebenen Werkes unbedingt mit einem Gefühl für Ästhetisches verbunden sein muss, nicht jeder ist so vergeistigt veranlagt, dass ihm oder ihr die Feierabendlektüre ein intellektuelles Feuerwerk bieten muss.
Es reicht doch, wenn sie daran einfach Spaß haben.

@Duane, ein bisschen übertreibst du aber schon. Kaum ein Krimifan steht auf Krimis mit Mord ohne Motiv, und Frauen können nicht ohne BH rausgehen, ohne gleich irgendsoeinen Stempel weg zu haben? So ein Quatsch! In welchem erzkonservativen Kuhdorf lebst du denn? Ok, kann sein, dass es irgendwo im tiefsten Bayrischen Wald oder an sonstigen Orten gleich neben dem Hinterteil der Welt noch so ist. Hier bei uns laufen die meisten Frauen (mich eingeschlossen) jedenfalls ohne so ein Teil rum, und zwar ohne dass sie als Flittchen, Pennerin oder übriggebliebene Aktivistin betitelt werden.
Angezogen in der Sauna kenne ich nur aus Ami-Land und FKK gibts hier in München sogar mitten in der Stadt im englischen Garten - und keiner findet was dabei.

1 „Gefällt mir“

Hallo Duane,

Die „unsäglich schlechten Machwerke“ hatte ich ja auf dem Kicker – freilich nicht nur aus „deinem“ Metier :see_no_evil: --, als es darum ging, irgendwelchen Elaboraten aus den entsprechenden Schlammkuhlen die ästhetische Dimension schlichtweg abzusprechen. Leider werde ich deshalb als arrogant angesehen. Es mag auf einem Mißverständnis beruhen (oder auch nicht); wenn ich deinen Kommentar hier richtig auslege, kommst du gerade „von der anderen Seite her“ und bist dabei aber nicht minder frustriert als ich, wenn es dann heißt, du seiest wohl ein Kasper, wenn du glaubtest, in einem Genre etwas Lesenswertes schreiben zu können, in welchem man doch eigentlich nur Dumpfbackigkeit oder eben Widerwärtiges vorfinden könne.
Natürlich ist das grober Unfug. Wer würde etwa auf die Idee kommen, Harold Brodkeys legendäre (und in der gesamten Literaturgeschichte wahrscheinlich ausführlichste) Cunnilingus-Schilderung anbei seiner Geschichte Unschuld als unliterarisch oder „dreckig“ oder sonstwie abwertend zu bezeichnen, so er noch irgendeinen Hauch von Ahnung hat?! Es ließen sich jetzt viele Stellen anführen, in der Hoch- wie auch Unterhaltungsliteratur, die ihre absolute Daseinsberechtigung haben. Du solltest dich m.A.n. folglich nicht von dummem und unqualifiziertem Geschwätz kirre machen lassen, sondern dein Anliegen durchziehen. Viele Leute, die sich so äußern, wie du es beschreibst, sind zudem furchtbar bigott und zieh’n sich privat nicht selten den letzten, allerletzten und widerwärtigen Schweinkram rein, um dann in der Öffentlichkeit gleichwohl das Unschuldslamm oder gar den sittenstrengen Zeigefingerschwenker zu geben … – Gib nichts drauf und mach dein Ding!

Sicher ist es so, daß wir gerade eine Extremzeit durchmachen, auch dergestalt, daß sie – wie schon angeführt – nach meinem Dafürhalten extrem bigott ist. – Ich finde ja, wenn man in so einem Metier wie dem deinen arbeitet, wäre es sogar schön, wenn ineins mit dem „Kerngeschäft“ genau diese widerwärtige Bigotterie gleich noch mit „zur Sprache käme“ [sic]; aber du hast ja kürzlich einmal frei bekannt, daß du von einer intellektuell eingefärbten Meta-Ebene des Erzählens nichts hältst, was ich persönlich schade finde, weil mir scheint, gerade dein Stil könnte da ein lakonisches Moment aufblitzen lassen, vielleicht noch ein wenig selbstironisch gebrochen, das dann einschlagen würde wie eine Bombe (falls du dich noch umentscheidest: Meine Lizenzgebühr für die Idee ist fast geschenkt: nur 75% vom Bruttoumsatz :see_no_evil:slight_smile: …

Es muß wieder etwas anders werden. Du hast vollkommen recht: Es herrscht ein widerwärtiges Klima zwischen Verklemmung und ins Dunkel verlegter Kompensation, die dann zumeist absolut widerwärtige Blüten treibt. – Aber was erwartest du von einer Gesellschaft, die den Körper inzwischen fast nur noch als zu formende Materie – entlang irgendwelcher idiotischen, v.a. industrie- und werbunggenerierten Idealvorstellungen
– begreift, aber nicht mehr als einen Hort auch des Exzesses, der Aus- und Abschweifungen im Zusammenspiel mit anderen Körpern? Heute dokumentiert sich … ähm … (Pseudo-)Erotik entlang der Maßgaben irgendwelcher werbemäßig hingestylten Tussen, die einen von jeder zweiten Fassade herkommend verblödet angrinsen (und ganz schlimm, wenn dann zu diesen Barbies noch die dreitagebart-eingeschworenen Kens treten), währenddessen die Erotik doch nun wahrlich gewiß etwas ganz, ganz anderes ist … aber das darf ja inzwischen eigentlich kaum noch ausgesprochen werden: Was Wunder, wenn die Geselllschaft mehr und mehr neurotisiert wird. Sicher wäre dagegen ein wirksames Pharmakon eine freie und gelebte Erotik, aber davon sind wir augenblicklich leider meilenweit entfernt. Umso dringlicher, daß du dein Werk tust, lieber @DuaneHanson

Viele Grüße von Palinurus

1 „Gefällt mir“

Schweift die Diskussion mittlerweile nicht etwas vom Thema “Tipps und Tricks” ab?

Ich trage übrigens auch keinen BH, hatte noch nie einen und werde vermutlich nie einen haben. Und ich wohne auf dem platten Land, dass es platter nicht geht. Noch nie wurde ich deshalb blöd angemacht, angeguckt oder sonst was.

Ich fände es schön, wenn es in diesem Thread wieder etwas mehr um Tipps zum Schreiben ginge als um die unterschiedlichen Meinungen zu Sex und Sexualität in der Öffentlichkeit.

3 „Gefällt mir“

Es liegt in der Beschaffenheit der Tools dieses Boards, dass es zumindest die User es nicht in der Hand habrn, die Überschriften anzupassen, wenn sich ein Thread entwickelt.

Das sich ein Thread entwickelt empfinde ich als positiv, das Umgekehrte wäre unerträglich. Für mich ist der bisherige Verlauf interessant und durchaus lehrreich, bringt er mich doch dazu, durchaus eigene Positionen zu überdenken. Ausdrücklich bin ich den Protagonisten dankbar für die offensichtlichen Mühen, die sie sich mit ihren Beiträgen gemacht haben. Was nun nicht bedeutet, dass ich ihnen uneingeschränkt zustimme.

Andere Mitstreiter signalisieren Interesse und Teilname durch ihre Likes. Warum also zu einem Ende der Debatte aufrufen? Wenn du den Thread nicht magst @Suse (was ich durchaus auch verstehen kann) dann klick dich doch einfach raus…

mfG os|<ar

3 „Gefällt mir“

Mich interessiert aber der Thread in seinem Ursprung. Also “klicke” ich mich nicht “raus” sondern warte einfach gebannt auf Tipps und Tricks zum eigentlichen Thema.

3 „Gefällt mir“

Das sich aber immer wieder einzuschleichen versucht in Form von ästhetischen Urteilen, die als end!gültig! wahr! behauptet werden …:wink:

2 „Gefällt mir“

Betrifft: Kunst als Freiraum vom “Terrordiktat des vorgeblichen Wahrseinmüssens”

Wo bitte genau werden denn in der Kunst derlei apodiktische ästhetische Urteile gefällt? Also ich meine mit Bezug auf hier im Thread Verhandeltes?

Nur so nebenbei (womöglich hilft’s ja beim Aufräumen im Kopf): Ein Urteil über irgendetwas, die Kunst oder Kunstwerke betreffend, ausgesprochen in einem philosophischen oder literaturwissenschaftlichen oder anderweitig Ästhetisches berührenden Kontext könnten wohl schwerlich jene Freiheit von der Lüge, Wahrheit zu sein widerlegen, von der Adorno gesprochen hatte.

Und wenn solche Urteile fallen, gilt immer noch (ich erlaube mir, etwas Eigenes zu zitieren, um daran zu erinnern, was statt unrichtiger Wiedergabe wirklich behauptet wurde): “[D]abei steht außer Zweifel, daß die LitWiss wie auch die Philosophie und verwandte Wiss. selbst in die Irre gehen können, und zwar mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit, als das in Analogie zum naturwiss. Procedere …] je möglich wäre.”

Sonnenwende war doch schon. Warum werden jetzt auf einmal Strohmänner abgefackelt?

Viele Grüße von Palinurus

Oh, da muss man nur auf Lesungen und Literaturvorträge gehen, wo dann Moderatoren “schlaue” Fragen stellen …

Hallo Ulli,

Das mag sein, beantwortet aber leider nicht meine Frage. Denn von Andreas war die Behauptung getätigt worden, in die Kunst [sic] würden sich apodiktische Urteile einschleichen.
Im Übrigen halte ich es für durchaus legitim, daß bei Vorträgen oder Lesungen auch Fragen gestellt werden. Und was dabei eine schlaue Frage ist, wird sehr wahrscheinlich kaum immer gleich angesehen werden. Meine Erfahrung ist, daß bei derlei Events durchaus unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Bildungsgängen und Erwartungen zusammenströmen. Es wäre ja beinahe verwunderlich, wenn dann nicht auch diverse Fragemotivationen vorlägen.

Viele Grüße von Palinurus

Palinurus muss wesentlich bessere Deutschlehrer gehabt haben als ich …

Ja, “die Kunst” ist eigentlich ein Bereich, der vom Terrordiktat des Wahr-Sein-Müssens ausgenommen ist. Guter Satz. Aber diesen Zustand ertragen viele nicht, und um ihm abzuhelfen, kommen sie dann mit Kategorisierungen daher, an denen man aber bitte nicht zweifeln möge, mit Kanons unantastbarer Kunst, mit Vorschriften, was und wie man lesen und verstehen müsse usw. usf. – Das ist “die Kunst” nicht des theoretischen Diskurses, sondern so, wie sich als Bereich des wirklichen Lebens darstellt.

Eigentlich geht es ja um die Frage, “warum zum Kuckuck finde ich das Buch X so endlos faszinierend, dass ich auch beim n-ten Mal noch Neues entdecke und die Lektüre beglückend finde? Was geht da vor?” In dem Fall ist X offenbar ein gutes Buch, und man möchte herausfinden oder sagen können, was es dazu macht. – Das ist eine legitime Suche, ein Forschen aus dem Staunen heraus (die man auch betreiben kann, wenn man nicht, wie es ein Schriftsteller täte, dazu noch fragt, "Wie zum Henker hat der/die das gemacht??").

Doch man kann etwas treiben, das ganz ähnlich aussieht, aber etwas ganz anderes ist, nämlich das Spiel “Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen”, und dann geht es gar nicht wirklich darum, einem Wundern nachzuspüren, sondern um Territorien, um Zugehörigkeit, um Klassenschichtungen, um Machtspielchen: Welche Autoren lassen wir in den Olymp? Welche verstoßen wir daraus? Welche Bücher erheben wir zum welchem Status? Und wer darf solche Zuordnungen vornehmen? Da stören dann alle, die anderer Meinung sind oder gar sagen, “egal, wie toll das angeblich ist, mir gefällt’s nicht”, weil sie die Machtbasis in Frage stellen – während es einem im vorigen Fall völlig gleichgültig sein kann, wie jemand anders das Buch findet; so egal, wie es einem sein kann, ob die eigene Lieblingsspeise noch irgendjemandem sonst auf der Welt schmeckt.

3 „Gefällt mir“

Hallo Andreas,

ich stimme dir weitgehend zu bei dem, was in den ersten beiden Abschnitten deines Postings steht. Aber hier …

… möchte ich einen Einspruch tätigen. Zwar stimmt es, daß in der kunst- und auch literaturtheoretischen Diskussion gesinnungsterroristische Richtungen oder wenigstens Neigungen erkennbar sind. Mir fällt spontan z.B. die Heidegger-Schule ein. Man muß nur an die Auseinandersetzung – z.B. mit Peter Szondi – über Paul Celan erinnern, aber auch andere Bsp. wären anführbar. Und ja: Obwohl ich zu manchen Gedanken Adornos eine hohe Affinität habe, weiß ich auch, daß er ebenfalls nicht frei von apodiktischer Meinungsmache war: man muß ja nur an sein idiotisches Verdikt über den Jazz denken … – Oder über jene Bemerkung über Hölderlin nachdenken, die dann Szondi auseinandergenommen und richtiggestellt hat, ohne daß Adorno noch darauf reagiert hätte.

Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere ist nach meiner Ansicht, daß gerade auch solche Leute wie Adorno ein sehr feines Gespür z.B. für die Wirkung des Trashs auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen wie auch individuelle Zerbröselung in deren Gefolge hatten. Ich erinnere hier nur an das Thema ‘Kulturindustie’, das bei ihm seit der Dialektik der Aufklärung akut war, nicht nur meiner bescheidenen Ansicht nach durchaus zurecht! Und wenn es in diesem Bereich dann zu Ausleseverfahren kommt – das hatte ich schon @Yoro so “verklickern” wollen, aber offenbar tonality-mäßig vollkommen danebengegriffen --, also nach dem Motto “Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen”, so sehe ich da aus meiner Anschauung der Sache keinen Anlaß zu Klage. Denn das Überhandnehmen von gequirlter Scheiße im “Kultur”-Sektor birgt tatsächlich auch jede Menge Gefahren (man kann das übrigens historisch sehr gut an der Vor-Hitler-Zeit in Deutschland studieren), sodaß m.A.n. hier die theoretische Reflexion schon ein wichtiges Aufgabengebiet hat.

Durchdeklinierte Kanonisierungsanwandlungen und ähnliches Gedöns gehen mir persönlich am Allerwertesten vorbei. Und was Machtansprüche betrifft: Das ist natürlich hauptsächlich eine *innerwissenschaftliche *Attitude, die aus meiner Beobachtung wenig Abstrahlungskraft nach außen hat. Nun ja, und daß im universitären Bereich z.T. Kindergarten-Zustände und Zickengebaren an der Tagesordnung sind, die das Ganze erst so richtig aufschaukeln, wirst du ja vielleicht aus deiner eigenen Studienzeit noch wissen (es sei denn, im NW-Bereich ist das weniger stark ausgeprägt als bei den Geisteswissenschaftlern). Im Bereich der Kritikerszenem ist es ja auch nicht anders. Die Auswirkungen auf den Kunstbereich selbst sind dabei aber nicht übermäßig bedeutsam (abgesehen von spezifischen Kritikern wie dem unsäglichen RR und einigen andern bestenfalls mediokren Gestalten in diesem Sektor, die gleichwohl über viel Macht in diesem Feld gebieten). Insgesamt jedoch geben in der Kunst inzwischen bekanntlich ganz andere Kräfte – und auch andere Motive als ästhetische – den Ton an (wobei das in der Literatur – etwa gegenüber den unsäglichen Zuständen in der bildenden Kunst – noch … ähm … “relativ harmlos”, wenn auch längst nicht bedeutungslos ist).

Ich schätze dazu übrigens einigermaßen Houellebeqcs Darstellung in Karte und Gebiet – einer der relativ seltenen Fälle von einer literarischen Reflexion dieses ganzen, recht elenden Betriebs und seiner diversen Machstrukturen und G’schäftl-Hubereien. Der Roman fällt ja einigermaßen signifikant aus der Reihe seiner sonstigen thematischen Zuwendung … und er hat ihm sogar den *Prix Concourt *eingebracht.

Viele Grüße von Palinurus

Handy – DNA – Technik

Gerade in der Kriminaltechnik passiert dermaßen viel, dass es in meinen Augen fahrlässig ist, sich zu sehr auf die Technik dahinter zu versteifen. Was man vor zehn Jahren darüber schrieb (drei Wochen auf DNA-Test warten) ist heute veraltet und klingt lächerlich. Man kann immer den letzten Trend schildern, muss sich aber darüber im Klaren sein, dass der recht schnell Schnee von gestern ist. Die alten Mordmethoden sind oft noch die besten.

»Was gibt man einer Frau, die schon alles hat? Eine Insulininjektion.«

1 „Gefällt mir“

Ich fänd’s ja irgendwie ganz chic, wenn Du eher in Argumenten als in nur namentlich erwähnten Zitaten sprechen würdest, damit man ansatzweise mitbekommt, was Du eigentlich meinst …

Du hast in diesem Thread vielfach die Eigenart, Argumente nicht konkret zu bringen und zu benennen, sondern lässt oft andere Personen für Dich stehen, und auch noch nur namentlich zitiert, ohne sie aussprechen zu lassen.
Du magst es meinem Bildungsmangel zuschieben, aber ich habe doch tatsächlich nicht nun genau diese Bemerkungen Hölderlins parat, über die Szondi sich ereifert hat, ergo geht mir beim Lesen vieler Deiner Bemerkungen zu 90% der Sinn verloren.

Und so bleibt bei Betrachtung dieser bodenständigeren Bemerkungen doch der schlechte Geschmack stehen, dass die von Andreas beschriebene Gefahr vorschneller Kategorisierung durchaus gegeben ist, wenn literaturkritische Überlegungen aus höheren Elfenbeinturm-Etagen vom normalen Journalisten eher unreflektiert übernommen werden, um bspw. zu sagen, dass Stephen King ja nur niederes Niveau hätte.
Kann man machen (und ich bin tatsächlich kein sonderlicher Fan, nicht dass das als Fanboy-Aussage fehlverstanden würde), ich halte es dennoch für gewagt, im Wissen darum, dass der Mann sich bei dem, was er tut, eine Menge denkt.
Dass beim Ausstoß, die ein Autor für einen “Jerry Cotton” Groschenroman leisten muss (gibt’s den eigentlich noch?), kein Nobelpreis zu erwarten ist, ist als Ansicht OK. Aber dass vorschnell beurteilt und kategorisiert wird (“keine Hochliteratur!”), zum Beispiel auch zum Schaden von Autoren wie Duane, den ich hier mit Interesse immer besser in seinem “Kreuzzug” :wink: verstehe, halte ich für durchaus gegeben.

2 „Gefällt mir“