Mundart in einem Text? Ja oder nein?

In meinem aktuellen Manu kommt auch die eine oder andere Szene vor, in denen ich kaum um Dialekt herumkomme (es ist nun mal unglaubwürdig, dass ein schwäbsicher Bauer hochdeutsch spricht). Die Frage ist, wie viel Dialekt darf sein um eine Übersetzung zu vermeiden? Ich stelle hier mal das Beispiel ein, dass den längsten Dialog auf schwäbisch darstellt (die anderen sind deutlich kürzer, oft nur ein Satz)

»Lämmle, des hätt’ i mir ja dengga könna. Wenn irgendwo ebbes los isch, ka der Lämmle nedd weit sei. Woher willsch denn des wissa? Bisch drbei gwesa? Wia viel Moschd hosch denn heid scho trongga? Oder isch dei jessasmäßigs Breimaul no von geschdern?«
»Do gugg na, dr Herr Millionär«, nuschelte Lämmle undeutlich, »dass mr di au mol aussrhalb von dei’m Palaschd sieht. Em übriga, des isch mei Moschd und mei Breimaul, dia gangad di en feichda bis nassa Dregg a! Wenns hochkommd.« Rick lachte und drehte sich zur Seite. Die Fahne, die der Alte verbreitete, war atemberaubend. Er holte einmal tief Luft, atmete nur noch durch den Mund und erwiderte: »Oh Lämmle, lass’ halda. I will dein Moschd doch gar nedd. Was war‘n des mit derra Leich’? Hosch du des selbr gseah? Oder woher woisch des?«

Bei dieser kurzen Probe habe ich nach dem ersten Absatz nur noch überflogen. Würd mich stören, sodass ich die Seiten vermutlich überblättern würde, mich nachher ärgerte und wieder zurückblättern würde. Für meinen Geschmack dürfen Texte nur mit ein paar Wörtern zwischendurch mal gespickt sein.

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Na ja, das ist tatsächlich der längste mundartliche Teil, alle anderen sind entweder zwei, drei Worte (für die es im Hochdeutschen keine richtige Entsprechung gibt) oder maximal ein Satz

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Ist zu lang. Ich hätte nicht mal Lust, sowas in unserem hier ansässigen Dialekt zu lesen.

Eine meiner Testleserinnen kommt aus Österreich und hatte es tatsächlich geschafft, das dortige Flair der Sprache mit kurzen Dialektsätzen rüberzubringen, ohne dass man Gehirnakrobatik machen musste. Aber wenn ich das Gleiche hier mit Rheinhessisch probieren würde, würde es nicht funktionieren.

Wenn ich eine Stelle wie die oben glaubwürdig schreiben müsste, würde ich wohl nach einem Dialektsatz auf TELL umstellen und einfach erzählen, was gesagt wurde. Oder ich würde es in Gefühle verpacken, die dieser Rick beim Hören des Dialekts hat.

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In homöopathischen Dosen. Je mehr der Dialekt sich vom Hochdeutsch unterscheidet, desto weniger.
Berlinerisch bspw. würde auch ein Hannoveraner (angeblich sprechen die am „hochdeutschesten“ in D) wohl verstehen, aber bei den süddeutschen Dialekten inkl. deren Spezialausdrücke für manche Dinge, werden die wohl regelmäßig die Waffen strecken.
Stell dir vor, du würdest in einem Fantasy-Roman längere Passagen lesen müssen, wo zwei Oger sich auf ogrisch unterhalten, wie würdest du das finden? :slightly_smiling_face:
In deinem Beispiel würde ich mit eins-zwei stereotypen Ausdrücken verdeutlichen, dass es auf schwäbisch gesprochen wird oder im Inquit klarmachen:
„Ha noi, das Lämmle“, sagte er im breitesten Schwäbisch. „Dass du überhaupt schon wieder nüchtern bist.“
So etwa.

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Abr vrschdanda hosch’s

Grauenvoll. Bremst aus.

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Sischer, hott jo a lang genuch mit Badenser und Gelbfießler se duhn, dass isch des ohrscheerisch Zeich versteh. Nor e Fischkopp hott demit Probleme. :wink:

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Der Roman meiner Testleserin heißt BITTERWASSER. Ich hab ja mit der sonst nichts zu tun und hoffe, es ist ok, wenn ich deren Buch nenne. Bei Amazon kann man mit der Leseprobe hineinlesen und sich mal ein Bild machen.

Ich selbst hatte in meiner Fantasygeschichte über Dialekte nachgedacht. Hab das Problem der Unterschiedlichkeit der Kulturen dann aber über unterschiedliche Anredeformen gelöst.

Nun hat Österreichisch für meine Generation mit Peter Alexander & Co natürlich irgendwie etwas Herzliches. Ich hatte mich mit ihr darüber ausgetauscht, ob sie konsequent Dialekt geschrieben hat – hat sie nicht. Sie hat also ihren Dialekt entschärft, sodass er einfacher zu lesen ist.

Vielleicht hilft es dir, mal da reinzuschauen. Denn die Frau ist Profi und alles ist bereits durch ein Lektorat gegangen. Es haben also mal mehrere Leute drübergeschaut und mich haben die Dialektstellen nie aus dem Konzept gebracht. Schwäbisch ist ja auch irgendwie goldig. Es ist halt nur weiter von Hochdeutsch weg.

Aber auch bei ihr gabs Dinge, bei denen ich zurückgefragt habe. Der Name „Annamirl“ z. B. klang für mich komisch. Er kommt wohl von Anna-Maria und wird Annamia oder so ausgesprochen. Das sind so sprachliche Feinheiten, die man als Außenstehender nicht kennt und auf die man beim Schreiben in meinen Augen Rücksicht nehmen könnte.

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Ich verstehe eure Einwände, gebe aber zu bedenken, dass der alte Lämmle sein Dorf seit über 90 Jahren nicht verlassen hat und vermutlich nicht mal weiß, dass Hochdeutsch existiert. Ich könnte die Passage „entschärfen“, in dem ich Rick nur angedeutet Schwäbisch reden lasse.

»Lämmle, das hätt’ ich mir ja denken können. Wenn irgendwo was los isch, kann der Lämmle nedd weit weg sei. Woher willsch denn des wissa? Bist du dabei gewesn? Wieviel Moschd war’s denn heut’ schon wieder? Oder isch dein fürchterliches Breimaul noch von geschdern?«
»Do gugg na, dr Herr Millionär«, nuschelte Lämmle undeutlich, »dass mr di au mol aussrhalb von dei’m Palaschd sieht. Em übriga, des isch mei Moschd und mei Breimaul, dia gangad di en feichda bis nassa Dregg a! Wenns hochkommd.« Rick lachte und drehte sich zur Seite. Die Fahne, die der Alte verbreitete, war atemberaubend. Er holte einmal tief Luft, atmete nur noch durch den Mund und erwiderte: »Oh Lämmle, komm’ wieder runter. Ich will deinen Moschd doch gar nedd. Was war denn des mit der Leich’? Hast du das selber gesehen? Oder woher woisch des?«

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Sicher, aber da musst du wohl zwischen Authentizität und Verkaufszahlen abwägen.

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Für mich deutlich besser.

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Authentischer ist die erste Version, denn so wird in vielen Dörfern noch geredet - zumindest von den Älteren.
Verkaufszahlen - nun ja - schön wenn das eine oder andere Exemplar über den Tisch oder die Leitung geht, aber nicht meine erste Priorität.

Abgesehen von Verkaufszahlen möchtest du doch trotzdem deine Leser ansprechen, nehme ich an. Wäre jeder Krimi authentisch geschrieben, würde vermutlich eine bundesweite Schlafkrankheit ausbrechen.

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Oder einen Hinweis auf den Dialekt auf Vorder- oder Rückseite. Dann wissen die Leser was sie erwartet.

Und würde mich sofort abschrecken. Das wäre schade, wenn es nur hin und wieder im Buch vorkommt oder nur bei zwei Personen oder …

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Ich mag die zweite Version lieber.

Aber: wenn es wirklich authentisch sein soll, gern auch die erste mit Übersetzung als Fußnote.

Mag nicht jeder, allerdings habe ich vor einer Weile einen kölschen Regionalkrimi gelesen, in dem die älteren Charaktere noch echtes Kölsch gesprochen haben. Verstehe ich auch nicht alles, war da um die Fußnotenübersetzung sehr froh. Aber das war eben auch kein so großer Dialog, nur einzelne Passagen. Ich bin mir nicht sicher, wie gut sich das umsetzen lässt.

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mich würde es auch stören, ich bin generell kein Mundartfan. Wahrscheinlich würde ich es wie @anon37238882 machen, einen, maximal zwei Sätze in Mundart, dann ins Hochdeutsche wechseln.

Finde ich ne sehr gute Lösung.

Authentizität in allen Ehren, aber wenn es dann nur eine Handvoll Leser versteht, hat man wohl doch etwas übers Ziel hinaus geschossen.

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Genau das ist es

Das Cover enthält den Hinweis, dass es sich um einen Regionalkrimi aus Schwaben und Tirol handelt. Ich denke, da darf man als Leser auch eine gewisse Authentizität erwarten

Dennoch, danke für eure Gedanken

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Blockzitat Das Cover enthält den Hinweis, dass es sich um einen Regionalkrimi aus Schwaben und Tirol handelt. Ich denke, da darf man als Leser auch eine gewisse Authentizität erwarten

Das beinhaltet für mich auch Mundart.