Nestgeflüster

Der Tag hatte noch nicht einmal richtig begonnen als Flusel endlich völlig erschöpft nach Hause kam. Die ganze Nacht war sie draußen unterwegs gewesen und ihrer Aufgabe nachgegangen. Weit war sie diesmal in die Randbezirke vorgedrungen, hatte neue Gebiete erkundet und wäre sogar beinahe entdeckt worden. Für eine kurze und doch für ihr Empfinden unendlich lange Zeit war sie davon überzeugt gewesen diesmal zu weit gegangen zu sein. Niemand hätte sie dort draußen gefunden, wenn ihr etwas passiert wäre. Mal davon abgesehen, daß es wohl sehr lange gedauert hätte, bis man ihr Verschwinden überhaupt bemerkt hätte. Zuhause gab es nur wenige, denen daran lag, daß sie zurückkam – egal in welchem gesundheitlichen Zustand. Und dann auch nur, weil sie die Ergebnisse ihrer Erkundungen hören wollten…. nichts weiter.

Ein eiskalter Schauer rann ihr den Rücken hinunter als sie an die Begegnung heute Nacht zurück dachte. Diese großen gelben Augen, die ihr gefühlt bis auf den Boden ihrer Seele geblickt hatten. Viel hatte nicht gefehlt und sie wären das Letzte gewesen, das sie in ihrem Leben zu Gesicht bekam. Sie schüttelte sich, um diese Gedanken und Gefühle endlich loszuwerden, aber auch das gehörte dazu. Sie hatte gewusst worauf sie sich einließ als sie sich mit dem Vorschlag einverstanden erklärte. Seufzend lief sie weiter, ihr Zuhause war endlich in Sichtweite. Sie war mittlerweile so müde, daß sie fast im Gehen einschlief. Schlaf, sie brauchte dringend Schlaf! Da drehte der Wind und sie fügte in Gedanken eine ausgiebige Wäsche ihrer Dringlichkeitsliste hinzu. Das würde sie definitiv noch vorher erledigen, sie stank wie ein Iltis! Kein Wunder, daß man sie vorhin fast entdeckt hätte. Sie mußte in Zukunft wirklich vorsichtiger sein.

Außer ihr hatten nur Wenige die Nacht draußen verbracht. Um diese Zeit war es noch gefährlicher unter freiem Himmel unterwegs zu sein als sonst. Ihre Feinde waren dann am aktivsten und auch sie mußte alle Sinne darauf verwenden, um nicht entdeckt zu werden. Was ihr, wie sie heute zu ihrem Erschrecken hatte feststellen müssen, auch nicht immer ganz gelang. Andererseits war es ihre Aufgabe neue Wege und Pfade zu erforschen, die für die tägliche Nahrungssuche einigermaßen sicher benutzt werden konnten. Der Bereich, den sie heute erkundet hatte war vielversprechend, doch er barg noch zu viele Gefahren. Solange die Wege nicht gesichert waren konnten sie diese Ressourcen erstmal noch nicht nutzen. Sie würde mit Haruzel über die weiteren Vorkehrungen sprechen müssen. Bevor sie also in ihr Zimmer gehen konnte und die verschwitzten Sachen endlich loswurde würde sie mit ihm sprechen müssen. Auch wenn ihm ihre Ausdünstungen bestimmt nicht gefallen würden. Bei Gerüchen reagierte er immer äußerst empfindlich und konnte zur Diva werden. Sie seufzte resigniert, verabschiedete sich also in Gedanken erstmal von einer warmen Dusche und machte sich auf den Weg zur großen Halle. Im Vorbeigehen hörte sie das Getuschel hinter sich. Wahrscheinlich lästerte man mal wieder über ihr Aussehen und ihre Ansicht von Körperhygiene – im Moment zugegebenermaßen tatsächlich ein Grund zum Lästern. Sie straffte die Schultern und ging hoch aufgerichtet und nach außen selbstbewusst weiter. Nur keine Schwäche zeigen.

Wie immer, wenn sie in die große Halle kam, war sie von ihrer schieren Größe überwältigt. Es faszinierte sie immer wieder darüber nachzudenken, wie das alles ohne zusätzliche Stützen hielt. Außer den Säulen an den Seitenwänden der Halle waren keine sichtbaren Träger oder ähnliches erkennbar und dennoch hielt das Dach seit ewigen Zeiten. Erleuchtet von Tausenden von Feuerkäfern war es hier unten fast so hell wie in der Außenwelt. Wie schon so oft nahm sie sich vor darüber einmal mit Haruzel zu sprechen. Sie war sich fast sicher, daß er wußte warum dies so war. Er war ein wandelndes Lexikon und überraschte sie immer wieder mit seinem Wissen.

Flusel blieb schließlich in einem der Seitengänge, die in die Halle mündeten, stehen und beobachtete erstmal das Geschehen, das sich vor ihr ausbreitete. Die Streckenabgrenzungen und -geräte für das tägliche Training standen bereits aufgebaut an ihren Plätzen und wurden je nach Können in den unterschiedlichen Bereichen genutzt. Abends wurde soweit möglich alles wieder abgebaut, damit der Bereich zur allgemeinen Nutzung zur Verfügung stand. Eine Ecke allerdings war immer für die Kleinsten reserviert. Durch einen stabilen Zaun vom übrigen Bereich abgetrennt war hier ein sicherer Kinderbereich geschaffen worden, in dem jeden Tag die Kleinsten betreut wurden. Sie mußte lachen, als sie sah wie eines davon mit einer kindlichen Verbissenheit versuchte, einen Stein zu erklimmen um ein anderes von eben diesem herunter zu schubsen. Immer wieder rutschte es ab, landete unsanft auf dem Hintern, rappelte sich auf und versuchte es erneut. Während der König des Steins davon gar nichts mitbekam, weil er angestrengt Richtung Tisch starrte auf dem gerade der Morgenbrei in Schüsselchen verteilt wurde. Seiner Figur nach war er stets der erste und beste Abnehmer. Und er würde schneller dort sein als er im Moment noch dachte, denn sein kleiner Widersacher hatte es endlich geschafft den Stein zu erklimmen und stieß den verdutzen Steinkönig von seinem Thron. Sie konnte nicht sagen, wer von den Beiden überraschter war.

Sie schmunzelte immer noch als sie sich wieder dem Trainingsbereich zuwandte. Sie selbst war beim Training nicht erwünscht, das waren Frauen noch nie gewesen. Dennoch hatte sie eine besondere Kampfausbildung erhalten, wenn auch nur im Geheimen. Nur zwei andere wussten von ihren dadurch erlernten Fähigkeiten und ihrer sonderbaren Gabe. Einer davon war Haruzel. Sie blickte sich suchend in der Halle um und entdeckte ihn schließlich. Sie wollte schon zu ihm hinübergehen als sie mitten in der Bewegung innehielt und hastig wieder in den Schatten zurücktrat, um nicht gesehen zu werden.

Ihr Herz kam einen Moment aus dem Takt. Neben ihm stand Flatul! Sie würde warten, bis er gegangen war. Zu oft schon hatte er sie mit seinem durchdringenden Blick von oben herab angesehen, sie fast abfällig behandelt und ihr mehr als einmal allzu deutlich zu verstehen gegeben was er von ihr hielt. Und sie damit jedes Mal härter getroffen als er auch nur ahnte. Irgendwie zog sie Schwierigkeiten immer magisch an und von all den Männern hier mußte sie sich ausgerechnet in ihn verlieben. Dabei war es einfach aussichtslos, wenn sie an sein Verhalten ihr gegenüber dachte. Nie würde er in ihr etwas anderes sehen als die nutzlose Frau, die sich nicht wie alle anderen verhielt, sondern ihm die Stirn bot und oft unterwegs war ohne daß jemand wußte wo sie war.

Sie schalt sich eine Närrin, fuhr mit Tränen in den Augen herum und lief eilig zu ihrem Zimmer. Haruzel würde auf ihren Bericht warten müssen bis sie sich wieder gefangen hatte. Sie wollte sich erstmal waschen und schlafen. In ihrem jetzigen Zustand war sie viel zu angreifbar…. und verletzbar.

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Hallo @Momo71 ,
erst mal danke für dein kleines Adventgeschenk!
Es macht Spass zu lesen! Im ersten Moment dachte ich, die Geschichte spiele in meiner Wohnung. Flusel sehe ich hier allerorten. Staub Flusel …
Doch als Haruzel dazukommt, war ich beruhigt. Der ist mir noch nicht untergekommen.

Also, ich würde weiterlesen!
Liebe Grüsse
LonesomeWriter

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Vielen lieben Dank :blush:.

Eine Ahnung wer sie sein könnten? Die Lösung würde dich überaschen :innocent:

keine Ahnung… Mäuse? Auch wenn die wohl nicht duschen…

LonesomeWriter

Nein, keine Mäuse.

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Schön geschrieben und zu lesen. Ich habe nur nicht so richtig verstanden, um was es da eigentlich ging.,

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Vielen lieben Dank.

Es ist das erste Kapitel einer längeren Geschichte, die ich im Frühjahr geschrieben habe. Vieles enthüllt sich erst beim weiterlesen. Manches überrascht, lädt zum rätseln ein, läßt die Fantasie spielen :blush:

Mal schauen, wann ich euch mit dem nächsten Kapitel ein wenig mehr verrate :grin:

Bitte möglichst bald.

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Jetzt möchte ich aber schon gerne wissen, wie es weitergeht.

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Herrlich zu lesen, wie ihr neugierig werdet. Dann hat das Kapitel seine Aufgabe schon erfüllt. :grin:

Vielleicht heute Abend…? :thinking:

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Ja, du hast es wirklich prima geschafft, Spannung zu erzeugen. Dadurch hab ich es viel zu schnell verschlungen, um an die Auflösung zu kommen. Also nochmal lesen. Sehr gut.
Ich dachte anfangs an Bienen, aber irgendwie passt es dann später doch nicht mehr. Bin gespannt!

Fabelhaft geschrieben, und macht Lust auf mehr. Genauso sollte das erste Kapitel sein. Ich rate mal wild drauf los. Fusel ist weiblich, trägt Kleidung und treibt sich nachts draußen herum. Sie hat eine Aufgabe, ergo, sie ist nicht willkürlich unterwegs. Aber sie scheint unbeliebt zu sein, denn höchstens aus Neugier würde man ihr zuhören, um Neues zu erfahren. Könnte es sich, wie in einem Märchen, um ein gestiefeltes Tier handeln? Man weiß es nicht genau.

Vielen lieben Dank.

Interessante und zum Teil sehr gute Rückschlüsse die ihr zieht. Ich seh schon, ich muß euch heute Abend doch noch das zweite Kapitel einstellen :grin:

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Gefällt mir gut, ich würde auch sehr gerne weiter lesen.
Wer diese Protagonisten auch sein mag, sie scheint einen schweren Stand in ihrer Gemeinschaft zu haben. Das hast du sehr gut herausgestellt. Macht neugierig auf mehr!

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Jetzt bin ich mal gespannt was ihr vom zweiten Kapitel und damit von den Protagonisten haltet. Wer hat damit gerechnet? :grin:

Flatul stand auf einer Anhöhe über dem Übungsplatz und betrachtete stirnrunzelnd die Läufer vor sich in der Halle. Einige der Gruppen absolvierten gerade die unterschiedlichen Trainingspfade, überwanden Hindernisse, wichen Angriffen aus allen möglichen Richtungen aus. Selbst eine Vorrichtung, die die Läufer unvorbereitet mit Bällen von oben beschoss hatten sie zusätzlich aufgebaut um auch diese Form der Überfälle üben zu können. Andere Gruppen waren in der Mitte des Platzes dabei Direktangriffe abzuwehren, sich aus Umklammerungen zu befreien oder lernten, was alles im Notfall als Tarnung oder Unterschlupf genutzt werden konnte.
Seine eigene Truppe war gerade dabei, mit vollem Gepäck den Hindernisparcour zu absolvieren und was er da sah trieb ihm die Tränen der Verzweiflung in die Augen.

Wie er mit diesem Haufen träger Flachfüssler die engen Zeitvorgaben einhalten sollte war ihm ein absolutes Rätsel. Und das dann auch noch mit der gesamten Ausrüstung auf dem Rücken oder vor die Wagen gespannt? Was hatte sich Haruzel nur dabei gedacht ihm gerade diese Gruppe zuzuweisen??? Sie hatten keine 12 Stunden Zeit für die Ausführung; das konnte einfach nicht gutgehen, selbst mit den vorhandenen Hilfsmitteln. Er schnaubte so verärgert vor sich hin, daß sein Bart vor Empörung zitterte.

Er selbst war bereits oft genug im Außeneinsatz gewesen. Seine Narben erzählten davon und er hatte sich damit einen Namen gemacht, alle ihm Anvertrauten, egal aus welcher Situation heraus, immer wohlbehalten nach Hause zu bringen. Zumindest fast alle, dachte er bei sich und verschloss sein Herz noch mehr von dem aufkeimenden Schmerz als normalerweise eh schon. So sehr war er für seine waghalsigen Manöver bekannt, daß er nun für die Ausbildung der Truppen zuständig war, um sein Wissen an die nächsten Generationen weiterzugeben. Etwas, das ihm einerseits schmeichelte, ihn sich andererseits aber uralt fühlen ließ. Doch er war im besten Alter und noch lange nicht alt oder unnütz. Und er hatte dafür gesorgt, daß alle wußten wie gut er war und was er seinen Truppen in der Ausbildung abverlangte. Dafür wiederum war er gefürchtet. Er trieb sie immer weit über ihre Grenzen. Nur so hatten sie eine Chance. Nur so konnte er sie alle gesund und munter wieder zurückbringen.

„Lauft!“ brüllte er über den Platz „Lauft, ihr kümmerlichen Schnecken! Der Einsatz wird kein Spaziergang! Ihr werdet alle Kraft, Kondition und Schläue brauchen, die ihr aufbieten könnt und noch viel mehr!“ Manche drehten sich mit Angst in den Augen um und liefen weiter so schnell sie konnten. Drehten ihre Runden und versuchten seinen hohen Ansprüchen zu genügen. Und was bot er für ein Bild, wie er da muskelbepackt in seiner Ledergarnitur über dem Platz stand, groß, hoch aufgerichtet und mit wildem Blick. „Gut so“ dachte er bei sich „die Angst wird sie wachsam bleiben lassen…“

„Schau nicht so grimmig! Sie werden es schaffen, so wie wir es noch jedes Jahr geschafft haben!“ tönte es plötzlich von der Seite und er sprang erschrocken in die Luft. „Haruzel! Bist Du des Wahnsinns??? Wie kannst Du Dich nur immer so anschleichen?!“ japste er und nahm beinahe verlegen den Arm wieder herunter, den er in Erwartung eines Angriffes automatisch in Abwehrposition gehoben hatte. Dieser betrachtete ihn amüsiert und meinte trocken „Du bist immer noch recht schnell für Dein Alter, Respekt!“
„Mein Alter??? Fängst Du auch noch damit an? Ich zähle gerade mal 5 Frühling – ich bin im besten Alter!“ empörte sich Flatul und wollte gerade zu einer weiteren Erwiderung ansetzen als ein tiefes Grollen heran rollte, das den Boden erzittern liess.

Alle hielten erschrocken in dem was sie gerade taten inne, die Wachen trommelten Alarm und was nicht rechtzeitig eine Deckung fand presste sich mit angelegten Ohren flach auf den Boden. Alarmiert blickte sich Flatul um, bereit zu kämpfen wie er es schon so oft getan hatte. Haruzel neben ihm lauschte angestrengt und meinte „Das gibt Ärger! Und zwar massiven!!“ Flatul sah ihn irritiert an bis auch er in dem Grollen eine Stimme erkannte – ein äußerst bekannte und offensichtlich stinkwütende Stimme.

„Wo ist er??? Wo ist dieser unnütze, unwürdige Unheilsläufer???“ donnerte es nun durch den Hügel, daß die Erde von der Decke rieselte. Immer lauter wurde der Ruf, das Trampeln der Füße und plötzlich stand Zarus, der Osterhase persönlich, wutschnaubend in der Mitte des Baus auf dem Übungsplatz und blickte sich mit funken sprühenden Augen um. So wütend hatte Flatul ihn noch nie gesehen. Es kostete selbst ihn einiges an Überwindung zu ihm hinunterzuhüpfen und mit – hoffentlich – fester Stimme zu fragen „Meister, was ist passiert? Wen sucht Ihr?“

Zarus fuhr herum und Flatul mußte alle Selbstbeherrschung aufbringen um nicht die Flucht zu ergreifen. Gegen die Wut die ihm nun wie eine Welle entgegenschlug, waren alle bisher ausgefochtenen Schlachten mit den Halbwilden, den Schleichern und den Sturzteufeln ein Spaziergang gewesen. Was mochte nur passiert sein, daß der eigentlich immer so ruhige und beherrschte Osterhase derart außer sich war?

Mittlerweile war der Übungsplatz bis auf ihn, Haruzel und Zarus leer, da sich jeder, der halbwegs bei Verstand war in die hintersten Winkel des Osterbaus zurückgezogen hatte. Und der Bau war groß, beherbergte er doch nicht nur die Osterhasen aus allen Schichten der Zuordnung sondern auch noch die Werkstätten und Lagerhallen.
Angefangen von den Hunger-Hasen, die den gesamten Bau mit Nahrung versorgten und die Gänge sauber hielten, über die Bringsmir- und Machsfertig-Hasen, welche für die Beschaffung der Eier, der Zutaten für die Farben und die Herstellung sowie Reparatur der Tragegestelle und Auslieferwagen zuständig waren, zu den Klecksl-Hasen, denen die grafische Gestaltung der Eier oblag bis hin zur obersten Schicht, den Laufzu-Hasen, die unter der Leitung des Osterhasen persönlich die wichtige Aufgabe der Verteilung der Jahresproduktion zu Ostern übernahmen.

„Was passiert ist? Was passiert ist willst Du wissen??? Ich sage Dir was passiert ist“ brüllte Zarus, daß die Wände zitterten. „Bauschl, dieser Ausbund von einem Unglückshasen ist passiert! Er hat den magischen Pinsel gestohlen, dieser flachfüssige Regenwurm!!“

Flatul und Haruzel fuhren erschrocken zusammen und wechselten einen ungläubigen Blick. „Er hat WAS???“ fragte Haruzel entsetzt.

„Er sollte in der Malerei den Boden kehren. Eine Aufgabe, die selbst dieser unzuverlässige Kerl einigermaßen vernünftig erledigen kann ohne dabei eine weitere Katastrophe auszulösen. Das war laut Tupferl, dem Meister-Klecksl-Hasen, zumindest der Plan. Aber dieser Wurm hatte ja nichts Dümmeres zu tun, als sich den magischen Pinsel wahrscheinlich für irgendeines von seinen wahnwitzigen Experimenten mal eben einfach so auszuleihen und damit zu verschwinden! Und jetzt sind weder er noch der Pinsel im ganzen Bau aufzutreiben! Wie sollen wir an Ostern alle Auslieferungen ohne den Pinsel schaffen??? “

Flatuls Gedanken rasten. Nur durch den magischen Pinsel konnten sie Ostern meistern. Nur damit waren seine Laufzu-Hasen in der Lage die Auslieferungen rechtzeitig zu schaffen. Ohne ihn half auch kein noch so hartes Training dieser Elite etwas. Mit dem Pinsel wurden die Auslieferwagen und Tragegestelle angestrichen und er verlieh durch den Anstrich den Objekten die Möglichkeit sich zusammen mit ihren Trägern innerhalb kürzester Zeit von einem Ort zum nächsten zu bewegen. Außerdem mußten sich alle Laufzu-Hasen die Knöpfe ihrer Latzhosen damit einstreichen lassen, denn nur so blieben sie für die meisten Außenweltler unsichtbar. Es passierte zwar trotzdem immer wieder, daß sie bei ihrer Arbeit gesehen wurden. Meistens war der Grund dafür jedoch, daß der entsprechende Hase entweder vergessen hatte die Knöpfe bestreichen zu lassen oder dies in der Hektik vor Ostern schlampig ausgeführt worden war.

„Und was soll ich nur dem Weihnachtsmann sagen??“ zeterte Zarus weiter „wenn wir den Pinsel nicht rechtzeitig wieder an ihn zurückgeben begehen wir Vertragsbruch und Weihnachten fällt auch noch ins Wasser! Der Wunderrat wird uns alle dafür strafen!“

Der Wunderrat wiederum war ein Zusammenschluß der Geister aller Wunder und wachte über die Einhaltung der magischen Ordnung. Unter anderem waren darin die Geister der Weihnacht, von Ostern, der Zahnfeen und der Geburtstagselfen vertreten. Und der Rat war gnadenlos in seinem Urteil. Ein Verstoß gegen die heiligen Verträge konnte bis hin zu Verwandlung in ein normalsterbliches Wesen reichen. Eine schreckliche Strafe bei der alle magischen Wesen allein schon beim Gedanken daran in Panik verfielen. Das schlimmste Beispiel dafür waren die Drachen, die sich nicht an den Vertrag gehalten und mutwillig immer wieder Außenweltler angegriffen hatten. Zum Teil wurden diese dabei sogar getötet, da sie den Drachen kaum etwas entgegenzusetzen hatten. Der Wunderrat beschloß die Bestrafung aller Drachen, so daß diese nun nur noch als Echsen und Salamander über die Welt streiften – und damit ein Mahnmal waren für Alle, sich an die Verträge zu halten um die magische Ordnung nicht zu gefährden.

„Der Weihnachtsmann?“ fragte Flatul irritiert. Das war ihm jetzt doch neu und dabei hatte er gedacht, er wüßte über alle Abläufe innerhalb der Ostergemeinschaft genauestens Bescheid.

„Ja, was glaubst Du denn womit dessen dämlicher Schlitten und seine Ren-Esel fliegen??? Der Pinsel wandert je nach Jahreszeit zwischen uns hin und her. Der jähzornige Alte schleppt mich doch sofort vor den Wunderrat, wenn er auch nur ansatzweise mitbekommt was passiert ist! Dem ist Ostern doch schon immer ein Dorn im Auge gewesen.“ brüllte Zarus weiter und sah Flatul dabei mit zusammengekniffenen Augen an. Dieser ahnte Schreckliches und trat vorsichtshalber einen Schritt rückwärts. „Du!“ brüllte Zarus da aber auch schon weiter und bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen „Du! Du wirst diesen vermaledeiten Flohbeutel suchen und sowohl ihn als auch den Pinsel zurückbringen! Und wage es nicht, mit leeren Pfoten zurückzukommen!“ schrie er weiter, drehte sich sodann um, donnerte in den Gang zurück aus dem er gekommen war und ließ einen fassungslosen Flatul zurück.

Nur langsam gelang es ihm, sich aus seiner Erstarrung zu lösen. Er drehte sich, noch immer fassungslos, langsam um und sah Haruzel entgeistert an. Dieser hob jedoch sofort abwehrend die Pfoten „Vergiss es, ich bin zu alt für so eine Jagd! Aber Du wirst Hilfe brauchen. Laß mich nachdenken…. aber ja doch! Nimm Flusel mit, sie kann Dir in jedem Fall helfen. Ich übernehme derweil die weitere Ausbildung Deiner Ausliefertruppen.“ Damit drehte er sich auch schon von ihm weg ohne seine Antwort abzuwarten oder um genau dieser aus dem Weg zu gehen und lief in die Halle, um dort wieder einigermaßen die Ordnung herzustellen und das Training zu fortzusetzen.

Flatul sah ihm mit offenem Mund und nun gänzlich verwirrt nach. Flusel? Im Ernst?? Ausgerechnet Flusel? Diese absolut unmögliche Häsin, die ihm fortwährend mit ihrer Selbstständigkeit auf die Nerven ging, grundsätzlich erstmal allem widersprach, oft tagelang unauffindbar war und ihn mehr verwirrte als ihm guttat?? Mit Sicherheit nicht!

Grimmig drehte sich Flatul um und verließ den Übungsplatz um seine Sachen zu packen.

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Osterhase? Sturzteufel? Bringmir-und Machfertig-Hasen?
Himmel, ich muss unbedingt wissen , wie es weitergeht . Bitte, bitte, bitte. War das deine Adventskalender-Geschichte? Kriegen wir morgen mehr? Biiiiiiiitttteeeee

Das war dieses Jahr zu Ostern. Der Adventskalender läuft im anderen Forum gerade erst an.
Wer strickt, häkelt und schneidert kennt das Forum vielleicht :grin:

Freut mich, daß ich Dich überraschen konnte. Ich war mir damals nicht sicher ob eine Geschichte über den Osterhasen richtig wäre. Aber die Resonanz hat mich eines Bessern belehrt.

Ich habe es wirklich versucht, aber bei Handarbeiten bin ich extrem unbegabt.Nachdem ich Schals für Weihnachten gestrickt habe, hatte ich Sehnenscheidenentzündung, häkeln ist bei mir eine exotische Knotentechnik mit Wutanfällen, über sticken reden wir lieber nicht . Ein Desaster . Kuscheltiere nähe ich manchmal,das klappt komischerweise. Und Kinder sind da auch sehr nachsichtig.

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Danke für den Lacher - die Beschreibung ist genial. :rofl:

Ich stricke sehr viel, häkeln nur wenn es wirklich nötig ist und die Nähmaschine wird in letzter Zeit auch wieder öfter aus der Versenkung geholt. Für mich ist das wie mit dem Schreiben - den Kopf freibekommen und dem Streß entfliehen. Zur Ruhe kommen.