Auf meinen Visitenkarten habe ich folgenden Satz stehen: Schreiben ist wie Reden, nur schöner! Eine Eigenschöpfung, hinter der ich voll stehen. Ich liiiebe das Schreiben. Allerdings kannte auch ich Phasen, in denen ich bestimmte Schreibaufgaben unlustig vor mir herschob. Berichte über Kreistagsitzungen als freie Journalistin zum Beispiel. Gähn …!
Anders als jüngere Schreiberlinge habe ich nun seit zwei Jahren den großen Vorzug, als Rentnerin schreiben zu können, wann immer mir der Sinn danach steht. Da das inzwischen fast immer der Fall ist, habe ich es während des Schreibprozesses für meine Hannah-Trilogie so gehalten, dass ich mich schon frühmorgens, während ich mich noch wohlig im Bett räkelte, bewusst aufs Schreiben vor-freute. Und schon ging es vergleichsweise leicht raus aus den Federn Bett und ab unter die kalte Dusche (man kann sich tatsächlich daran gewöhnen, selbst wenn man so ein Frierpitter ist wie ich). Und dann … habe ich oft schon vorm Frühstücken losgelegt. Einfach an irgendeiner Stelle des Textes oder der Planung oder des Korrekturlesens, die mir gerade Spaß machte.
Gewöhnlich schreibe ich am PC, manchmal aber auch mit der Hand. Letzteres gilt vor allem dann, wenn ich in meiner megadicken A4-Kladde meine Morgenseiten schreibe (nach Julia Cameron). Die heißen so, weil das Unbewusste gleich nach dem Aufstehen besonders kreativ sein soll. Und was könnte für uns Schreiber sinnvoller sein, als das zu nutzen. In diesem Sinne: Gebt euren blöden Schreibblockaden einfach keine Chance. Lacht über sie und lasst den frühen Vogel picken … Wenn ihr ein gewisses Schreibpensum schon am Morgen erledigt habt, geht’s euch garantiert besser. Und wenn es nur zehn Minuten sind … Oder eine Stunde. Oder fünf. Hauptsache, ihr fangt an. Ganz locker, so als ob es die reinste Freude wäre. Und plötzlich ist es das auch.
Herzlich, Sigrid
Ja, das kenne ich sehr gut. Bin in den letzten Jahren dafür häufig schon um 4 Uhr aufgestanden, damit ich vor der Arbeit noch genügend Zeit hatte.
Aber Morgenseiten schreibe ich nicht mehr. Das empfinde ich bei meinem Projekt (das sehr aufwendig ist) als Zeitverschwendung. Ich arbeite lieber an konkreten Problemen und Fragen zu meinem Projekt. Das kann schon mal ein Brainstorming sein, wenn ich Ideen oder Lösungen zu einem Problem brauche, aber dann bin ich immer auf diese Problem fokussiert und versuche, nicht abzuschweifen. Bei Morgenseiten soll man ja eher schreiben, was einem so durch den Kopf geht. Aber das ist für mich momentan nicht zielführend.
Ich finde beides wichtig. Die Morgenseiten helfen mir, wenn meine Seele gerade revoltiert und zuviel sich darin herumtreibt. Dann werde ich durch das schriftliche Auskotzen, herrlich ungebremst, erst offen für anderes.
An was für einem Projekt arbeitest du?
An einem Fantasy-Mehrteiler für Jugendliche ab 13 Jahren. Bisher habe ich 5 Bände angedacht und die ersten beiden mehr oder weniger komplett geplant. Von Band 3 stehen eine Menge Szenen für den ersten Akt, danach wird es übersichtlicher.
Vielleicht wird es noch einen 6. Band geben und ich überlege, ob ich ihn 20 Jahre nach Band 5 spielen lassen werde. Dann wären ein paar der kleinen Kinder, die in Band 1 - 5 mitspielen, erwachsen und das würde wieder neue Möglichkeiten eröffnen.
Das klingt interessant, aber wirklich nach sehr viel Arbeit. Was hält dich davon ab, erst einmal Band 1 fertigzustellen und in die Welt zu bringen. Als ich Band 1 meiner Hannah-Trilogie hochgeladen hatte, war das ein tolles Gefühl, was viel Energie freisetzte.
Die Tatsache, dass ich bei der Planung der weiteren Bände immer wieder zu Band 1 zurückkehre und hier und dort noch Änderungen oder Details einfüge.
Ich weiß, dass die meisten Leute mir raten, so zu arbeiten, wie du vorgeschlagen hast. Aber ich kann es nicht. Ich plane in Band 2 gerade die Auflösung eines Verbrechens, das in Band 1 geschehen ist - der einzige Handlungsstrang, der mir in Band 2 noch fehlt. Ich habe in den entsprechenden Szenen in Band 1, die mit der Tat zusammenhängen, schon mehrfach ein paar wichtige Einzelheiten zugefügt, um die Sache logisch hinzukriegen. Wenn Band 1 schon auf dem Markt wäre, wäre das nicht mehr möglich.
Außerdem würde mich der Zeitdruck wahnsinnig machen, wenn Band 1 schon raus wäre und die Fans auf Band 2 warteten. Und wenn ich bei einem Verlag veröffentlicht hätte, wäre ich noch mehr unter Druck. Dann würde ich die Folgebände wahrscheinlich gar nicht mehr schreiben. Vielleicht würde ich das Schreiben dann ganz aufgeben.
Das ist mein größtes Problem: Ich kann nicht unter Druck schreiben. Zumindest nicht dann, wenn mir das Projekt am Herzen liegt.
Ich kann schon schnell arbeiten und habe eine Bachelorarbeit inklusive Recherche in weniger als 5 Wochen runtergehämmert (als Ghostwriterin). Note: 2+
Aber mein Fantasyprojekt liegt mir am Herzen. Das möchte ich gut hinkriegen. Es muss niemandem auf der Welt gefallen - nur mir!
Und ich weiß, dass ich es zu Ende bringen werde - oder bei dem Versuch sterbe! Dieses Projekt bedeutet mir gerade alles. Es ist der Grund, warum ich morgens aufstehe.
Wow! Du arbeitest wirklich mit Herzblut. Kann dich gut verstehen. Viel Erfolg! Ach, eines noch. Ich habe ja als Selfpublisher über KDP veröffentlicht und da kann man nachträglich korrigieren und auch noch was einfügen. Aber wenn du nun einmal so arbeiten möchtest, wie du das tust, ist das dein gutes Recht. Anfangs habe ich meine Biografie übrigens auch nur geschrieben, damit sie mir gefällt, aber mit der Zeit änderte sich das. Inzwischen freue ich mich mächtig über jede positive Rezension und jedes private Feedback von anderen.