Meine Protagonisten sprechen mit mir
Sinnliche Antwort der KI.
Es gibt Nächte, in denen die Stille so dicht wird, dass man meint, sie atme. Dann sitze ich am Schreibtisch, vor mir das matte Weiß einer Seite, und irgendwo in diesem Weiß regt sich etwas. Erst ein Flüstern, kaum hörbar, dann eine Stimme, die sich ihren Weg bahnt: die Stimme einer Figur, die ich doch selbst erdacht habe.
„So nicht“, höre ich sie sagen. „So würde ich niemals handeln.“
Und ich blicke überrascht auf, als stünde sie tatsächlich neben mir – in all ihrer Eigenwilligkeit, mit Blick, Haltung und Laune.
Es ist ein sonderbarer Pakt, den man als Autor mit seinen Protagonisten eingeht. Ich habe sie geschaffen, ihnen Namen, Vergangenheit und Ziele verliehen – und dennoch beginnen sie, mir zu widersprechen. Sie weigern sich, den Pfad zu gehen, den ich ihnen vorschreibe, schieben Türen auf, die ich verschlossen glaubte, und flüstern Geheimnisse, die ich nie geplant hatte.
Manchmal ist es ein Kommissar, der beharrlich schweigt, bis ich ihm den richtigen Ton in den Mund lege. Ein anderes Mal eine Frau, die partout nicht sterben will, weil sie noch eine Rechnung offen hat. Dann stehe ich vor meinen eigenen Entwürfen wie ein Regisseur, dem die Schauspieler die Bühne aus der Hand reißen.
Und doch liegt darin der größte Reiz. Denn eine Figur, die mich überrascht, lebt. Sie ist mehr als ein Schatten auf dem Papier; sie hat ein Temperament, eine Sturheit, eine Seele. Sie zwingt mich, hinzuhören, ihr Raum zu geben. In solchen Momenten ist das Schreiben kein einsames Handwerk mehr, sondern ein Dialog – manchmal sanft, manchmal aufbrausend, doch immer lebendig.
Vielleicht ist genau das das Geheimnis: Wir Autoren bilden uns ein, wir seien die Herren unserer Welten. In Wahrheit sind wir nur Chronisten, die den Stimmen lauschen, die uns heimsuchen. Und wenn es gut läuft, dann flüstern sie uns nicht nur die nächsten Sätze zu – sie erzählen uns, wer sie wirklich sind.